Die Umstellung auf Elektroautos gilt in den meisten Ländern und bei allen großen Automobilherstellern mittel- bis langfristig als gesetzt. Einige in Politik und Industrie setzen sich aber weiter dafür ein, unter anderem auch Wasserstoff als Kraftstoff für die Zukunft der Mobilität zu forcieren. Doch selbst beim Ölmulti BP, der sich hier ein neues Geschäftsfeld aufbauen könnte, sieht man keine Zukunft für Wasserstoffautos.
BP beziffere den Marktanteil von Wasserstoffautos in einer Zukunft des klimaneutralen Verkehrs auf null, berichtet der Spiegel. Die Aussage gelte sowohl für den Zeithorizont 2035 als auch 2050, heiße es in einem neuen Zusatzkapitel zum Report „BP Energy Outlook 2023“. Mehr als 70 Prozent der Autos würden demnach zur Mitte des Jahrhunderts elektrisch angetrieben. Der Rest werde immer noch überwiegend mit Ölprodukten versorgt, neben kleineren Mengen von Biosprit und Erdgas.
Neben dem Zukunftsbild „Net Zero“ (Netto-Null) untersucht der Bericht zwei Szenarien, in denen die CO₂-Emissionen nur zu 30 oder 75 Prozent reduziert werden. Doch auch dafür würden eher batterieelektrische Autos mit mindestens einem knappen Drittel Marktanteil sorgen. Für die beiden weniger ambitionierten Szenarien sehen die Studienautoren eine mögliche Nischenrolle von Wasserstoffautos mit Anteilen von 0,3 bis 0,6 Prozent, allerdings erst im Jahr 2050. Im Jahr 2035 wird ihr Beitrag in jedem Fall auf null beziffert.
BP zählt zu den großen Investoren im Wasserstoffgeschäft. Bis 2030 will das britische Mineralölunternehmen 500.000 bis 700.000 Tonnen „hauptsächlich“ grünen Wasserstoff pro Jahr produzieren. Dabei zielt es aber vorwiegend auf „schwer zu elektrifizierende Prozesse“, etwa in der Stahl- und Chemieindustrie oder auch die eigenen Ölraffinerien. Im Verkehr nimmt BP als Abnehmer eher Schiff- und Luftfahrt oder den Schwerlastverkehr auf der Straße in den Blick.
Bei mittelschweren Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht unter 16 Tonnen und schweren Fahrzeugen über 16 Tonnen könnte der Marktanteil von Wasserstoff bis 2035 im optimistischsten Szenario der Studie bis auf etwa zehn Prozent steigen. Im Jahr 2050 könnte Wasserstoff etwa 30 Prozent erreichen. Doch auch bei Lkw werde der Batterieantrieb eine stärkere Rolle spielen.
Als Vorteile von Wasserstoffantrieben werden meist höhere Reichweiten und schnelles Tanken gegenüber Batteriefahrzeugen genannt. Allerdings ist der alternative Kraftstoff noch sehr teuer, kaum verfügbar und deutlich ineffizienter als der direkte Einsatz von Strom. Bei Pkw setzen daher nur noch wenige Hersteller auf Wasserstoff, allen voran Toyota. Bei Lkw ist das Engagement ausgeprägter, so wollen etwa Hyundai und Daimler Truck entsprechend angetriebene Serienfahrzeuge anbieten.
Jeff Healey meint
Dass BP dem Thema Wasserstoff nun öffentlich eine Abfuhr erteilt ist löblich aber überfällig.
Trotzdem, das ist heute ein guter Start in den Tag.
Freddy K meint
Sowas gefällt dem Herrn Aiwanger aus Bayern sicherlich nicht. Den der glaubt ha man kann sofort auf Wasserstoff für PKW und Heizung umstellen. Weil einziges Problem sind nur die Autohersteller die kein H2 Auto bauen wollen…. Die pösen pösen aber auch….
Mäx meint
Simpel gestrickte Bauernfänger in der Politik.
Soll es am rechten Rand ja öfter geben hab ich gehört.
Ben meint
Na was ist denn da los, stark bleiben Jakop Sperling.
alupo meint
Vom Saulus zum Paulus geworden?
Eher nicht.
Ich denke rückläufige Subventionen weltweit und mangelnder FCEV Absatz lassen Investitionen in H2 Tankstellen trotz Subventionen zum Investitionsgrab werden. Das gefällt den Eigentümern gar nicht.
Aber immerhin distanziert sich BP öffentlich vor diesem ökologischen und ökonomischen H2-Schwachsinn. Das finde ich gut.
Von H2 schwärmen nur noch Toyota und einige der Gasefirmen öffentlich. Aber das wird sich mit der Zeit lösen, d.h. die Gasefirmen werden den noch nie vorhandenen FCEV H2-Markt sang- und klanglos aufgeben und Toyota, na man wird sehen ob sie Kodak oder Nokia in die Geschichte folgen…
Max meint
Richtig so! Die Effizienz wird das Thema entscheiden (zumindest bei PKW). Elektromotoren sind einfach effizienter als die Kombination von Wasserstoff + Elektromotor. Über kurz oder lang hat Wasserstoff im PKW Segment keine Zukunft.
Franz Mueller meint
Was? Wer hätte das ahnen können? Wasserstoff war doch kurz vor Durchbruch und kostet nur 9,50€ pro kg! Ok, doch 12,85€ jetzt. Ja okay der Preis wird noch stark steigen wenn kein Grauer Wasserstoff mehr verkauft werden kann.
Aber dann bin ich auch nur aktuell 2x und später dann halt 4x so teuer wie BEV fahren.
Das ist MIR der Komfort Faktor in 3 Minuten tanken durchaus wert (ok, es sind in Wirklichkeit wohl eher 10 Minuten, die Fahrt zu der Tankstelle kommt noch dazu). Dafür verzichte ich auch gern auf das Daheim „Tanken“ der BEV Fahrer (per AC Schnarchlader) oder das nachtanken wenn ich mehr als 50% in meinen H2 Drucktanks haben (geht technisch leider erst unterhalb).
Snork der Dritte meint
Es gibt sicherlich Anwendungsfälle, wo der höhere Preis in Kauf genommen wird. Für alle anderen H2-Fans rechne ich gerne vor, wie viele € die Minute Ersparnis bei den angenommenen zwei Urlaubsreisen pro Jahr kostet. Den meisten ist es zu teuer.
South meint
Der Artikel bringt es auf den Punkt ….
Draggy meint
Einer der Urvater der FUDWasserstoff als Alternative zum BEV Kampagne wechselt zumindest öffentlich die Seiten.
Das ist doch ein erheblicher Meilenstein.