In einer Szenariostudie, im Auftrag von Greenpeace erstellt, zeigen Forscher des Wuppertal Instituts, wie sich die Treibhausgasemissionen des Verkehrs in Deutschland von 166 Millionen Tonnen im Jahr 2016 bis zum Jahr 2035 auf null senken lassen – eine Zielmarke, die unter der Prämisse notwendig ist, dass die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad Celsius und somit auch der Klimawandel begrenzt werden soll. Die Umsetzung dieses von der Staatengemeinschaft auf dem Klimaschutzgipfel in Paris 2015 vorgegebenen Ziels erfordert eine rasche und konsequente Reduktion der Treibhausgasemissionen in allen Sektoren und auf nationaler wie globaler Ebene.
„Stufenweise Veränderungen reichen wegen des Handlungsdrucks nicht aus, um die ambitionierten Klimaschutzziele zu erreichen und gleichzeitig einen Beitrag zur deutschen Nachhaltigkeitsstrategie zu leisten“, betont Dr.-Ing. Frederic Rudolph, Leiter der Studie und Projektleiter im Geschäftsfeld Mobilität und internationale Kooperationen in der Forschungsgruppe Energie-, Verkehrs- und Klimapolitik am Wuppertal Institut. Gefordert seien in allen Sektoren „umfassende Paradigmenwechsel und mutige strukturelle Veränderungen“, so der Forscher. Dazu gehört etwa auch, dass die Pkw-Verwendung durch die Nutzung alternativer Mobilitätsformen signifikant sinkt, die Fahrzeuge entgegen dem aktuellen Trend wieder kleiner werden und sich stärker an den wirklichen Bedarfen orientieren.
Thorsten Koska, Mitautor der Studie und ebenfalls Projektleiter in der Forschungsgruppe Energie-, Verkehrs- und Klimapolitik, sagt: „Unsere Studie zeigt, dass eine umfassende Transformation von Mobilität und Verkehr dazu beitragen kann, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen und unseren Verkehr zukunftsfähig zu gestalten, doch das gelingt nur mit innovativen Strategien für eine neue Mobilität.“
Und die soll so aussehen: Die Anzahl der Autos in Deutschland, die 2035 zu 98 Prozent rein elektrisch fahren müssten, müsse mindestens halbiert werden – von aktuell 548 Pkw auf nur noch 200 pro 1000 Einwohner. Im Gegenzug müsse, unterstützt durch geeignete Maßnahmen, der Anteil von Rad- und öffentlichem Verkehr bis zum Jahr 2035 verdoppelt werden. Der Güter-Transport soll größtenteils von der Straße auf die Schiene verlagert werden. Wo er auf der Straße bleiben muss, soll der Güterfernverkehr zu 80 Prozent über Oberleitungen elektrisch erfolgen.
Experten nennen Studienergebnis „völligen Unsinn“
Die Greenpeace-Vision halten einige Mobilitätsexperten für utopisch. Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM) der Hochschule Bergisch Gladbach nennt das Ziel, bis 2035 weitestgehend Elektroautos zu haben, „völligen Unsinn“. Dies sei „beim besten Willen“ nicht zu schaffen, sagte er der Welt. Und Ferdinand Dudenhöffer, Autoexperte an der Universität Duisburg-Essen, hält den ganzen Ansatz von Greenpeace, den Individualverkehr massiv einzuschränken für völlig falsch. „Gesellschaften ohne individuelle Mobilität sind Entwicklungsgesellschaften – und Entwicklungsland zu werden sollte doch wirklich nicht ein Ziel sein“, sagte er der Zeitung.
Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan hält dagegen: „Wir wollen weniger Autos und weniger Verkehr, aber nicht weniger Mobilität“. Die Politik habe seit Jahrzehnten dabei versagt, den Ausstoß von Schadstoffen im Verkehrssektor zu senken. Daher müsse die Bundesregierung unter anderem so bald wie möglich ein Datum für den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor beschließen.
Die komplette Studie finden Sie hier in einer Kurzfassung (11 Seiten), zur Langfassung (86 Seiten) bitte hier entlang.
Peter W meint
Was alles geht, wenn man will, hat leider mit dem was man macht nicht viel zu tun. Wenn wir wollten wäre der Anteil Erneuerbaren beim Stom nicht bei einem, sondern bei zwei Drittel. Wenn wir wollten gäbe es keine Massentierhaltung. Wenn wir wollten gäbe es keine Fettleibigen.
Die Aufzählung könnte man unendlich fortsetzen.
E-Tom meint
Auch wenn es hier nur um Autos geht, sollte sich jeder vor jeder Fahrt überlegen, ob sie wirklich notwendig ist oder ob es Alternativen gibt. Mit E-Auto ist diese Frage noch schwerer zu beantworten – dann wenigstens die Fernfahrten, die heute doch noch etwas abenteuerlich sind.
onesecond meint
Aufzuzeigen, was alles geht, wenn man nur will, ist vollkommen richtig. Auch nicht verwunderlich, dass das dann als Stich ins Wespennest wahrgenommen wird.