Die WirtschaftsWoche hat in einer ausführlichen Reportage die beiden Elektroauto-Pioniere Bäcker Roland Schüren und Wissenschaftler Günther Schuh genauer vorgestellt. Schüren ist in den letzten Wochen vor allem mit seiner Elektro-Transporter Selbsthilfegruppe in den News, Schuh ist als Schöpfer des StreetScooters und des e.Go-Elektroautos bekannt. Letzteres Fahrzeug habe der Professor an der Uni Aachen in nur zwei Jahren mit Studenten und Partnerfirmen entwickelt. Es sei „ein kleines Wunder: Die etablierte Autoindustrie braucht für so etwas acht Jahre“, so das Wirtschaftsmagazin.
Die Produktion des e.Go, der nach Abzug der Elektroauto-Kaufprämie nur 11.900 Euro kosten soll, werde Anfang 2018 starten, 700 Bestellungen liegen bereits vor. Schuh sei „das passiert, was man in der Branche bisher nur von Tesla-Erfinder Elon Musk kennt“: Das Interesse sei viel größer, als es in seinen Berechnungen je vorgesehen war. „Es gibt einen riesigen Markt für emissionsfreien Autoverkehr in Städten, den die Branche lange nicht gesehen hat“, sagt Schuh der WirtschaftsWoche. Der Professor wolle beweisen, dass man Elektroautos bauen kann, die alltagstauglich und erschwinglich sind.
„In Deutschland ist eine Graswurzelbewegung der E-Mobilität entstanden, die sich die Apathie von VW und Co. nicht länger gefallen lassen will“, so die WirtschaftsWoche weiter. „Die Elektropioniere organisieren sich selbst, sie improvisieren, sie tüfteln – und geben dem E-Auto-Markt den Auftrieb, den die Großen nicht hinbekommen haben: Man muss es nur ganz anders angehen, als die alte Industrie es vormacht“.
Bäckermeister Schüren schaffte es mit seiner Selbsthilfegruppe für betroffene Handwerker die Industrie dazu zu bringen, einen erschwinglichen und alltagstauglichen Elektrolieferwagen zu bauen. Womit man wieder beim StreetScooter und Professor Schuh landet: Das Angebot der Post-Tochter StreetScooter sei „besser und vor allem günstiger“ als das der herkömmlichen Autobauer gewesen. Der Prototyp wurde erst vor Kurzem vorgestellt, gebaut und ausgeliefert wird ab 2018.
Anderer Blickwinkel meint
So ein Startup mit den Etablierten zu vergleichen ist ja auch ein bisschen Äpfel und Brinen miteinander zu vergleichen.
(Folgendes Aussagen müssen sich nicht zwangsläufig auf den e.Go beziehen)
Ein Startup kann sich natürlich ganz andere Freiheiten nehmen. Sie können die billigsten Stoffe nehmen um den Innenraum auszukleiden, die können fast alle Amaturen aus Plastik machen, ein kleines und winziges Display mit schlechter Auflösung verwenden, Sitze und Federung verbauen die bei jedem Komforttest unterdurchschnittlich abschneiden würden
Alles die wird über den Preis und die junge Firmengeschichte gerechtfertigt. Sicherlich wird sich auch dafür ein Kundenstamm finden – aber stellen wir uns mal vor dieses Auto würde eins zu eins von Mercedes angeboten. Es könnte die doppelte Reichtweite haben und die ein Drittel weniger kosten – die Fachpresse würde es in der Luft zerreißen.
Marken wie MB, BMW, Audi und Co haben eben auch ein bestimmtes Image und einen selbstdiktierten Qualitätsstandard. Egal zu welchem Preis, sie könnten so einen Wagen (in dieser Ausführung) nie in die eigenen Verkaufsräume stellen.
Wird der Wagen von den verwendeten Materialien allerdings wieder auf „deutsches Qualitätsniveau“ angehoben, ist der Preis nicht mehr zur halten.
Hier scheiden sich halt die Geister in der Frage: Was ist mir wichtig bei einem Auto?
– soll es mich nur von A nach B bringen und möglichst wenig kosten oder
– ist (m)ein Auto, genau wie mein Haus, die Einrichtung und meine Kleidung ein bestimmtes Statement und Prestigeobjekt gegenüber anderen.
So wie ich nicht erwarten kann, von einem Bio BergwiesenMilchbauern erwarten kann, dass ich seinen Liter Milch für 50Cent bekommen kann, so kann ich nicht erwarten von Porsche ein eAuto für 16.000€ zu bekommen.
i3 meint
Ich glaube das e.GO wird auch ein voller Erfolg werden. Selbst wenn die Reichweite gering und keine 50KW DC Schnellladefunktion geben sollte. Ein solches Auto ist ideal als Zweitwagen um mal schnell in der Stadt einkaufen zu fahren, oder die Kids zu Terminen/Freunde zu fahren.
Kostet dafür ja auch keine 30.000€…
Langstreckentaugliche Erstwagen mit allen Extras decken dann andere Auto-Modelle ab.
Immer wieder schön, wenn junge Leute etwas in kurzer Zeit auf die Beine stellen, obwohl die „ethablierten“ alle sagen: „Das kann nicht funktionieren“.
lo meint
Graswurzelbewegung, schön und gut. Weiter so!
Aber Alles was weniger Reichweite als ein Drilling und keine Schnellladefunktion hat ist nicht up-to-date.
Ich persönlich fahre einen C-Zero von 2011 und pendele ca. 80 km am Tag.
(Im Winter muss ich am Arbeitsplatz laden, um heizen zu können.)
PharmaJoe meint
C Zero von 2011 und dann noch 80km ohne Heizung pendeln? Und da sag noch einer, die Akkus sind wie im Handy in zwei Jahren platt.
Das lässt mich für meinen iOn von 2016 auf ein langes Leben hoffen.
lo meint
Die Akkus der Drillinge halten ewig, wenn Sie nicht zuviel ChaDeMo kriegen. ;)
Tip: CanION app (Playstore) plus CANBus-Dongle – und man kann die Spannung von jeder einzelnen Zelle in Echtzeit sehen.
Blackampdriver meint
Bäcker, Metzger und Monteure, ja Leute, diese grundgeerdeten Menschen, die noch wissen, was ein Pfund Butter beim Aldi kostet, gehen als Startups voll in die Offensive. Ich dachte immer, so was gibt’s nur in Trump Land. Aber bei den Millionengehältern geht das den Managern der alten OEM`s wohl am A…vorbei. Lustig und zugleich traurig und beschämend ist es trotzdem.