Die rasante Entwicklung des Elektroauto-Markts könnte laut Analysten der Allianz bald durch den Mangel an Lithium und Ladestationen gebremst werden. Industrie und Politik müssten hier deutlich gegensteuern, mahnt eine Studie des Unternehmens.
Der globale Absatz von E-Autos hat sich 2021 verdoppelt und am Gesamtfahrzeugmarkt einen Anteil von acht Prozent erreicht. Auch für die nächsten Jahre ist mit einem deutlichen Anstieg zu rechnen. Versorgungslücken bei wichtigen Rohstoffen, allen voran Lithium, sowie zu geringe Infrastruktur-Investitionen könnten dieses Wachstum jedoch ausbremsen und unter anderem von der EU gesteckte Klimaziele gefährden. Das legt eine Studie des Kreditversicherers Allianz Trade mit dem Titel „Elektromobilität zündet den Turbo – drohende Versorgungslücke bei Lithium“ nahe.
Nach Ansicht der Analysten müssten weitaus größere Investitionen in Infrastruktur und ein stärkeres Engagement der Industrie bei Rohstoffversorgung sowie den Produktionskapazitäten für Batterien erfolgen.
Für die kommenden zwei Jahre erwartet die Allianz bei der Entwicklung der weltweiten Elektromobilitäts-Sparte jeweils ein Plus von 50 Prozent bei den Verkaufszahlen. Speziell für Europa sagt die Studie für 2022 einen Zuwachs von 60 Prozent voraus. Für die USA werden für 2022 und 2023 Zuwächse von 50 Prozent prognostiziert. Deutlich stärker wachsen könnte der E-Auto-Markt in den USA, sollte das Förderprogramm Build Back Better Act in Kraft treten. Weltweit wird in der Studie für dieses Jahr ein Anstieg bei den Verkäufen von sogenannten New Energy Vehicles (NEV) um 50 Prozent und damit ein Gesamtmarktanteil von 12 Prozent prognostiziert. 2017 machten diese lediglich ein Prozent vom Gesamtmarkt aus. 2030 könnten bereits die Hälfte aller weltweit verkauften Leichtfahrzeuge dem NEV-Sektor angehören.
Ladeinfrastruktur kann nicht mithalten
Die Investitionen in die Infrastruktur halten allerdings nach Meinung der Autoren mit dem künftig weiter starken Absatzwachstum nicht mit. So sei 2014 von der EU ein Verhältnis von maximal zehn E-Fahrzeuge pro öffentlicher Ladestation sowie die Errichtung von einer Million Ladesäulen bis 2025 als Ziel ausgegeben worden. Im letzten Jahr habe es in der Region aber lediglich 230.000 Ladestationen gegeben, womit allein 2021 auf eine Ladestation zehn neu zugelassenen E-Autos gekommen seien. Die Studie sieht speziell bei der Ladeinfrastruktur in Europa große Lücken bei der Finanzierung und damit auch bei der Förderung grüner Ökonomien, die jedoch deutlich steigen müssten, um etwa das von der EU gesteckte 1,5-Grad-Ziel zu erreichen.
Ebenfalls steigen müssten Investitionen, um den wachsenden Lithium-Bedarf zu decken. Während in den 2010er-Jahren die Lithium-Nachfrage für Batterien rund ein Viertel ausmachte, würden es 2030 voraussichtlich 95 Prozent sein. Angesichts des prognostizierten Anstiegs bei der E-Auto-Nachfrage könnte hier laut den Studienautoren eine Versorgungslücke von über 500.000 Tonnen bis 2030 entstehen. Entscheidend sei es deshalb, dass die Branche nun die Weichen stellt, um eine Versorgungslücke in dieser Größenordnung zu schließen.
Bis der Markt eine kritische Größe erreicht hat, spiele neben den Investitionen der Unternehmen die Förderung durch die Politik eine entscheidende Rolle, so die Studieautoren. Im Jahr 2021 seien die weltweiten Ausgaben für Elektromobilität – Fahrzeuge und Ladegeräte – um mehr als 75 Prozent gestiegen. Während sie in den Jahren zuvor nur einen kleinen Teil der weltweiten Investitionen in die Energiewende ausmachten, habe ihr Anteil im Jahr 2021 bei über 36 Prozent der Gesamtinvestitionen gelegen.
Shullbit meint
«So sei 2014 von der EU ein Verhältnis von maximal zehn E-Fahrzeuge pro öffentlicher Ladestation sowie die Errichtung von einer Million Ladesäulen bis 2025 als Ziel ausgegeben worden.»
Das Ziel ist eben völlig absurd definiert und man darf den Erfolg nicht an einer absurden Zielsetzung messen. Je nach Studie werden auch in Deutschland langfristig 70-80% aller Ladevorgänge zu Hause (oder in der Firma) stattfinden. Wenn wir durchschnittliche Akkugrößen und Fahrleistungen nehmen, dann wird das durchschnittliche Elektroauto rechnerisch alle 8-9 Tage eine Vollladung benötigen und dann kommen wir mathematisch auf 102 E-Autos je öffentlicher Ladesäule, wenn denn jede Ladesäule pro Tag im Schnitt wenigstens 3 Vollladungen verkaufen soll. Bei nur 10 E-Autos je Ladesäule würde jede Ladesäule nur alle 3-4 Tage überhaupt eine einzige Vollladung verkaufen können. Ladesäulen zu betreiben wäre dann extrem defizitär.
Was wir meines Erachtens nicht brauchen, sind massenweise öffentliche AC-Säulen. Die sind höchsten vereinzelt sinnvoll, da wo man typischerweise mindestens 1-2 Stunden verbringt, z.B. in großen Einkaufszentren oder vor dem Fitnesscenter. Der einzelne Lidl oder Aldi ohne Geschäfte drumherum, in dem man 15 Minuten einkauft: da ergeben AC-Säulen wenig Sinn. 15 Minuten an der 22KW-AC-Säule zu laden, bringt etwa 30km Reichweite. Das lohnt kaum.
hu.ms meint
Ist eigentlich klar, das leute mit eigenen strom-hausanschluss (meist EFH) keine probleme mit laden haben. Auch laden auf dem AG-parkplatz ist meist bestens.
Wer auf öffentlich zugängliche lademöglichkeiten angewiesen ist, muss sich diese mit immer mehr anderen teilen.
Swissli meint
Lithium: der Markt wird einfach substituieren. Die NA+ Zellen sind bereits in den den Startlöchern, Massenproduktion 2023.
Ladestationen: lösbare Probleme. Wo eine Nachfrage ist, gibts auch ein Angebot. Einzig der Staat/staatsnahe Unternehmen (Stromversorger etc.) könnte dies ausbremsen durch Bürokratie, Nichtwollen oder zuvielen Staatsinterventionen.
alupo meint
Bei den bisher von mir seit Ende 2016 gefahrenen Kilometern hätte ich bei einer NaIonenbatterie inzwischen schon den zweiten Ersatz-Akku eingebaut bekommen.
Das kostet nicht nur eine Menge Geld, Zeit und benötigt zusätzliche Ressourcen, so ein quasi Wegwerfakku ist nun wirklich nicht toll für die Umwelt (und wohin mit dem Chlorgas aus der Na+ Produktion? „Einsatz“ wie im WW2?). Im Gegensatz dazu erhoffe ich mir von meinem LiIonenakku schon eine Lebensdauer von 15 Jahren bzw. 400.000 km, je was zuerst eintrifft. Danach kann man den Akku in seinem Zweitleben als häuslicher Energiespeicher einsetzen bevor man danach die teuren Rohstoffe recycled.
Das mit dem Na+ Akku kommt mir so vor wie die Berichterstattung (seit zumindest einem Jahrzehnt) mit der so hochgelobten Feststoffzelle. Es wird den Eseln die Karotte mittels einer Angelrute vorgehalten damit sie beim Versuch, diese zu fressen den Karren ziehen. Dieses Bild läßt sich offensichtlich erfolgreich auf die Brennstoffzelle mit H2 oder auch MeOH, auf die Feststoffzelle und die NaIonenzelle übertragen.
Mir ist natürlich klar, dass diese Strategie der alten Hersteller nur zur Verunsicherung uninformierter Käufer und damit zu einem nochmaligen Kauf veralteter Verbrennertechnologie führen soll. Kann man aus deren Blickwinkel aus betriebswirtschaftlichen Gründen ja auch nachvollziehen. Aber gut ist es dennoch nicht.