Ride-Pooling-Dienste, die in einigen deutschen Städten Fahrten für mehrere Gäste bündeln, werden laut einer Studie zu einem großen Teil von jungen Menschen als „Tür-zu-Tür“-Ergänzung zu Bus und Bahn in Anspruch genommen. Knapp die Hälfte der Nutzer mit einem Pkw im Haushalt könnte sich vorstellen, zukünftig auf das eigene Auto zu verzichten. Das sind die Ergebnisse einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB).
Das WZB hat untersucht, ob neue Verkehrsangebote auf digitalen Plattformen wie CleverShuttle, BerlKönig oder MOIA die Zahl der Fahrzeuge und die damit gefahrenen Kilometer sowie die ausgestoßene Menge an Schadstoffen in den Städten reduzieren. Es wurde zudem beleuchtet, wie die Dienste von den Menschen im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln angenommen werden. Die Forschenden konnten dazu auf die Fahrgastdaten des Startups CleverShuttle zugreifen und diese in vier deutschen Großstädten für ein Jahr analysieren. Darüber hinaus wurden 3500 Nutzer des Dienstes zu ihren Fahrgewohnheiten und zur Bewertung des Angebots befragt.
Die Fahrzeuge des Elektro-Fahrdienstes CleverShuttle – seit 2018 mehrheitlich im Besitz der Deutschen Bahn – beförderten 2019 nach Angaben des Unternehmens über 1,8 Millionen Personen in Berlin, München, Leipzig und Dresden. Anders als bei Fahrten mit dem Taxi oder dem US-Fahrdienstvermittler Uber werden bei CleverShuttle bei ungefähr der Hälfte der Fahrten weitere Fahrgäste hinzugebucht, die sich ein Auto teilen. In den Nachtstunden steigt der durchschnittliche Anteil der geteilten Fahrten auf bis zu 65 Prozent.
Vor allem Freizeitfahrten
Die WZB ermittelte in der Studie, dass rund die Hälfe der Nutzenden von CleverShuttle zwischen 20 und 34 Jahre alt ist und den Dienst mehrmals im Monat bucht. Mehr als 30 Prozent aller Kunden besitzen keinen Führerschein, 35 Prozent haben keinen Zugriff auf ein privates Fahrzeug. Die Mehrzahl aller Fahrten (ca. 60 %) dient Freizeitzwecken, rund 25 Prozent sind Fahrten zur Arbeit oder haben einen geschäftlichen Anlass.
Als Vorteile nannte knapp die Hälfte der befragten Clever-Shuttle-Nutzer den niedrigen Preis und den „Tür zu Tür“-Service. Dass der Transport oft mit anderen Menschen geteilt werden muss, beurteilten knapp 60 Prozent „positiv“ oder sogar „sehr positiv“. Ebenfalls die Hälfte der Befragten gab an, dass sie ohne das Ride-Pooling-Angebot mit Bus und Bahn gefahren wären. Etwa 10 Prozent hätten statt CleverShuttle den privaten Pkw genutzt. „Immerhin eine von zehn Fahrten mit dem Anbieter ersetzt also bereits eine Fahrt mit dem eigenen Auto, obwohl die Zahl der Fahrzeuge durch behördliche Auflagen immer noch eng begrenzt ist“, so die Studienautoren. Perspektivisch können sich der Auswertung nach rund 45 Prozent der Befragten mit Pkw im Haushalt vorstellen, dass CleverShuttle das eigene Auto ersetzt.
Das Forscherteam des WZB empfiehlt, die gesetzlichen Voraussetzungen für Ride-Pooling-Dienste zu lockern. Sie sollten zudem von den Kommunen koordiniert werden. Bislang seien die Angebote nur als Ausnahmen mit starken Beschränkungen erlaubt. Die Dienste benötigen nach Ansicht der Forschenden auch eine „wesentlich höhere“ Flottenzahl, um die gewünschten Flächen in den Städten angemessen bedienen zu können.
Nadolski meint
Eine Studie soll die Position von Pooling-Diensten stärken und sie als sinnvolle Ergänzung zum ÖPNV positionieren – dort, wo andere Verkehrsformen nicht oder nur schlecht bedienen können. Tut sie das?
Interessant an dieser Studie ist, dass die Datenauswertung in sichtlich geringem Maße tatsächlich die formulierten Ziele stützt. Denn die Ergebnisse zeigen, dass der Fokus von Pooling-Diensten im Zentrum von Innenstädten liegt – wo das Angebot an Bus, Bahn und Taxi am höchsten und zeitlich am längsten in kurzen Intervallen verfügbar ist. Zudem liegt der Haupt-Nutzungszeitraum von Clever Shuttle zwischen 18:00 und 1:00 Uhr – sowohl in der Woche als auch am Wochenende. Innerhalb dieses Zeitraumes sind die Wartezeiten auf ÖPNV in Stadtzentren jedoch weder gering, noch fehlen sie. 55 Prozent der Befragten hätten Bus oder Bahn genutzt und nur knapp 10 Prozent das eigene Auto, wenn es Clever Shuttle nicht gegeben hätte. 20 Prozent hätten das Taxi genutzt. Dieses Ergebnis spricht deutlich gegen die Behauptung, dass der ÖPNV ergänzt würde. Insgesamt sprechen diese Befunde eher gegen die Ziele der Studie. Medial wird dies jedoch wie so oft etwas verschleiert.
Gürdi Yıldırım meint
Jetzt in Zeiten von Corona sieht die Zukunft von einem durch mehreren geteilten Ride-pooling Diensten nicht mehr so rosig aus, es Kurven viel zuviele Mietwagen in den Innenstädten der Bundesrepublik sinnlos umher ..auch wenn diese gegen die Rückkehrpflicht immer wieder verstoßen tragen diese nicht zur einer Umweltschonende Situation bei und von deren unrentabilität möchte ich gar nicht erst reden ..denn schon morgen betteln diese Unternehmen den Staat nach Steuergeldern an (wie zB BerlKönig aktuell)
Uwe Bosse meint
Den Spaß am Individual-Fahrzeug (z.B. Sportcabrio) kann sowas nicht ersetzen. Aber wenn die Fahrten auch den Dienstzeiten der Berufstätigen angepasst werden, würde es sicher von einer Menge Pendler genutzt.