Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat drei Betreiber von Elektroauto-Ladestationen wegen Verstößen gegen die Preisangabenverordnung abgemahnt. Die Verbraucherschützer werfen den Anbietern intransparente Preisgestaltung vor. Die Kunden wüssten oft nicht, wie viel sie für eine Kilowattstunde Strom an der Ladesäule zahlen müssen oder würden ohne erkennbaren Grund mit drastischen Preiserhöhungen konfrontiert.
Abgemahnt wurden von der vzbv die Digital Charging Solutions GmbH, die Plugsurfing GmbH und ein weiterer, nicht namentlich genannter Anbieter. „Die Zukunft der Elektromobilität hängt nicht nur vom Ausbau der Ladestationen, sondern auch von fairen und transparenten Tarifen ab“, so Kerstin Hoppe, Rechtsreferentin beim vzbv. „Davon kann derzeit oft noch keine Rede sein. Statt verbrauchsabhängig nach der gelieferten Energiemenge müssen Kunden teilweise nach Ladezeit bezahlen. Immer wieder müssen Kunden zudem aufgrund ihres Ladeverhaltens hohe Preise zahlen – ohne dass erkennbar ist, warum.“
In Tarifen der Digital Charging Solutions GmbH wurden die Preise für das Stromtanken an der Ladesäule nach Minuten abgerechnet. Die Plugsurfing GmbH berechnete für einen Teil ihrer Ladestationen einen „Sessionpreis, nach Zeit“. Der vzbv sieht darin einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung, die als Mengeneinheit für den Arbeitspreis eine Kilowattstunde vorschreibt. Ein nach Zeit bezahlter Preis stehe dagegen in keiner Relation zur gelieferten Energiemenge. Die Ladezeit hänge unter anderem von der Abgabeleistung der Ladesäule, vom Ladezustand und der Kapazität der in den Elektrofahrzeugen verbauten Batterien sowie von der Außentemperatur ab. Werde nach Zeit abgerechnet, wüssten die Kunden daher nicht, wie viel sie für eine Kilowattstunde Strom zahlen müssen. Ein Preisvergleich sei dadurch unmöglich.
Einen anderen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung sieht der vzbv im neuen Preismodell eines dritten Anbieters. Die vom Unternehmen bei dessen Einführung veröffentlichten Preise würden nicht für alle Kunden gelten. Einige erhielten schon kurze Zeit später die Mitteilung über Preiserhöhungen bis über 100 Prozent. Darin heiße es: „Der neue Preis bemisst sich an Deinem aktuellen Ladeverhalten“ – die Formulierung lässt auf das Angebot EinfachStromLaden von Maingau Energie schließen. Es sei unklar, warum bestimmte Kunden wesentlich mehr als die zunächst angegebenen Preise zahlen müssen und andere nicht, kritisierte Hoppe. „Kunden erfahren nicht, welches Ladeverhalten zu welchen Preisen führt. Damit ist das Preismodell völlig intransparent und nach unserer Auffassung rechtswidrig.“
Die Anbieter reagierten unterschiedlich auf die Abmahnung durch den vzbv: Digital Charging Solutions gab eine Unterlassungserklärung ab und stellte sein Preissystem auf eine Abrechnung nach Kilowattstunden um. Plugsurfing gab die geforderte Unterlassungserklärung nicht ab, der vzbv hat deshalb Klage beim Landgericht Berlin eingereicht. Das Abmahnverfahren gegen den dritten Anbieter ist noch offen.
vzbv fordert: „Einfaches Laden ermöglichen“
Der vzbv sieht im verbraucherfreundlichen Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Mobilität einen wichtigen Baustein für wirksamen Klimaschutz. Die Verbraucherschützer begrüßten deshalb den Plan des Bundeswirtschaftsministeriums, wonach Ladesäulenbetreiber die Bezahlung mit Debit- und Kreditkarte anbieten müssen. „Das Laden eines E-Autos muss so einfach und komfortabel wie möglich sein, um Verbrauchern den Umstieg auf Elektromobilität zu erleichtern“, sagte Marion Jungbluth, Teamleiterin Mobilität und Reisen beim vzbv.
Um für mehr Preistransparenz an der Ladesäule zu sorgen, forderte der vzbv zudem eine standardisierte Schnittstelle für die Datenübermittlung. Dies müsse für alle öffentlich zugänglichen Ladesäulen wie an Supermärkten, Tankstellen oder Parkplätzen gelten und Standortinformationen, dynamische Daten wie den Belegungsstatus sowie Preisinformationen beinhalten.
stefan meint
Man stelle ich vor, Tankstellen zeigen keine Preise für Benzin, Diesel, Gas, etc. an, sondern wenn man an die Zapfsäule fährt, muss man in einer App nachschauen, wieviel man für 30 Liter Sprit mit der Aral-Karte an der Esso-Säule mit einer Sparkassenkarte zahlen muss, wenn man letzten Monat mehr als 120 Liter an einer BP-Säule nach 22 Uhr getankt hat. Es gibt dann einen Grundpreis fürs Tanken plus einen Literpreis, den man per SMS bestätigen muss. Um Kosten zu sparen gibt es an der Tankstelle natürlich kein Dach, kein Licht , und zum Starten des Tankvorgangs muss man sein Smartphone mit Freigaben von Datenverbindung und GPS nach Bestätigung der AGBs und Datenschutzbestimmungen an den Zapfhahn halten. Selbst bei schönem Wetter wird mit dieser Satire verständlich, dass eine Tankstelle so nicht zu betrieben wäre – aber E-Autofahrer sollen das so machen?!
Ich fahre wirklich gerne und viel Elektroauto, aber öffentliches Laden finde ich heutiger Ingenieurskunst und moderem Organisationstalent äußerst unwürdig.
Howbie meint
Sagen wir mal so:
Maingau hat sich bei mir bis jetzt nicht zu der für mich komplett nicht nachvollziehbaren Preisänderung geäußert.
Aber seit der Preisänderung ist meine Maingaukarte gaaaaanz weit in der Schublade verschwunden und wird seither nicht mehr verwendet.
StromStattÖl meint
Da das Laden wesentlich länger dauert als tanken, sind Zeittarife fürs Parken während des Ladenvorgangs verbraucherfreundlicher als reine kWh-Tarife, die dann ja höher sein müssen um dem Betreiber unnötig lange Parkzeiten zu kompensieren. Das hat plugsurfing mit der jüngsten Erhöhung der kWh-Tarife bestätigt.
Selbst wenn man volle Preis-Transparenz durch reine kWh-Tarife schaffen wollte, bleibt doch die große Unsicherheit wieviele kWh in einer bestimmten Zeit geladen werden, da die Ladeleistung von vielen Faktoren abhängt (Temperatur, Ladezustand, Autotyp). Es ist also vorher oft unklar, wieviel ein Ladevorgang kosten wird.
Die vzbv scheint sich nicht besonders mit der Gesamtwirtschaftlichkeit von öffentlichen Ladepunkten auseinanderzusetzen und nimmt mit vielen Forderungen in Kauf, dass die Betreiber weniger Ladepunkte bauen und Tarife unnötig hoch ansetzen müssen.
Peter W meint
Grundsätzlich sollte es so sein, dass der Preis für das Laden mit EC-Karte/Kreditkarte (was immer möglich sein muss) standardmäßig angezeigt wird. Nach vorhalten eine Ladekarte muss der Preis, der für diese Karte gilt angezeigt werden. So kann der Kunde wählen, und auch sofort erkennen was der Strom kostet. Selbstverständlich sollte das auch mit einer App möglich sein. Die Ladesäule muss auch, wie eine Zapfsäule die laufenden Kosten durchgehend anzeigen und aufsummieren. Zusätztliche Gebühren wie eine einmalige Startgebühr müssen verboten sein, lediglich eine Parkgebühr die über die Ladezeit hinausgeht sollte erlaubt sein. Das E-Auto laden muss genau so einfach und übersichtlich sein wie das Tanken an der Tankstelle.
Swissli meint
Transparenz ist der erste Schritt zu mehr Wettbewerb. Da müsste der Staat eigentlich von sich aus aktiv werden bei Gesetzesverstössen, und nicht abwarten bis eine Verbraucherzentrale abmahnt.
ANK CH meint
Das Problem beginnt, wenn ein anderer Tarif als in der App (eines renommierten Automobilherstellers aus Süddeutschland) angezeigt verrechnet wird. Ist mir mehrfach passiert. Oder ein Anbieter wechselt fast im Wochenrythmus den Tarif. So ist keine Reiseplanung mit Kostenkontrolle vernünftig möglich.
EnBW bzw. mobility+ ist für mich ein Hoffnungsschimmer in diesem undurchsichtigen Geschäft. Seit 2 Monaten mit über 20 Ladevorgängen in D-A-CH hat bisher alles gepasst!
Soeri # CH meint
Ja dieses Chaos an den Ladesäulen ist Echt schlimm. Da habe ich keine Lust auf ein E Auto. Leider eigentlich möchte ich schon gern. Auch das ewige Laden ist nervig.
Dirk meint
Bei dem dritten Anbieter kann es sich ja nur um Maingau handeln!
Das würde betreffend der Preisgestaltung (Viellader = hohe Preise, Normal- und Weniglader = Preis laut Homepage) passen. Warum um die Nennung so ein Geheimnis gemacht wird?
Ludwig Kastor meint
Endlich!
Mir ist egal, wie viel ein Anbieter für das Laden verlangt. Aber ich muss IM VORAUS wissen, wie viel ich zu zahlen habe. Dann kann ich meine Ladesäule ja einfacher wählen.
Und wenn ich dann überall mit Karte zahlen kann, ist alles perfekt.
Ein Fortschritt für die Elektromobilität!
EV1 meint
Wenn ich in meine App schaue, wird mir der Preis dort angezeigt.
Zu 98% lade ich an den selben Ladesäulen zu stabilen Preisen.
Und das Beste: Der Preis variiert nicht nach Wochentag und Tageszeit. Eine BesserTanken App ist überflüssig.
Maik Müller meint
super Fortschritt die eine app lößt die andere ab :) :) :)
Stefan meint
So sehe ich das auch: bei einer Verbraucherfreundlichen Lösung sollte der Preis auf der Säule stehen. Das Smartfone wird sicher von vielen zur Ladesäulensuche genutzt. Aber es sollte nicht der einzige Weg zur Preisanzeige sein. Wozu gibt es sonst Ladekarten?
Der Preis für die Kreditkartenzahlung ohne Ladestromvertrag kann aber ruhig etwas höher sein als mit Vertrag. Sonst wird es für alle teurer.
Christian Zander meint
Also ich weiß ja nicht, wenn ich auf der Autobahn vergleichsweise leer bin habe ich im Moment nicht die Wahnsinnsauswahl. D.h. ich muss die nächste erreichbare Ladesäule nehmen. Was das dann kostet ist, zumindest bisher, stark vom Anbieter der Ladekarte abhängig und zunächst einmal fast egal. Wenn leer, dann leer und dann muss da was rein. Und wenn es mir zu teuer bei dem Anbieter ist, dann lade ich eben solange, dass es mir für die nächste günstigere Ladesäule reicht.
Was ich aber damit sagen will ist, dass wir häufig eben nicht die Wahl haben, eine andere Ladesäule zu wählen, sonder nur die Wahl, eine andere Ladekarte zu wählen. Vor dem Hintergrund dieser Ladekartenwahlen finde ich Grundgebühren für nicht ständig genutzte Karten auch blöd, weil die nur für extreme Vielfahrer günstiger werden.
Überall mit EC-Kartezu zahlen und dann bei voller Kostentransparenz immer zu wissen, was es kostet, das wäre in der Tat geschickt.
Nicht zu vergessen gibt es aber Ladesäulen, die gar keine Karten akzeptieren. Ohne ausreichend geladenes Smartphone ist man hier aufgeschmissen. Mal ganz abgesehen davon, dass das Handy-Gefummel meist deutlich länger dauert, als eine Karte an die Säule zu halten.