Möglichst schnelles Laden gilt als Schlüssel für die zeitnahe Verbreitung von Elektroautos. Der deutsche Zulieferer Mahle setzt sich dafür ein, auch mitunter langsamere, dafür aber kostengünstigere Infrastruktur voranzutreiben. In Stuttgart wurde vor kurzem eine entsprechende Lösung des unternehmenseigenen Startups chargeBIG eingeweiht.
„Unser Corporate Start-up chargeBIG hat eine Vision: Das Laden von Elektrofahrzeugen wird in Zukunft flächendeckend, kostengünstig, kinderleicht und clever vonstattengehen. Diese Vision wird heute in Bad Cannstatt Wirklichkeit“, so Mahle-Chef Jörg Stratmann bei der Inbetriebnahme.
chargeBIG hat eine Ladelösung für Dauerparker entwickelt, die sich ohne große Umbauten in die vorhandene Infrastruktur integrieren lassen soll. Das System verfolge den Ansatz: „Statt laden so schnell wie möglich, laden so schnell wie nötig. Und das für möglichst viele Teilnehmer, auf die die Strommenge intelligent verteilt wird.“
Mahle bewirbt das chargeBIG-System als ideale Lösung für Parkflächen, an denen Elektroautos eine längere Standzeit haben, etwa in Firmenparkhäusern, an Flughäfen, für Flottenbetreiber oder in Tiefgaragen großer Wohnkomplexe. Das Ladekonzept besteht aus einer zentralen Steuereinheit inklusive fest angeschlagenen Kabeln mit Steckern anstelle von Ladesäulen am Parkplatz. Investitionen in die Erweiterung der Netzanbindung seien nicht erforderlich, was beim Aufbau der Ladeinfrastruktur Kosten und Zeit einspart.
Bei der chargeBIG-Lösung wird die verfügbare Ladeleistung über ein dynamisches Lastmanagement durch eine zentrale Steuereinheit auf die parkenden E-Fahrzeuge verteilt. So werden Schieflasten im Stromnetz vermieden. Das System reagiert flexibel auf andere Verbraucher im Netz und nutzt die Elektrofahrzeuge als regelbare Last. „Somit wird das verfügbare Stromnetz optimal genutzt“, erklären die Entwickler.
„Zudem ist die Lösung von chargeBIG bei Installation und Wartung günstiger als alternative Systeme, da die Ladepunkte durch die zentrale Elektronik sehr einfach gehalten werden können. Ein weiterer Vorteil betrifft die Sicherheit, denn die Ladepunkte sind stromlos, wenn nicht geladen wird“, heißt es weiter.
treborn meint
Herzlichen Glückwunsch. Endlich ein Unternehmen das eine einfache und praxistaugliche Idee umsetzt. An Autobahnen ist die Schnellladung sehr wichtig. Sonst geht es auch weitgehend ohne.
Jörg2 meint
Wie wird das dann (eichrechtskonform?) abgerechnet?
Beim Anstöpseln kann mir sicherlich der Strompreis mitgeteilt werden. Über die Menge, die ich innerhalb der Parkzeit beziehe, lässt mich das System (systembedingt) aber im Dunkeln.
Ist das so machbar? Ich gehe einen Vertrag ein, über dessen wichtigen Vertragsinhalt (Leistungsmenge) ich bis zum Schluss im Dunkeln bleibe?
Will sagen: ist soetwas vertragstechnisch als öffentliches Angebot umsetzbar (oder bleibt das WEG’s, Firmenparkplätzen etc. vorbehalten)?
nilsbär meint
Mahle: Weltweiter Stellenabbau außerhalb Deutschlands, Arbeitsplatzgarantie in deutschen Werken nur mehr bis Jahresende, Sparprogramme werden ausgeweitet…
Verständlich, dass die vom Verbrenner abhängigen Konzerne langsam andere Geschäftsfelder suchen. Nur wird da wenig zu holen sein. Bei den Ladepunkten für Parkhäuser etwa tritt Mahle in Konkurrenz zu Siemens und vielen weiteren alten und neuen Elektrotechnik-Firmen.
Für mich sind das halbherzige, hilflose und untaugliche Versuche, dem drohenden Untergang zu entgehen. Sorry für die harten Worte.
Peter W meint
Wenn sie nichts tun würden wäre es aber auch nicht in Ordnung. Elektrische angetriebene Kolben zu entwickeln macht halt noch weniger Sinn.
Peter W meint
Tippfehler: Elektrisch angetriebene …
Frank Fox meint
Dynamisches Lastmanagement ist bei solchen Anlagen ein absolutes Muss und hat mit einer Zentralen Steuerung nichts zu tun. Zentral gesteuerte System sind auf den ersten Blick betrachtet eine gute Lösung, haben aber auch gravierende Nachteile, fällt die Hauptsteuerung aus, sind in der Regel alle Plätze davon betroffen, eine Redundanz wie mit viele autonomen Einheiten ist schwer realisierbar. Kostenmäßig sehe ich ebenfalls wenig Vorteile, da teure Komponenten wie FI´s für jede Station verbaut sein müssen, zentral oder nicht und CPUs für die Steuerung fallen eigentlich nicht ins Gewicht. Außerdem ist ein System ohne Intelligenz am Steckplatz nicht in der Lage z.B. RFID oder APP Befehle anzunehmen und zu bestätigen. Auch bei der Verkabelung sehe ich keinen Vorteil, da ich nicht einfach von einem durchgehenden Kabel abzweigen kann sondern vom zentralen Schaltkasten ein Kabel für jede Station legen muß. Für mich auf den ersten Blick eher keine Innovation.
alupo meint
Hört sich gut an, +++
Stefan Ripp meint
Ich hatte mir das System bei der Messe im Frühjahr in Stuttgart angeschaut; damals wollte Mahle noch nicht damit rausrücken, wann es die erste Installation geben wird. Nun ging es ja erfreulich flott! Danke, ich wünsch dem System viel erfolg und Mahle eine Stabilisierung bei den Arbeitsplätzen. Die Mobilitätswende spüren die Motorenbauer deutlich.
Der Meier meint
Es gibt jede Menge Tiefgaragen- und Parkthausbetreiber in Innenstadtlage, die einen Teil ihrer Plätze an fest vermieten.
Dort hätten solche Ladesysteme ihren Platz.
Über die zentrale Steuerung hätte man außerdem den energiepolitisch gewünschten Effekt, dass die Ladung analog zum Stromangebot gesteuert werden kann.
Wer es schneller will muss eben ein bisschen extra zahlen.
teslatom meint
Endlich! ????????????
Endlich nimmt mal jemand Vernunft an.
Wie unsinnig, ein Elektroauto wie ein Verbrenner zu benutzen. Wo überall Strom vorhanden ist.
Genauso gehört sich das. 100 Plätze MIT Kabel und Lastregelung, und schon ist alles ok, keine belegten Ladepunkte, ganz einfach und wohl auch kaum teurer als 1-2 Schnellladesäulen
Stulli meint
Was im Artikel nicht steht: Es ist das Mahle Parkhaus, das am Wochenende für Besucher des Stuttgarter Zoos (Wilhelma) geöffnet ist. Also, ab nach Stuttgart und ausprobieren.
EdgarW meint
So gehört sich das. Einfach ein Stecker pro Parkplatz, Typ 2 bis 22 kW, je nach Gesamtlast. Sowas wird auch in Parkhäusern Standard werden, einfach ein zentrales Ladesystem (in dem dann elektrische Absicherung und sämtliche Logik steckt, die Leistungselektronik steckt bei AC ja eh im Auto), an das alle Ladeplätze angekabelt sind, Abrechnung entweder über einen fest zugewiesenen (und dann auch freien) Platz beim Einfahren oder einen zusätzlichen RFID-Leser am Ladeplatz und gut. Oder noch günstiger: RFID-Leser zB an den Bezahlautomaten, sodass man beim Rausgehen dort den eigenen Platz freischaltet. Mit Erkennung des Fahrzeugs über sine Typ2-Kennung oder Zertifikat (Plug’n’Charge) könnte man gar den ganzen Bezahlvorgang inklusive Parkgebühren über Roaming-Konten abwickeln, setzt dann allerdings eine Erkennung der nicht eingestöpselten Fahrzeuge und entsprechend nicht-automatisches (nicht ohne Bezahlvorgang) Öffnen der Ausfahrtschranke voraus … da wird’s dann wieder kompliziert, besonders wenn man den Datenschutz mit einbezieht. Grübel.
Na jedenfalls könnte das alles sehr einfach gestaltet sein, sowohl bzgl. der Kosten der Ladeinfrastruktur, als auch der Handhabung durch den Kunden.
Theoretisch. Wahrscheinlich wird wieder jeder Parkhausbetreiber seine eigenen komplizierten und teuren Brötchen backen wollen.
EdgarW meint
Ergänzung:
interessant, siehe chargebig com bzw YouTube-Video W0xYxZsmBfs
Es geht wirklich um Nachladen, wenn das Auto eh länger steht. Geregelt wird im Bereich 2,3 bis 7,2 kW einphasig. Da mehrere Fahrzeuge angestöpselt sind, kann das Lastsystem sie auf die Phasen verteilen und so trotz Schieflastregelung einphasig im günstigen Fall die vollen 7,2 kW zu Verfügung stellen. Wieder zum Parkhaus-Szenario: Auto abstellen, nen halben Tag (4 Stunden) shoppen, bis zu 28 kWh nachgeladen, im ungünstigste Fall nur 9 kWh. Arbeitstag (9H): 60 kWh+, ungünstig: 20 kWh. Selbst Letzteres reicht für den normalen täglichen Bedarf für 95% der Arbeitnehmer.
EV1 meint
Mahle muss etwas tun, sonst gehen die Lichter dort aus.
Dies ist genau der richtige Weg.
Viel Erfolg bei der Erschließung neuer Geschäftsfelder um für die nach Verbrenner Zukunft gewappnet zu sein.
EdgarW meint
+1
lo meint
Das ganz normale AC-Laden lässt sich Säulenseitig von 6 bis 80 Ampere regeln.
Falls der Strom trotzdem knapp wird kann (schon immer) pausiert werden ohne das das Fahrzeug es krumm nimmt. Die ganz alten Ladeelektroniken von Phoenix Contact oder ABL konnten das schon dem Fahrzeug signalisieren
(eigentlich alle die „Mode 3“ voll unterstützen). Man braucht halt zusätzlich die „zentrale Elektronik“, die den Stromverbrauch im Blick hat.
Soviel zu: „…dann geht in D. das Licht aus“
Selnim meint
The way to go!
Jürgen Kußmann meint
Genau das wünsche ich mir! Für Firmenparkplätze und Parkhäuser eine ideale Geschichte, mit der man wirklich viele E-Auto-Fahrer „erreichen“ würde (auch diejenigen, welche zuhause keine Lademöglichkeit haben).