Carlos Tavares führt den 2021 aus Fiat Chrysler und PSA (Citroën, DS, Opel, Peugeot) hervorgegangenen Stellantis-Konzern. Er treibt wie zuvor als PSA-Chef die Elektrifizierung der diversen Marken voran, tut dies seinen Äußerungen zufolge aber nicht mit voller Überzeugung. Kürzlich wiederholte er seine Kritik, dass die Umstellung auf E-Antrieb der Branche hohe Mehrkosten aufbürdet.
Tavares bezeichnete den zusätzlichen Aufwand für den Bau von elektrischen Fahrzeugen als „Gorilla im Raum“. Stellantis müsse Wege finden, die Mehrkosten der alternativen Antriebsart auszugleichen. Das könnte die Gewinne in den nächsten fünf Jahren oder länger belasten. „Wir können davon ausgehen, dass die Elektrifizierung zusätzliche Produktionskosten von etwa 40 bis 50 Prozent im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen verursachen wird“, sagte Tavares gegenüber Investoren.
„Es gibt keine Möglichkeit, 40 bis 50 Prozent der zusätzlichen Gesamtproduktionskosten an den Kunden weiterzugeben“, so Tavares weiter. Das Unternehmen könne aber auch nicht die Preise auf dem derzeitigen Niveau halten, weil das zu roten Zahlen führen und Umstrukturierungen erforderlich machen würde. „Die einzige Möglichkeit, voranzukommen, besteht also darin, diese 50 Prozent der zusätzlichen Kosten aufzufangen“, erklärte der Automanager. Damit Stellantis seine derzeitigen zweistelligen operativen Margen aufrechterhalten könne, müsse es in den nächsten fünf Jahren Produktivitätssteigerungen von zehn Prozent pro Jahr erzielen – „und das in einer Branche, die es gewohnt ist, jährlich zwischen 2 und 3 Prozent zu erzielen“.
Eine Maßnahme dazu sei die Überarbeitung des Vertriebsmodells, was Stellantis bereits eingeleitet hat. Im vergangenen Sommer hat der Konzern laut Automotive News Händlerverträge in der Region Europa gekündigt, um ein „Einzelhandelsmodell“ einzuführen. Das soll dem Hersteller ab 2023 mehr Kontrolle darüber verschaffen, wie seine Fahrzeuge verkauft werden. Die Vergütung der Händler wird dabei im Gegenzug für die Übernahme einiger neuer Kosten reduziert.
Stellantis will möglichst effizient werden
Tavares sagte, dass Stellantis mit einer bereinigten operativen Marge von 11,8 Prozent im Jahr 2021 besser dastehe als die meisten seiner Konkurrenten. Das Unternehmen strebe dennoch weitere Effizienzsteigerungen an. „Ich habe in den 40 Jahren meines Lebens in der Automobilindustrie gelernt, dass man, sobald man aufhört, sich anzustrengen, einen Rückschritt macht, denn dies ist ein Wettbewerbsspiel“, so der Stellantis-Boss.
Ein Bereich, in dem Stellantis die Kosten senken will, ist die Lieferkette. Tavares will, dass die Zulieferer einen Teil der Kosten für die Elektrofahrzeuge tragen. 85 Prozent des Wertes eines Autos, wenn es das Werk verlässt, liege in externen Komponenten. „Es ist also keine Überraschung, dass, wenn man 50 Prozent der durch die Elektrifizierung hinzukommenden Kosten absorbieren muss, die Zulieferer einen wesentlichen Beitrag zu der zusätzlichen Produktivität leisten müssen“, erklärte der Stellantis-Chef. Er erwartet, dass nur die stärkeren Firmen überleben – das gelte auch bei den Autoherstellern.
Damit Stellantis nicht zu den Verlierern der Transformation der Autoindustrie gehört, treibt Tavares auch Synergieeffekte innerhalb des Konzerns voran. Die insgesamt 14 Marken sollen sich in Zukunft noch stärker Plattformen teilen. Darüber hinaus sollen die Kosten von Batteriesystemen deutlich gesenkt werden. Dazu steigt Stellantis selbst in die Produktion von Elektroauto-Akkus ein.
Anti-Brumm meint
Stellantis hat nun mehr Marken-Kinder, als man an 2 Händen abzählen kann. Da führt kein Weg an einer gemeinsamen Plattform vorbei. Und zwar einer reinen E-Plattform, nicht schon wieder eine teure Mischvariante. Der MEB ist jetzt auch nicht unbedingt Rocket Science, von mir aus sollen’s den 1:1 kopieren :-)
Frank von Thun meint
Einen E-Motor einzubauen braucht es sechs oder zwölf Schrauben, dazu einige Kabel anschließen. Dann den Akku einbauen und anschließen, Steuer-Elektronik rein und fertig ist das Auto. Denn der Rest ist wie beim Verbrenner. Wo soll also bitte der 50% Mehrpreis herkommen?
Jakob Sperling meint
Primär von der Batterie, was sonst?
Freddy K meint
Ganz einfach. Auto ausmisten. Ausstattung weglassen. Wer braucht schon Ambiente, Oberschenkelauflagen, Ergositze, Massage, Digitalmatrix, Klimabedienteile, Anzeigen hinterm Lenkrad, HeadUp, Felgenauswahl, Soundsysteme, viele verschiedene Farben, Dachträger, Leder, Stoffe, verschiedene Fahrwerke usw…..
Braucht doch kein Mensch. Der Mensch will befürwortet werden.Er will nichts selbst wählen müssen. Einfach nichts anbieten an Ausstattung, alle Autos gleich3 Ausstattung, dafür die Beschleunigung hochdrehen und fertig.
Das macht Marge und der Kunde freut sich ob der Geschwindigkeit auf die ViertelMeile…
Wenn nichts verbaut wird geht’s auch schneller mit der Produktion…
OMG meint
Genau so macht man das. Die Verkaufszahlen solcher Fahrzeuge belegen das
Franz Bauer meint
Aha, also mit Ausstattung wird heute Geld verdient und mir persönlich ist ein bequemer Fahrersitz viel mehr Wert, als die Zeit der viertel Meile.
Klaus Meyerweg meint
Nach meinem Dafürhalten waren die Fahrersitze -jedenfalls vieler Fahrzeugtypen- vor 20, 30 Jahren auch schon bequem. Aber meist nicht über 6, 8, 10 eingebaute Elektromotoren verstellbar, sondern von Hand per Rädchen, Hebel u. dgl. Fand ich gut so und finde ich auch heute noch gut so.
P. Painel meint
„Der Mensch will befürwortet werden.“
Sehr schön :)
alupo meint
Es gibt aber schon zumindest einen Hersteller der zeigt, dass man als reiner BEV Hersteller im Massenmarkt sehr viel Geld verdienen kann und das sogar trotz einem Milliardengehalt seines Chefs in Form von Aktienoptionen (diese wurden für die mittleren Teslajahre Ende 2021 bekanntlich cashwirksam)..
Das Problem bei S5ellantis (und m.M.n. auch anderen) liegt nicht im wenige 100 € teuren eMotor oder der einige 1000 € teuren Batterie, sondern an den ineffizienten Strukturen der Hersteller selbst. Ich hatte mich letzte Woche gerade wieder mit einem ehemaligen Kollegen getroffen, desssen Sohn auch in derselben Firma arbeitet. Und da haben wir wieder einmal die für die Mitarbeiter selbst zutiefst ineffiziente Resourcenallokation besprochen. Es grenzt an ein Wunder, dass mit der gelebten Führungs- und Arbeitsstruktur (noch) ein jährlicher Milliardengewinn erzielt werden kann. Das liegt aber an dem noch bestehenden geringeren Wettbewerb in dieser Branche. Aber auch dort tut sich einiges. Selbstverständlich nicht aus Afrika, Amerika oder Europa.
Die Automobilbranche hatte einfach nur „Pech“ dass ein Newcomer sie aufmischte. Das konnte man m.M.n. aber bis spätestens Anfang/Mitte 2019 erkennen (als zumindest die Q1/2019 Zahlen veröffentlicht wurden), deshalb habe ich damals deren Aktien erstmalig gekauft.
Diese Firma hat absolut keine Kostenprobleme, im Grgenteil, sie hat ca. 95 %(ich müsste mal nachlesen) ihrer früher hohen Schulden im Automobilbau und dem Energiegeschäft (Leasing noch außen vor) zurückbezahlt. Und mit den kommenden GAAP Regeln haben sie bereits Stand Ende 2021 über 20 Milliarden $ an Barreserven angehäuft.
Während VW indessen Porsche wieder an die Börse bringen will um sich zu refinanzieren. Klar, das kann man machen wenn es für einen die beste Alternative zu sein scheint, sich Geld zu besorgen indem man auf Teile künftiger Dividenden eines sicher auch in Zukunft cashflowstarken Unternehmen verzichtet. Aus dem Bauch heraus ist dieser Weg für mich die strategisch teuerste Finanzierung des Rest-VW-Konzerns. Aber VW hat sicher seine Gründe. Und die beiden Familien Piech und Porsche des mehrheitlichen Familienunternehmens sind sicher betriebswirtschaftlich bestens informiert, davon gehe ich aus.
Jakob Sperling meint
Stellantis ist eine Firma, die in grosser Zahl Autos zum Preis von 20’000 bis 35’000 Euro verkauft. So ein Auto hat ‚Ihre‘ Firma zwar schon ein paar mal versprochen, aber noch nie geliefert und sie hat soeben gerade entschieden, dass das auch in den nächsten paar Jahren nicht der Fall sein wird.
Michael meint
Das ist jetzt aber nicht unerwartet, dass wenn man das Herzstück eines BEV, die Batterie zukaufen muss, die Marge schwindet. War eigentlcih beim Motor auch so, oder? Wenn Renault die Motoren zugekauft hätte, wie wäre denn dann der Gewinn gewesen?
Ich will ja nicht sagen ich hab das gewußt, aber ich hab das gewußt.
Aber gut, wenn man keine Batterien herstellen kann und sich auch nicht frühzeitig darum gekümmert hat…
Franz Bauer meint
genau das ist das Problem. Wo will denn die Marge herkommen wenn keine Wertschöpfung im eigenen Hause generiert wird? Vom USP mal ganz zu schweigen. Vorallem denke ich, dass eine Akkufertigung und das Packaging hoch automatisiert hergestellt werden kann bei entsprechenden Stückzahlen.
In der BWL spricht man, dass bei einer Produktionsverdoppelung die Kosten pro teil um 20% sinken. Damit lässt sich die Fragen nach dem weiteren Vorgehen ja eigentlich schnell beantworten.
1.) Produktion automatisieren (Damit auch die Karosserie dementsprechend optimieren) und Bauteile integrieren.
2. Stückzahlen erhöhen um Skaleneffekte zu erzielen.
Wie teuer wäre ein Verbrenner wenn dieser nicht seit 30 Jahren praktisch baugleich in Masse produziert würde? Ich wette, ein Verbrenner und ein Elektroauto bei gleichen Stückzahlen würde der Verbrenner direkt das doppelte kosten in der Herstellung bei der Komplexität.
Christian meint
Tavares geht wohl davon aus, daß seine Autos am Markt keine Chance haben, wenn sie durch Elektrifizierung teurer werden. Ansonsten bräuchte er nicht Mehrkosten zu „kompensieren“. Wobei die Mehrkosten nicht erklärt werden.
Nach der Aussage, jetzt eigene Batterien herstellen zu wollen um die Kosten zu senken, würde ich die Finger von allen Stellantismodellen mit diesen Batterien lassen. Man stellt etwas selber her um Qualtität und Menge sicherzustellen. Dazu kommen effektive Produktionsanlagen, die aber in erste Linie Qualität liefern, nicht billig. Das Risiko soll wohl dann der Käufer mittragen und am Schluß taugt die Batterie nix und der Umwelteffekt schlägt ins Gegenteil um.
Franz Bauer meint
Ich persönlich finde es gut die Wertschöpfung mehr in das eigene Unternehmen zu verlagern. Es geht damit nicht nur um Kosteneffizienz sondern um das Know-How, wichtiger Komponenten und deren ideale Integration in das Fahrzeugkonzept. Es fallen unnötige Schnittstellen weg und damit entstehen optimalere Lösungen da die Komponenten auf eigene Bedürfnisse entwickelt werden können und nicht Standardbauteile von der Stange irgendwie hineingepresst werden müssen. Damit steigt die Qualität und die Effizienz. Schauen sie sich mal den “Motorraum“ vom neuen BMW I4 an, so ein Kabelsalat hat nix mit guter Integration zu tun. Wenn jedes Zulieferteil sein eigenes Steuergerät mitbringt sorgt das nur zu mehr Schnittstellen, mehr Bauteilen die kaputt gehen können, und höheren Verbrauch sowie höheren Risiken. Vor allem, wie will sich ein Autohersteller noch groß am Markt unterscheiden, wenn alle die selben Schlüsselkomponenten am Markt verwenden? Größere Displays? …. Moment die kann ja auch jeder einkaufen.
Marcel Meier meint
…das wird jeder Hersteller in der Mittelklasse befürchten müssen.
Fiat hat allerdings mit dem 500e auch eindrücklich bewiesen, dass sie selbst einen Kleinstwagen zum „Premiumpreis“ verkaufen können – und damit sogar die Spitze der Verkaufszahlen erreichen.
Dass die Batteriefertigung ins Haus geholt wird, macht längerfristig Sinn. Das machen sie aber nicht alleine, um weiter Masse zu erreichen. In selbiger Batteire-Allianz (bzw. einer davon) ist übrigens auch Mercedes dabei – so von wegen Hände davon weg wegen Qualität…
Holger meint
Guter Punkt. Auch da Musk weiter gedacht und erkannt dass derjenige mit der besten Batterie 🔋 die USP auf seiner Seite hat.
Natürlich wird Tesla nie das Ambiente Niveau von MB oder BMW erreichen, aber wenn die Batterie wesentlich besser ist brauchen die es auch nicht