E.On-Chef Leonhard Birnbaum hat in einem Interview mit dem Handelsblatt vor Engpässen im Stromnetz und Cyberattacken gewandt – es gebe „praktisch keine Reserven mehr“. In den vergangenen zehn Jahren habe das Netz den Zuwachs von Erneuerbaren noch verkraften können. „Aber jetzt sind wir einfach an der Leistungsgrenze.“
Es müssten immer mehr Solardächer und Windräder angeschlossen werden, erklärte der Vorstandschef des Energiekonzerns. Dazu komme eine stark wachsende Nachfrage aus der Industrie, zum Beispiel durch Batterie- oder Chipfabriken und Rechenzentren. E.On hat Ende November ein Rekordinvestitionsprogramm angekündigt. Allein in das Stromnetz will der Konzern bis 2026 rund 22 Milliarden Euro investieren – deutlich mehr als bisher geplant.
„Wir müssen unsere Netze verstärken, modernisieren, aber vor allem auch massiv digitalisieren, damit wir sie auch künftig noch steuern können. Denn es gibt praktisch keine Reserven mehr im Netz“, sagte der E.On-Chef. Eine Gefahr flächendeckender Blackouts bestehe aufgrund der Engpässe nicht. Sollte es nicht genug Strom geben, könnte E.On aber gezwungen sein, „Verbraucher vom Netz zu trennen“ – sogar ganze Städte. Blackouts seien aber durch Hackerangriffe möglich. „Die Gefahr durch Cyberattacken sollten wir sehr ernst nehmen“, warnte Birnbaum.
Damit der Netzausbau gelingt, muss laut dem Energiemanager auch die Politik noch aktiver werden. „So wie aktuell die Genehmigungen laufen, werden wir das Netz, aber auch die Erneuerbaren jedenfalls nicht schnell genug ausbauen können“, sagte Birnbaum. Der „gute Wille“ sei in der Politik zwar da, die Maßnahmen reichten aber nicht. So müsse die Dauer von Genehmigungen mindestens halbiert werden. Wenn die Netzinfrastruktur vorausschauend ausgebaut werde, dann sei es für den Verbraucher auch langfristig günstiger.
Mit Blick auf die Umstellung auf eine nachhaltige Energieversorgung mittels erneuerbarer Energien gab sich Birnbaum zuversichtlich, warnte aber vor einer zu hohen Belastung für die Wirtschaft: „Wir werden die Energiewende hinbekommen. Die Frage ist nur, zu welchem Preis.“ Es sei existenziell für die deutsche Wirtschaft, dass Energie auch künftig noch zu wettbewerbsfähigen Preisen verfügbar ist. Deutschland dürfe die Industrie nicht mit hohen Energiepreisen „aus dem Land jagen“.
Zuverlässiger Strom „große Herausforderung“
Neben kürzere Genehmigungszeiten, die nicht nur schnelleres, sondern auch günstigeres Vorgehen erlaubten, müsse Deutschland technologieoffen bleiben. Das gelte besonders für Erdgas. Zu Gaskraftwerken sieht Birnbaum angesichts des Atom- und Kohleausstiegs der Bundesrepublik kurzfristig keine Alternative. Wenn Kohle- und Atomenergie komplett vom Netz gehen, entstehe eine „gigantische Lücke“, die zuverlässig gefüllt werden müsse. Es brauche nicht nur im Durchschnitt eines Jahres genug Strom, sondern an jedem einzelnen Tag. Das sei die große Herausforderung, die von vielen unterschätzt werde.
Es werde in Zukunft ausreichend Energie für Deutschland geben, da mache er sich keine Sorgen, betonte Birnbaum. Erneuerbare Energie könnte auch aus Polen kommen, das seiner Prognose nach „massenhaft Offshore-Windanlagen“ in die Ostsee bauen dürfte. Die Marokkaner wiederum würden „wie wild Windanlagen errichten“, und Saudi-Arabien die Wüste mit Solarkraftwerken vollstellen, aus denen es dann den grünen Wasserstoff exportiert. Die entscheidende Frage sei, ob Deutschland genügend saubere Energie zu akzeptablen Preisen haben wird.
Zur Zukunft der hiesigen Energiebranche sagte Birnbaum, dass er für Kooperationen bei möglichst geringer Abhängigkeit sei. Ein wichtiges Element der künftigen Energielandschaft seien Erneuerbare, da seien sich alle einig. Kurzfristig müsse mehr Backup-Leistung sichergestellt werden. Gleichzeitig müssten die Netze auf die Energiewelt der Zukunft vorbereitet werden. Die Infrastruktur müsse jetzt schon so ausgelegt werden, als wären in Deutschland zehn Millionen Elektroautos auf den Straßen. „Wenn wir die Investitionen erst in fünf oder zehn Jahre tätigen, wird es viel komplizierter und vor allem teurer. Schon jetzt würden wir eine Milliarde Euro pro Jahr sparen, wenn wir nicht ständig Engpässe im Netz auffangen müssten“, so der E.On-Chef.
Stefan meint
Aha… Und sonst würd die Buchhaltung noch mim Abakus und Steintafeln gemacht werden?
Jössas, stellen sich immer alle als Opfer dar, keine Gelegenheit wird ausgelassenen
Karsten meint
???? „DIGITALISIEREN/SOFTWARE“ … ich kann das echt nicht mehr hören. Mir fehlt da irgendwie die Vorstellung was das in der Praxis konkret bedeutet, wenn ist es meistens komplett banal.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
„Die Marokkaner wiederum würden „wie wild Windanlagen errichten“, und Saudi-Arabien die Wüste mit Solarkraftwerken vollstellen, aus denen es dann den grünen Wasserstoff exportiert.“
Davon habe ich noch nichts gelesen und schon gar nicht etwas in Form von Fotos gesehen oder gemerkt. Hat dazu jemand seriöse Quellen?
Und wenn „die Marokkaner“ Windanlagen aufbauen, sind die für den Eigenbedarf oder bleibt noch was für Export übrig?
Günter meint
Chile Marokko etc. inkl. die Saudis gehen massiv in die H2 Produktion. Anders wird das eh nichts werden mit der Energiewende. Im Sommer knallen wir die H2 Speicher voll, in den Wintermonaten nutzen wir diesen. Bitte nicht wieder reflexartig nur ans olle Auto denken! Energiewirtschaft braucht andere Kaliber, als solche Akkus die einen Wagen lustige 290 KM weit tragen können und dann ne Stunde laden brauchen.
Meine PV Anlage liefert seit Wochen so gut wie nix, jetzt brennt zwar die Sonne für eine Stunde, aber ich hab keine Abnahme dafür. Mit so einem Käse kann man kein Wirtschaftsland handhaben. Das ist ganz okay für pensionierte Personen, die sich den Tagesablauf schön rechnen können.
wenn jetzt noch die AKWs runter fahren, dann gute Nacht. Und 2030 ist in Kürze. ich sehe nirgends, NIRGENDS, das PV oder WKA nennenswert zugebaut wird.
egal, holt sich die tolle Rot-Grün Regierung eben Strom aus dem Ausland.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Mooooment, also die Energiewende, wie sie heute als großer Scherbenhaufen vor uns liegt, ist das Ergebnis der Merkelschen Energiepolitik und einer CDU, die sich immer rühmte, geniale Wirtschaftspolitik zu betreiben.
Die Ampel darf jetzt das Spielzimmer nach 16 Jahren unter größtem Zeitdurck aufräumen.
MichaelEV meint
Und diese Energiepolitik hat die Energiewende zusätzlich für ganz Europa ruiniert. Nach Fukushima hat man den Markt so mit Subventionen geflutet, dass der europäische Weg mit CO2-Zertifikaten nicht mehr funktionierte. Als erneuerbare Energien von den Kosten her konkurrenzfähig wurden, hat man die Entwicklung bewusst abgewürgt und deshalb fehlt es jetzt europaweit an EE-Kapazitäten. Die Zutaten für die aktuelle Energiekriese.
Günter meint
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
na logo ist das kein Ergebnis der letzten zwei Jahre, die PV Industrie wurde vor über 10 Jahren radikal abgeholzt. Heute weint man den 4.000 Kohle Leuten nach, die 150.000 Opfer der PV Industrie… darüber hab ich noch nie einen Artikel gelesen.
aber wie ich schon sagte, wenn Deutschland es nicht schafft, ist das global belanglos… gehen halt später einfach die Lichter aus. Wird noch lustig werden. Die Grünen mögen es ja so, ein Fahrrad braucht eh keinen Strom und abends bei Kerzenschein essen, soll ja romantisch sein. Aber das täglich?
Olli meint
Man kann sich alles schön reden so wie man es haben möchte …. Nur niemals bei der Wahrheit bleiben.
Das Wirtschaftsministerium war komischer Weise von 2009 – 2013 in Händen der FDP (Wirtschaft und Technologie) und von 2013 – 2018 in Händen der SPD (Wirtschaft und Energie)
MichaelEV meint
Ist doch auch egal, wer mitgespielt hat (die Kohlepartei SPD ist da nicht viel weniger schlimm), die CDU hatte immer mit Abstand das meiste Gewicht in der Regierung.
Sie können es sich auch schönreden: Erstmal massiv überfördern (und damit EU-Werkzeuge außer Kraft setzen) und dann aktiv behindern und am ausgestreckten Arm verhungern lassen, führt genau dahin, wo wir gerade stehen: Hohe Strompreise, Energiekriese, ruinierte Energiewende.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
@ Olli:
Der Fisch fängt immer vom Kopf an zu stinken. Und die Chefin der großen Koalitionen war nun mal 16 ! Jahre Frau M.; mit katastrophalen Folgen, wie manche anscheinend nicht mal heute erkennen wollen / können.
MichaelEV meint
Bevor man an die H2-Speicher auch nur einen Gedanken verschwendet, sollten die Sommermonate sich erstmal selber versorgen können. Aktuell ist der Sommer leicht über dem Schnitt und der Winter leicht darunter. Vor H2 kommt EE-Ausbau, variabler Verbrauch (z.B. durch BEVs) und Akkuspeicher. Genug Futter für mind. das nächste Jahrzehnt.
Günter meint
ganz verstanden hast es nicht, oder? Es geht beim dem Thema nicht darum auf paar EFH Dächer PV darauf zu machen um dann H2 zu produzieren… es wird und gibt großangelegte H2 Farmen, deren einziger Einsatz die Produktion ist. Und das im XXXL Megawatt Bereich. In Gegenden wo ständig Wind oder Sonne vorhanden ist.
Über den Winter kommt man mit keinem PV Konzept. Was tragbar wäre, auf Breitengrad Sizilien rings um die Erdkugel PV Anlagen konzeptieren und dann kreuz und quer über die Kontinente Strom zu verteilen. das wäre technisch das einfachste, scheitert aber an Regierungen und dem üblichen menschlichen bin-ich-dagegen.
Also wird es Energiefarmen geben, die über mehr Intelligenz verfügen und die Energie – wie bisher auch – gegen gutes Geld verkauft an die Staaten, die einmal mehr den Schuss nicht gehört haben.
MichaelEV meint
Und was haben sie verstanden? Grünen Wasserstoff gibt es in homöopathischen Dosen, aber jeder möchte diese paar Tröpfchen auf dem heißen Stein überall hin verteilen.
Ohne Zweifel, diesen Wasserstoff wird man benötigen. Aber mit Priorität wird man diesen zuerst in riesigen Mengen in anderen Bereichen (z.B. Chemie, Produktion von Stahl) brauchen. Bevor man grünen Wasserstoff für andere Verwendungszwecke verteilen will, sollte man erstmal anfangen, überhaupt relevante Mengen zu produzieren. Bis das der Fall ist, ist die Energiewende im Sektor Strom schon fast abgeschlossen.
Falls sie es noch nicht verstanden haben: Sie reden über fehlende EE im Winter, wir sind aber auch im Sommer noch meilenweit von einer vollen EE-Versorgung entfernt. In Wirklichkeit liegt der Sommer nur leicht über dem Schnitt und der Winter leicht darunter.
Und nochmal, was jetzt passieren muss, ist eigentlich sehr einfach: EE-Ausbau, variabler Verbrauch (z.B. durch BEVs) und Akkuspeicher. Sehr viel einfacher, realistischer und schneller umsetzbar als ihre H2-Phantasien.