Der Chef des deutschen Zulieferers Continental Elmar Degenhart hat in einem Interview mit der Automobilwoche über seine Sicht der Pkw-Branche gesprochen. Hier gebe es derzeit einen Strukturwandel, „wie ihn die Autoindustrie so noch nie erlebt hat“.
Mit Blick auf die Diskussion um den Klimaschutz meinte Degenhart, dass das Thema Umwelt nirgendwo sonst „so einseitig emotional diskutiert“ werde wie in Deutschland. Continental fühle sich verantwortlich für Klimaschutz, betonte er – der Wirtschaft zu viel aufzulasten, helfe aber nicht. Denn dann werde „die Ökonomie in die Knie gehen und nicht mehr jene Gewinne erwirtschaften, die erforderlich sind, um etwas Wirksames für die Ökologie zu tun“.
Der Continental-Boss forderte, die richtige Balance zu finden: „Wir nennen das dreifachen Klimaschutz. Er ist ökonomisch, ökologisch und sozial.“ Anspruchsvolle Klimaschutzziele in Europa könne man nur zusammen erreichen. Klimaschutz müsse außerdem auf globaler Ebene vorangetrieben werden. Die verschärften Gesetze für den Verkehrssektor ließen keine Zeit für eine evolutionäre Anpassung, unterstrich Degenhart. In der Antriebsindustrie werde es daher einen „heftigen Konsolidierungsprozess“ geben. Insbesondere kleine Mittelständler, die stark von Mechanik für Verbrenner abhängen, würden ihre Selbstständigkeit verlieren – „oder ganz vom Markt verschwinden“.
Die künftigen CO2-Vorgaben bedeuten laut Degenhart für einen Volumenhersteller, dass er in Europa bis 2030 einen Stromer-Anteil von über 40 Prozent erreichen muss. Dies sei „äußerst anspruchsvoll“. Die größte Herausforderung sei die Verfügbarkeit von Batteriezellen. Premiumhersteller hätten dabei mehr Möglichkeiten zum Ausweichen, etwa über Hochvolt-Hybride.
Darauf angesprochen, warum Continental keine Batteriezellen fertigt, sagte Degenhart, dass Investitionen in Lithium-Ionen-Akkus für Neueinsteiger keinen Sinn ergeben würden. Asiatische Firmen seien hier mittlerweile zu weit, der Quereinstieg nach erfolgtem Markthochlauf mit sehr hohen wirtschaftlichen Risiken verbunden. Bei einem Technologiewechsel zu Festkörperbatterien bis 2025 hätte sich „ein Einstiegsfenster aufgetan“. Continental rechne inzwischen aber damit, dass diese Technologie wohl nicht vor 2030 zur Verfügung stehen wird.
Als Reaktion auf die Herausforderungen der Zukunft hat Continental sein Antriebsgeschäft in die Gesellschaft Vitesco Technologies ausgegliedert. Die Sparte sei mit einem umfassenden Portfolio im Bereich Elektronik und Elektrifizierung „bestens aufgestellt, um eine maßgebliche Rolle in der Konsolidierung im Antriebsbereich zu spielen“, sagte Degenhart. Den Vorwurf, die E-Mobilität verschlafen zu haben, könne er nicht nachvollziehen: „Wenn Sie zu früh investieren, dann verbrennen Sie Milliarden. Richtiges Timing ist wichtig.“ Jetzt sei die Richtung klar – und die zeige für Continental „klar nach oben“.
Uwe meint
Wenn einer der wichtigsten Manager der deutschen Automobil-Industrie immer noch Ursache und Wirkung verwechselt, wird klar woran die deutsche Volkswirtschaft scheitert.
An Unfähigkeit der Boni-Abkassierer.
Verschlafen und verhindert, hat die gesamte Branche die Entwicklung von Antrieben, Akkus und Plattformen. Erst 2017 hat VW den endgültigen Trendwechsel veranlasst. Als einziger deutscher Hersteller!!!
Den Betrug zugegeben! Als einziger Hersteller!
Das Ende der Verbrenner-Technologie verkündet und mit 2030 terminiert.
Daimler baut mit hohem Tempo an der Elektrifizierung – aber nur in China!
Dort wird der Smart gebaut, dort wird die B-Klasse elektrisch gebaut und mit mehreren chinesischen Herstellern in Kooperation weitere unterschiedliche Modelle entwickelt und innerhalb von zwei Jahren auf die Straße gebracht.
Bei uns? Ebbe!
Stattdessen weitere PS-Protze mit Verbrenner-Motoren, 250 bis über 400 PS.
Die in China gebauten Volumenmodelle werden im Konzern-Verbund zur Flotten-CO2-Bilanz-Schönung benutzt.
Hier haut man die Stinker mit über 200 gr/m3 raus.
Andreas E. meint
Die Milliarden sollen lieber andere früh investieren. Dann werden diese erst nicht beachtet, dann ignoriert, dann belächelt und wenn man dann erkennt, dass es doch was ist, ist der Zug schon abgefahren. Wie Jörg2 schreibt: >>AG + angestellte CEOs = Planungshorizont bis zur nächsten Bonizahlung<>…dreifachen Klimaschutz…<< schön reden.
Andreas E. meint
am Ende meines Posts ist etwas durcheinander gekommen.
Richtig sollte es heißen: …Planungshorizont bis zur nächsten Bonizahlung und dann das eigene Versagen mit „…dreifachen Klimaschutz…“ schön reden.
Leotronik meint
Die Strategie von Conti ist total gescheitert. Aufgelaufen voll auf ein Riff. Jaja, keiner konnte die Entwicklung vorhersehen. Benotung 6.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
„Insbesondere kleine Mittelständler, die stark von Mechanik für Verbrenner abhängen, würden ihre Selbstständigkeit verlieren – „oder ganz vom Markt verschwinden“.“ Vielleicht aber größere Mittelständler, die den Strukturwandel zu spät gesehen oder gestaltet haben. Die Automobilindustrie sieht sich gerne als Opfer, aber die jetzt geltenden CO2-Ziele sind seit 2009 bekannt.
Glider meint
Das, hat mich überzeugt, nun werde ich meine Conti Aktien definitiv verkaufen!
Andreas meint
A) Es ist naiv zu glauben, dass man ohne eine große Anzahl an qualifizierten Ingenieuren und Chemikern, die Akkus kennen, mal einfach so an Festkörperspeichern erfolgreich arbeiten kann. Im Gegensatz zu China pumpen weder unsere Universitäten noch Firmeneigene Entwicklungszentren diese Leute in den Markt. Vor 2 Jahren sagten mir noch insider, dass man in Deutschland nicht die geringste Ahnung hat, wie man Zellen baut. Die Asiaten lassen kein Knowhow raus. Da glaube ich eher den Ingenieuren als so einem „Schlipsträger“.
Hinsichtlich dem „dreifachen Klimaschutz“: Gebalter PR-Stuss.
Mit dem rasanten Anstieg der CO2-Werte in der Atmosphäre kann man nicht diskutieren.
Man kann mit der Physik weder verhandeln, noch diese aussitzen.
Es wird sich garnicht die Frage stellen, ob wir dieses Problem sanft oder sozial etc. lösen. oder wieviel Geld das kosten darf oder soll. Das ist doch alles Wunschdenken.
Entweder man setzt was um, oder es wird’s gewesen sein.
egon Meier meint
weil du Recht hast und der Vorsprung – vor allem asiatischer Unternehmen – bekannt ist kauft VW sich auch Kompetenz durch Beteiligung an kleineren Unternehmen zu.
Normaler Prozess. Konzerne sind nicht innovativ – die kaufen sich Innovation zu.
nilsbär meint
Volle Zustimmung.
„Im Gegensatz zu China pumpen weder unsere Universitäten noch Firmeneigene Entwicklungszentren diese Leute in den Markt. “
Leider. Seit mehr als 10 Jahren reiht sich in der Batterieforschung ein groß verkündeter ‚Erfolg‘ unserer Universitäten und Forschungsinstitute an den anderen – von dem man dann nichts mehr hört. Milliarden wurden versenkt und wir stehen mit leeren Händen da.
Mehr Hoffnung setze ich da auf Northvolt, den Batterie-Partner von VW. Der Gründer Peter Carlsson war immerhin Produktionschef von Tesla. Interessant auch, dass Northvolt kaum deutsche Techniker beschäftigt, sondern hauptsächlich Leute aus Japan und Südkorea.
150kW meint
„von dem man dann nichts mehr hört.“
Was im internationalen Vergleich nichts ungewöhnliches ist ;)
Uwe meint
Die deutschen Entwickler aus der E-Antriebs-Historie arbeiten fast alle in China oder bei Tesla.
Akku-Bauer und Anlagenbauer für Akku-Hersteller wurden komplett gekauft – von chinesischen Investoren.
So auch fast die komplette Mannschaft vom BMW i3 erste Generation.
Wir haben fast nur noch in Forschung- und Entwicklung an Hochschulen und Instituten (Fraunhofer) aktuellen Standard.
Dort werden immer noch unzählige Patente rausgehauen.
Aber wer kauft die und setzt um?
China!
alupo meint
Also laut Degenhart gilt, wer zu früh investiert riskiert, Milliarden zu verbrennen. Ok, das kann ich nachvollziehen.
Eine Akkufabrik können wir hier in Deutschland nicht mehr bauen weil die Asiaten schon viel weiter sind als wir. Ja, das schrieb ich auch schon vor 1-2 Jahren (zum Glück bauen die Asiaten hier und noch einige andere mutige Unternehmen, über 400 GWh p.a. sind in Europa angekündigt, also noch nicht geplant).
Und auf den Feststoffakku warten wir bis 2030, auch das vermutete ich schon lange. Und warum sollten in 2030 nicht auch die Asiaten am Drücker sein wenn sie dann bereits über mehr als 10 Jahre Produktionserfahrung verfügen und beste Kontakte zu ihren Rohstofflieferanten haben? Wer sollte das denn aufholen?
Also wie ich den Beitrag lese funktioniert es also so:
1) auf jeden Fall Risiken vermeiden um dann
2) zu spät zu kommen für eine eigene Produktion.
Gut, und warum machen wir den Laden „Deutschland“ nicht gleich dicht bzw. laßt uns doch von der Braunkohleförderung leben?
Jörg2 meint
AG + angestellte CEOs = Planungshorizont bis zur nächsten Bonizahlung
PK meint
„Der Continental-Boss forderte, die richtige Balance zu finden: „Wir nennen das dreifachen Klimaschutz. Er ist ökonomisch, ökologisch und sozial.“ Anspruchsvolle Klimaschutzziele in Europa könne man nur zusammen erreichen. Klimaschutz müsse außerdem auf globaler Ebene vorangetrieben werden.“
Für mich hört sich das extrem nach Phrasen an, hinter denen man sich verstecken möchte:
Wir müssen dringend was tun. Aber nur dann, wenn wir alle was tun. Bis dahin können wir gar nichts tun.
Bei Isaac Asimov gab es in einem Roman einen semantischen Analysator, den man auf Reden bestimmter Politiker anwenden konnte.
Und das Ergebnis war: NICHTS. NADA. NIENTE.
Ich vermute, hier wäre es nicht besser…
BTW: Ich will den Weltfrieden, Abrüstung und Gerechtigkeit für alle.
Nützt leider auch nix.
Offen gesprochen meint
Ein Klimawandelleugner, der betont, wie wichtig ihm Klimaschutz ist.
Anders ist diese Paarung aus Nichtstun und volmundigen Presserklärungen nicht zu verstehen.
EVrules meint
Alle die nicht wollen oder können sprechen von Evolution und Balance. Kein Lebewesen wird in seinem Überleben nach Evolution oder Balance gefragt, man muss sich den Gegebenheiten anpassen oder man verliert seinen Lebensraum.
In dieser Hinsicht will ich absolut nicht von Sozial-Darwinismus sprechen, sondern von Wirtschafts-Darwinismus – ein Unternehmen hat sich der Umgebung anzupassen, nicht die Umgebung dem Unternehmen.
JoSa meint
Der Elmar tut mir ja echt leid…
Hat tolle Sprüche drauf, die zusammengenommen Hilfeschreie sind.
Er schaft es nicht Ökonomie und Ökologie zu vereinen.
Ich könnte im ja einige Videos verschreiben, aber bei dem Gejammer und den Tränen in den Augen, wird er nichts sehen und hören.
nilsbär meint
Ich versuche den Conti-Chef zu verstehen. Die E-Mobilität wird die Umsätze aller großen, breit aufgestellten Zulieferer dramatisch schrumpfen lassen. Für Conti geht es um das nackte Überleben. Dafür tritt er noch gemäßigt auf.
Skodafahrer meint
Continental macht immer mehr im Bereich Fahrrad.
Es gibt neben den Reifen auch Zahnriemen zum Antrieb und 36V sowie 48V Antriebe.
Es gibt sogar einen 48V Antrieb mit integriertem Schaltgetriebe für den Antrieb über Zahnriemen.
Peter W meint
Der Conti-Boss stochert in einer Wunde, die sich die Autoindustrie selbst zugefügt hat. Seit mindestens 20 Jahren ist bekannt, dass der Verkehr ein Abgasproblem hat. Seit 10 Jahren ist klar, dass die Regierungen Maßnahmen gegen die steigenden Abgasmengen im Verkehr beschließen werden und müssen. Trotzdem haben die Autobauer weitergewurstelt und sogar mit betrügerischen Maßnahmen versucht kurzfristige Gewinne zu erhalten. Tesla hat man belächelt, und deren Wachstum mit der Hoffnung, dass es bald ein Ende hat, beobachtet. Man hat nichts getan um die Regierungen und Umweltverbände zu besänftigen, man hat stattdessen immer leistungsfähigere Sprittschleudern gebaut. Jetzt, wo es nicht mehr „einfach so“ weiter geht, jetzt fängt man an zu jammer und drückt auf die sozialverträgliche Tränendrüse. Die Chance relativ entspannt und stressfrei Autos bauen zu könnnen hätte man sich mit einem BEV-Anteil von wenigen Prozent erhalten können. Jetzt ist es zu spät, und alles muss schnell gehen.
So verspielt man sich die Zukunft, denn die schnelleren haben schon ordentlich Vorsprung.
Jörg2 meint
Volle Zustimmung!
Lange Zeithorizonte findet man eher in familiengeführten Unternehmen.
Angestellte bonibezahlte Vorstände mit 5-Jahresverträgen und Aktionären im Nacken haben da ganz andere „Erfolgshorizonte“.
Ebikethoemmel meint
Meine Gedanken! Bloss, was macht die Mehrheit hier im Forum besser? Sind wir nicht auch nur am schimpfen und proleten? Über Conti, über BMW, Daimler, Sono… VW scheint derweil ein bisschen besser wegzukommen. Verkaufen zwar wahrscheinlich 10 SUVS auf ein BEV in 5 Jahren, aber das Marketing stimmt.
Die Wende muss primär in den Köpfen geschehen. Da ziehe ich wieder den Hut vor Sono, sollte es Ihnen gelingen, den Sion auf die Montagelinie zu bringen. Die „verträumten Jungs“ sind vielleicht keine Manager, aber sie scheinen die Wende in ihren Köpfen vollzogen zu haben. Wäre Conti/Vitesco nicht gut beraten, hier zu investieren?
Roland meint
Ob ein Thema bei uns „einseitig und emotional“ diskutiert wird, spielt sowieso keine Rolle mehr.
Der Zug ist abgefahren und paradoxerweise spielt in Europa nicht Deutschland oder die EU eine Vorreiterrolle bei der Umstellung auf E-Mobilität, sondern Länder wie Norwegen, das außerhalb steht und das United Kingdom, das gerade austritt und ab 6. April diesen Jahres den E-Turbo einschaltet.
Warum das so ist, habe ich in einem anderen Post ausgeführt, der leider wg. angeblicher „Themenferne“ gelöscht wurde.
Aber vielleicht nimmt sich ecomento selbst einmal dieses Sujets an.
Sledge Hammer meint
was passiert denn am 06.04.20 im United Kingdom?
Andreas_Nün meint
Steueränderung tritt in Kraft. Deutliche Verbesserung für elektrische Firmenautos.
LIPo meint
Mit dem Brexit verlassen alle noch verbliebenen High Tech Unternehmen das “ sinkende Schiff“ UK.
Selbst Dyson, ein glühender Verfechter des Brexit ist schon weg.
Und Norwegen? Kein Vorbild! Das Land finanziert seine Mobilitätswende durch den Verkauf von Erdöl. Wenn es Norwegen wirklich um Umweltschutz und Nachhaltigkeit ginge, dann müssten sie ihr Erdöl im Boden lassen…
Sledge Hammer meint
Danke für die Antwort ;)
„Für Elektroautos und Wasserstoffautos, die ab dem 6. April 2020 in England zugelassen werden, wird die Steuerlast gegenüber dem derzeitigen System um zwei Prozentpunkte gesenkt. De facto bedeutet dies einen Prozentsatz von Null.“
Quelle: elektroauto-news
Andreas meint
E-Turbo. Naja. Die Steuer fällt weg. Haben wir auch. Das ist aber hier kein Turbo.
Roland meint
Unsinn.
Bei uns in D fällt die Dienstwagenbesteuerung nicht weg; sie wird lediglich reduziert.
Außerdem gibt es hier keine sog. „Green Zones“, in die Verbrenner Eintrittsgeld zu bezahlen haben.
Im UK geht jetzt die Post ab.
Sledge Hammer meint
„Im UK geht jetzt die Post ab.“
Das glaube ich auch. Das UK wird der größte Markt für BEVs in Europa im Jahr 2020 werden. Da werden wir Deutsche staunen.