Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) Hans Peter Wollseifer und Renault-Deutschland-Chef Uwe Hochgeschurtz haben mit dem Deutschen Handwerksblatt ausführlich über die Voraussetzungen für den erfolgreichen Einsatz von Elektrofahrzeugen in der Branche gesprochen.
Der ZDH-Präsident hält die E-Mobilität für „eine wichtige Technik der Zukunft“, das Handwerk könne aber „nicht von heute auf morgen einen Hebel umlegen und alles fährt elektrisch“. Das liege auch daran, dass es aktuell noch zu wenig Auswahl an passenden Modellen gebe. Das Angebot an Transportern, die hohe Nutzlasten transportieren und insbesondere im Bau- und Ausbaugewerbe benötigt werden, nehme gerade erst Fahrt auf. Auch bei den gewerkspezifischen Aus- und Umbauten weite sich die Auswahl erst allmählich aus.
Renault hat mit den Modellen ZOE, Twizy, Kangoo Z.E. und Master Z.E. derzeit vier reine Elektrofahrzeuge im Angebot, für nennenswerte Stückzahlen sorgt derzeit aber nur der Kleinwagen ZOE. Hochgeschurtz wies darauf hin, dass man „noch immer relativ am Anfang der Elektromobilität“ stehe. Der französische Anbieter sei aber schon jetzt gut aufgestellt, bis 2022 werde man privaten und gewerblichen Käufern zudem bereits insgesamt acht Fahrzeuge mit E-Antrieb anbieten. Mittelfristig werde das Nutzfahrzeug-Angebot komplettiert und sich für jede Nutzung eignen.
Für Gewerbetreibende im urbanen Bereich gebe es schon heute passende Lösungen, so Hochgeschurtz. „Man muss aber auch bei aller Überzeugung für die E-Mobilität sagen: Es ist ein Irrglaube anzunehmen, dass sich jeder Verbrenner durch ein E-Fahrzeug ersetzen lässt.“ Als Beispiel nannte er hier das Transportgewerbe, wenn Überlandfahrten mit hoher Nutzlast zu absolvieren sind. Der Renault-Deutschland-Chef sei „fest davon überzeugt, dass wir auch 2030 noch thermische Fahrzeuge produzieren“.
Ladeinfrastruktur „ganz entscheidend für den Erfolg“
ZDH-Präsident Wollseifer macht die weitere Verbreitung von E-Fahrzeugen unter den Handwerksbetrieben auch an der Ladeinfrastruktur fest. Das Vorhandensein von Strom-Tankstellen sei „ganz entscheidend für den Erfolg“ der alternativen Antriebsart. Während beispielsweise Bäcker in der Stadt mit festgelegten Routen schon ausreichend Ladepunkte vorfänden, kämen Handwerker in ländlichen Regionen „sehr schnell an Reichweitengrenzen“.
Wollseifer sieht bei der Ladeinfrastruktur neben der Politik die Energiewirtschaft gefordert, dies gelte nicht nur für öffentliche Ladesäulen. Größere Handwerksbetriebe hätten heute noch Probleme, für mehrere E-Fahrzeuge von ihrem Energieversorger ausreichend Lademöglichkeiten beziehen zu können. Zusätzlich zu Fördermaßnahmen für private E-Auto-Käufer müssten zudem auch Firmen stärker beim Umstieg auf Elektromobilität unterstützt werden.
Hochgeschurtz merkte an, dass es bei der E-Mobilität nicht nur um Kostenaspekte gehe. „Es handelt sich schließlich um eine emissionsfreie Mobilität, die mögliche Fahrverbote nicht berührt“, betonte er. Außerdem werde die Technik stetig besser und preiswerter. So würden gegen Mitte des nächsten Jahrzehnts Batterien neuer Generation mit Festkörper-Technologie „mit ganz anderen Ladekapazitäten und Reichweiten“ ein Thema. Auch die Entwicklung bei Vehicle-to-Grid stelle einen Technologiesprung dar.
Wollseifer ist überzeugt, dass sich das Handwerk bei der Elektromobilität „langfristig als doppelter und nachhaltiger Problemlöser“ positionieren wird. Die Branche habe sich schon immer auf neue Technologien eingestellt und dies werde auch bei E-Fahrzeugen der Fall sein. Mit Blick auf die von der Automobilindustrie angekündigten Jobverluste durch einfacher zu bauende Elektroautos sagte der ZDH-Präsident abschließend: „Auch hier steht das Handwerk parat: Uns fehlen rund eine viertel Million Mitarbeiter.“
Jensen meint
Handwerker fahren in der Regel zu Baustellen, dort gibt es Baustrom.
Während der/die Handwerker ihren Job machen, kann das Auto Strom nachfassen. Für die evtl. Abrechnung des Stroms werden sich, mit etwas Willen, auch Möglichkeiten finden. Natürlich wird es immer auch Anwendungen geben, bei denen das aktuelle E-Fahrzeugangebot für das Gewerbe noch nicht ideal ist.Ebenso sollte man davon ausgehen können, dass die Betriebsstätten der Handwerker mit Strom versorgt sind, was eine weitere Ladestelle wäre.
xdaswarsx meint
… aber leider meist nicht da wo das Auto steht/parkt.
Daniel S meint
Auf Baustellen organisieren sich die Handwerker stets ziemlich gut selber. Wo ein Handwerker ist da ist auch Strom…
Jörg2 meint
Und der Bauherr zahlt das „tanken“.
Na, wenn das kein Argument FÜR ein BEV ist…. ;-)
MiguelS NL meint
Der Zoe hat seit Beginn fast 3 Mal (genau Faktor 2,65) mehr an Reichtweite bekommen.
Ich wünsche mir das der neue Kangoo ZE, der hoffentlich nächstes Jahr auf dem Markt kommt, gleich zu Beginn minimal 3 mal so viel Reichtweite bieten wird. D.h. 510 km NEFZ, ca. 360 km WLTP.
Ich befürchte aber dass es den Verbrennern zu Beginn zu viel Konkurrenz machen würde und Renault sich deshalb dafür entscheidet, mit weniger Reichweite zu starten.
Alea meint
Hans Peter Wollseifer (ZDH) hätte Herrn Uwe Hochgeschurtz (Renault) fragen sollen, warum er bei E-Fahrzeugen für Gewerbetreibende nur Technik von gestern anbietet. Der Renault Kangoo lädt selbst an einer 22kw Wallbox nur mit 4,6 kW pro Stunde – was für eine Vollladung rund 9 Stunden bedeutet – und ein DC-Schnellladeanschluß (CCS) ist überhaupt nicht lieferbar! Ein flexibler Einsatz des Fahrzeugs ist damit unmöglich – trotz hoher Preise. Die Autoindustrie will immer noch nicht!
Daniel S meint
Gutes Titelbild mit Baustelle. Dort frage ich als Architekt bereits heute die Elektriker, warum sie nicht elektrisch unterwegs seien. Glauben die selbst nicht an ihre Berufsgattung? Das wären ja Geschäfte wenn man als Vorreiter e-Autos propagiert…
Peter W meint
Elektriker glauben fest daran, dass es keine Elektrizität ohne Netzanschluss gibt.
Das E-Auto ist also ein Fake.
Wännä meint
…und telefoniert wird nur über Festnetz oder mit dem smartphone, wenn das Netzkabel eingesteckt ist.
TwizyundZoefahrer meint
Mein Elektiker der mir einen Hausanschluss für die Garage abseits vom Haus gelegt hat, hatte bis dato keine Ahnung von Wallbox und FI Absicherung. Vor ein paar Tagen bin ich bei ihm vorbeigefahren, er hat seinen vorherigen Kleintransporter gegen einen Kangoo ZE getauscht, weil viel billiger ist und er durch Zuschuss das Auto fast zur Hälfte des Preises bekam. Er schwärmte, das Fahren wäre toll, er wird demnächst seinen Privat PKW gegen ein EAuto tauschen. Er wirbt nun exklusiv in der Umgebung mit der Installation von Wallboxen und hat bereits volle Auftragsbücher.