Arals Vorstand für Elektromobilität Alexander Junge hat in einem Interview mit t-online.de über die Zukunft von Tankstellen auf dem Weg zur Elektromobilität gesprochen. Mit Blick auf das von der EU für 2035 beschlossene Aus für Pkw mit CO2-Ausstoß sagte er: „Die Tankstelle wird definitiv danach noch bestehen, aber sie wird anders aussehen müssen und andere Funktionen übernehmen.“
Der Manager verwies auf ein Pilotprojekt in Berlin, wo Aral gemeinsam mit den Verkehrsbetrieben die Tankstelle als „Mobilitätshub“, also als Knotenpunkt, an dem zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln gewechselt werden kann, testet. Im Umfeld gibt es dann noch Einkaufsmöglichkeiten und weiterhin Dienstleistungen wie Autowäsche. „Schließlich wollen auch E-Autos gewaschen werden. Und es wird natürlich auch viel mehr Ladestationen für diese E-Autos geben“, erklärte Junge.
Aral will laut dem E-Mobilitäts-Vorstand an allen Tankstellen, an denen es sinnvoll möglich ist, „Ultraschnellladesäulen“ installieren. Der Ausbau gehe schnell voran: Im Dezember seien es 1300 Ladepunkte deutschlandweit gewesen. Mittlerweile seien es rund 1500, bis Ende des Jahres solle diese Zahl verdoppelt werden. Dafür investiere das Unternehmen bis zu 100 Millionen Euro.
Die besonders schnellen Ladesäulen von Aral bieten die Möglichkeit, innerhalb von zehn Minuten das Elektroauto wieder auf eine Reichweite von rund 350 Kilometern aufzuladen. Allerdings schaffen viele Modelle das technisch noch nicht. Momentan bräuchten Kunden im Durchschnitt etwa 25 Minuten, berichtete Junge. „Wir glauben aber dennoch, dass im Ultraschnellladen die Zukunft liegt, denn nur wenn Laden so schnell geht wie Tanken können wir größere Kundengruppen dafür gewinnen.“
„100.000 bis 150.000 öffentliche Ladesäulen reichen“
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat den Bedarf an Ladepunkten mit bis zu einer Million beziffert. Die Bundesregierung hat das Ziel von einer Million öffentlicher Ladestationen bis 2030 formuliert. Mit den heute verstärkt montierten Ultraschnellladelösungen geht Junge davon aus, dass es weniger Ladesäulen braucht. Er glaubt, dass 100.000 bis 150.000 öffentliche Ladesäulen ausreichen, denn es kämen auch noch viele private Ladepunkte hinzu.
Der Besuch einer Tankstelle sei mit einem Elektrofahrzeug nicht mehr zwingend nötig, so der Aral-Manager. Das Unternehmen habe deswegen sein Angebot angepasst und biete auch Firmenkunden Ladesäulen für ihre Stellplätze an. Gleichzeitig sehe man aber auch, dass der Bedarf an Unterwegsversorgung steigt. So sei 2022 die Anzahl der verkauften Kilowattstunden an den Aral-Tankstellen im zweiten Halbjahr bereits doppelt so hoch wie im ersten gewesen. Die E-Autofahrer schätzten die Tankstelle also weiterhin.
Tankstellen seien praktisch, sicher und böten eine Toilette, so Junge. „Wir haben mittlerweile über 800 Rewe-To-Go-Shops in Betrieb. Das wird von den Kunden sehr gut angenommen und ist ein bedeutendes Wachstumsfeld für uns.“ Viele Leute kämen nur zum Einkaufen, auch wenn sie noch gar nicht wieder tanken müssen. Darüber hinaus seien die Tankstellen gut ausgeleuchtet und es gebe Personal, das bei Fragen helfen kann. Das zögen viele Kunden den Ladesäulen im verlassenen Industriegebiet vor. Außerdem könnten sie sich beim Laden einen Kaffee, gekühlte Getränke oder ein belegtes Brötchen kaufen.
Von der Politik wünscht sich Junge „sinnvolle Regelungen“. Betreiber könnten beispielsweise Ladesäulen ohne Genehmigung bauen, aber zum ultraschnellen Laden brauche es fast immer Trafos – und die seien bisher nicht genehmigungsfrei. Damit werde die Genehmigungsfreiheit der gesamten Ladestation ausgehebelt. Würde das geändert, könnte Aral den Ausbau deutlich beschleunigen.
Der Koalitionsausschuss hat kürzlich beschlossen, dass jede Tankstelle einen Ladepunkt erhalten soll. Eine solche Versorgungsauflage sei „ein ungeeignetes Instrument“, meinte Jung. Das Handeln der Regierung erinnere an Planwirtschaft. „Als Betreiber wollen wir so viele Tankstellen wie möglich mit Ladesäulen ausstatten, aber an manchen gibt es schlicht ein Platzproblem.“ Aral könne die Auflage also nicht erfüllen, daher wäre es sinnvoller, entweder keine hundert Prozent vorzuschreiben oder das Einrichten von Ladepunkten außerhalb von Tankstellen – etwa bei Supermärkten oder Shoppingcentern – in die Berechnung einfließen zu lassen.
Nicolas Block meint
Gute Entwicklung, von Hamburg bis Dänemark lade ich nur bei Aral Pulse um Ionity Schlangen zu umgehen. Guter Service, nur im Süden Hamburgs sollte das Niveau der Toiletten mit Schlüssel überdacht werden.
THeRacer meint
… der ‚Toilettenumstand‘ ist bei vielen Tankstellen „notdürftig“ und nicht mehr zeitgemäß. Hier ließe deutlicher Komfortgewinn und Kundenservice heben. Z.B. Zugang mit Aral-Ladekarte und Stichwort ‚Behindertengerecht‘ …
Jeff Healey meint
Vielleicht sollte Aral eine Kooperation mit SaniFair eingehen? Deren WC‘s an den Autobahn-Raststätten sind eigentlich immer recht sauber, das System scheint zu funktionieren.
David meint
Wenn die Tankstelle an der richtigen Stelle steht und das zusätzliche Angebot attraktiv ist, wird sie selbstverständlich weiter bestehen können. Man muss aber daran arbeiten. Ohne die üblichen Hochspannungswitze zu bemühen, könnte man z.B. tatsächlich überlegen, das Auto beim Laden zu waschen.
Werner Mauss meint
Waschen beim Laden ist keine gute Idee laut Bedinungsanleitung
Jörg2 meint
Gute Entwicklung!
Gerade für den urbanen Raum ist das sicherlich ein Lösungsansatz.
(Mich würde ja mal interessieren, ob die üblichen Tankstellenbetreiber Daten darüber haben, wieviel Zeit durchschnittlich zwischen „Zapfpistole wird entnommen“ und „Kunde zahlt“ vergeht. Da dann noch 2(?) Minuten drauf und es könnte ein Referenzwert für die Beurteilung der Ladezeit sein. ARAL scheint von 10 Minuten Ladezeit für 350km auszugehen. Tanken wäre dann wohl für 600…800km.)
Tommi meint
Ich habe mal so grob geschätzt, dass ein Ladevorgang so etwa 6 mal so lange dauert, wie ein Tankvorgang. Dabei gehe ich von 5 Minuten Tankzeit und 30 Minuten Ladezeit aus. Das bedeutet, dass 6 mal so viele Ladesäulen wie Tanksäulen vorhanden sein müssen, um den gleichen Durchsatz zu erzielen. Ich finde das überraschend wenig. Damit kann man eine große Tankstelle mit 10 Säulen durch einen Ladepark mit 60 Schnellladesäulen ersetzen. Und die grössten Ladeparks sind ja bereits in dieser Größenordnung.
Gunnar meint
@Tommi: Bei deiner Rechnung vergisst du, dass sehr viele zu Hause laden können. Wir haben 16 Millionen Haushalte, die in Einfamilienhäusern leben. Das sind 39%, die zu Hause laden können. Somit sollten nach deiner Rechnung nicht 6 mal mehr sondern nur 2,4 mal so viele Ladesäulen wie Tanksäulen vorhanden sein.
Klar gibt es auch Einfamilienhäuser ohne Lademöglichkeit, dafür gibt es aber auch immer mehr Mehrfamilienhäuser mit Lademöglichkeiten in der Tiefgarage oder Arbeitgeber mit dem Angebot, dort laden zu können, was das wieder ausgleicht.
Tommi meint
Die Rechnung hat noch ein paar weitere Schwächen. So „lädt“ ein Verbrenner gleich 600 km Reichweite während ein Elektroauto nur vielleicht die hälfte schafft. Daher wird ein Elektroauto häufiger an der Schnellladesäule stehen.
Ich mache mir in erster Linie Gedanken über die Raststätten an Autobahnen. Ein Verbrenner kann häufig ganz darauf verzichten, an Autobahnen zu tanken. Ein Elektroauto seltener. Daher ist das ganze eine grobe Schätzung.
Jörg2 meint
Tommi
Die Ausgangslage Deiner Argumentation ist Deine Schätzung? Verstehe ich das richtig?
Tommi meint
Das ist genau so.
MAik Müller meint
@Tommi KÄSE hoch 3 und Falsch.
Die meisten Verbrenner Tanken NICHT und NIEMALS an der sauteuren Autobahn. PUNKT.
Eautos MÜSSEN MÜSSEN MÜSSEN alle Laden. Klar?
Der Bedarf an Ladesäulen ist mit der aktuell schlechten Akkutechnik und minireichweite an der Autobahn NICHT abdeckbar (100% Eautos auf Langstrecke).
Tommi meint
Kannst Du nicht einfach mal respektvoll reagieren. Du kannst ja anderer Meinung sein und dies hier kund tun, aber meinen Kommentar als „KÄSE hoch 3 und Falsch“ zu bezeichnen ist respektlos.
Meine Überlegungen sind so grobe Schätzungen. Die meisten Elektroautos laden nicht und niemals an der Autobahn. Ganz viele Elektroautos, wie auch andere Autos laden zu Hause oder an der langsamen Ladesäule in der Nähe. Viele Langstrecken sind keine, sondern eher Mittelstrecken. Wenn ich 300 km fahre, lade ich auch nicht an einer Schnellladesäule.
Wenn die meisten Verbrenner nicht und niemals an der sauteuren Autobahn tanken, dann frage ich mich, wieso es zur Urlaubszeiten regelmässig zu Staus an den Tankstellen kommt.
Du hast Recht, wenn Du sagst, dass Verbrenner tendenziell weniger an der Autobahn tanke, aber nicht und niemals halte ich für übertrieben. Du kannst gerne einen Faktor 2 in meine Berechnung einbauen. Dann wird ein Schuh draus. Es gibt bereits Ladeparks mit mehr als 50 Ladesäulen. Die sollten für die nächsten 10 Jahre schon mal ausreichend dimensioniert sein.
stdwanze meint
Bevor ich mir meinen ID3 zugelegt habe, habe ich das ein Jahr lang auf Langstrecken gemessen. Inhalt einer Pause: Tanken, Zahlen, Klobesuch. Kürzeste je erreichte Zeit: 17 Minuten. Ihr glaubt nicht was an Zeit im Schnitt von Tankrüssel zurück bis Ende-Bezahlt vergeht. Ich stand da gerne mal 8 Minuten in der Schlange. Da man so viele Dinge tut, Aussteigen, Tanken, Bezahlen, Umparken (Parkplatz suchen), Klo, zurück etc.. Kommt einem das nicht lange vor. Aber als Familie ist Laden viel entspannter. 1. Ist das auto immer schneller fertig als wir und b) das Kinder quengeln im Auto während Papi tankt und bezahlt ist weg.
Heute dauert ein Stop bei uns meist 30 Minuten. Mit einem 800v-Hyundai, wäre es also so schnell wie früher mit dem ICEV (und weniger entspannt ;-))
MAik Müller meint
@stdwanze wir fahren an den Gardasee also 800km im Sommer in den Ferien am Sonntags zu viert als Familie. 3 Ladestops will da keiner haben das ist maximal UNKOPMFORTABEL und TEUER.
Mit dem TDI fahren wir mit 1x anhalten für MAXIMAL 10min (Tanken und WC) in wahrscheinlich in Österreich durch. Die Wahl des haltes legen wir SPONTAN je nach WC Bedarf fest.
Vom Fahrzeug her wäre bei langsamer Fahrt sogar Nonstop möglich.
Achso der GTD hat locker die HÄLFTE von einem 800V Emöhrchen gekostet.
E.Korsar meint
Tipp an ARAL: Wenn das mobile Reifenluftdruckgerät nicht an einer 5-Meter-Kette befestigt wäre, dann könnte man auch gleichzeitig an dem 10 Meter entfernten DC-Lader laden. Wäre doch ein Grund zum Laden, wenn man eh Luftdruck kontrolliert.
Steven B. meint
Dieser Artikel im Kontext mit dem vorherigen Artikel, liest sich in etwa so, wie ein Faustschlag ins Gesicht.
„Experten zeigen Batterie-Alterung durch Schnellladen bei Elektroautos“
Tommi meint
Das verstehe ich nicht. Wo ist das Problem? Und was haben die Artikel miteinander zu tun?
Man kann Probleme raus lesen, wenn man will. Ich weiß nicht, wo das Problem ist, wenn Aral ein Geschäftsmodell weiter entwickelt. Ein Aral-Ladehub mit Service ist doch eine tolle Sache.
stdwanze meint
Ist übrigens auch viel zu Pauschal. Was man sieht bisher: Schnelladeanteil hoch => höhere Degradation. Schon mal darüber nachgedacht wieso fast alle neueren BEVs nun die Batterie vorkonditionieren? Es gibt schliesslich genug Tesla die ausser den 5% Anfangsverlust kaum noch Verluste aufweisen, auch bei >80% HPC Anteil.
Ich denke das alle „Analysen“ von Aussen auch nur auf möglich Ursachen hinweisen können. Batteriesysteme sind komplex und kaum zu vergleichen, oft ja sogar unterschiedliche System pro Baureihe. Die Gruppe der oft schnelladenden BEV hat sicher noch mehr Gemeinsamkeiten als nur das Schnelladen.
Gunnar meint
Wenn man nur die Überschrift liest, denkt man reflexhaft: Ohje, ARAL hat den Wandel von ICEV zu BEV nicht verstanden.
Im Artikel wird dann aber zum Glück sehr schnell aufgeklärt. Find ich eine gute und sinnvolle Entwicklung, hier die bestehende Tankinfrastruktur für die Ladehubs zu nutzen.
Michael S. meint
Eine Nachnutzung mit geringem Umbau ist ja auch ökologischer als ein Abriss und Neubau. ;)
MAik Müller meint
@Michael S. für Ladesäulen braucht es aber keine Erdtanks.
Ladesäulen werden Innerstädisch dort stehen wo man sowie so LÄNGER ist.
Da fällt mir ALLES ein außer einen Tankstelle :) :)
stdwanze meint
Solange ich ja nicht Umnutze muss ich auch nicht sanieren ;-)
Daran mal gedacht?