Juice-Technology-Gründer und -Chef Christoph Erni hat mit uns über die Idee zur Gründung eines E-Mobilitäts-Startups für Ladelösungen, die angebotenen Produkte sowie die Herausforderungen von Elektroautos auf dem Weg in den Massenmarkt gesprochen.
Herr Erni, wie ist die Idee entstanden, als Newcomer in den Markt für Elektroauto-Ladestationen einzusteigen?
Im Jahr 2010 saß ich mit einem Mitarbeiter eines Kunden zu Mittag. Der, ein bisschen öko, erklärte mir die ganze Zeit, dass man viel mehr auf die Umwelt schauen müsste. Aber er, in Sandalen und Wollsocken, müsse sich schon das Recht nehmen, nach Bali zu fliegen, um interkulturell leben zu können. Was für eine Haltung!
Am Nachmittag kam ein anderer Geschäftspartner bei mir vorbei und erzählte von einem amerikanischen Startup, das jetzt hübsche Elektroautos bauen wolle. Ich wollte handeln statt nur lavieren – und bestellte sofort so ein Ding. 2013 wurde mein Tesla Model S, eines der ersten in Europa, schließlich geliefert.
Weil es aber keine vernünftigen Lademöglichkeiten gab, habe ich kurzerhand selbst ein Startup gegründet, das Ladestationen herstellt. Schritt für Schritt habe ich meine Vision umgesetzt, wonach das Laden von E-Autos so einfach sein soll wie ein Mobiltelefon einzustecken.
Welche alltäglichen und technischen Herausforderungen registrieren Sie beim Laden von Elektroautos?
Die alltägliche Herausforderung ist, neue E-Fahrer von den alten Gewohnheiten wegzubringen. Sie meinen immer noch, man müsse zum “Tanken” extra an eine Tankstelle fahren. E-Fahren geht anders: Man lädt, wo man sowieso gerade ist. Und eben: Wenn keine Ladestation dort steht, hat man ja die eigene mobile Station dabei. Denn Strom gibt es nun wirklich einfach überall.
Die technische Herausforderung, dass es nicht an jedem Parkort Ladestationen gibt, haben wir mit unserer Ladestation zum Mitnehmen „Juice Booster“ gelöst. Zu unserer eigenen Überraschung wurden wir damit schon im ersten Geschäftsjahr Marktführer bei den mobilen 22 kW-Ladestationen weltweit. Jede Steckdose, von Schukoanschluss über Industriedose bis hin zu öffentlichen Ladepunkten wird damit fürs E-Autoladen nutzbar – mit einem einzigen Kabel an Bord. Und noch heute ist die Version 2 davon die einzige rundum normkonforme Ladestation in ihrer Klasse.
Was sind die größten Unterschiede bei der privaten und gewerblichen Nutzung von Elektroauto-Ladestationen?
Es sind die Installationsvorschriften und die Abrechnung. Je nach Land und Nutzung unterscheiden sich zum Beispiel die Vorgaben für zu verbauende Fehlerstromschutzeinrichtungen. Um es unseren Kunden einfach und günstig zu machen, verfügen deshalb alle unsere Produkte einfach über die Maximalausstattung. Bezüglich Abrechnung leistet sich Deutschland gerade ein Meisterstück hinsichtlich Eichrecht und Zählerauswertung. Man kann sich fragen, ob am Schluss nicht die Erfüllung dieser Vorgaben teurer ist als der Strom selbst. Aber egal, unsere fixen Stationen erfüllen die Vorgaben bereits.
Wie sind Ihre Erfahrungen hinsichtlich der Langzeithaltbarkeit von Batterien?
Genau genommen sind es ja Akkus, Batterien lassen sich nur einmal aufladen. Ich selbst habe beim aktuellen Fahrzeug mit 120.000 km keinerlei Reichweitenverlust. Alle wichtigen Anbieter garantieren heute 3.000 Vollladezyklen bei mindestens 80% Restkapazität. Bezogen auf einen aktuellen Tesla-Akku im Model S 100D heisst das: 3000 mal 100 kWh Strom laden und fahren. Das sind 1.500.000 Kilometer. Der Durchschnittsfahrer macht 15.000 km im Jahr, er kann also 100 Jahre fahren, bis sein Akku immer noch 80% der Leistung hat. Danach kann er ihn noch 50 Jahre als Hausakku nutzen. Danach kann er ihn zu 100% recyclieren, was übrigens auch schon heute möglich ist. Ich werde es für meine Urgrosskinder aufschreiben.
Große Autohersteller planen umfassende E-Mobilitäts-“Ökosysteme”, die alle Produkte vom Auto bis zur Ladestation aus einer Hand bieten – macht das Sinn?
Wenn die Lösung den Fahrern dient, dann sicher. Vielleicht ist es aber auch nur ein Versuch, E-Fahrer mit proprietären Lösungen möglichst schlecht und möglichst teuer an die eigene Marke zu binden. Das wird sich niemand bieten lassen.
Nehmen Sie nur die unsägliche Vielfalt von Lade-Abrechnungssystemen. Zahllose Unternehmen glauben bis heute, das Publikum zwingen zu können, auf einer Reise von Zürich nach Kiel acht verschiedene Ladekarten nutzen zu müssen. Alternativ kommen Roaming-Verträge zur Anwendung, bei denen zeitweise bis vier Parteien mitverdienen wollen. Entsprechend überteuert wird das Laden. Stellen Sie sich diese absurde Situation in anderen Lebensbereichen vor: “Nein, Sie können Ihren Kaugummi nicht normal bezahlen. Wir nehmen dafür nur die Schleckzeug-Region-Wuppertal-Süd-Karte, die Sie zu Bürozeiten an unserem Hauptsitz beantragen und vorauszahlen können.”
Wir setzen diesem Treiben mit unserer neusten Entwicklung payJUICE ein Ende: Unsere Ladestationen akzeptieren ganz normal die sowieso schon bestehenden Zahlungsmittel, die jeder bei sich trägt: Kreditkarten, Bankkarten, Apple Pay, Samsung Pay und (für die Schweiz) Twint. Weitere folgen. Und damit möglichst viele E-Fahrer von diesem Fortschritt profitieren können, bieten wir diese Lösung nun auch für andere Ladestationsbauer an.
Wie wollen Sie sich nachhaltig von der immer größeren Anzahl von Ladelösungs-Anbietern abheben?
Viele kommen, viele verschwinden wieder. Die besten werden bleiben. Unser Anspruch und unsere Stärke ist, Ladelösungen aus Sicht der Kunden zu entwickeln. Manchmal tun mir unsere Ingenieure fast leid. Sie kommen oft stolz mit technisch komplexen Ideen, die wir aber sofort verwerfen. Denn wir wollen das Laden von E-Autos so einfach wie nur möglich machen.
Oft liegt der Unterschied zwischen einem Top- und einem Flop-Produkt in ein, zwei kleinen Details. Ein Teil unseres Teams hat ja früher auch jahrelang viele Unternehmen unterschiedlicher Branchen beraten und dabei den Blick geschärft dafür, was für Endkunden match-entscheidend ist. Sehen Sie sich nur unsere Innovationen des letzten Jahres an: Niemand sonst hat ein vergleichbares Lastmanagement-System oder Zahlungs-System auf dem Markt. Wir sind innovativ, schnell und qualitativ erstklassig.
Zeichnen sich in absehbarer Zukunft technologisch revolutionäre Entwicklungen ab, die das Elektroauto-Laden deutlich effizienter und komfortabler machen?
Das Laden von E-Autos ist ja heute schon effizient und komfortabel. Man hat jeden Morgen ein vollgeladenes Auto. Man braucht nicht mehr zu Tankstellen zu fahren und Zeit zu verlieren. Man braucht das Stromnetz nicht auszubauen, wenn man clever gesteuert lädt.
Wie stark werden sich die Ladezeiten für Elektroautos Ihrer Prognose nach in den nächsten 2/5/10 Jahren verkürzen?
Schneller laden ist gar kein Bedürfnis. So denken nur Leute, die mit ihrem Explosionsmotor mühsam zu einer unwirtlichen Tankstelle fahren müssen und dort so schnell wie möglich wieder weg wollen. E-Fahrer laden, wo sie sowieso gerade sind. Denn Strom gibt es ja schon überall. Die Entwicklung geht dahin, dass E-Autos möglichst immer ans Netz angeschlossen sind, wenn sie stehen. Dann kann man sie mit Stromüberschuss günstig befüllen.
In keinem Bereich des Lebens verhält man sich übrigens so absurd wie beim Verbrennerauto-Tanken. Und doch wollen einige klassische Autohersteller dieses Verhalten ins E-Zeitalter retten. Nur Kamele kommen auf die Idee, ihre Höcker aufs Mal mit Unmengen Wasser vollzusaufen. Wir Menschen machen das Gegenteil: Schön über den Tag verteilt trinken wir ein bisschen, wenn sich Gelegenheit ergibt. E-Autos lädt man genau so.
In Teil 2 unseres Interviews (nächste Seite) spricht Christoph Erni unter anderem über kabelloses Laden, Vehicle-to-Grid-Technologie und die Anforderungen an eine moderne, leistungsfähige Infrastruktur.
strauss meint
vw wird jetzt dann den alten Einzylinder lanz diesel in den golf einbauen. der verbraucht ohne zu mauscheln weniger als die neuen euro 6 er…….
strauss meint
da ist aber noch viel Wunschdenken dabei, und überhaupt nicht stand der Technik von heute betreffend Aufladen der E Autos !
Effizientes Laden sei heute schon überall möglich? Man ladet da wo man gerade ist.und das noch mit Stromüberfluss tagsüber? also tagsüber bei jeder privaten PV Anlage vom Dach ihren Tesla in 10 min Laden.geht 4 Stunden mit Drehstrom, da diese nicht mit Gleichstrom in kurzer Zeit einstöppseln können. DA fahren sie lieber Umwege um einen Supercharger zu finden. Wenn sie tagsüber fahren wollen, werden sie wohl oder übel bei Nacht aufladen müssen.Wissen Sie wo dieser günstige Nacht-Strom z.Zt kommt? OEKO lässt grüssen. Sie wollen ja laden wo sie gerade sind . 80% haben lediglich 220 Voltanschlüsse. Dies dauert dann beim Tesla und jedem anderen e Auto mit über 60 KW Batterie 2 Tage
Solche Autos sind recht um die grossen Citys und Flughäfen herum. Aber für die Langstrecke brauchen wir Diesel mit der neuen Abgasreinigung alla LKW ,oder eben die 48 Volt Hybrids von Bosch.
ELPOFAN meint
Eine klare Aussage wie die Ladetechnik in einem guten und Zeitgemäßen Elektrofahrzeug aussehen sollte. Dreiphasig AC für einen Problemlosen Alltagsbetrieb und für zu Hause, teureres DC-Laden für unterwegs, wenn es schnell gehen soll / muss und einphasig AC nur noch für Notfälle oder für Eigenheimlader die keine andere Möglichkeit haben. Dreiphasig AC gehört, wenigstens als bestellbare Option, in jedes Fahrzeug. Die Frage ist nur, wann das auch bei den Herstellern so ankommt.
sagrantino meint
Klasse Interview!
Nur zum Thema „Sind Sie ein Fan von Vehicle-to-Grid-Technologie?“ hoffe und vermute ich liegt Herr Erni falsch.
In D fallen ab 2020, also in bereits weniger als 2 Jahren, die ersten EEG-Anlagen aus der Förderung. Für diese Produzenten heißt es:
Selbst verbrauchen oder verschenken oder Stecker raus. Selbst um 2 Cent je kWh werden die bereits am Markt handelnden Firmen den Strom nicht abnehmen.
Mir sind bereits zwei Akteure bekannt, die auf dem Feld erfolgreich tätig sind.
Meine Prognose für 2028:
Der kluge Bewohner eines Ein- oder Zweifamilienhauses wird seine gesamte Energie, inclusive Pkw etc., kostenfrei beziehen – viele sogar zusätzlich Einnahmen generieren. Durch V2G!