Alexander Junge ist Vorstand für Elektromobilität bei Aral. Die BP-Tochter betreibt nach eigenen Angaben mit 2360 Standorten bundesweit das größte Tankstellennetz. Mittlerweile finden sich auch an immer mehr Standorten Stromspender für E-Autos, Ende 2021 hatte die Tankstellenkette an 532 Orten in Deutschland Säulen installiert. Im Interview mit dem Manager Magazin sprach Junge über das neue Geschäftsfeld.
Aral investiere jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag in sein Ladenetz. In Deutschland habe das Unternehmen aktuell rund 900 „Ultraschnellladepunkte“ in Betrieb. Damit sei es gemessen an der Zahl der Ladestationen der größte Anbieter für besonders schnelles öffentliches Laden. Bis Jahresende wolle Aral 1500 Ultraschnellladepunkte in Deutschland bieten.
Man sei mit einer niedrigen Auslastung gestartet, aber sie steige Monat für Monat, berichtete der Manager. Das ermutige Aral, weiter in Lademöglichkeiten zu investieren. Der Cashflow aus dem angestammten Geschäft helfe, solche neuen Geschäftsfelder aufzubauen. Das sei eine der Stärken, die man als Großkonzern habe. Start-ups wie einst Tesla mit seinem Supercharger-Schnellladenetz könnten Innovationstreiber sein. „Wir haben im Gegensatz dazu finanzielle Möglichkeiten, schnell in den Markt zu gehen und Infrastruktur aufzubauen“, so Junge.
Bei Aral erwartet man, dass ungefähr Mitte des Jahrzehnts die Anzahl der Elektroautos so groß sein wird, dass das Geschäft in die schwarzen Zahlen kommt. Derzeit geht das Unternehmen laut Junge „klar in Vorleistung“. Da sei gerade für die Ultraschnelllader der Fall, denn dafür brauche es teure Mittelspannungsanschlüsse und Trafostationen.
Aral erlebe, dass Tankstellen sehr gute Ladeorte sind, sagte der E-Mobilitäts-Vorstand. Die Standorte seien den Kunden aus der Zeit bekannt, als sie Verbrenner gefahren sind. Viele berichteten auch, dass sie nur ungern an unbemannten Standorten wie Autobahnparkplätzen laden. Denn da sei es nachts dunkel, es gebe keine Toiletten, „keine Hospitality“. An den Aral-Tankstellen sei das anders, und bei Fragen stünden Mitarbeiter zur Verfügung.
Bald auch Wallboxen im Angebot
Die Mehrzahl der Ladevorgänge findet aktuell zu Hause oder auf der Arbeit statt. Aral erwartet, dass sich das mit steigender Verbreitung der Elektromobilität verschieben wird. Nicht jeder habe die Möglichkeit, zu Hause eine Wallbox zu installieren, erklärte Junge. Aral erweitere aber auch sein Angebot – das Unternehmen wolle dorthin kommen, wo Kunden laden wollen. „Zum Beispiel bieten wir Flottenkunden Ladeinfrastruktur für Firmenparkplätze, Betriebshöfe oder auch ihre Mitarbeiter zu Hause. Und wir werden Ende des Jahres auch ins Geschäft mit Wallboxen einsteigen.“
Tankstellen sterben nicht aus, glaubt der Manager. Arals Ziel sei es, an drei von vier seiner aktuellen Standorte in Deutschland neben Zapf- auch Ladesäulen bereitzustellen. Junge äußerte sich auch zum vom Bund finanzierten „Deutschlandnetz“. Bis 2023 sollen mit staatlicher Anschubhilfe bundesweit 1100 Schnellladeparks für Elektroautos entstehen, dafür sind zwei Milliarden Euro staatliche Mittel vorgesehen. Einige Ladesäulenbetreiber haben bei der EU-Kommission jüngst Beschwerde gegen das Vorhaben eingelegt und beklagen Wettbewerbsverzerrung. Die Branche stört sich vor allem an der Preisdeckelung bei 44 Cent pro Kilowattstunde Strom, die man auch bei Aral als potentielle Wettbewerbsverzerrung sieht. Zu den Beschwerdeführern gehört das Unternehmen aber nicht.
Durch die staatlich finanzierte Infrastruktur gerate das Geschäftsmodell in Gefahr, weil man mit den Preisen aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht mithalten könne, so Junge. Auch deshalb beteiligt sich das Unternehmen nicht am Deutschlandnetz. „Wir haben die Ausschreibung gründlich geprüft. Aus rein kommerziellen Gründen haben wir entschieden, nicht daran teilzunehmen“, erklärte der Manager. Aral hätte zudem gerne seine Tankstellen als Grundstücke eingebracht. Die lägen jedoch offenbar nicht in Regionen, die bei der Ausschreibung von Interesse sind. Das müsse man respektieren und investiere lieber eigenständig.
JustMy2Cent meint
Das Bild oben zeigt genau das Szenario, von dem ich mich endgültig als BEV Fahrer verabschiedet habe. Der einzige Unterschied zu früher ist, daß die „Zapfsäule“ anders aussieht. Ich kann natürlich nur für mich sprechen, aber einen Tankstellenaufenthalt habe ich schon immer als ein notwendiges Übel betrachtet. Es mag für manchen befremdlich klingen, aber ich mag abseits gelegene Schnelllader. Früher habe ich meine Pausen auf Langstrecke immer versucht außerhalb des Trubels abzuhalten. Da ich nun solche Pausen meist auch mit dem Laden kombinieren muß, bin ich nicht scharf darauf, deshalb wieder auf (Strom-)Tankstellen und überfüllte Raststätten angewiesen zu sein. Die meiste Zeit lädt das Auto sowieso da wo es gerade steht, falls nötig. In meinem Fall ist das zu 90% zu Hause. Mir ist bewusst, daß sehr viele Autofahrer diese Möglichkeit nicht haben, für die wären solche Ladesäulen im klassischen Tankstellenszenario eine Alternative, wenn sie die Zeit sinnvoll nutzen können. Aber das kann man am Supermarkt auch, und Den würde ich dann vorziehen.
Torsten meint
seh ich genauso. wird aber nicht für alle passen…
stdwanze meint
Die Aral Pulse Stationen sehen auch meistens eher so aus, dass neben der Tankstelle ein Ladepark steht. Dazu eben die „Örtlichkeiten“ der Tanke, wie Shop, Toiletten und FastFood. Meist auf Autohöfen. Finde ich Klasse.
Gunarr meint
Wenn das Laden auch in Zukunft eine halbe Stunde oder mehr dauern wird, müssen die Tankstellen den Kunden etwas anbieten, wie die diese Zeit sinnvoll nutzen können. Als größte Konkurrenz sehe ich hier die Supermärkte, denn einmal Vollladen dauert etwa so lange wie ein Wocheneinkauf.
Wäre ich Aral, würde ich darauf hoffen, dass es möglichst bald Akkus gibt, die man in 5 min laden kann, und diese Technik mit Megawattladestationen unterstützen. Alternativ würde ich Batteriewechselstationen aufstellen. Denn nur wenn es richtig schnell geht, werden die Leute ihr Auto laden, so wie sie es früher betankt hatten. Dann werden sie schon aus Gewohnheit weiter zur Tankstelle fahren.
Kasch meint
Supermärkte und Tankstellen mit HPC-Lader werden sich durchsetzen. Am Supermarkt laden ohne Zeitverlust und an der Tanke 24/7-Rundumservice. Die Säulen werden mit Natriumionenpufferakkus ausgestattet / nachgerüstet und ein Mittelspannungsanschluss wird nicht mehr zwingend erforderlich sein. Neben Natriumionenzellen von CATL sind auch die ersten BEVs, die von 10-80% 350 kW ziehen können im Anflug auf Europa. Graphenakkus z.B. (vermutlich) im nächsten Schritt benötigen für schlappe 350 kW noch nicht mal eine Zellkühlung. Es geht in riesen Schritten voran, und das ist gut so !
stdwanze meint
Oh man, wieder die Wunder aus China. 1. NaCl Akkus sind toll, aber die ein Akku brauch nicht nur nen Fertigungsprozess sondern auch eine Lieferkette – beides wird sicher noch 5-10 Jahre Dauern um auf dem LiOn level zu sein. Sagt sogar CATL selbst. Und die gravimetrische Dichte ist für PKWs im Moment eh nix.
2. Ja die Graphen-XXXYZ Akkus aus China!!!!! Wann denn nun? Die wollten letzten September ausliefern, gemacht wurde nix. Zeig mir die Massenproduktion, die Langlebigkeit, dann ja. Aber bis da hin. Ein China-Fisker.
Der nächste große Sprung kommt erstmal mit LFP für alle ausser Premium. Und da haben die Chinesen echt mal was zu bieten. Aber wie immer, wer global liefern will muss KnowHow auch global verteilen. Wie der Westen auch.
David meint
Ich bin neben Ionity auch Team Aral. Die Tankstellen mit HPC-Lader stehen an den richtigen Stellen und die Ladegeschwindigkeit stimmt.
NB meint
Wenn die Ionity auch alle funktionieren. Letztes Wochenende im Norden auf der A20 „Demminer Land“ von 4 Ionity sind 2 defekt und das schon seit 3 Wochen! Die daneben stehende EON HPC auch schon solange defekt. So setzt sich BEV nicht durch.
NB meint
Das komische ist, wenn ich mit nem Miet-Tesla(Model Y oder Model.3) die Supercharger anfahre, die funktionieren immer!!
OMG meint
„So setzt sich BEV nicht durch“
Ich würde eher sagen:
„So setzen sich andere BEV als Tesla nicht durch“. Aber es gibt Hoffnung, Tesla öffnet ja bereits seine Supercharger für andere Marken. ;-)
Egon Meier meint
Es ist momentan ein Vorteil, dass Konzerne wie Aral oder auch Shell auf vorhandene Grundstücke zurückgreifen können.
Die Masse der Standorte könnten allerdings mittel- und langfristig überzählig sein. In den Ballungszentren wird man am Supermarkt/Discounter/Restaurant laden und die Tanke im Industriegebiet wird dicht machen.
Was bleibt: Tank-/Ladestellen an Fernverkehrsverbindungen.
Das wird allerdings ein langwieriger Prozess aber in 10 Jahren werden wir lesen: Tankstelle xyz wegen Nachfragemangel geschlossen.
MichaelEV meint
Mal eine Meinung, die ich teilen kann. Die Tankstelle wird vermutlich noch eine Hilfe sein, damit einige sich gedanklich transformieren können. Danach wird man Ladevorgänge im Alltag vor allem da abhalten, wo man sich sowieso häufig und länger aufhält. Tankstellen werden nicht mehr der Ort sein, den man freiwillig aufsucht.
Wenn die Tankstellen-Schließungen Fahrt aufnehmen, werden Verbrenner das Infrastruktur-Problem haben.
Stefan meint
Das verrückte ist: Es werden weiterhin Benzintankstellen eröffnet und auch letztes Jahr noch wurden neue geplant, die erst in einigen Jahren angefangen/fertiggestellt werden.
Vermutlich werden aber manche Pläne nicht mehr umgesetzt.
Ökoman meint
Vielleicht ist es dann so wie in Norwegen: Einige der „Zapfsäulen“ sind dann gleich HPC-Lader (?) Wäre ja sinnvoll.