Der chinesische Elektroautobauer Nio könnte in Europa für Wachstum ein Händler-Netzwerk aufbauen. Das Unternehmen ist seit 2021 in der Region aktiv und vertreibt derzeit seine Fahrzeuge in einigen wenigen eigenen Showrooms sowie online, auch in Deutschland.
Nio prüfe nun auch das Zurückgreifen auf Händler in den europäischen Schlüsselmärkten, berichteten zwei namentlich nicht genannte Quellen der Nachrichtenagentur Reuters. Der Grund sei, dass die Verkäufe in Europa nicht den Erwartungen entsprechen.
Ein Insider sagte, Nio habe festgestellt, dass Europa seine „Eigenheiten“ habe, ohne dies näher zu erläutern, und dass das Unternehmen in weitere europäische Länder expandieren wolle. Eine weitere Quelle erklärte, dass Händler sowohl die bestehenden Elektroautos von Nio als auch geplante günstigere Stromer einer neuen Marke vertreiben könnten.
Mit Händlern könnte Nio nicht nur mehr Kunden akquirieren, sondern auch Kapital sparen. Das Start-up hat anhaltend hohe Ausgaben für die Entwicklung seiner Modellpalette sowie den Ausbau der Produktion und die Expansion mit Modellen und Ladeinfrastruktur. Zu letzterer gehören auch hierzulande entstehende Batteriewechselstationen.
Nio erklärte gegenüber Reuters, dass es keine Änderungen an den Marketing- und Verkaufsmethoden der Marke in Europa gegeben habe. Man treibe weiter den Aufbau eines Direktvertriebsnetzes voran. Die geplanten günstigeren Modellen könnte man neben dem Direktvertrieb auch über Händler verkaufen. „Wir werden uns für das Modell entscheiden, das dem lokalen Markt und den Entwicklungsbedürfnissen der Marke am besten entspricht“, so Nio.
Nio-Präsident Qin Lihong sagte im vergangenen Monat gegenüber chinesischen Medien, dass Berichte, wonach die Marke in der ersten Jahreshälfte 832 Fahrzeuge in Europa verkauft habe, falsch seien und die tatsächliche Zahl drei- bis viermal so hoch sei. Er sei aber auch damit nicht zufrieden. Ende September betrieb Nio 137 sogenannte „Nio Houses“, darunter sechs in Europa, in denen es E-Autos ausstellt, Probefahrten anbietet und Cafés und Besprechungsräume für Kunden unterhält.
Futureman meint
Bei den steigenden Verlusten ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis Nio aufgibt (aufgeben muss). Das Invest in die Wechselstationen pro Fahrzeug ist einfach zu hoch und kann nicht anderweitig genutzt werden.
nie wieder Opel meint
Ach, ich fände es nicht schlimm. Würde sehen, dass ich rechtzeitig ein paar Akku-Pakete aus der Insolvenzmasse bekomme.
DerOssi meint
Ohne ins Flottengeschäft (inkl. entsprechendem Service) mit günstigen Konditionen einzusteigen, keine Chance… dann bleibt es bei homöopathischen Absatzzahlen…
270€ Miete für die große Batterie ist Wucher… Kaufpreis 21.000€ ebenso…
M. meint
Man hat also im ersten Halbjahr in Europa (!!) 3000 Autos verkauft – behauptet man.
Ist letztlich egal, ob es 800 oder 3000 waren. Alleine diese Wechselstationen kosten mehr, als die Autos eingebracht haben. Und da steht man beim Aufbau noch ganz am Anfang.
Was macht man noch? Catering „für Kunden“. Was denn für Kunden? Muss man einen Nio kaufen, um dort einen Raum zu buchen?
Überzeugt das Meetingerlebnis derart, dass man danach einen kauft?
Ehrlich, ich verstehe diese Firma nicht.
Die Firma versteht mich ja auch nicht.
Aber… wenn die so weitermachen, werden sie bald ein Schnappchen sein auf dem Markt der Übernahmekandidaten. Aus den Autos kann man – mit ein paar Modifikationen freilich – vielleicht noch was machen.
David meint
Warum lernen die Chinesen nicht mehr von anderen, wie sie es früher gemacht haben?
Tesla hatte ein Ladenetz gebaut, um seine Autos verkaufen zu können und hatte mit dem Angebot lebenslangen, freien Ladens gute Kunden gewinnen können. Denn das Alleinstellungsmerkmal war damals ein funktionierendes Schnellladenetz. Wenn das Alleinstellungsmerkmal von Nio der schnelle Batteriewechsel ist, muss man gleiches machen, also europaweit ein Netz von Wechselstationen aufsetzen. Dazu wäre der seit zwei Jahren versprochene 150 kWh Akku hilfreich, damit da Netz nicht so dicht sein muss. Ach sollte das Auto dann die Wechselstation automatisch auswählen und rechtzeitig sowohl den Slot reservieren, als auch ermöglichen, dass ein reservierter Akku bis 100 % geladen wird. Dann kannst du das Auto über eine Leasingrate, bei der für eine bestimmte Jahreskilometerleistung Akku wechseln inklusive Stromkosten unterwegs inkludiert sind, anbieten.
Aber ich glaube nicht an den 150 kWh Akku und ich glaube nicht an den Willen wirklich in ein Netz von Wechselstationen sowie in eine Optimierung der Technik zu investieren. Ich glaube, dazu fehlt ihnen substanziell Geld. Wenn sie glauben, ein Händlernetz kann das Problem lösen, kann ich jedenfalls sagen: Nein.
M. meint
Selbst wenn der 150er Akku kommt und noch irgendwie bezahlbar wäre – man vergleiche die Leasingkosten beim 75er und beim 100er Akku – er nutzt nichts, wenn die Wechselstationen am falschen Ort stehen und ich das Teil halbvoll tauschen oder eben doch klassisch laden muss.
Das Wechselsysrem hat dann einen Vorteil, wenn ich an EINEM Ort laden ODER tauschen kann. Dann tausche ich vielleicht – weil das Auto langsamer lädt, als ich meinen Kaffee trinke und zur Toilette trage.
Aber selbst 20 km Umweg sind da irgendwie Unsinn. Das sind ja schon 15 Minuten, dann noch 5 zum tauschen, dann noch schnell auf die Toilette – was habe ich dann noch gespart?
Von der praktischen Verwendbarkeit sind wir also noch ein, zwei hundert Stationen entfernt. Mindestens. Jede kostet etliche Millionen Euro und Personal zur Wartung.
Die werden bei diesen Verkaufszahlen also niemals kommen.
elbflorenz meint
Der europäische Markt hat also so seine Eigenheiten 😂 tja, wer hätte das gedacht.
Nunja – das kommt davon, wenn man mit völlig mangelhafter Marktforschung einen Kontinent erobern will.
Und da helfen auch keine Händler – sondern nur Produkte, die für genau diesen Markt passen.
Cadillac/Buick (über Opel damals) und Infinity hatten mehrere 100 Händler allein in Deutschland – beide gescheitert.
Jaguar faktisch gescheitert.
Lexus und Genisis werden nur durch die Muttermarken in Europa am Leben gehalten. Lucid wird in Europa auch scheitern.
Und selbst Tesla verkauft in Europa kaum noch Autos über 65.000 €.
Der europäische Premium-Markt zwischen 60.000 und 150.000 € ist fest in der Hand der deutschen Hersteller – und das bleibt auch so bei den BEV’s.
Einzig der Geely-Konzern wird sich mit seinen Marken einen gewissen Anteil krallen können. 15% könnten europaweit drinn sein. (in Deutschland weniger – schon wegen den ganzen Dienstwagen)
brainDotExe meint
Besser hätte man es nicht beschreiben können.
Franz Mueller meint
Nio´s Fahrzeuge haben halt einfach keine Kaufargumente. Zu teuer, zu ineffizient, zu langsam ladend, optisch eher Mittelfeld. Mercedes zeigt ja, dass man solche BEVs trotzdem verkaufen kann – aber Nio halt nicht. Wer in der Preisregion kauft, der kauft nicht Chinesisch.
Ob NIO überlebt oder nicht entscheidet aber der Heimatmarkt und nicht Europa.
ShullBit meint
«Ein Insider sagte, Nio habe festgestellt, dass Europa seine „Eigenheiten“ habe»
Das ist einfach das Eingeständnis, dass man mit maximaler Arroganz, Ignoranz und Inkompetenz in den Markt gegangen ist. Damit ist man natürlich gescheitert. Das war jedem hier klar. Aber die haben sich null mit dem Markt hier beschäftigt und ernsthaft geglaubt, hier als NoName in den Markt platzen zu können und im Preissegment 60.000-100.000 Euro Audi, BMW und Mercedes die Kunden abnehmen zu können. In China klappt das ja schließlich auch. Nur funktioniert der Markt hier nach völlig anderen Regeln. Die hätten einfach nur mal auf die (Miss)Erfolge von Lexus, Infinity und Genesis hierzulande schauen müssen.
Nun spricht man nach 2 Jahren von „Eigenheiten des europäischen Marktes“. Hätte man vorher wissen und zig Millionen für eine steile Lernkurve sparen können. Tja.
Generell gehört Nio zu den neuen E-Auto-Herstellern, bei denen ein Überleben noch nicht gesichert ist. Beim Fahrzeugumsatz gab es im erste Halbjahr kein Wachstum gegenüber dem Vorjahr, der ganze Laden ist weiter horrend defizitär und das Geld schwindet. Im ersten Halbjahr 2023 sind die Cash-Reserven um rund 1/3 geschmolzen.