Der Verband der Automobilindustrie VDA erstellt künftig ein Ranking zur E-Mobilität, das die Ladenetze in deutschen Städten und Landkreisen miteinander vergleicht. Das Referat Strategische Planung und Nachhaltige Mobilität der Stadt Stuttgart kritisiert die Statistik. Die Datenlage sei veraltet und die Methodik fehlerhaft, dadurch werde die schwäbische Metropole zu Unrecht auf einem abgeschlagenen Platz im Ranking gelistet.
Stuttgart bewege sich beim Thema E‐Mobilität „in Wahrheit im Spitzenfeld der deutschen Städte“, sagt Michael Hagel von der städtischen Koordinierungsstelle Elektromobilität. Die Rohdaten, die der VDA für sein Ranking heranzieht, stammen von der Bundesnetzagentur. Diese Daten seien „dünn und unvollständig – und damit nicht verlässlich“. So seien in Stuttgart in den Jahren 2012 und 2013 bereits Hunderte Ladepunkte errichtet worden. Die Bundesnetzagentur aber führe ihr Verzeichnis erst seit der Ladesäulenverordnung von 2016.
„Daher sind die Zahlen zu den öffentlichen Ladesäulen um den Faktor vier zu niedrig“, erklärt Hagel. Folglich rechne der VDA für die Landeshauptstadt nur 100 öffentliche Ladepunkte ein. Die Wirklichkeit sehe anders aus: Nach Angaben des zuverlässigeren Datenmaterials des Bundesverbands der Energie‐ und Wasserwirtschaft seien es mit Stand Juni 2020 schon 423 Ladepunkte. Stuttgart spiele „in der Top‐Liga mit München, Berlin und Hamburg“, so Hagel.
Methodik zweifelhaft
Darüber hinaus sei die Methodik zweifelhaft, findet der städtische Experte für E‐Mobilität: „Weitere Rohdaten – zum Beispiel zu Ladepunkten bei Unternehmen, Einzelhändlern, Arbeitgebern, Wohnungswirtschaft, etc. – führt der VDA in seinem Ranking gar nicht auf. Dabei haben gerade die Mitgliedsunternehmen des Verbands eine wesentliche Zahl an Ladepunkten errichtet.“ Am Automobil‐ und Zulieferer-Standort Stuttgart hätten Unternehmen wie Daimler, Porsche, Bosch und Mahle tausende Ladeeinrichtungen zur Versorgung der großen Firmenflotten geschaffen. Dies werde bei der Statistik nicht berücksichtigt und führe zu unkorrekten Ergebnissen – „und damit einhergehend zu falschen Schlüssen“.
Die Bundesregierung will für Deutschland bis 2030 mindestens eine Million öffentliche Ladepunkte. Der Verband der Automobilindustrie unterstützt das Ziel, sieht beim weiteren Ausbau aber vor allem die Politik in der Pflicht, insbesondere Landräte und Bürgermeister. Wolfgang Forderer, Leiter der Abteilung Mobilität der Stadt Stuttgart, kritisiert die Forderung des VDA, dass die Kommunen das Thema E-Mobilität aktiv in die Hand nehmen müssten. Aus dem falschen Rechenweg des Verbands würden sich einseitige Forderungen ergeben. Die Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Firmen laufe bereits sehr gut.
„Wir haben die gut funktionierende Plattform Urbane Mobilität (PUM) gegründet, in der die größten Städte sich direkt mit den wichtigsten Fahrzeugherstellern austauschen. Dort wurde in Expertenrunden ausgiebig über den Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur und das Angebot der Firmen für ihre Beschäftigten gesprochen“, so Forderer. Die Zusammenarbeit im Rahmen der PUM habe zu gut abgestimmten Positionen und einem Miteinander auf Augenhöhe geführt. Es sei „absolut unnötig, jetzt Druck auf die großen Städte auszuüben“.
Peter Wulf meint
Das ganze Ladesäulenthema ist mir unverständlich.
Baden Würtemberg ist das Land der Schwaben und Sparer , die wohnen im Gegenteil zu den über 80% Mietern in Berlin in eigenen Häuschen oder Umland.
Blödsinn sind die Pluginhybride die mit 30 bis 50km Elektrisch fahren, die sollen zuhause laden und nicht öffentliche Säulen blockieren.
Ein vernünftiges E Autos hat Reichweite von über 300 km damit kommen die meisten Berufstätigen über eine 5 Tage Woche zur Arbeit. dH. ggf 1x /Woche laden.
Viele ausländischen E Autos können mit Schukostecker oder 11 kw etc, laden.
Bei vielen Discountern gibt es inzwischen kostenloses von 7-22 Uhr oder länger.
In England gibt es seid Jahren „deutsches Ladesystem“ über Straßenlaternen die inzwischen mit LED umgerüstet sind in Wohngegenden. Deutsche Städte bieten dies noch nicht, werden von Lobby der Verbrennerindustrie ausgebremst.
eine endlose Geschichte.
Es gibt überall auf der Welt mehr Stromanschlüsse als Tankstellen.
xdaswarsx meint
Das ist schon interessant, und wird in einigen Jahren ziemlich witzig klingen.
In einer Millionenmetropole so wenige öffentliche Ladesäulen zu haben… Fast schon peinlich.
Erschreckend ist auch, dass bei so vielen Neubauten noch nicht an Steckdosen gedacht wurde.
Hier an einer großen Bundeststraße wurde vor Kurzem ein neuer großer Parkplatz für LKW und PKW mit Toilettenhäusschen gebaut.
Auf meine Frage, wo denn die Schnellladesäulen hinkommen, haben die mich angeschaut als käme ich vom Mars.
Ich dachte Ladesäulen an öffentlichen Parkplatz-Neubauten wären längst Pflicht?
hu.ms meint
Hat ja auch niemand behauptet, BEV seinen für alle geeignet.
Eigentlich nur für leute mit eigenen stellplatz und stromanschluss.
Für alle anderen ist es umständlich und zeitaufwändig und das tut sich doch kaum einer an.
Andi meint
@hu.ms
„Eigentlich nur für leute mit eigenen stellplatz und stromanschluss. Für alle anderen ist es umständlich und zeitaufwändig und das tut sich doch kaum einer an.“
Derzeit vielleicht … das wird sich aber in einigen jahren ändern, wenn die Batterietechnologie weiterentwickelt wird.
Verbrenner konnten noch nie zuhause getankt werden. Ganz schön umständlich und Zeitaufwändig. ;)
Markus Steinhausen meint
Wie wir für 3sat nano zeigen konnten, funktioniert die Ladeinfrastruktur nicht. Es mangelt ihr an Interoperabilität. D.h. sie ist nicht für jeden Elektroautofahrer überall in Deutschland einfach nutzbar wie eine Tankstelle. Marktegoismen und regionale Monopole blockieren die E-Mobilität in Deutschland, teilweise illegale und überzogene Strompreisförderungen kommen obendrauf. Die Regulation ist Staatsaufgabe und wäre die erste und wichtigste Maßnahme, um E-Mobilität zu fördern.
Das sich eine Stadt wie Stuttgart mit 630.000 Einwohnern und 400 Ladesäulen in der Spitzengruppe der progressivsten Städte in Deutschland sieht, zeigt die ganze Armut unserer deutschen Energie- und Verkehrswende. In der mit Stuttgart etwa zu vergleichenden, gleich großen Stadt Rotterdam gibt es alleine über 3.000 Ladesäulen. Jeder Elektrofahrzeugnutzen hat die volle Auswahl und kann egal wo in den Niederlanden laden. Es gibt dort also keine Ladenot und man kann alle Ziele durch ebenso hohe Ausbaustufe von Schnellladeplätzen erreichen. Die Kommunen kümmern sich um den Ausbau der Infrastruktur in den Niederlanden. Der Infrastrukturausbau für neue Technologien ist Staatsangelegenheit, der Markt soll es selbst regeln ist der falsche Ansatz, wie Duetschland bei der Ladeinfrastruktur zeigt, braucht es Regulierung. Das Prinzip funktionierte schon beim Ausbau der Glasfasernetze nicht.
Der VDA liegt völlig daneben und verteidigt den Verbrennungsmotor, der ab 2030 höchstwahrscheinlich in Europa flächendeckend nicht mehr zugelassen wird.
Tom meint
So sieht es aus. Bei einem derart (übrigens auch für die Wirtschaft) wichtigen Thema wie der Mobilität darf man sich nicht abhängig machen lassen! Private Investoren verfolgen grundsätzlich gewinnmaximierende Ziele. Das (wohl überwiegend unrentable) Allgemeinwohl muss der Staat sicherstellen. Wenn es gar nicht anders geht notfalls über eine staatliche Infrastrukturgesellschaft.
Früher waren wichtige Bereiche in staatlicher Hand (Post, Telekommunikation, Bahn, Autobahnen, etc.). Sicher war nicht alles perfekt, aber welcher Bereich hat sich durch die Privatisierung für den Bürger verbessert?
Herbs meint
Wissen Sie noch, was ein Ferngespräch früher gekostet hat?
eBiker meint
Ich glaube, dass weiss er nicht.
Aber mal zumn Vergleich wie „gut“ alles zu Zeiten der Deutschen Post war.
1990 kostete ein Ferngesräch 92 Pfennig. Zum Vegleich – das war auch der Preis für einen Liter Superbenzin.
eBiker meint
Noch ein Nachtrag zum Thema staatliche Hand – hatte ich vorhin vergessen.
Wie toll das funktioniert sieht man ja an der Bahn.
Das ist nämlich immer noch ein Staatsbetrieb – da zu 100% in staatlichen Besitz.
Nennt man wohl Eigentor.
Christian meint
Das Schlimmste ist, daß es nur wenige Anbieter von Ladekarten schaffen diese Interoperabilität anzubieten zu einem vernünftigen Preis. Diese Anbieter gab es vor drei Jahren so noch nicht. Deswegen ist der Zugang zu Ladestationen eigentlich besser. Gefährlich wird es wenn dann monopolähnliche Strukturen entstehen, die keinen Markt mehr zulassen. Da sich die Preismodelle inzwischen angeglichen haben ist es bis zu einer Kontrolle und Anpassung der Marktpreise durch wenige Anbieter wohl nicht mehr lange hin.
Thrawn meint
Das Ziel des VDA ist doch klar:
Den Ausbau der Ladeinfrastruktur soll gefälligst der Steuerzahler übernehmen. Daher rechnet man den Ist-Zustand schlecht, um auf die Politik mehr Druck zu machen.
Ich würde denen mal schön was pfeifen. Geld genug haben die.
ShullBit meint
Ich glaube das Ziel des VDA ist eher, beständig Verunsicherung zu säen: Das funktioniert alles gar nicht mit BEV. Man findet gar keine Ladestellen. Alles noch nicht ausgereift. Also lieber noch mal einen bewährten Verbrenner kaufen.
Die Realität ist, dass die Hälfte aller PKWs vor Eigenheimen parkt, weil es da eine Quote von fast 2 Fahrzeugen pro Haushalt gibt, während die Quote in Innenbereichen von Großstädten teils nur noch bei 0,5 liegt. Bei den vor Eigenheimen parkenden PKWs ist es schon heute kein Problem, ein Kabel ans Auto zu bekommen und zu Hause zu laden. Öffentliche Ladesäulen werden die im Normalfall nicht nutzen. Von diesem Potential haben wir bislang nur 1% erschlossen. Der VDA suggeriert aber, dass wir bei der Ladeinfrastruktur schon in Engpässe laufen.
Der andere Teil der Realität ist, dass die Ladesäulenbetreiber Verluste einfahren (mit Ausnahme Tesla), weil die Nutzung der Säulen viel zu gering ist. Wenn man es überschlägig ausrechnet, übernimmt die durchschnittliche Ladesäule ca. 0,8 Vollladungen pro Tag.
eBiker meint
Auch Tesla fährt mit den SUC Verluste ein – die gehen aber quasi vom Marketing-Budget ab. Tesla sagt ja auch selbst, dass sie an den SuC gar nichts verdienen wollen.
EVrules meint
Wieso denn auch nicht? In Amsterdam melden sich Anwohner für eine Ladesäule und die Stadt „stellt sie vor die Tür“.
Elektromotoringenieur meint
Da kann ich der Stadt Stuttgart nur zustimmen. Im Vergleich zu vielen anderen deutschen Städten ist hier die Ladesäulendichte schon lange recht hoch.
Ein Blick in die Mobility+ App bestätigt das auch.
Würde sagen, die Studie ist mal wieder typisch für den VDA…
ElektroMat meint
Interessant ist wenn man mal gegenüberstellt das bei ca. 12000 Tankstellen in Deutschland sich eine Tankstelle ca. 3750 Autos teilen, die nicht zuhause betankt werden können. Ist der schlecht gerechnete Wert 1500 im Fall das alle 45Mio Fahrzeuge sofort auf E-Fahrzeuge getauscht werden doch gar kein so schlechter Wert.
Lordi meint
Fairerweise müsste man wenigstens jede Zapfsäule mit einem Ladepunkt vergleichen ;)
elektroMat meint
öhm nö,
Ein Ladepunkt ist ein Ladestandort und kann beliebig Anschlüsse haben.
Eine Zapfsäule ist ein Anschluss. Eine Tankstelle hat beliebig viele Anschlüsse (Säulen).
Fairerweise muss man also Ladepunkte mit Tankstellen vergleichen.
Ladeanschlüsse wären Säulen.
Wenn man nicht die Zahl des VDA(nur Bafa geförderte Ladepunkte wurden gezählt) sondern die realen Zahlen nimmt siehts so aus.
Derzeit sind in Deutschland etwa 33.000 Ladepunkte bei etwa 120.000 Anschlüsse
Es sind etwa 12.500 Tankstellen mit etwa 60.000 Säulen
Damit Teilen sich etwa 3750 Fahrzeuge eine Tankstelle.
Es Teilen sich derzeit 7 E-Fahrzeuge einen Ladepunkt
Es Teilen sich etwa 750 Fahrzeuge eine Zapfsäule
Es Teilen sich 2 Fahrzeuge einen Anschluss
eBiker meint
Sorry aber der Vergleich Tankstelle/ Ladestation ist doch totaler Unfug.
Wenn man den GE Verzeichnis glauben darf, sind 85% der Standorte in D Typ2 und langsamer.
Christian meint
genau, und das reicht auch. Nur die Konzerne wollen teure Schnelllader installieren. Das treibt nur die Kosten hoch. An die Autobahnen gehören die Schnelllader damit man ohne nachzudenken auf große Fahrt gehen kann.
Bei den heutigen Batteriegrößen braucht kein Mensch Schnelllader in der Stadt wenn er eine Alternative hat. Das schont den Geldbeutel und die Batterie entspricht aber nicht den Vorstellungen der Industrie. Die Preisgestaltung mit Straftarifen ab 2 oder 4 Stunden Ladezeit zeigt doch, daß niemand netzschonend über Nacht laden soll.
Wenn ich über Sylvester wegfahren sollte, dann nehme ich den Stinker! Reinlatschen und 600km durchfahren wenn niemand eine Pinkelpause braucht. Dann bleiben die Ladestationen für andere frei, die für Lust haben sich mit schlechten Handynetzen beim Freischalten, Ladekarten oder -stationen, die gerade keinen Bock haben Strom abzugeben oder vielleicht den Stecker nicht mehr hergeben zu wollen (Allego triple).
Das größe Problem sind zu niedrige Spritpreise.
Das allergrößte Problem ist eine Bundesregierung, die auf keinem Gebiet heute weiß was sie morgen will und ständig Regeln ändert.