Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI hat konventionelle und neue Antriebstechniken für Pkw hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit und Ökobilanz sowie den Potenzialen für die neuen deutschen Klimaschutzziele untersucht. Die Ergebnisse zeigen laut den Wissenschaftlern, dass elektrische Fahrzeuge die wirtschaftlichste und energieeffizienteste Option zur Minderung von Treibhausgasen darstellen.
Die neuen Klimaschutz-Ziele, die der Bundestag im Sommer 2021 beschlossen hat, erfordern auch im Verkehr ein schnelles Handeln. „Rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge stehen heute schon in großem Umfang kommerziell zur Verfügung und stellen die energieeffizienteste Lösung dar“, sagt Martin Wietschel, Leiter des Competence Centers Energietechnologien und Energiesysteme.
Batteriebetriebene Fahrzeuge (Battery Electric Vehicles, BEV) weisen der Fraunhofer-Analyse nach schon mit dem heutigen Strommix die geringsten Treibhausgasemissionen (THG) auf. Bei einem 2020 erworbenen Stromer halbieren sich demnach die THG-Emissionen gegenüber einem Benziner. Mit einem steigenden Anteil Erneuerbarer Energien im Strommix werde dieser Vorteil 2030 sogar fast 60 Prozent betragen. Selbst, falls die Ziele im Stromsektor nur teilweise erreicht werden sollten, schnitten BEV und auch Plug-in-Hybride (Plug-in Hybrid Electric Vehicles, PHEV) immer noch besser ab als Benzin- oder Dieselfahrzeuge.
PHEV könnten zwar kurzfristig zur Senkung von THG-Emissionen beitragen, wenn sie einen nennenswerten Teil ihrer Fahrten elektrisch zurücklegen (mindestens 40 %), so die Forscher. Da sie aber mittel- und langfristig zur Erreichung der Klimaziele auch mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden müssten, seien sie eher als Brückentechnologie zu bewerten.
Mittelfristig hätten auch andere alternative Antriebstechnologien Potenziale zur Einsparung von Treibhausgasen während der Fahrzeugnutzung: so beispielsweise Biokraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen, Wasserstoff-Brennstoffzellen oder synthetische, strombasierte Kraftstoffe – vorausgesetzt, für ihre Produktion werden ausschließlich oder überwiegend Erneuerbare Energien eingesetzt.
Wirtschaftlichkeit der Antriebstechnologien
Neben der Ökobilanz der verschiedenen Antriebstechnologien haben die Experten am Fraunhofer ISI auch deren Wirtschaftlichkeit untersucht. Entsprechend dem Total-Cost-of-Ownership-Ansatz (TCO, Gesamtbetriebskosten) haben sie hierfür alle Kosten für Anschaffung und Nutzung eines Pkws aus volkswirtschaftlicher Sicht berücksichtigt. Auch hierbei erwiesen sich BEV „kurz-, mittel und langfristig“ als günstigste nachhaltige Option. Sie blieben auch dann gegenüber anderen alternativen Antrieben wirtschaftlich vorteilhaft, wenn man unterstellt, dass nach der Hälfte der Nutzungszeit die Batterie ersetzt werden muss.
Synthetische strombasierte Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren sind den Berechnungen zufolge wegen der hohen Kraftstoffkosten weder heute noch in absehbarer Zukunft wirtschaftlich, zudem fehlten sie im Markt vollständig. Auch wasserstoffbetriebene Brennstoffzellenfahrzeuge stünden derzeit kaum zur Verfügung. Sie seien sehr teuer und hätten nur begrenzte THG-Einsparpotenziale, so die Forscher. Nach ihrer Ansicht können Brennstoffzellenfahrzeuge allerdings langfristig (nach 2030) eine Ergänzung zu Batteriefahrzeugen bei großen und schweren Fahrzeugen mit hohen Reichweitenanforderungen darstellen.
Biokraftstoffe könnten zu vergleichsweise günstigen Kosten zur Senkung der Treibhausgase bei Pkw beitragen, heißt es weiter. Allerdings sei nachhaltige Biomasse mengenmäßig deutlich beschränkt. Sie werde außerdem für andere Anwendungen wie den internationalen Flugverkehr benötigt. Biokraftstoffe bei Pkw seien somit eher als Übergangslösung zu sehen.
Alle untersuchten alternativen Antriebstechnologien wiesen im Herstellungsprozess noch einen hohen „ökologischen Rucksack“ und damit signifikante THG-Minderungspotenziale auf. Elektroautos, Plug-in-Hybride und Wasserstoffautos seien im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen besonders kritisch beim Ressourcenverbrauch von beispielsweise Lithium, Kobalt oder Platingruppenmetallen, erklärt das Fraunhofer ISI. Deswegen brauche es Substitutions- und Recyclingverfahren.
Die Forschenden des Fraunhofer ISI haben auch erhoben, wie die deutsche Autoindustrie im internationalen Vergleich für die Erfordernisse der Wende bei den Antriebstechnologien aufgestellt ist. Deutschland nehme eine Führungsrolle bei Patent- und Markenanmeldungen nachhaltiger Antriebstechnologien ein. Bei den Absatzzahlen zeige sich jedoch aktuell ein starker Fokus auf Plug-in-Hybride, obwohl diese nach Ansicht der Experten nur eine Übergangstechnologie sein sollten.