Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat die jüngste Ausführung seines „Ladenetz-Rankings“ veröffentlicht. Die Lücke zwischen Angebot und Bedarf wird demnach etwas kleiner, jede zweite Gemeinde ist aber weiter ohne öffentlichen Ladepunkt für E-Pkw.
„Die seit Jahren klaffende Lücke zwischen Angebot und Bedarf bei der öffentlichen Ladeinfrastruktur für Elektro-Pkw (E-Pkw), die von 2020 bis 2022 sukzessive angewachsen war, ist etwas kleiner geworden. Es gibt jedoch weiterhin große Unterschiede in den Gemeinden und der Handlungsbedarf beim Ladeinfrastrukturausbau in Deutschland bleibt groß“, so der VDA.
In Deutschland gebe es, Stand 1. Juli 2023, 97.495 öffentlich zugängliche Ladepunkte, davon 18.577 Schnellladepunkte. Damit kämen zum Stichtag im Durchschnitt 21 E-Pkw auf einen öffentlich zugänglichen Ladepunkt. Beim letzten VDA-E-Ladenetzranking mit Stand 1. Januar 2023 seien es noch 23 E-Pkw gewesen, die auf einen öffentlichen Ladepunkt kamen. Während das Delta zwischen Bedarf und Angebot über Jahre gewachsen sei, habe sich die große Lücke nun etwas verkleinert. Der Nachholbedarf bleibe jedoch groß.
Um das Ziel von einer Million Ladepunkten im Jahr 2030, das die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten hat, zu erreichen, müsste sich das Ausbautempo der vergangenen zwölf Monate mehr als verdreifachen, erklärt der VDA. Hinzu komme: In rund der Hälfte (48 %) aller 10.773 Gemeinden in Deutschland gebe es immer noch keinen einzigen öffentlichen Ladepunkt.
Für die Ladezeit und die Auslastung der Ladepunkte spielt deren Ladeleistung eine wichtige Rolle. An Schnelladepunkten können in der gleichen Zeit deutlich mehr E-Pkw geladen werden als an Normalladepunkten. Betrachtet man die Ladeleistung, die pro E-Pkw in Deutschland Durchschnittlich zur Verfügung steht, um den Ausbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur abzubilden, so ergibt sich laut der Auswertung nun eine Trendwende: Während diese Kurve seit 2020 über die Jahre kontinuierlich von 3,4 kW auf 1,4 kW am 1. Januar 2023 fiel, steigt die pro E-Auto zur Verfügung stehende Ladeleistung zum 1. August dieses Jahres auf 1,7 kW.
Hintergrund dieser Entwicklung sei, dass im bisherigen Jahresverlauf verstärkt Schnellladepunkte mit hoher Ladeleistung hinzugebaut wurden, so der VDA. Die Auswertung zeige jedoch auch: In acht von zehn Gemeinden in Deutschland gebe es nach wie vor nicht einen einzigen Schnellladepunkt.
VDA sieht politischen Handlungsbedarf
VDA-Präsidentin Hildegard Müller: „Der Ausbau der Ladeinfrastruktur ist eine der drängendsten Infrastrukturaufgaben für Deutschland, wurde aber lange viel zu sehr vernachlässigt. Dabei ist klar: Der Erfolg der E-Mobilität steht und fällt wesentlich mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur. Die Menschen brauchen die Gewissheit, überall und zu jeder Zeit unkompliziert laden zu können, damit sie auf die E-Mobilität umsteigen. Die Verfügbarkeit ist beim Laden das ausschlaggebende Kriterium für die Kundenzufriedenheit. Dass es in jeder zweiten Gemeinde in Deutschland nicht einen einzigen Ladepunkt gibt, ist ernüchternd und verdeutlicht den politischen Handlungsbedarf.“
Eine Allensbach-Studie im Auftrag des VDA habe erst jüngst gezeigt: 68 Prozent der Befragten sehen das Angebot an Lademöglichkeiten in der eigenen Umgebung kritisch, 61 Prozent meinen dies für die Orte, an denen sie einkaufen, und 49 Prozent sehen Defizite auf Autobahnen und Landstraßen. Insbesondere auch vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse sei es gut, dass das Tempo beim Ladeinfrastrukturausbau zuletzt angezogen und insbesondere der Ausbau der Schnellladeinfrastruktur forciert wurde, sagt Müller. „Das muss nun unbedingt so weitergehen, denn Deutschlands Nachholbedarf ist groß.“
Das Stromnetz habe beim Erfolg der E-Mobilität eine Schlüsselrolle, doch auch hier sei der Nachholbedarf „erheblich“, so Müller weiter. „Für die Herausforderungen, die mit der Energiewende und dem Markthochlauf der E-Mobilität kommen, ist das Stromnetz aktuell nicht gerüstet. Die Netze müssen jetzt dringend beschleunigt ausgebaut werden. Zudem muss der Ausbau der Stromnetze vorausschauend, das heißt am künftigen Bedarf orientiert, erfolgen. Wie im Koalitionsausschuss verständigt, muss dieser vorausschauende Ausbau jetzt auch gesetzlich verankert und zügig umgesetzt werden.“
Bernhard meint
Manchmal gibt es schon kuriose Unterschiede. 7 km nördlich von meinem Dorf gibt es eine Kleinstadt mit 30.000 Einwohner. 6 km Richtung Süden eine mit 25.000 Einwohner.
In der nördlichen Stadt gibt es in der Innenstadt 4 AC Ladesäulen. In der südlichen 40 AC Stationen. Ich gehe nur in der südlichen Stadt einkaufen. Parkchaos gibt es in beiden, aber in der im Süden lade ich halt eben an den AC Stationen und habe damit immer entspannt einen Parkplatz. Selbst in einem solchen Mikrokosmos gibt es derart krasse Differenzen.
Michael meint
Erst wenn jede Autobahnraststätte zwei Dutzend Schnelllader hat ist der Bedarf ausreichend gedeckt.
Stefan meint
Die Anzahl ist schon relativ hoch. Die Verteilung der Ladesäulen ist aktuell sehr ungleichmäßig. Im Schwarzwald, der Eifel und in anderen Regionen muss man teilweise 50 km zur nächsten Schnellladesäule fahren, die dann oft nur 50 kW hat.
Es braucht nicht in jedem kleinen Ort einen Schnelllader.
Gerade mit E-Autos wie Smart ForTwo, Twingo, e-Up und älteren Zoe (also Reichweiten unter 200 km) muss man gut planen, damit man unterwegs nicht liegen bleibt oder zwei Stunden am AC-Lader hängt – den es ja auch nicht in jedem Ort gibt.
David meint
Der VDA war ja von Anfang an begeisterter Fan der Elektromobilität und niemand kennt sich damit so aus, wie die Hildegard. Leider hat sie vergessen zu erklären, wie sie denn den Nachholbedarf bei der Schnellladeinfrastruktur ermittelt hat.
Das wäre nett, wenn das erfolgen würde. Denn vielleicht ist ihr gar nicht klar, dass man so eine Säule mehrfach hintereinander nutzen kann? Ich wüsste auch zu gerne, was daran so schlimm ist, dass es in Niederbrunzhausen keine Schnellladesäule für die 200 Einwohner gibt. Die beiden Elektroauto-Fahrer haben zu Hause eine Wallbox und der letzte Tourist war 2018 da. Würde nächstes Jahr einer mit dem Elektroauto kommen, ist es wichtig zu wissen, Elektroautos haben sogenannte Akkus. Die speichern Energie für viele, viele Kilometer. Da muss man also nicht bei jedem Abstellen laden.
Ben meint
Meinst du die Hildegard die gemeint hat man muss technologieoffen sein und Wasserstoff und vor allem E-Fuels fördern da die deutschen OEMs so tolle Motoren bauen, die Hildegard die gemeint hat E-Mobilität ist ein Irrweg, die Hildegard die gemeint hat es kann nie genug Strom für so viele BEV geben usw. man kennt ja die tollen Statements der VDA Hildegard in der Vergangenheit.
South meint
Wie die Nebelkerze bei H oder E Fuels gilt auch hier. Sorgt euch lieber um eine effiziente, schnelle Umstellung eurer Mitglieder auf die E Technik und dass die Märkte nicht an ausländische Hersteller fallen werden, anstatt immer Probleme hochzuheben, die kommen könnten.
Ich fahre zum Bespiel zu fast 95% keine öffentlichen Ladepunkte an, warum, weil Zuhause/Arbeit komfortabler und günstiger ist. Wir haben in unserer Gemeinde auch öffentliche Lader, direkt vor der Gemeinde den nie jemand hernimmt. Warum? Na wer läuft den jeden Tag zu diesem einen Platz. Man muss dort Ladesäulen fördern, wo Autos rumstehen. In der Arbeit, Zuhause, bei Einkaufcenter und muss ja nicht jede Laterne sein, aber in Ballungszentren. Ganz wichtig. Auch an Fernstraßen und Autobahnen.
Eine plumpe Anzahlerhöhung ala Body Count bringt das gar nichts. Aber aktuell ist die Versorgung meiner Erfahrung nach wirklich ausreichend. Aber klar, es muss noch viel getan werden. Viel drängender ist aber ein breites Angebot von heimischen E Autos in einer vernünftigen Preis-Leistungsspanne….
stromschüssel meint
Frage an den VDA: Wenn sich statistisch gesehen 21 E-Autos einen Ladepunkt teilen müssen, wie viele dieser 21 E-Autos werden denn überwiegend zuhause oder auf der Arbeit geladen?
Ich persönlich kann das Auto zuhause laden und nutze öffentliche Lademöglichkeiten nur auf der Langstrecke. Und da beträgt mein Verhältnis bei 24.000 km Jahresfahrleistung ungefähr 6 (zuhause) :1 (öffentlich).
Ich musste zwar auch schon (ein)mal ca. 10 Minuten auf eine freie Ladesäule warten (A3-Rastplatz mit 4 Ionity-Säulen), aber häufiger sehe ich freie Ladesäulen – in letzter Zeit immer öfter.