Fiat Chrysler Automobiles (FCA) hat seine E-Mobilitäts-Offensive vergleichsweise spät gestartet. In einem ersten Schritt bringt der italienisch-amerikanische Konzern diverse Plug-in-Hybride sowie den neuen Fiat 500 mit reinem Elektroantrieb auf den Markt. Flankierend zu weiteren teil- und vollelektrischen Modellen engagiert sich FCA im Bereich Ladeinfrastruktur. Zu einem Projekt im Turiner Werk Mirafiori gibt es nun Details.
Am Standort Mirafiori will das Unternehmen intelligente Infrastruktur zum Aufladen von Elektroautos im Zusammenspiel mit dem öffentlichen Stromnetz entwickeln und in der Praxis erproben. FCA kooperiert bei dem eigenen Angaben nach weltweit größten Vorhaben dieser Art mit dem französischen Energieversorgungskonzern Engie. „Hochrechnungen gehen davon aus, dass europaweit die gesamte Speicherkapazität von Batterien in Elektrofahrzeugen im Jahr 2025 bei 300 Gigawattstunden liegen wird. Das wäre die größte dezentrale Ressource, die dem europäischen Energiesystem zur Verfügung stehen könnte“, unterstreicht Engie-CEO Carlalberto Guglielminotti.
Die Arbeiten am dem V2G-Pilotprojekt (V2G steht für Vehicle to Grid, zu Deutsch „Vom Fahrzeug zum Netz“) in Mirafiori hätten nun begonnen, teilte FCA mit. Die Interaktion mit den vollelektrischen Fahrzeugmodellen des Konzerns solle das Stromnetz stabilisieren. Dabei werde die in den Batterien geparkter Elektroautos gespeicherte Energie kurzfristig dem öffentlichen Netz zur Verfügung gestellt. So ließen sich die Betriebskosten der Fahrzeuge optimieren und gleichzeitig ein nachhaltigeres Elektrizitätssystem realisieren.
Die erste Phase der Bauarbeiten für das V2G-Projekt wurde im Logistikzentrum innerhalb des Mirafiori-Komplexes gestartet. Sie umfasst eine Fläche von rund 3000 Quadratmetern mit Gräben auf 450 Metern Länge, in denen über zehn Kilometer Kabel verlegt werden, erklärt FCA. Geplant seien mehrere Zweiwege-Schnellladestationen mit einer Leistung von jeweils bis zu 50 Kilowatt. Die zentralisierte Infrastruktur und das Steuerungssystem, die neben der Ladefunktion für Elektrofahrzeuge auch die Netzwerkdienste der Vehicle-to-Grid-Technologie bereitstellen, wurden von Engie konzipiert und gebaut.
Infrastruktur für 700 E-Fahrzeuge
Zunächst sollen 32 V2G-Säulen für bis zu 64 Elektrofahrzeuge installiert werden, die Fertigstellung ist für Juli 2020 geplant. Bis Ende 2021 soll die Infrastruktur auf bis zu 700 E-Fahrzeuge erweitert werden. Sie können über die Säulen aufgeladen werden und stellen im Gegenzug dem Stromnetzbetreiber Netzdienste zur Verfügung. In der finalen Ausbaustufe soll die Anlage eine Regulierungskapazität von bis zu 25 Megawatt bereitstellen. Durch die Kombinationen mit anderen Projekten innerhalb der Turiner Fabrik – etwa einer Solarstromanlage auf dem Gelände – werde die neue V2G-Infrastruktur zum virtuellen Kraftwerk mit einer Kapazität für umgerechnet 8500 Haushalte, so FCA.
„Das Projekt ist unser Labor, um an einem Angebot zur Wertschöpfung auf den Energiemärkten zu experimentieren und zu entwickeln“, sagt Roberto Di Stefano von FCA. „Im Durchschnitt bleiben Autos zu 80 bis 90 Prozent des Tages ungenutzt. Während dieses langen Zeitraums können Kunden, wenn sie ihr Fahrzeug über die Vehicle-to-Grid-Technologie an das öffentliche Stromnetz anschließen, einen finanziellen Ausgleich oder kostenlose Energie als Gegenleistung für den geleisteten Puffer-Dienst erhalten.“ Das Ziel der Partnerschaft mit Engie sei, die Gesamtkosten für Elektrofahrzeuge des Autobauers für die Kunden durch neue Angebote zu senken.
Stefan meint
Sind die Autos per Chademo verbunden oder kann CCS dort schon V2G?
ecomento.de meint
Weitere technische Details hat FCA bisher nicht verraten. Der neue Fiat 500e lädt aber mit CCS.
VG | ecomento.de
Georg meint
Eine solche Aktion hätte ich in der Tat zuerst von Tesla, oder von VW (mit Elli) erwartet, denn das ist in der Tat die Möglichkeit dem e-Auto einen Mehrwert zu geben, oder als Autobauer als „virtueller Kraftwerksbetreiber“ zu fungieren. Aber offensichtlich entwickelt hier FCA auch Ideen.
Jörg2 meint
Ich würde vermuten, es gibt ein passendes, bürgergeldfinanziertes Förderprogramm mit ausreichend Kohle… :-((