Der Aufsichtsrat von Volkswagen hat vergangene Woche eine von Konzernchef Herbert Diess konzipierte E-Mobilitäts-Offensive abgesegnet. Das Zentrum der Transformation wird der Standort Zwickau in Sachsen.
Volkswagen will Zwickau zu seinem größten und leistungsfähigsten Elektroauto-Werk machen, zukünftig sollen dort pro Jahr bis zu 330.000 E-Autos vom Band rollen – mehr als an jedem anderen Standort. Aktuell werden in Zwickau noch Golf und Golf Variant gefertigt, ab Ende 2019 läuft mit dem kompakten I.D. der erste Batterie-Pkw an. In der finalen Ausbaustufe sollen in Zwickau sechs E-Modelle von drei Marken produziert werden.
„Mit dem Produktionsstart des I.D. in einem Jahr beginnt für Volkswagen eine neue Ära“, so Thomas Ulbrich, Vorstand für E-Mobilität der Marke Volkswagen. „Wir wollen die E-Mobilität aus der Nische führen und das E-Auto für Millionen von Menschen erschwinglich machen. Grundlage dafür sind große Stückzahlen und eine effiziente Produktion. Deshalb bündeln wir die E-Auto-Produktion in Zwickau und machen das Werk zum Nukleus unserer großen E-Offensive. Als weltweit erster MEB-Standort wird Zwickau eine Vorreiterrolle für diese Zukunftstechnologie übernehmen.“
Alle zukünftig in Zwickau gefertigten Elektroautos basieren auf der neuen MEB-Plattform. Der „Modulare E-Antriebs-Baukasten“ wurde speziell für die alternative Antriebsart entwickelt und soll Elektrofahrzeuge mit größeren Reichweiten, schnelleren Ladezeiten und mehr Platz sowie diverse neue digitale Services ermöglichen. Die MEB-Architektur steht allen Marken des Konzerns zur Verfügung, später möglicherweise auch anderen Herstellern.
„Grüne“ Produktion
Volkswagen hat vor, mit dem in Zwickau produzierten I.D. erstmals ein Modell an Kunden auszuliefern, das bilanziell über die gesamte Liefer- und Fertigungskette CO2-neutral produziert wird. „Im Herstellungsprozess wird die Entstehung von CO2 so weit wie möglich vermieden oder reduziert – und die nicht vermeidbaren Emissionen durch Klimaschutzmaßnahmen ausgeglichen“, erklären die Wolfsburger. Die Maßnahmen umfassen auch die energieintensive Produktion von Batteriezellen: Für die Fertigung der Zellen sei vereinbart, dass Lieferanten „grün erzeugten“ Strom einsetzen.
Bereits 2017 hat Volkswagen im Werk Zwickau den externen Strombezug auf Ökostrom aus Wasserkraftwerken umgestellt. Verbleibende Emissionen aus einem eigenen Blockheizkraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung sollen ab dem Produktionsanlauf des I.D. durch zertifizierte Klimaprojekte ausgeglichen werden. Ulbrich betont: „Wir wollen mit unseren Elektroautos einen substanziellen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Entscheidend ist, dass E-Autos sowohl nachhaltig gebaut als auch genutzt werden. Der I.D. wird eine Vorbildrolle in Sachen Klimaschutz übernehmen.“
Große Transformation
Die Transformation des Zwickauer Fahrzeugwerks erfolgt in mehreren Phasen: Bis zum geplanten Produktionsstart des I.D. im November 2019 wird die erste Fertigungslinie sukzessive umgebaut. Die zweite Fertigungslinie wird 2020 nach dem gleichen Muster umgerüstet und soll noch im selben Jahr in Betrieb gehen. Die maximale Produktionskapazität steigt laut Volkswagen von 1350 auf 1500 Fahrzeuge pro Tag und wird voraussichtlich ab 2021 erreicht.
Mit der E-Mobilität entstehen in Zwickau „dauerhaft zukunftsfähige Arbeitsplätze“, versichert Volkswagen der Belegschaft. Die 7700 Mitarbeiter am Standort werden mit einer Weiterbildungsoffensive auf die neue Antriebstechnik vorbereitet: Alle Mitarbeiter durchlaufen Informationsveranstaltungen zur E-Mobilität. 3000 von ihnen absolvieren ein „Trainingscenter E-Mobilität“, in dem sie auf die neuen Produktionsanforderungen geschult werden. Zusätzlich machen rund 1500 Mitarbeiter einen „Hochvoltführerschein“, der auf den Umgang mit Hochvoltsystemen vorbereitet. In Summe werde die Zwickauer Mannschaft rund 13.000 Trainingstage absolvieren, erläutert Volkswagen.
Zwickau soll im Zuge des Umbaus „zu einer digitalen, flexiblen und hocheffizienten Vorzeigefabrik“ werden. Dabei kommen unter anderem „smarte Industrie-4.0-Roboter“ und fahrerlose Transportsysteme zum Einsatz, die Bauteile autonom an die Montagelinie bringen. In der Montage soll sich der Automatisierungsgrad nahezu verdreifachen. Insgesamt investiert Volkswagen rund 1,2 Milliarden Euro in die Transformation des Zwickauer Werks.
„Die globale Automobilindustrie durchläuft einen tiefgreifenden Strukturwandel. Wir treiben diese Transformation aktiv voran – auch um für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen“, so Ulbrich. „Der Umbau von Zwickau zum E-Standort Nummer 1 ist ein starkes Bekenntnis zum Automobilstandort Deutschland: Wir werden ihn auch beim E-Auto an die Spitze bringen und damit langfristig stark halten.“
Toni meint
Ich habe höchste Achtung vor Managern, die Visionen haben und Tends ganz klar erkennen. Wenn das nicht der Fall ist, dann droht das Schicksal von Kodak, Nokia usw. Die E-Fahrzeuge kommen bald und dann ganz gewaltig. Ford hat lange geschlafen und braucht jetzt dringend die Kooperation mit VW bezüglich MEB. Dass VW die Produktion in Zwickau aufbaut ist ein klares Bekanntnis zum Standort. Automatisierte Produktionsstraßen können preislich locker mit dem chinesischen Fließbandarbeiter konkurieren. Von der Qualität ganz zu schweigen. Herr Diess ist der richtige Mann zur richtigen Zeit. So stelle ich mir einen verantwortungsbewußten und fähigen Manager vor.
jomei meint
Viel schöner käme dieser Artikel an, wenn Herr Diess uns sein Geflenne über“fehlende Industriepolitik der letzten 30 Jahre“ und über fehlende „Auto-Agenda“ (s.Art. „Volkswagen-Chef vermisst in Deutschland positive Perspektive für das Auto“) erspart hätte.
hu.ms meint
Kann es sein, dass hier einige tesla-fans es einfach nicht glauben wollen, dass ein anderer hersteller in absehbarer zeit in D mehr BEV verkaufen wird als ihre traumfirma?
Oh – da fällt mir auf, 2018 sind bei den verkaufszahlen in D auch andere vorne dran.
2019 könnten es die amerikaner einmal schaffen, wenn das model 3 in allen varianten in D ausgeliefert wird.
2020 sieht es dann wieder anders aus. :-)
Landmark meint
Anstatt Dich zu freuen das VW endlich die Kurve bekommt und ganz groß in die E Mobilität einsteigt und das wie ich finde auf eine sehr verträgliche Weise für die Umwelt, meckerst Du.
Das soll also etwas positives bewegen?
Warum schreibst Du nicht ein paar tolle Fakten aus dem Artikel und hebst sie hervor?
Zum Beispiel: Alle Akkuzellen sollen und werden mit sauberen Strom hergestellt (soweit wie möglich) das ist eine super Sache und nimmt den Gegnern der E Mobilität vollständig den Wind aus dem Segel. Oder, das wir endlich endlich ab 04/2019 eine neues echtes E Auto bekommen.
alupo meint
Wer wieviel in Deutschland verkauft ist irrelevant.
Die relevanten Absatzmengen, die für die Kosten interressant sind, kommen aus China, den USA und irgendwann vielleicht aus Indien. Deutschland hat ca. 2-3% Marktanteil im Absatz, absolut irrelevant.
Peter W meint
Das ist alles ok, und ein großer Schritt bei der E-Mobilität.
Keiner sollte aber glauben, dass VW das freiwillig macht. VW muss schadstofffreie (unter 50 g CO2 pro km gilt als Schadstofffrei) Fahrzeuge verkaufen, sonst drohen ab 2021 Milliardenstrafen an die EU. Etwa 10% der verkauften Fahrzeuge müssen bei VW schadstoffrei sein, um die Flottengrenzwerte einzuhalten.
Ohne die Vorgaben der EU gäbe es nur Stinker. „Freiwillig“ ist ein Wort das die Industrie nicht kennt.
Martin Kracht meint
Ob sie das Freiwillig machen oder nicht spielt keine Rolle. Wenn das ins laufen gekommen ist und die Käufer darauf anspringen gibt es so oder so kein zurück mehr. Und dann kann sich Tesla mehr als Warm anziehen. Anmerkung, ich finde Tesla sehr Geil. In Deutschland wird man in der Klasse bestimmt nicht mehr Model 3 absetzen so wie in Amerika. Hier ist hier und hier ticken die Leute anders. Und klar das die Amis gerne ein Amerikanisches Auto kaufen, vor allem wenn die Deutsche Konkurrenz gerade nichts hat. Hier wird es aber nicht so laufen.
Lewellyn meint
Da bin ich mal sehr gespannt, ob den vollmundigen Ankündigungen auch Taten folgen.
Das klingt alles zu phantastisch, um wie angekündigt Realität zu werden. Audi ist mit dem e-tron ja auch im unbestimmten Verzug.
Swissli meint
Das einzige was diese Pläne noch verzögern könnte, wäre eine tiefgreifende weltweite Finanz- oder Wirtschaftskrise. Da werden halt dann von einem Tag auf den anderen sämtliche Investitionen vorerst gestoppt.
Ansonsten ist das ein strategischer Entscheid von VW. Der wird nicht einfach so wieder gestoppt…. die Zukunft des Konzerns hängt davon ab.
Niklas meint
Doch, da habe ich meinerseits keine Bedenken. Pläne mit solcher Tragweite können sie nicht einfach ohne erheblich wichtigen Grund absagen, da würden sie sonst auch ihre Shareholder übel verprellen.
Die Verzögerung beim e-tron hat meines Wissens mit Nachbesserungen an der Software zutun. Die werden sich schon beeilen, denn der Verzug kostet die ja auch einen Haufen Geld.
Simon meint
Verzug? Die kommen vier Wochen später, werden aber ohne Verzögerung schon produziert.
hu.ms meint
Naja, es gibt einen amerikanischer BEV-Hersteller, der ein modell seit 15 monaten baut und davon noch kein fahrzeug nach europa ausgeliefert hat.
Dann schauen wir mal wie lange es bei Audi dauert.
Vielleicht ja auch 15 monate.
Ernesto 2 meint
Ende 2019 heißt erste Fahrzeuge für China und USA sowie Norwegen bis April Mai lieferbar. Deutschland dann Ende 2019 mit den Margenhaltigen teueren Versionen ab 40.000 Euro. Günstige Ausführungen sicher nicht vor Ende 2021, alles andere wäre Betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll.
wosch meint
WIE OFT NOCH?
Die Autos für China werden in China gebaut, USA kommt deutlich später dran und der deutsche E-Auto-Markt überflügelt bereits nächstes Jahr Norwegen von den Stückzahlen.
Das ist also mal wieder völlig Inhaltsloses VW-Bashing.
Swissli meint
China: Importzölle. „Einheimische“ Produzenten werden gefördert. Deshalb plant Tesla auch eine Gigafactory in China und wird kein VW E-Auto von Zwickau nach China exportiert.
Norwegen: hängt ganz von den Staatszuschüssen/Privilegien ab. Ab 2020 gilt auch für E-Autos die volle Kfz-Steuer. Zudem ist schon jeder 2. Neuwagen E-Auto/Hybrid – da muss man eigentlich nichts mehr fördern.
USA: die Amerikaner greifen wohl eher zum Tesla Model 3/Y als zum VW Neo. Zudem Importzölle.
agdejager meint
Ab Ende 2019 lauft die Produktion erst an. Enttäuschend.
Niklas meint
Schade dass Sie nicht die Verantwortung haben. Dann wären bereits nächste Woche das Auto fertig entwickelt, die Supply Chain aufgebaut, die Fertigungslinien umgestaltet und gerüstet, sämtliche Mitarbeiter geschult, alle Händler mit Informationen und den Autos versorgt und die ersten 10.000 I.D.s ausgeliefert ;-)
Kleiner Scherz. So etwas ist nunmal sehr aufwändig und das alles innerhalb eines Jahres ab jetzt zu bewerkstelligen — ich sage: sportlich.
Swissli meint
Find ich auch. Hier sieht man mal, wie lange es dauert vom Grundsatzentscheid bis zur Umsetzung. Wenn man von der ersten I.D. Ankündigung Frühling 2017 bis Frühling 2020 (beim Händler lieferbar) rechnet, sind es rund 3 Jahre. Auch Tesla ist da nicht wirklich schneller.
Klar, VW wird künftig ein Werk noch etwas schneller auf E-Mobilität umstellen können. Und, wie Niklas schon geschrieben hat, die reine Werksumstellung in einem Jahr ist sportlich! Und VW trau ich den Zeitplan und die versprochene Kapazität zu.
Effendie meint
Und nicht zu vergessen die ganze Vorentwicklung für MEB ist eigentlich schon abgeschlossen. Die Werkzeuge müssen bald geliefert werden um Ende 2019 SOP zu starten.