Volkswagen vertreibt die Elektroautos der neuen ID.-Familie anders als seine Verbrenner über das sogenannte Agenturmodell. Der Händler tritt dabei bei Verkäufen an Privat- und kleine Gewerbekunden nur noch als Vermittler auf. Entschließt sich ein Kunde zum Erwerb, erhält das Autohaus dafür eine Provision. Davon profitieren laut dem Vertriebschef von Volkswagen Deutschland Holger Santel sowohl die Händler als auch die Kunden.
Den vorerst nur für E-Autos auf der neuen MEB-Plattform geplanten Agenturvertrag habe Volkswagen mit dem Händlerverband ausgearbeitet, man sei von dem neuen Ansatz überzeugt, betonte Santel. Konkret bedeutet die neue Aufstellung im Vertrieb, dass sich die Händler bei den ID.-Elektroautos um die Akquisition, Beratung, Durchführung von Probefahrten, Abwicklung des Geschäfts sowie die Auslieferung in Abstimmung mit Volkswagen kümmern. Den Vertrag für den Kauf oder das Leasing schließen die Kunden direkt mit dem Hersteller.
Ein am Anfang des Verkaufsprozesses anzugebender „Wunschhändler“ erhalte Provision und Bonus analog zum stationären Geschäft, auch wenn das Fahrzeug online bei Volkswagen gekauft wird, erklärte Santel im Interview mit der Automobilwoche. Für die Händler bedeute dies eine planbare Vergütung unabhängig davon, ob das Fahrzeug im Autohaus oder online erworben wird. Für Volkswagen stehe die Preisstabilität im Vordergrund, das Unternehmen wolle zudem Ängste und Unsicherheiten beim Handel rund um die E-Mobilität abbauen, etwa was die Restwerte oder die Batterie angeht. Volkswagen nehme dem Handel zudem das Bestandsrisiko ab.
Die Händler haben durch den Agenturvertrag eine feste Marge pro Fahrzeug, die Santel zufolge nicht jedes Produkt im Händler-Eigenvertrieb erzielt. Allerdings entgeht den Verkäufern durch die E-Mobilität langfristig Geschäft, da Elektroautos simpler aufgebaut und daher weniger kostspielig in der Reparatur sind. Volkswagens Deutschland-Vertriebschef wies darauf hin, dass die Händler mit den ID.-Modellen neue Ertragsquellen erschließen könnten: Mit der E-Auto-Reihe führen die Wolfsburger digitale Technik ein, die sich nach dem Kauf über das Netz aktualisieren und erweitern lässt. Für nachträglich hinzugebuchte Funktionalität wird auch der jeweilige Wunschhändler entlohnt.
Neues IT-System „Thunder“
Das bei den ID.-Elektroautos entstehende Ökosystem rund ums Fahrzeug werde kontinuierlich erweitert, was den Kunden Mehrwert und den Händlern Ertragspotenziale biete, so Santel. Für die neuen Vertriebsprozesse hat Volkswagen das IT-System „Thunder“ in den Autohäusern eingeführt. Das System stehe im Zentrum des Ziels, das Kundenerlebnis kontinuierlich zu verbessern und den kompletten Kaufprozess zu digitalisieren, erläuterte der Volkswagen-Manager. Thunder soll einen nahtlosen Autoverkaufsprozess erlauben – online und offline, bei Bedarf auch mit einem Wechsel zwischen den verschiedenen Kanälen. Mit Zustimmung des Kunden werden zu ihm und seinem Fahrzeug verfügbare Daten verwendet, um über alle Kontaktpunkte hinweg mit ihm zu kommunizieren.
Als erster ID.-Stromer wird seit September 2020 der Kompaktwagen ID.3 ausgeliefert. Anfang 2021 folgt das Mittelklasse-SUV ID.4, anschließend sind diverse weitere Modelle in verschiedenen Segmenten geplant. Volkswagens neue Elektroautos können schon vor dem offiziellen Verkaufsstart vorbestellt werden. 95 Prozent der Frühbucher seien bisher männlich, berichtete Santel. Das finde man „ein bisschen schade“ – bei der Ansprache von weiblichen Autokäufern gibt es also noch Nachholbedarf. Die ID.-Kunden seien zudem zehn Jahre jünger als der typische VW-Käufer, außerdem „innovationsfreudig, technikaffin, umweltbewusst und offen für neue gesellschaftliche Bewegungen“. Man erreiche mit den ID.-Autos völlig neue Zielgruppen, die meisten Käufer hätten vorher keine Berührung zu der Marke gehabt.
Zwei Drittel der Kunden leasen ihre ID.-Fahrzeuge, verriet Santel weiter. Volkswagen gehe davon aus, dass dieser Anteil noch steigt. Im nächsten Jahr sollen die Modelle der Elektroauto-Familie von den Kunden auch alleine online angeschafft werden können. Derzeit wickeln den digitalen Prozess via Thunder noch die Verkäufer ab. Auch beim reinen Onlineverkauf wird nach einem Wunschhändler gefragt, die Händler würden also auch auf diesem Weg ihre Provision erhalten, unterstrich Santel.
hu.ms meint
Der händler – neu: agent – kann wunderbar darauf verweisen, dassvertragspartner VW ist und grundsätzlich keine rabatte gewährt werden.
Ich habe auch den vollen preis an VW überwiesen – vom agenten aber div. dienstleistungen und gegenstände kostenlos bekommen, die dann etwa 3% ausmachten.
Michse meint
Ernsthafte Frage:
Was kann man denn dem Agenten aus den Rippen leiern?
Fußmatten machen ja nicht so viel aus und Inspektion ist erst in 2 Jahren…
hu.ms meint
Gegenfrage: was braucht man für ein e-auito?
Jörg2 meint
Fahrradträger?
Kühltasche?
Schneeketten?
Hundeschonbezug?
Einige brauchen für den ID.3 eine Powerbank zur Reanimation.
hu.ms meint
Hallo Jörg,
das alles kann man auch für verbrenner benötigen…
o.k. ihr kommt nicht drauf:
Wenn man von einer PV-anlage laden möchte braucht man ein darauf abgestimmtes ladegerät, das nicht gerade günstig ist.
Jennss meint
Im Prinzip finde ich das System mit wenig Rabatt gar nicht so schlecht, aber es läuft bei VW noch nicht rund. Ich habe im August einen ID.3 bestellt und noch immer keine Auftragsbestätigung bekommen.
hu.ms meint
Wers glaubt wird selig. Meine kam 18 tage nach bestellung.
Michael meint
Guter Artikel der Zeigt was das wichtigste im Autobusiness ist
A) Der Hersteller
B) Der Händler
Ich hoffe das es dann irgendwann die Erkenntnis geben wird, dass zu einem Markt auch noch der Käufer (Kunde) zählt.
Der Vergleich mit Tesla hinkt. VW hat Immer noch „Listenpreise“ die sie lediglich online durchsetzen, bei Tesla variieren die Preise stark je nach verkausziel und Absatzsituation. Hier können Preise sinken, bei VW geht das nur beim Leasing über Anpassung der Konditionen.
jo meint
Ich denke so wird es bei VW und anderen auch bald laufen, z.B. wenn gegen Jahresende der CO2 Druck aus Brüssel zu hoch wird oder mal zu viele schon produzierte IDs auf Halde stehen. Im Prinzip gibt es das ja auch bei Verbenner schon ewig, nennt sich „Aktionsmodell“ und bei den bisher stolzen Aufpreisen der ID Modelle für Extras, die den Hersteller wenig kosten, hat VW da ja noch viel Spielraum, also z.B. Sommer/Herbst 2021 einen ID4 mit Auststattung etwas unter Max (um den Schein zu wahren/keinen Kunden zu deutlich zu verärgern) und Preis aber nur knapp über der Basisversion.
Swissli meint
„Für Volkswagen stehe die Preisstabilität im Vordergrund…“
Noch eine nette Formulierung für Fixpreise zum Nachteil der Kunden.
Jörg Hielscher meint
Die Händler scheinen vom dem Modell jedenfalls nicht begeistert. Mein örtlicher VW Dealer gibt sich so erkennbar keine Mühe, dass es schon weh tut. Aber okay damit zeigen sie nur, dass sie eh überflüssig sind. Markenhändler sind ein Vertriebsmodell der Vergangenheit und die paar Reparaturen, die bei eAutos anfallen, können auch freie Werkstätten erledigen.
Mike meint
Die Haender, die bisher nur ueber den Preis verkauft haben, sehen natuerlich jetzt in die Roehre, waehrend die Haendler, die vor Ort beliebt sind, den Deal machen. Koennte schlimmer sein.
hu.ms meint
Mein agent hat sich extrem bemüht und jede kleinste info per e-mail mitgeteilt. Er war sogar beim mir im haus und hat sich aus persönlichen interesse meine PV-anlage und garagen-verkabelung angesehen.
o.k. war der 26-jährige juniorchef.
Jörg2 meint
Ich war immer skeptisch, wenn mir jemand erzählen wollte, was gut für mich wäre.
In dem Sinne glaube ich das „ist gut für die Händler“ erst, wenn sich der Händlerverband ähnlich äußert. Das VW das super findet, ist eher nicht überraschend.
Herbs meint
Der Händler weiß vorher genau, was er am Verkauf eines Autos verdient. Klingt ja erstmal nicht falsch, bzw. komfortabel für den Händler. Muss man sich weniger mit Pfennigfuchsern rumschlagen, die „im Internet“ das Auto günstiger gefunden haben.
Aber vielleicht sind die Händler traurig, die gerne das Basar-Feeling haben.
Jörg2 meint
Das Ende ist halt abzusehen.
Der Händler wird zum Vertreter. Der Vertreter wird überflüssig.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Tesla zeigt bereits heute in einer Art Zeitmaschine, wie morgen der VDA-Verein aussehen wird. Bis die Endstufe erreicht wird (wenn es die denn gibt), werden die deutschen Politiker noch viele Milliarden Steuergelder in eine sich ändernde Autowelt stecken, ohne wirklich nachhaltig das aktuelle System sichern zu können.
Jörg2 meint
@Pferd…
Ja, das befürchte und glaube ich auch.
Bei den Verbrennern brennt es an allen Ecken. WAS für ein Wortspiel … :-((
Wenn sich die alten Herren in den zwei Inhaberfamilien von VW nicht hinter Diess stellen, dann gibts zwar noch 3…5…7 Jahre hohe Margen und Dividenden, danach gehts aber steil bergab.
Die aktuelle Personalie bei VW lässt viele und vieles von ON auf STANDBY gehen.
Herbs meint
Naja, irgendwo müssen die Leute die Autos ja anschauen können. Warum nicht beim Händler…? Selbst big T hat doch stores oder spaces, oder habe ich das falsch abgespeichert?
Jörg2 meint
Eine gute Variante, sich den ID.3 anzusehen und ihn zu fahren, ist die Sharingflotte von VW.
Die TESLAs kannst Du privat zur Probe fahren. Es gibt bundesweit Privatbesitzer, die das kostenlos anbieten und Dir alle Fragen beantworten.
Das deckt natürlich nicht alle Kundeninteressen und -gewohnheiten ab, zeigt aber, dass es auch anders geht.
Herbs meint
Das wäre mir beides aus Sicht eines Herstellers nicht prozesssicher genug.
Zur Probefahrt irgendwo in einer Stadt mit entsprechendem CarSharing Angebot? Da bedient man viele Kunden nicht…
Und private Fahrten: das mag ausreichen in der Phase des Enthusiasmus mit 1-2 verfügbaren Modellen, aber über solche Wege 20% des Marktes und 20+ Modelle in der Palette anbieten…? Auch Tesla wird ja vermutlich mal eine breitere Palette anbieten wollen, wenn sie (je nach Aussage) 10 oder 20 Mio. Fahrzeuge p.a. raushauen werden.
Ich denke Volkswagen (und die anderen Massenhersteller) wissen was sie an ihren Händlern haben ????
Jörg2 meint
@Herbs
Wenn es Dich interessiert, ein Auto zur Probe zu fahren, könnte Dir die „Prozesssicherheit“ des Herstellers ja auch völlig schnuppe sein.
In dessen Prozesssicherheit kannst Du ja, nach Deiner Entscheidung FÜR ein Auto, immer noch eintreten.
Wenn es Dich interessiert, was Nutzer zu den vorausgewählten Autos so zu sagen haben, kannst Du natürlich auch Autozeitungen oder Foren durchforsten. Bei einem direkten Kontakt zu einem Nutzer könntest Du aber vielleicht erspüren, ob Du gerade hinter die Fichte geführt wirst oder ob es halbwegs hinhaut, was Dir derjenige (ohne Verkaufsdruck aber vielleicht voll überlaufender Euphorie) so erzählt.
Nur zum Verständnis: Ich habe nirgends geschrieben, dass der Verkäufer im AH Dich zu einem Carsharingunternehmen schicken soll oder gar Privatprobefahrten vermitteln würde. Ich bin davon ausgegangen, dass, wer private Interessen hat auch eine Lösung dafür findet ohne eine AH-Eingangstür anzufassen.
Swissli meint
Schade ist halt, dass ohne „Basar“ (oder man könnte das auch offenen Markt bezeichnen) weniger Wettbewerb besteht. Aus Kundensicht eher ein Nachteil. Oder glaubt hier wirklich jemand, die VW Autos sind für Kunden etwas günstiger ohne den Basar? Die Marge verteilt sich einfach anders: Händler fix, VW mehr, und der Kunde bezahlt insgesamt etwas mehr als mit Basar.
Bin auch noch gespannt, ob das langfristig kartellrechtlich kompatibel ist.
Herbs meint
Den Wettbewerb sehe ich eher zwischen den Herstellern. Wenn das eigene Angebot zu teuer ist, muss pauschal günstiger angeboten werden.
Und Wettbewerb zwischen den Händlern gibt es ja immer noch. Wenn ich schlecht beraten werde, bestelle ich beim nächsten. So wird sich hoffentlich mal wieder besserer Service im Verkauf durchsetzen. Das ist mir deutlich lieber als „handeln“ zu können, bzw im AH vor Ort Probe fahren und dann im Internet zu bestellen. Das ist nicht nachhaltig aus meiner Sicht.
Jörg2 meint
Also im wirklichen Leben, nach der Entscheidung für ein Auto, ist der Wettbewerb zwischen den Händlern dieses Autos.
hu.ms meint
Ich glaube, man muss das gesamtmodell sehen:
Agent bekommt bei den MEB weniger „provision“ als bei den verbrennern „handelsspanne“.
Da aber die rechnung ohne nachlass direkt an den verkäufer VW bezahlt werden muss, besteht nun keine möglichkeit mehr für den käufer, was vom händleranteil abzubekommen. Der agent kommt dadurch auf ähnliche erträge wie als händler mit kundennachlässen.
Ludwig Kastor meint
Schade, dass der Händler überhaupt beteiligt wird, obwohl er nichts leistet.
Vor allem ist frech, dass sogar beim Update für nachträglich hinzugebuchte Funktionalitäten der Händler was abgreifen darf!
Ich habe die We Connect App, muss ich immer automatisch mehr dafür zahlen, weil auch der Händler nun was will, wenn ich die verlänger???
Herbs meint
Warum müssen Sie für die App bezahlen? Die gibt es doch kostenlos, oder meinen Sie was anderes?
Ludwig Kastor meint
Wenn ich aber nicht zahle, kann ich mich nicht mit dem Auto verbinden und von der Ferne die Klimatisierung starten.
Herbs meint
Ah, jetzt hab ich es verstanden.
Simon meint
Also ich frage mich im Moment, welche App Sie nutzen. Ich fahre nun seit 2 Monaten einen ID3. Für die App Steuerung bzw. Klimatisierung über die App bezahle ich aber nichts. Das einzige was ich bezahle sind die Ladekosten.
Ludwig Kastor meint
@ Simon,
nur das erste Jahr ist kostenfrei (bei meinem E-UP zumindest, beim ID3 weiß ich es nicht!)
Nicht vor 2025 meint
Steile These !
Welche Leistung erbringen sie um 9000.- Prämie abzugreifen ?
Reiter meint
https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/hohe-kosten-durch-unterlassenen-umweltschutz
Swissli meint
Also für 100% Online Besteller (keine Probefahrt usw.) müsste es eigentlich schon einen kleinen Pauschalrabatt (5%?) geben. Der Händler wäre dann nur noch Auslieferungsort.
Ansonsten leistet der Händler bzgl. Probefahrt, Lackmuster, Beratung, Bereitstellung der Infrastruktur usw. schon was, wofür er natürlich auch entschädigt werden muss. Gratisarbeit macht niemand.
Das neue Vertriebsmodell muss m.M. schon noch feinjustiert werden, auch bzgl. Kartellrecht könnte ich mir noch Probleme für VW vorstellen.
LarsDK meint
Beratung, bei einem Autohändler? Ich finde es nun auch nicht in Ordnung dass ein Händler Provision bekommt ohne etwas dafür zu tun, also rein Online-Bestellung sollte billiger sein.
Rolf meint
Bin ganz ihrer Meinung, Beratungen sind oft sehr bescheiden, die Verkaufkosten der Händler können sie sich sparen. Bei Online-Shop Verkauf könnte VW ein gratis Softwarevertrag indem Funktionupdates beinhaltet sind mitliefern.
Marc Gutt meint
Ich bezahle dem Händler freiwillig 100 € die Stunde für seine Beratung. Die tausende Euro Provision hätte ich dann aber gerne. Sorry, aber die Händler sind überflüssig. Das wären sie schon länger, aber die Hersteller haben einfach an dem Steinzeitmodell festgehalten.
Und wenn die Hersteller aufhören würden propritäres Werkzeug vorauszusetzen, könnte es auch markenübergreifende Garantie-Wartungen geben (zum Glück braucht ein E-Auto fast nur noch Reifen). Bei den Teilen das selbe. Dazu seien nur mal die tausenden Luft-, Pollen- und Ölfiltergrößen erwähnt. Hier hätte die EU schon lange einen Riegel vorschieben sollen.
hu.ms meint
“ (zum Glück braucht ein E-Auto fast nur noch Reifen) “
Kein fahrgestell mit federn, strossdämpfern, servolenkung. keine beleuchtung, innenraum-luftfilter u.a.?
Keine durchrost-garantie bei der regelmäßigen inspektionen vorausgesetzt sind?