Mercedes-Benz hat im April wie angekündigt mit dem Elektroauto-Technologieträger EQXX (Artikelbild) im realen Straßenverkehr über 1000 Kilometer mit einer Ladung geschafft. Mit der für die Mittelklasselimousine entwickelten Technologie sollen in wenigen Jahren Serienmodelle realisiert werden, die bisher unerreicht lange Strecken mit einer Batteriefüllung ermöglichen.
Mit der Luxuslimousine EQS hat Mercedes seit dem letzten Jahr das Elektroauto mit der derzeit größten Reichweite im Programm. Die gemäß WLTP-Norm 780 Kilometer kosten allerdings über 100.000 Euro. Der EQS nutzt als erste Baureihe die Elektroauto-Platform EVA2. Ab diesem Jahr folgen die Limousine EQE im E-Klasse-Segment sowie SUV-Versionen von EQS und EQE, neue Reichweiten-Rekorde dürfte aber keines der Modelle bringen.
Seine Kompakt-Elektroautos baut Mercedes aktuell auf für Verbrenner entwickelten Architekturen. Bis Mitte des Jahrzehnts sollen erste Modelle auf der neuen Plattform MMA für kompakte und mittelgroße Modelle starten. Die Architektur ist speziell für reine Stromer ausgelegt, nimmt bei Bedarf aber auch einen kleinen Verbrennungsmotor auf. Auf der MMA könnte laut dem Handelsblatt schon 2024 mit dem CLA Coupé ein Pkw vom Band rollen, der viel von der im EQXX erprobten Technik nutzt – und entsprechend viel Reichweite bietet.
Als Voll-Stromer könnte der 2024er CLA Coupé je nach Modell eine Strecke zwischen 650 und 850 Kilometer zurücklegen, ohne nachzuladen. Das will das Handelsblatt von einem namentlich nicht genannten Insider erfahren haben. Ausschlaggebend für die in dem Segment und auch insgesamt noch unerreichte Flexibilität sollen „enorm geringe Verbrauchswerte“ um zehn Kilowattstunden sein. Das dies möglich ist, hat Mercedes jüngst mit dem EQXX bewiesen: Das Fahrzeug kam auf einen sehr niedrigen Verbrauch von 8,7 kWh pro 100 Kilometer.
Ein neuer Standard sollen um die 800 Kilometer bei Mercedes aber nicht sein. Zum einen sollen das nur Modelle wie der CLA schaffen, die aufgrund ihrer flachen Konstruktion besonders windschlüpfrig sind. Schwere, im Wind stehende SUV wie etwa der GLB werden deutlich mehr Energie verbrauchen. „Natürlich ist der Luftwiderstand der wichtigste Faktor beim Realverbrauch“, so Entwicklungschef Markus Schäfer. Zu konkreten Reichweiten wollte er sich mit Verweis auf den Wettbewerb nicht äußern.
Effizienz die „neue Währung“
Wie bei den aktuellen Elektroautos der Marke sollen die Kunden auch bei den MMA-Baureihen zwischen mehreren Batteriegrößen wählen können. Entscheidend sei für den Premiumautobauer aber die Effizienz – dies sei die „neue Währung“ der Branche und müsse bei neuen Fahrzeugplattformen in jedem Detail mitbedacht werden, betonte Schäfer. „Was ich rein- oder rausnehmen kann, sind Zellen, um die Reichweite einzustellen. Aber die Effizienz muss reinentwickelt sein.“
Die Kunst bestehe darin, mit kleinen Energiespeichern weite Distanzen zurückzulegen. Der Fokus auf Effizienz sei sowohl für die Kunden wie die Fahrzeughersteller von Vorteil, Schäfer sprach von einer „Win-win-Situation“. Die Kunden hätten weniger Energiekosten, auch die Batterie könnte geringer ausfallen und das E-Auto damit günstiger. Kleinere Batterien kämen aber auch Mercedes zugute. „Jede Kilowattstunde, die wir nicht einbauen, hilft dem Unternehmen, weiterhin wirtschaftlich erfolgreich zu sein.“
Das Batteriepaket des EQXX mit einer Energiedichte von knapp 400 Wh/l speichert nach Angaben der Entwickler annähernd 100 kWh Energie bei 50 Prozent weniger Volumen und 30 Prozent weniger Gewicht als das in dieser Hinsicht bislang führende Akkupack des EQS. Die bei der Rekordfahrt mit dem EQXX genutzte Zellchemie soll ab 2024 in Serienfahrzeugen eingesetzt werden. Im Vergleich zu vorherigen Akkusystemen nutzten die Schwaben „sehr viel Silizium an der Anode“, erklärte Schäfer.
Darüber hinaus will Mercedes dem Bericht zufolge künftig seinen selbst entwickelten elektrischen Antriebsstrang einsetzen. Dieser „eATS“ komme auf einen Wirkungsgrad von 95 Prozent, wohingegen gewöhnliche E-Antriebe nur 80 bis 85 Prozent erreichen. Mithilfe von „bionischen Strukturen“ und größeren Strukturgussteilen wolle der Konzern Gewicht und Geld sparen. Mercedes arbeite außerdem daran, den Stromverbrauch der Bordnetze drastisch zu reduzieren. Künftig komme es auf jedes Watt an, unterstrich Schäfer. Deshalb solle jede Komponente, die Energie benötigt, einzeln abgeschaltet werden können, wenn sie gerade nicht benötigt wird.
Tesla-Fan meint
Wenn das ein Artikel über Tesla wäre würden sicher die vielen Konjunktive bemängelt. 😃
Aber ist es ja zum Glück nicht.
Gunnar meint
Warum denkst du das?
Mercedes hat das sehr geschickt gemacht. Zuerst einen Prototypen präsentiert, der im realen Straßenverkehr tatsächlich extrem effizient unterwegs war. Ohne Schleichfahrten, mit normaler vorausschauender Fahrweise, sogar überwacht vom TÜV. Somit wurden allen Kritikern gleich mal der Zahn gezogen. Mercedes hat bewiesen, dass es technisch machbar ist, den Verbrauch auf unter 10 kWh/100km zu drücken. Jetzt wollen sie es auch (teilweise?!) in Serie bringen.
Die genannten 850 km könnte Tesla meiner Meinung nach auch ziemlich schnell erreichen.
Die Akkukapazität im Model 3 z.B. von 82 auf 95kWh heben durch neue Zellchemie und Einsatz der 4680er-Zellen in Kombination mit einem effizienteren Antrieb (nur ein Motor anstatt Allrad).
Andi EE meint
Der TÜV überwacht Prototypen? 😆 Für was bitte soll man eine Behörde die mit Steuergeld die Löhne zahlt, so einen Quark / Werbung überwachen. Sorry, aber das geht ja wohl gar nicht. Das ist jetzt ne dumne Behauptung oder, das wäre ein Skandal, wenn die noch PR für Mercedes machen würden.
DerÄlbler meint
Der TÜV ist ein rein privatwirtschaftliches Unternehmen und wird weder aus Steuermitteln, noch aus öffentlichen Geldern finanziert, deshalb unabhängig. Die verschiedenen Dienstleistungen des TÜV können von Unternehmen eingekauft werden.
Der EQXX hat laut Entwickler 180kw Leistung, Ziel war ein Verbrauch von 9,9 kWh/100km, der wurde deutlich unterboten. Mit verkleideten Rädern würde der Verbrauch noch weiter sinken, Mercedes fand das aber uncool. Auf Kameras als Außenspiegel wurde verzichtet weil der Stromverbrauch eines solchen Systems die Einsparungen wieder zunichte machen würde. Das Solardach bringt im Durchschnitt 200W und speist vollständig das 12 Bordnetz. Der Prototyp kostete mehrere Millionen, aber das war sowieso klar.
Freddy K meint
Seit wann ist der TÜV eine Behörde die mit Steuern bezahlt wird? Und warum sollten die keine Protos überprüfen?
Gunnar meint
@Andi EE: jetzt muss ich aber lachen. Was du bezüglich TÜV und Steuergeldern hier vom Stapel lässt, geht auf keine grüne Kuhhaut.
Bitte informiere dich nochmal richtig.
Andi EE meint
Das ist wirklich mein Fehler, der Staat veranlasst die Prüfanstalt den Pkw zu prüfen / gibt ihr den Auftrag. Ist also privat, heisst aber dann auch dass es null Relevanz hat, das kann ja auch ein Gefälligkeitsgutachten bezüglich Reichweite sein. Ein Priater ist nicht verpflichtet die absolute Wahrheit in einer Studie zu veröffentlichen. Es ist sogar die Regel, dass Studien für die Auftraggeber geschrieben werden. Hat diese Aussage noch viel weniger Relevanz als ich dachte.
Gunnar meint
Willst du uns damit unterschwellig mitteilen, dass die Fahrt so in der Form nicht stattgefunden hat? Ist das deine Vermutung bzw. dein frommer Wunsch?
Ich frage mich, wie du reagiert hättest, wenn die Fahrt mit einem Tesla anstatt Mercedes gemacht worden wäre…
Andi EE meint
@Gunnar
Selbstverständlich genau gleich. Du kannst keinem Konzern glauben, wenn er es nicht offiziell von der Regierung abgesegnet, messen lässt. Ja nicht mal dann kannst du den Werten glauben, wer müsste das nicht besser wissen, wenn nicht der Deutsche Autofan. Es wurde nach Strich und Faden beim Abgasskandal beschissen. Die Werte wurden z.T. um den Faktor 10 überschritten. Komm mir nicht mit Wahrheit und das sei nicht möglich.
Meinst du, da kann man über den TÜV nicht Faktor 1.5 beim Verbrauch in einem inoffziellen Test zu Werbezwecken schummeln. Ähm sorry, wenn du da an Wahrheit glaubst, bist du hochgradig naiv. Das ist Werbung!
Gunnar meint
„Ähm sorry, wenn du da an Wahrheit glaubst, bist du hochgradig naiv. Das ist Werbung!“
Ja, tue ich, und nein, das ist nicht naiv. Ganz im Gegenteil. Es gilt erst mal die Unschuldsvermutung, bis das Gegenteil bewiesen werden kann. Dann auf auf, suche den Fehler und beweise, dass hier geschummelt wurde.
Der Akku war kleiner als 100 kWh, die Ladebuchse war verplombt. Der TÜV war dauerhaft in einem der beiden Begleitfahrzeuge anwesend. So wurde sichergestellt, dass nicht unbeobachtet nachgeladen werden konnte.
Ich habe genügend gesunden Menschenverstand, um das sehr gut einordnen zu können. Du scheinbar nicht, wenn du hier gleich allergisch eine Verschwörung und Schummelei vermutest und noch nicht mal weißt, dass der TÜV keine Regierungsbehörde ist, sondern eine unabhängige neutrale private Prüforganisation. Und was hat der TÜV davon, hier ein so hohes und unbedachtes Risiko einzugehen und für ein klitzekleine Probefahrt mit einem Prototypen absichtlich weg zu gucken und wissentlich ein falsches Ergebnis ab zu nicken? Richtig, gar nix!
Und natürlich ist das auch Werbung für Mercedes, das ist mir ebenfalls klar.
Wenn ein Produkt oder ähnliches vom TÜV zertifiziert wird, ist das auch immer indirekt Werbung für das Produkt.
David meint
Was heißt „zum Glück“? Tesla ist technisch abgehängt. Da kommt nichts.
Hier hat Mercedes extrem aufwendig einen vollständigen Prototypen mit der Technik der nächsten Generation gebaut und erfolgreich auf Rekordfahrt geschickt. Das weckt Begehrlichkeiten und eine Ableitung in die Serie ist hochwahrscheinlich. Das Format des Prototyps ist das des CLA und da gibt es noch nichts als BEV. Also braucht man eigentlich gar keine Indiskretion eines Insiders, um daraus eine Meldung zu machen.
Mehr ist es nicht. Aber auch nicht weniger. Natürlich wird irgendwas davon in 2-3 Jahren in der Serie zu sehen sein.
Gunnar meint
„Tesla ist technisch abgehängt. Da kommt nichts.“
Aha, das musst du uns mal ausführlicher erklären. Bin ganz Ohr.
David meint
Dazu einige Hilfsfragen:
Mit wieviel Volt werden die Fahrzeuge betrieben? Aus wie vielen Teilen besteht der Akku bei Tesla? Wie viele Untersuchungen laufen im Heimatland gegen Tesla wegen der autonomen Funktionen? Wie hoch ist die maximale Rekuperationsleistung der Tesla? Rekuperiert der Tesla, wenn man die Bremse betätigt? Gibt es Businessfunktionen wie Android Auto/CarPlay, eSIM, HUD? Mit was für einer Batterie stellt Tesla 12V zur Verfügung?
Jörg2 meint
David
Konntest Du eine Begründung finden, warum Daimler nach den 1000km nicht gleichnoch an eine Ladesäule gefahren ist, auf 80% geladen hat und die Ladekurve mit in die PR gebracht hat?
Gunnar meint
Ok, du willst es mir also nicht richtig erklären. Verstehe.
Dann hier mal ein einfaches Argument. Tesla verkauft mit Abstand die meisten BEVs weltweit. Der Markt und die Nachfrage geben Tesla recht. Somit kannst du jammern und heulen und lästern wie du willst, es ändert nix, dass Tesla immer noch vorne liegt.
alupo meint
Echt lustig. Nur mal zu einem Aspekt: „Größere Gussteile“.
An die Grôße der Gußteile die Tesla aktuell in ihren neuen (aber auch in Fremont) Fabriken verbaut kommt kein anderer Autobauer auch nur annähernd heran. Denn der erste der wirklich große Castinganlagen liefern konnte war bzw. ist IDRA aus Italien und der hat seine Kapazitäten für die kommenden Jahre fùr Tesla reserviert.
Inzwischen kann das auch dessen Muttergesellschaft in China, aber die beliefert meines Wissens neben Tesla in Shanghai nur an chinesische Autobauer.
Es dauert also noch ein paar Jahre bis Mercedes nachfolgen kann mit vergleichbaren Castinggrößen. Aber ich finde es gut, dass sie nun auch in diese Richtung gehen denn das macht auch deren Autos leichter, sicherer und kostengünstiger.
Gasbremse meint
Absolut richtig gedacht, Effizienz ist alles.
Nur was hilft es, wenn eATS dann die grössten Stückzahlen in SUV erreicht, die konzeptbedingt alles wieder zunichte machen?
Das gesparte Watt bei elektrischen Verbrauchern hilft wenig, wenn cw*A gleichzeitig zusätzliche Kilowatt fordert.
Michael S. meint
Ist schon spannend, welche Entwicklungspotentiale sich plötzlich auftun, wenn man erstmal anfängt, e-Autos zu bauen und nicht nur die angeblichen Entwürfe aus der Schublade raus holt.
Und auf einmal haben die E-Autos in der zweiten oder dritten Generation bereits mit den Verbrennern in vielen Aspekten aufgeholt…