Die Präsidentin des Automobilverbands VDA Hildegard Müller hat sich in einem Interview mit der Bild zuversichtlich über die Zusammenarbeit mit der neuen Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP geäußert. Auch die weitere Entwicklung der Elektromobilität sieht sie auf einem guten Weg. Allerdings mangele es insbesondere noch an ausreichend Ökostrom und Ladestationen.
Die größte Transformation in der Geschichte der deutschen Industrie stehe bevor, sagte Müller. Die Automobilindustrie sei bereit und wolle beweisen, dass sich Wachstum, Wohlstand, Arbeitsplätze und Klimaschutz nicht widersprechen. Die Konzerne investierten massiv in den Umbau ihrer Werke und Fabriken, in die Digitalisierung und alternative Antriebe. „Ich erwarte, dass die anderen auch ihre Hausaufgaben machen“, betonte die VDA-Chefin.
Die Verkehrsdebatte sei in Deutschland extrem aufgeheizt, bemängelte Müller. Es gebe Nichtregierungsorganisationen, die für sich in Anspruch nehmen würden, für die Gesamtgesellschaft zu sprechen. Tatsächlich argumentierten sie aber häufig aus einer sehr privilegierten Perspektive heraus. „Da ist etwas aus der Balance geraten – und davor kann ich nur warnen: Der Klimaschutz darf unsere Gesellschaft nicht spalten“, so Müller.
Laut der Lobbyistin fehlt es oftmals an der Bereitschaft, die unterschiedlichen Lebensumstände der Menschen anzuerkennen. Stadtbewohner dürften den Menschen auf dem Land nicht diktieren, wie sie zu leben haben. Die Menschen hätten ein Recht auf die Fahrt im eigenen Auto, insbesondere dort, wo es kein ausreichendes Angebot im öffentlichen Nahverkehr gibt. Wenn die Koalition für Aufbruch stehen wolle, müsse sie „die alten ideologischen Gräben überwinden“. Mobilität dürfe kein Privileg für Reiche werden.
Müller hob den steigenden Benzinpreis hervor, der viele Menschen an eine Belastungsgrenze bringe. Auch der Strompreis sei zuletzt gestiegen. Das verteuere auch die Mobilität. Steigende Kraftstoff- und Energiepreise würden vor allem Menschen mit kleinem Portemonnaie belasten. Das müsse die Bundesregierung angehen und eine Lösung finden, die sozial Schwächere nicht zu sehr belastet. Die Politik sollte vor allem ihr Steuermodell überprüfen, denn es seien Steuern und Abgaben, die den Großteil der Benzin- und Energiepreise ausmachen. Die hohen Preise überforderten nicht nur die Bürger, für die deutsche Industrie bedeuteten sie einen großen Wettbewerbsnachteil.
Mehr Tempo bei Erneuerbaren & Ladenetz
Bei der Energiewende läuft es nach Ansicht von Müller derzeit „nicht so gut“. Wer erneuerbare Energien haben wolle, müsse sie auch bauen. Beim Ausbau komme Deutschland trotz vieler Bemühungen aber nicht ausreichend voran. Die Planung und Genehmigung von Infrastruktur dauere zu lange, die Bundesrepublik sei ihrem Plan um Jahre hinterher. Das treffe auch die Autoindustrie hart, die für klimaneutrale Elektromobilität Ökostrom brauche. „Und Ladestationen. Eigentlich müssten pro Woche 2.000 neue Ladepunkte aufgestellt werden, tatsächlich sind es nur knapp 300. Die Politik muss die Ausbau-Geschwindigkeit versiebenfachen“, erklärte Müller.
„Scheitern ist keine Option“, unterstrich die VDA-Präsidentin mit Blick auf die Elektromobilität. Die Autoindustrie nehme Klimaschutz ernst und wolle schnellstmöglich klimaneutrale Mobilität realisieren. Die Branche tue alles, damit Deutschland weiter die „weltweit besten, sichersten, effizientesten, qualitativsten, hochwertigsten und natürlich klimaneutrale Fahrzeuge“ für alle Segmente herstellt. Die Frage sei, wie man den Wandel hinbekommt, nicht ob. Dafür müssten jetzt alle die Ärmel hochkrempeln.
Kasch meint
Wir fahren mit Vollgas unseren Industriestandort an die Wand, Privatvermögen mehrerer Generationen wurde in Immobilien investiert. Wer und mit welchem Geld soll denn unsere Überflussgesellschaft aufrecht erhalten ? Brüssel gab Förderwillen für Atom- u. Gaskraftwerke bekannt, weil der deutsche Suizid nicht ganz Europa mitreissen soll, die erste beruhigende Nachricht seit vielen Jahren. Die Verkehrsdichte und der Fahrzeugabsatz in Deutschland hat seinen Zenit dauerhaft überschritten, Frau Müller.
Stdwanze meint
Rofl, du weißt schon das Uran noch bis 2040 reicht? Frag Mal die Betreiber ob sie ihre Kraftwerke behalten wollen, obwohl sie weder für schaden haften noch für den Müll zahlen müssen. Kannst ja in dein geliebtes Morgenland China reisen und dort deinen prophezeiten Untergang Europas angucken. Meine Meinung gibt es neben dem Klimawandel nur den bevorstehenden demografischen Kollaps zu bewältigen.
Kasch meint
Schon mal z.B. was von DualFluidReaktoren zur „Endnutzung“ zwischengelagerter alter Brennstäbe gehört ? Oder, oder, …. , gibt Vieles an der die ganze Welt incl. Deutschland forscht und entwickelt, bekommt nur kaum Jemand mit.
Punkt 2: in Deutschland verwalten rund 10 Menschen den Einen, der tatsächlich wertschöpferisch tätig ist (meist nicht deutschstämmig). Ob die 10 Lohn für wirtschaftsschädigende Tätigkeit, oder künftig 5 von 10 statt dessen Rente bekommen, spielt keine große Rolle mehr.
OMG meint
„Schon mal z.B. was von DualFluidReaktoren zur „Endnutzung“ zwischengelagerter alter Brennstäbe gehört ?“
Damit kann man den Kollaps noch ein paar Jährchen rauszögern, oder glaubst du etwa an das Perpetuum Mobile?
Kasch meint
Und wieso sollte ich in China leben wollen ? Die Welt interessiert mich, weil ich mich an rentablen, weltweiten Unternehmen lukrativ beteiigen will. In seiner Blase mit etwas Stütze vom Staat leben, oder unsinniger Tätigkeit nachgehen und den Rest der Welt ignorieren, oder gar als Pharisäer moralisch verurteilen, ist nicht mein Ding.
Höre ich von temporären Problemen bei der Stromversorgung in China, will ich wissen warum. Sehe ich dann Städte, wie Shenzhen mit 21.000 reinen Elektrotaxis, einen Ladepark einer Autofirma mit 650 DC-Ladern, 16 Stunden täglich voll belegt, an jeder 3., 4., Straßenencke die nächsten 10 bis 50 DC-Lader, schätze ich die Situation schon mal ganz anders ein, als mein Nachbar, der nur öffentlich rechtliche Medien als neutrale Berichterstatter akzeptiert und sich mich einer populistischen Randbemerkung zufrieden gibt.
Kasch meint
Soll heissen, Deutschland wird ausschließlich durch Wohlstandsverlust tatsächlich und zwangsläufig umweltbewuster. Massiv geförderte Umweltinovationen, tatsächlich utopische, vollkommen unrealistische Hirngespinste die Grundsätzen von Wirtschaft und Physik grundlegend widersprechen führen uns auch sicher in diese Situation.
Andi meint
@Kasch
„…tatsächlich utopische, vollkommen unrealistische Hirngespinste die Grundsätzen von Wirtschaft und Physik grundlegend widersprechen“
Was meinst du denn damit genau?
Kasch meint
z.B. willkürliches, dezentrales Einspeisen von Ökostrom in ein zentral ausgerichtetes Stromnetz, ohne Verpflichtung diesen Strom am Ort der Erzeugung in Batterien zwischenzuspeichern und bedarfsgerecht abrufen zu lassen.
Dieser geförderte Unsinn ersetzt nahezu keine konventionelle, steuerbare Stromerzeugung, sondern belastet diese vielmehr, weil zunehmend mehr Ökostrom kuzfristig und schnell ausgeglichen werden muss und konventionelle Kraftwerke entsprechnd unwirtschaftlicher und umweltschädlicher betrieben werden müssen.
Da Deutschland inzwischen überwiegend auf populistische und politisch kurzfristg verwertbare Schildbürgerstreiche, fernab jeglicher technischer Vernunft pocht, machts keinen Sinn detailierter drauf einzugehen, sorry.
MichaelEV meint
Hier hat man in Deutschland in der Vergangenheit! Fehler gemacht. Aber was hat das mit der Zukunft zu tun?
Aktuell führen die willkürlichen Einspeiser dazu, dass Deutschland in Europa mit ca. 10 Cent/kWh die günstigsten Marktpreise in Europa hat. In z.B. Frankreich ist der Preis doppelt so hoch.
Es muss in Deutschland an Stellschrauben gedreht werden (variabler Verbrauch, Speicher). Und wenn man das macht, hat Deutschland lange Zeit einen erheblichen Vorteil gegenüber anderen Ländern, die bei der Energiewende abgehängt sind.
Stefan meint
„Grundsätze der Wirtschaft“ wenn ich das schon lese…
unsere Marktwirtschaft ist eine Menschen gemachtes Konzept keine Naturgesetz wie die Schwerkraft.
Es gibt da keine absoluten, finalen Regeln.
Man braucht sich ja nur die Niedrigzinspolitik anschauen.
Ursprünglich mal dazu gedacht kurzfristig die Märkte zu stützen in Krisenzeiten. Mittlerweile ein permanent Instrument.
Bin gespannt was bei der nächsten deftigen Finanzkriese kommt?
Negativzins für alle? Nimm dir eine Kredit und beim Abrufen des Kredits wirft dir die Bank gleich noch 5% hinterher?
Einfach nur Lachhaft das ganze irgendwie als Basis für irgendwas zu betrachten.
Kasch meint
Richtig, Geldwirtschaft ist hoch komplex und kann man vielfältigst ändern. Nicht Jeder glaubt aber, dass man wertentkoppelte Devisen weltweit gemeinschaftlich, dauerhaft straffrei, beliebig vermehren kann. Selbst Kryptowährungen beurteilen Manche bereits wertstabiler als Fiatgeld.
Investiere ich aber in ein Geschäft das mir 10 Euro kostet und ich jährlich 5 Euro Verlust mache, bleiben mir nicht 5 Euro Gewinn. Unglaublich, aber so einfach kann Wirtschaft auch sein.
MichaelEV meint
Ich gehe eher stark davon aus, dass Frankreich mit Vollgas gegen die Wand fährt. Veraltete AKWs schaffen keine Versorgungssicherheit mehr, Frankreich kann sich weder Instandhaltung alter noch den Bau neuer AKWs leisten und versucht jetzt unter falschem Deckmantel Gelder zusammenzukratzen. Die Finanzbranche scheint strikt gegen dieses Vorgehen zu sein. Ob Investoren mitspielen ist höchst fraglich.
Aber auch wenn die Finanzierung klappen sollte, Beispiel Flamanville:
Baustart 2007, geplante Kosten 3,4 Milliarden, Fertigstellung geplant für 2012
Stand 2020: bisherige Kosten 19,1 Milliarden, voraussichtliche Fertigstellung 2023!!!
Keine Ahnung, wie man so naiv sein kann, um das für den richtigen Weg zu halten. Deutschland hat viele Fehler gemacht, aber den richtigen Weg eingeschlagen. Ihr „Suizid“ wird in Frankreich passieren und wird hoffentlich nicht ganz Europa mitreissen. Wahrscheinlich müssen Frankreich’s Nachbarn die Versorgung mit übernehmen, so wie es die letzten Wochen schon passiert ist.
Stdwanze meint
Seit 30 Jahren wird kein AKW mehr mit privaten Mitteln gebaut. Sollte man Mal drüber nachdenken.
David meint
Deine Statements klingen so, als ob dein Leben nichts geworden ist. Das kann ich nicht beurteilen, mag ja auch so sein. Das gilt aber nicht für alle Leute. Ich z.B. sehe sehr zuversichtlich in die Zukunft, frei mich sehr über die Weichenstellung hin zu Elektroautos. Ich finde es gut, dass dieser Zug jetzt rollt. Wenn selbst der VDA aufwacht und einstimmt, ist doch eigentlich alles gut. Das muss man nicht kaputt quatschen…
Stdwanze meint
Stimme ja nicht oft mit dir über ein (@david) hier aber schon. Der VDI hat ne neue Marschroute bekommen und schwenkt langsam um. Der Dieselskandal war der richtige weckruf zur richtigen Zeit und die staatlich gelenkten Konzerne VW und EnBW haben den Rest stark unter Druck gesetzt..mit Erfolg. Die Erneuerbaren bekommen hofftlich nun noch einen guten Schub wir können die 8 verlorenen Jahre wieder aufholen. Der Bevölkerungsrückgang wird das nächste wichtige Thema nachdem der CO2 Ausstoß auf den richtigen Trend gezogen wurde, aka nach unten.
Yogi meint
„Scheitern“ wird ja erst spannend, wenn eine Firma in 120-1=119 Produktionsstandorten antike Technik herstellt und zu langsam umstellt. Wette mal auf mehr als 6000€/Verbrenner ab 2025. Nur eben nicht über den Umweg Kunde ausbezahlt.
Skodafahrer meint
VW hat wesentlich längere Lieferzeiten als Tesla. Weiterhin wird es 2025 deutlich weniger 4-5 Jahre alte Fahrzeuge als heute geben, da die Autos in den Jahren 2020 – 2022 nicht gebaut wurden.
Frank meint
„Müller hob den steigenden Benzinpreis hervor, der viele Menschen an eine Belastungsgrenze bringe.“
Noch stärker dürfte die Menschen langfristig die Inflation, vor allem auch bei Preisen für Automobile, Ersatzteile, Servicedienstleistungen an die Belastungsgrenze bringen.
OMG meint
Wenn ich mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs bin komme ich fast täglich immernoch an im Stand nagelnden Dieseln vorbei. Ich glaube nicht, daß da irgendeine Belastungsgrenze erreicht ist, nicht mal ansatzweise. Auch bei den Ärmsten steht der warme Hintern über dem Geldbeutel. Hauptsache an den Stammtischen wird über zu hohe Spritpreise gejammert. Wer Stand heute nicht elektrisch fährt, der „will“ es nicht. Und das meistens noch unter dem Vorwand, keine handbreit des bisherigen Komforts abgeben zu wollen. BEV sind nur in der Anschaffung teurer. Im Unterhalt holt man das locker wieder rein. Aber einige Jahre in die Zukunft zu planen kann sehr vielen Menschen offensichtlich nicht zugemutet werden.