Der fränkische Wallbox-Hersteller ABL hat beim Amtsgericht Nürnberg einen Insolvenzantrag in Eigenverwaltung gestellt. Damit will sich ABL in den kommenden Monaten sanieren, „um langfristig am Markt erfolgreich zu sein“.
„Unsere Kunden werden von uns auch während des Verfahrens wie gewohnt beliefert“, erklärt Geschäftsführer Stefan Schlutius. „Wir werden gemeinsam mit unserem Team planmäßig unsere neue, eichrechtskonforme Wallbox-Generation eM4 Twin und Single sowie unser neues SCHUKO-Programm auf den Markt bringen. Der Geschäftsbetrieb läuft normal und in vollem Umfang weiter. Das Eigenverwaltungsverfahren stellt hier den rechtlichen Rahmen dar, um die notwendigen Sanierungsmaßnahmen bei laufendem Geschäftsbetrieb umsetzen zu können. Die Löhne und Gehälter der rund 550 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind gesichert.“
Die staatliche Förderung für private Ladestationen habe 2021 und 2022 für einen beispiellosen Boom im Marktsegment Home Charging gesorgt. „Konsequenz der vor zwei Jahren so exorbitant gestiegenen Nachfrage ist nun jedoch eine Übersättigung des Marktes für private Ladestationen“, so ABL.
Zusätzlich habe der Krieg in Europa das Augenmerk der nationalen und europäischen Politik und Bevölkerung verlagert: von der Elektromobilität auf emissionsfreie Stromerzeugung durch Photovoltaik und emissionsfreien Energieverbrauch durch Wärmepumpen. Viele der Kunden hätten deshalb ihre Bestellungen von Ladestationen reduziert, storniert oder verschoben.
„Obwohl uns die augenblickliche Verschiebung der politischen Schwerpunkte negativ trifft, halten wir weiter an unserer Mission fest, dass die eMobility einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leistet. Darum ist der von ABL eingeschlagene Weg weiterhin uneingeschränkt zukunftsfähig“, so Schlutius.
Im Zuge der bisherigen Sanierungsbemühungen habe man mit einem Beratungsunternehmen einen nachhaltigen Strategieplan entwickelt, um auf den durch die negativen Nachwirkungen des Förderbooms beeinträchtigten Hochlauf des Marktes reagieren zu können. Teil dieser Strategie sei das nun angeordnete Eigenverwaltungsverfahren, das die langfristige Sanierung des Unternehmens gewährleisten soll.
In seiner Produktstrategie legt ABL den Fokus aktuell verstärkt auf den Bereich Operated Charging – „hochintelligente“ und eichrechtskonforme Ladeinfrastruktur für den gewerblichen und öffentlichen Bereich. So hat der Hersteller im Mai mit der Wallbox eM4 Twin seine neue Ladestation für Unternehmen, Hotels, die Wohnungswirtschaft und Parkhäuser eingeführt. Mit der Wallbox eM4 Single soll in diesem Jahr die nächste intelligente Ladestation folgen.
Bei der Eigenverwaltung bleibt die Geschäftsführung von ABL im Amt, führt die Gesellschaft selbst durch das Verfahren und wird unterstützt durch Sanierungsexperten. Das Gericht bestellt einen vorläufigen Sachwalter, der das Verfahren im Interesse der Gläubiger begleitet.
MacGyver meint
Wer bitte kauft sich eine ABL Wallbox? Das ist 0815 Technik mit einem Innovationslevel von vor 5 Jahren. Was mir immer recht gut gefallen hat war das relativ unaufgeregte Design.
Futureman meint
Ärgerlich kurz vor einer neuen Förderung. Allerdings gibt es bessere Wallboxen von anderen Herstellern, daher werden sie nicht unbedingt fehlen. Wobei die Ausschussquote Recht groß war, evtl wollen die sich mit der Insolvenz auch nur vor Regress Ansprüchen schützen.
Ossisailor meint
Das ist offenbar ein falsches Verständnis von Insolvenz. Die bedeutet nämlich überhaupt nicht das Ende des Betriebes, sondern führt zu einem Abgleich und Arrangement mit den Gläubigern des Unternehmens, das unverändert weiter produziert und verkauft. Besonders ist das der Fall bei einer Insolvenz in Eigenregie wie hier bei ABL.
Ossisailor meint
ABL hat in der letzten veröffentlichen Bilanz einen Überschuss von 3,63 Mio EUR ausgewiesen bei einem Umsatz von 135,3 Mio EUR. Das Unternehmen war eigentlich gesund. Der ausgewiesene Betrag wurde aber auf Darlehenskonten der Gesellschafter überwiesen.
Das kann damit zusammenhängen, dass die Gesellscjaft zum 1.1.2022 umfirmiert hat auf eine GmbH (nach KG).
Es werden in der Erläuterung der Bilanz schon Hinweise auf die erschwerte wirtschaftliche Gesamtsituation gegeben. Der erhöhte Lagerbestand durch geringere Verkäufe hat Kapital gebunden und die Entwicklung neuer Produkte Kapitaleinsatz gefordert.
MAik Müller meint
Es fehlt MASSIV an bezahlbaren Eautos.
ERST wenn es diese zu kaufen gibt, werden viele LADESÄULEN benötigt.
VORHER NICHT.
Wassermeldung 2023: 2% Eautos im Bestand es ist ein extremes Potenzial für MEHR Wallbox vorhanden.
Tom meint
Jawoll! Hauptsache wieder einen rausgehauen! 💪
Yoshi84 meint
Maik hat doch recht! Es gibt schlichtweg keine günstigen Eautos im Kleinst- und Kleinwagensegment. Auch wenn man die TCO berücksichtigt nicht. Ich schaue mich seit Jahren (!) nach einem Ersatz für unseren Twingo um. Dieser hatte vor 4 Jahren neu 9.000 Euro gekostet. Für das elektrische Pendant zahle ich mindestens das Doppelte. Auch mit unserer 25kwp-PV, Benzinpreisen von 1,80€, THG-Quote und wegfallender Kfz-Steuer, bin ich break-even bei frühestens 10 Jahren bei einer Laufleistung von realistischen 10.000km für einen Stadtflitzer, als den wir ihn benutzen. Bei aller Liebe: Das kannst du niemandem als „no-brainer“ verkaufen. LG
MAik Müller meint
@Tom du hast kein Argument und das nervt.
Komm mal von deinem hohen Ross runter.
80% der Menschen die arbeiten können niemals 50000€ ausgeben.
Deshalb braucht es für die lächerlichen 2% Eautos im Bestand nicht sonderlich viel Ladesäule. LOGISCH!
OpaTesla meint
Also ein paar Jahre fett den Reibach gemacht, keine Rücklagen gebildet.
Jetzt dafür Insolvenz angemeldet um die Allgemeinheit an der Bezahlung der Misswirtschaft teilhaben zu lassen. Fein.
volsor meint
Von den ganz großen gelernt.
Jacky meint
Oder keinen Investor an der Hand, der mal kurz einspringt. Oder keine guten Beziehungen zum Bankberater, dass der für ein paar Monate oder Jahre einen Kredit gibt, wenn man davon ausgeht, dass das Geschäft in absehbarer Zeit wieder anzieht.
Ob das mit den Rücklagen mangelndes BWL-Wissen oder schlechtes Management ist oder gar volle Absicht, bleibt reine Spekulation.
Jörg2 meint
„Ein paar Jahre“: Ich glaube, die sind in 1928 (?) gestartet.
Bei Insolvenz (in Eigenregie) ist die „Allgemeinheit“ eher nicht beteiligt. Es bluten die Lieferanten. Insolvenzausfallgeld, so es denn fließt, hält sich in definierten Grenzen.
OpaTesla meint
nein. Alle Angestellten bekommen Insolvenzgeld anstelle ihres Lohns.
Und ein Teil davon muss dann zusätzlich am Ende versteuert werden, da der Arbeitgeber hier fein raus ist und sich die Arbeitgeberanteile spart. Das können gleich mal mehrere Millionen € pro Monat sein. Die Allgemeinheit und der Arbeitnehmer werde hier zur Kasse gebeten. Wer das 3 Monate durchzieht und dann in Eigenregie einen belastbaren Umstrukturierungsplan vorweisen kann, kann dieses Geld vollumfänglich (mit Abzug des Insolvenzverwalters) zur Sanierung einsetzten.
Und den fetten Reibach machten sie die letzten Jahre dank Förderung und nicht seit Firmengründung.
OpaTesla meint
aber richtig.
Insolvenzausfallgeld hat bestimmte Auflagen, die aber je nach Sanierungsplan gerne großzügig ausgelegt werden.
Jörg2 meint
Opa
Es gibt keinen Automatismus beim Insolvenzgeld.
Der „Topf“ des Insolvengeldes wird durch die Gemeinschaft der Arbeitgeber befüllt.