Das Umweltbundesamt hat kürzlich eine Bilanz der Treibhausgasemissionen im Jahr 2021 vorgestellt. Unter anderem im Verkehrssektor wurde das Klimaziel verfehlt. „Der Verkehrssektor bleibt eines der großen Sorgenkinder des Klimaschutzes in Deutschland“, sagt Wiebke Zimmer, stellvertretende Direktorin der Denkfabrik Agora Verkehrswende.
Die Zahlen seien alarmierend, auch wenn sich die Zielverfehlung mit drei Millionen Tonnen CO2 auf den ersten Blick in Grenzen halte. Die Mobilität sei auch 2021 durch die Corona-Pandemie immer noch stark eingeschränkt gewesen. Die Menschen besuchten seltener Freunde und Verwandte und arbeiteten häufig von zu Hause. Ohne diese Effekte werde der Verkehrssektor sein Ziel im laufenden Jahr noch viel deutlicher verfehlen. Der Verkehrssektor sei strukturell auf dem falschen Kurs.
Die Bundesregierung müsse mit dem jetzt erforderlichen Sofortprogramm das tun, was schon die Vorgängerregierung über Jahre versäumt habe: „ein Gesamtkonzept zum Erreichen der Klimaziele im Verkehr bis 2030 vorlegen“, so Zimmer. „Und das darf nicht nur auf Fördermaßnahmen setzen. Es braucht auch mittelfristig wirksame Instrumente wie ambitionierte CO2-Flottengrenzwerte für Pkw auf EU-Ebene ab 2025 und eine umfassende und sozial ausgewogene Reform der Steuern, Abgaben und Subventionen – von Kfz-Steuer und Dieselprivileg bis Pendlerpauschale und Dienstwagenbesteuerung.“
Bisher habe die Ampelkoalition vor allem deutlich gemacht, was sie im Verkehr nicht für den Klimaschutz angehen möchte. Sie sei gegen ein Tempolimit auf Autobahnen und auch gegen eine Verschärfung der CO2-Flottengrenzwerte für Pkw über den Vorschlag der EU-Kommission hinaus. Ein starres Festhalten am Koalitionsvertrag werde für die Klimaschutzziele aber nicht reichen.
„Käme jetzt obendrauf auch noch eine Spritpreisbremse, würde die Bundesregierung die Abhängigkeit vom Erdöl weiter zementieren“, so Zimmer. „Ein pauschaler Eingriff des Staates in die Kraftstoffpreise, sei es über die Mehrwertsteuer, die Energiesteuer oder einen Tankrabatt, würde viel Geld kosten und nicht gezielt denen zugutekommen, die es brauchen. Kurzfristige Entlastungen sollten auf Haushalte mit niedrigem Einkommen abzielen, etwa durch höhere Sozialleistungen oder pauschale Geldprämien.“
Für den Klimaschutz brauche es die Verkehrswende, „also die Umstellung auf effiziente Elektromobilität und die Verlagerung auf klimaschonende Verkehrsmittel“. Gleichzeitig sei das auch der beste Schutz gegen steigende Ölpreise. „Je schneller es vorangeht, desto besser für alle“, betont Zimmer.
Nostradamus meint
Wer regiert in diesem Land: Irgendwelchen Vereine, Gesellschaften, selbsternannten „Rettern-der-Welt“, diversen Selbstbedienungsinstituten, oder eine demokratisch ausgewählte Regierung? Die Regierung hat schon mehr als genug Problemen mit Ökothemen so dass solchen aggressiven und zynischen Vorwürfen hierzulande niemand braucht! Macht, bitte, kein Theater davon!
Ernesto 2 meint
Agoras Papiere zu den notwendigen Schritten um einen Temperaturanstieg auf 1,5°C zu beschränken, lesen sich wie eine Katastrophe für PKW-Hersteller und deren Lobbyisten. Die Bürger haben damit eher wenig Probleme, aber die Marketing Abteilungen und Chef-etagen schon. Wenn man bei Agora gründlich liest, kann man nur erschrecken wie unsensibel und so offensichtlich von der Industrie gekauft, die Politiker „daher-schwätzen“ für logisch des Denkvermögens durch Bestechung nicht beraubte Menschen ist es nämlich bereits 5 NACH 12. Und es wird immer wahrscheinlicher daß wir am Ende dieses Jahrhunderts 4-5° Temperatursteigerung und eine Wüstenbildung in Deutschland haben werden. Dann kan man sich bei Industrievertretern und Lobbyisten nur noch bedanken und sagen, Prima habt ihr das aus purem Egoismus und Geldgier hinbekommen. Wir haben zwar nix mehr zu trinken aber ihr könnt Euch wenigstens noch Schwimmbäder und Luxusvillen leisten……
Gunarr meint
Die Russen machen Benzin teuer und die Chinesen machen Elektroautos billig. Das Problem löst sich also von alleine. Alles was unsere Politik machen muss, ist aufzuhören, sich dagegen zu wehren.
FahrradSchieber meint
Und die Kohle zur Erzeugung des BEV-Stroms haben wir sogar im eigenen Land ;-)
stueberw meint
Oder auf dem eigenen Dach
MichaelEV meint
Eine billige Anspielung?
Aber bisher konnte man sagen, ein per Kohlestrom angetriebenes BEV ist für das Klima nur geringfügig besser als ein Verbrenner. Jetzt kann man dazu aber ergänzen, ein per Kohlestrom angetriebenes BEV ist energiepolitisch erheblich besser (statt 100% Energieimport kommt die Energie vollständig aus dem eigenen Land). Also selbst mit diesem unsinnigen Ansatz Kohlestrom spricht jetzt alles nur für das Elektroauto.
Jeru meint
Ein guter und wichtiger Vorstoß.
Was ich nicht verstehe: Warum wird neben den wirksamen Maßnahmen auch immer das unwirksame Tempolimit als Werkzeug genannt?
Es hat langfristig nur einen sehr kleinen Einfluss auf die CO2-Emissionen und die Sicherheit auf Autobahnen. Ich befürchte es geht an dieser Stelle nur um Symbole.
Christian meint
Was heißt hier unwirksam? Jedes Auto das langsamer fährt braucht weniger Sprit., das ist ja wohl sicher. Oder warum fahren auf meiner Hausstrecke=Landstraße jetzt plötzlich alle langsamer = sparsamer als ich (85km/h), wollen die nur die schöne Landschaft genießen oder ist der Spritpreis entscheidend?
Peter meint
Wenn man elektrisch unterwegs ist, fährt man auch ohne Tempolimit gemäßigte Geschwindigkeiten. Insofern halte auch ich ein Tempolimit für sinnlos. Der durch dieses völlig irrational aufgeladene Thema entstehende Kollateralschaden ist deutlich größer als die CO2-Einsparung.
Michael S. meint
Welchen Kollateralschaden hat denn bitte ein Tempolimit? Mehr Verkehrssicherheit und weniger Staus würde ich eher als Kollateralnutzen verstehen.
Jeru meint
Wenn ein Symbol wie das Tempolimit immer wieder so penetrant an beliebigen Stellen gefordert wird, führt das auch aus meiner Sicht zu Kollateralschäden. Man kann den Eindruck bekommen, es soll hier aus Prinzip etwas durchgedrückt werden. Keine gute Grundlage für die so wichtige Glaubwürdigkeit der Politik und Umweltverbände bzw. Umwelt-Lobbyisten (dazu zähle ich mich übrigens auch).
Ein generelles Tempolimit reduziert langfristig die Anzahl der tödlichen Unfälle auf Autobahnen nicht. Siehe Frankreich oder andere europäische Länder.
Ein generelles Tempolimit hat, wie viele andere Maßnahmen auch, das Potenzial die CO2-Emissionen in Deutschland (minimal) zu senken.
Das ist doch keine gute Grundlage, um den Menschen zu erklären warum das jetzt unbedingt kommen muss. Ich kann das schlecht argumentieren und würde die Diskussion gerne auf die drängenden Themen richten.
Peter meint
Mensch Micha, erkläre das doch mal z.B. der BILD-Zeitung und deren Millionen Lesern, die immer mal wieder in der Wahlkabine stehen. Wird bestimmt super.
Olli meint
Was ich nicht verstehe: Warum es immer noch Menschen gibt, die im Physikunterricht anscheinend geschlafen haben, sich aber gleichzeitig für Albert Einstein halten.
GrußausSachsen meint
Sehr gut und richtig :-)
Wer sich für Albert Einstein hält, glaubt keinen Unterricht mehr zu brauchen.
Edwhar hat es in seinem Kommentar bestens erklärt. passt so.
Edwhar meint
Die Kraft um den Luftwiderstand beim Fahren zu überwinden, erhöht sich quadratisch zur gefahrenen Geschwindigkeit. Damit einher geht natürlich ein entsprechender Energiebedarf, kWh/100 km bzw. L/100 km. Daher ist auch die Größe der angeströmten Stirnfläche eines Fahrzeugs maßgebend für dessen Verbrauch.
Olli meint
Ein kleines Beispiel: eine „Ente“, Citroen 2CV, schafft mit knapp über 20PS eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 100km/h. Wenn der Luftwiderstand linear steigen würde, müsste das gleich Fahrzeug mit etwa 40-50PS 200km/h erreichen – aber das ist natürlich nicht so, weil ja der Strömungswiderstand überproportional, nämlich im quadrat steigt. Genauso verhält es sich mit dem Energieverbrauch, weil ja eine bestimmte Motorleistung eingesetzt werden muss um den Luftwiderstand bei einer bestimmten Geschwindigkeit zu überwinden. Und aus diesem Grund ist eine Geschwindigkeitsreduzierung immer ein wirksames Mittel den Energieverbrauch zu reduzieren.
Daniel Studer meint
Gutes Beispiel – aber wenn ich daran denke – eine getunte Ente mit 80-100PS und 200km/h auf der Autobahn – unbedingt Tempolimit einführen :)
Peter meint
In kWh pro 100km ist das sicherlich gut darstellbar. Aber in in Litern pro 100km eher nicht, weil da ja sowieso 70% als (unerwünschte) Heizung fungieren (die dann weggekühlt wird). Ergo steigt der Verbrauch in Litzern eben nicht quadratisch, sondern nur in dem Drittel, der auch tatsächlich für Vortrieb (und nicht für die Heizung) verwendet wird.
Jeru meint
Es hängt natürlich auch von der Übersetzung des Getriebes und des Betriebspunkts des Motors ab aber ja: Bei Geschwindigkeiten über 110 km/h verbrauchen Fahrzeuge mit Verbrenner immer mehr.
Da diese Zusammenhänge klar sind, habe ich diese auch nicht in Frage gestellt. Ich stelle fest, dass das Werkzeugs eines Tempolimits im Vergleich zu anderen Werkzeugen eher ungeeignet ist unsere Ziele zu erreichen. Weder die CO2-Emissionen, noch die Anzahl der tödlichen Unfälle auf der Autobahn werden dadurch relevant gesenkt. Der Blick ins Ausland zeigt, dass z.B. tödliche Unfälle langfristig nicht sinken werden, die Menschen finden weiterhin genügend Gründe tödlich zu Verunglücken.
Durch die Elektrifizierung wird sich der Effekt eines Tempolimits sogar noch verringern, weil die Durchschnittsgeschwindigkeit von allein sinken und gleichmäßiger verteilt sein wird.
Wenn es darum geht, dass jeder noch so kleine Beitrag ein wichtiger Beitrag ist, dann fallen mir etliche weitere Dinge ein die niemand wirklich braucht und sehr viel Energie verbrauchen. Ich bin mir unsicher, ob wir dieses Fass aufmachen sollten.
Daher meine ernstgemeinte Frage: Warum verschwenden wir so unfassbar viel Zeit und Ressourcen, um über etwas wie das Tempolimit zu diskutieren. Wäre es nicht besser sich um die Durchsetzung der wirksamen Werkzeuge zu kümmern?
Edwhar meint
Komisch nur, dass in fast allen Ländern auf der Welt ein Tempolimit gilt, irgendetwas hat der Rest der Welt dann wohl nicht verstanden. Nur gut, dass wenigstens wir in Deutschland den Durchblick behalten.
Peter meint
Es geht gar nicht um richtig oder falsch. Es geht um wählbar sein und abwählen. Wenn wegen so einer Pillepalle wie nem Tempolimit wieder 16Jahre schwarze populismusDominanz rauskommt, haben alle ökologisch interessierten maximal verloren. Denn dann wird es mit den rückwärtsgewandten Bremsern am Ruder die viel wichtigeren und viel effektiveren Schritte nicht geben. Fehlen dir der MautAndi und der BraunkohlePeter wirklich so sehr?
Jeru meint
@Edwhar
Meine Haltung zum Tempolimit kommt vor allem aus den Erfahrungen im Ausland. In Frankreich und anderen Ländern der EU sterben genau so viele Menschen auf der Autobahn wie in Deutschland. Und das bei vergleichbarer Infrastruktur, Ausbildung der Fahrzeugführenden und dem Zustand der Fahrzeuge.
In Deutschland fragen wir uns immer wie viel besser es mit Tempolimit wäre, wenn man das nur wüsste und einen Vergleich hätte? Den hat man, die Frage ist geklärt! Es ändert sich langfristig nichts und die Menschen suchen sich andere Gründe zum tödlich verunglücken.
Das Werkzeug für das bisschen CO2-Emissionen anzuwenden halte ich nicht für verhältnismäßig. Es ist für mich ein Symbol gegen „die Freiheit“ in einer emotionalen Zeit.
FahrradSchieber meint
„Warum wird neben den wirksamen Maßnahmen auch immer das unwirksame Tempolimit als Werkzeug genannt?“
Weil Umweltschutz auch viel mit Ideologie zu tun hat.
Übrigens ist ein Tempolimit nicht „unwirksam“, aber der Effekt hält sich doch stark in Grenzen. Ist auch nachvollziehbar, wenn man betrachtet, wie viel Strecke überhaupt noch „open end“ ist und wie selbst dort die Durchschnittsgeschwindigkeiten aussehen.
Vergleiche mir anderen EU-Ländern lassen zudem befürchten, dass die Unfallhäufigkeit steigen könnte. Die Ursachen sind noch nicht ganz geklärt.
Ungünstig wirkt sich auch der „Verlagerungseffekt“ aus:
In einem Feldversuch (nach meinem Wissen gibt es erst einen) hat sich ein Teil des Verkehrs (minutengenauen Navis sei Dank…) auf alternative Landstraßen verlagert.
Da das Unfallrisiko hier deutlich höher ist, kann der Gesamteffekt sogar negativ ausfallen.
Fakt ist:
Das Thema ist deutlich komplexer, als es Vertreter der Maximalpositionen („Mehr als 80 braucht kein Mensch“ vs. „freie Fahrt für freie Bürger“) erahnen können…
Jeru meint
Volle zustimmung dafür!