Elektro-Fuhrparks der Logistikbranche bieten laut Forschern eine gesicherte Flexibilität für das Stromnetz. Zusammen mit netzdienlichen Ladestrategien könnten sie helfen, Engpässe oder Überlastungen in Verteilnetzen zu vermeiden und Strom aus Erneuerbaren Energien flexibler zu nutzen. Zu diesen Ergebnissen kam das Team des Projekts Netz_eLOG. Darin haben das Reiner Lemoine Institut (RLI), IAV und die E.DIS Netz GmbH am Beispiel eines Fuhrparks der Deutschen Post Auswirkungen der E-Mobilität auf das Stromnetz untersucht.
In einem Praxistest mit 30 Elektrofahrzeugen der Marke StreetScooter hat das Konsortium analysiert, wie die Flotte als flexible Last für einen effizienten Betrieb des Verteilnetzes der E.DIS genutzt werden kann. Dafür wurden betriebliche Anforderungen des Logistikunternehmens berücksichtigt, wie Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit.
Die Ergebnisse zeigen laut den Projektverantwortlichen: Mithilfe netzdienlicher Ladestrategien kann der Stromverbrauch von Fahrzeugen an eine schwankende Einspeisung Erneuerbarer Energien angepasst werden. Das helfe zum Beispiel, einspeisebedingte Belastungsspitzen im Stromnetz zu reduzieren. Simulationen für geeignete Netzgebiete hätten außerdem ergeben, dass bis zu ein Viertel des Ladestroms für einen vergleichbaren Fuhrpark durch Strom aus Erzeugungsanlagen bereitgestellt werden könnte, die ohne diese Strategie abgeregelt worden wären.
„Aktuelle Vorschläge der EU-Kommission für ein Reduktionsziel von 90 Prozent weniger CO2 im Bereich Nutzfahrzeuge bis 2040 werden den Hochlauf der Elektromobilität weiter antreiben. Unser Projekt zeigt, dass gerade im Logistikbereich netzdienliche Ladestrategien die Energiewende unterstützen können. Wir sehen außerdem, dass netzdienliches Laden unter den richtigen Rahmenbedingungen Kosten für Flotten- und Netzbetreiber reduzieren kann. Dafür gilt es nun, die Netzentgelte als Anreizsystem weiterzuentwickeln“, sagt Jakob Gemassmer, Leiter des Projekts und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich Mobilität mit Erneuerbaren Energien am RLI.
Das Projektteam hat herausgefunden, dass E-Fahrzeuge einer Flotte mit ähnlichen Ankunfts- und Abfahrtszeiten Verteilnetzbetreibern eine gesicherte Flexibilität anbieten können. Solche Fuhrparke seien in der Lage, innerhalb einer klaren Standzeit konkrete Leistungsvorgaben des Netzbetreibers umzusetzen. Die Flotte dient dabei als große stationäre Batterie. Ihre Flexibilität als mobiler Speicher bleibt auf die Standzeiten der Fahrzeuge begrenzt.
Erfolgreiche netzdienliche Steuerung
Im Praxistest konnte E.DIS direkt aus der Leitstelle Steuersignale für die Ladevorgänge des Fuhrparks senden und so zum Beispiel einen gewünschten Ladefahrplan im Projekt umsetzen. Voraussetzung dafür war eine von IAV entwickelte IoT-Plattform als „Software-as-a-Service“-Anwendung. Dort waren unter anderem Ladepunkte, Leistungsmesswerte und die Leitstelle für den Netzbetrieb angebunden. Die Werte zum Standort und den Fahrzeugen, wie Energieverbrauch und Abfahrzeit, dienten als Eingangsgrößen für die Steuerung. Mit der Anwendung und entsprechenden Daten hat das Projektteam Ladepläne für die Zukunft erzeugt und aus vergangenem Ladeverhalten gelernt.
Grundlage für die sichere Nachrichtenübertragung zur Ladesäule bildet das „Open-Charge-Point“-Protokoll. Diese interoperable Kommunikation mit den Ladepunkten und die Anbindung an die Leitstelle des Netzbetreibers sind Voraussetzungen für die Nutzung netzdienlicher Flexibilität.
Analysen in verschiedenen Netzgebieten und für weitere Anwendungsfälle ergeben ähnliche Ergebnisse wie der Praxistest mit DHL. Das RLI hat zu diesem Zweck „SpiceEV“, ein Open-Source-Modell zur Simulation und Analyse von Ladestrategien, entwickelt. Damit wurden weitere Fuhrparke aus den Bereichen Logistik, Handel oder Dienstleistung untersucht.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz förderte das Projekt im Zeitraum November 2019 bis März 2023. Die Ergebnisse wurden kürzlich in Potsdam vorgestellt.
Thomas Claus meint
Ich sehe das nicht so positiv wie hier dargestellt. Die Fahrzeuge werden tagsüber genutzt und danach geladen. Sie können so zu Zeiten hoher Nachfrage keinen Strom einspeisen. Lediglich beim Laden gibt es etwas Spielraum. Es muss nicht gleich nach Feierabend geladen werden sondern es geht auch in der Nacht. Spätestens zur nächsten Schicht muss der Akku aber wieder voll sein. Damit ist das Potential stark begrenzt. Wenn es in der Nacht mal wenig Strom aus erneuerbaren gibt, was dann?
Yogi meint
Ok, haben sie eine Studie, in der sie 1/4 kostenlosen Sprit im Normalbetrieb nicht integrieren konnten?
Vanellus meint
Ich finde das Ergebnis auch sehr erfreulich. Um die 20 % des Strombedarfs kommt aus Quellen, die ansonsten abgeregelt worden wären.
Aber kostenlos sind sie deswegen nicht. Auch der abgeregelte und somit nicht erzeugte Strom wird dem „Erzeuger“ vergütet. Ist auch ok, weil über die Abregelung ausschließlich die Netzbetreiber entscheiden, ohne den Erzeuger zu fragen. Der schaut nur zufällig aus dem Fenster und sieht, dass seine Anlage still steht. Das geht nach der Regel: Watt mutt, datt mutt. Der wird, falls doch erzeugt, normal bezahlt.
Envison meint
Im Winter halt echt schlecht wenn kein Wind, die müssen ja Nachts laden, wo andere ihre WP’s und BEV ggf auch laden wollen – wenn z.B. ein Streetscooter Tag aussetzten sind die mit dem kleinen Akku schon quasi unbrauchbar.
Bei Wind allerdings super… und wenn träge Kohlekraftwerke im Winter sowieso ganze Tag auf Volldampf laufen müssen und dadurch eventuell Überschuss z.B. erst nach Mitternacht entsteht.
MichaelEV meint
Strom einspeisen ist bei Fahrzeugen, die viel in Nutzung sind, sowieso kein Thema.
Aus Sicht des Stromnetzes ist der Schluss hier ja valide. Das Stromnetz ist weite Teile der Nacht schwach ausgelastet, die Nutzung dieser Zeiten und die Auslassung der Zeiten mit hoher Last am Abend, ist netzdienlich.
Bzgl. der Nutzung der Erneuerbaren wird es dann aber schwierig. Die Einspeisung findet in größerem, stark zunehmenden Umfang am Tag statt, mit dem Peak zur Mittagszeit.
Apropos Mittag, für jeden Arbeitnehmer ist diese Pause obligatorisch, die zufällig genau auf den PV-Peak fällt.
Tommi meint
Erst mal geht es um netzdienliches Laden. Das bedeutet nicht, dass Strom eingespeist wird.
Und es ist schön, wenn Sie das nicht so positiv sehen, wie dargestellt. Das sind keine Vermutungen oder Ratespiele sondern ein Praxistest. Man hat es richtig ausprobiert und hat festgestellt, dass das geht. Das bedeutet nicht, dass alle Probleme der ereuerbaren Energien gelöst sind, sondern nur, dass ein Fuhrpark das Netz ein wenig entlasten kann.