Im Rahmen einer Analyse der Anbieter von Abrechnungsdienstleistungen für Ladeinfrastruktur, durchgeführt zwischen Juni und August 2024, fand das Energieberatungsunternehmen The Charging Project aus Hamburg „erschreckende Preisdifferenzen“. Angebote für fast identische Produkte variierten zwischen 5,00 und 41,35 Euro netto monatlich. Vergleichsmöglichkeiten für den Kunden fehlten fast völlig.
Abrechnungsdienstleister werden benötigt, wenn Ladestationen unterschiedlicher Eigentümer an einem gemeinsamen Netz angeschlossen sind, meist in Mehrfamilienhäusern der Fall. Die Dienstleister lesen den Stromverbrauch der einzelnen Ladepunkte aus und rechnen ihn mit den Autofahrern ab. Services wie Störungshotlines, der Betrieb öffentlich zugänglicher Ladepunkte oder die Beschaffung des Ladestroms werden oft zusätzlich angeboten.
Da The Charging Project im Auftrag seiner Kunden Ausschreibungen über diesen Betrieb von Ladeinfrastruktur durchführt, fielen den Hamburger Energieexperten immer wieder teils erhebliche Preisunterschiede für die eigentlich gleichen Dienstleistungen auf. Eine nun durchgeführte Vergleichsstudie ging diesem Eindruck nach.
110 deutschlandweit tätige Anbieter wurden schriftlich nach ihrem Angebot für ein fiktives Mehrfamilienhaus mit einer 32 Stellplätze umfassenden Tiefgarage gefragt. „Nur ein einziger Anbieter hatte seine Preise leicht auffindbar auf der Webseite platziert. Und auch nur 11 Anbieter schickten uns wie gebeten ein Angebot mit Preisliste per Mail. Alle restlichen Unternehmen bestanden zuerst auf Telefonate oder gar Videokonferenzen“, berichtet der Geschäftsführer von The Charging Project Edward Cooper.
72 Dienstleister waren nicht bereit, ihren Preis ohne weitere Termine mitzuteilen. Unter den 41 Anbietern mit auswertbaren Rückmeldungen variierten die bereinigten monatlichen Grundkosten zwischen 5,00 und 41,35 Euro netto. Auch bei der Beschaffung des Ladestroms, von einigen Dienstleistern optional oder verpflichtend angeboten, traten große Differenzen von bis zu 21 Cent pro Kilowattstunde auf. Bei einer typischen jährlichen Fahrleistung von 12.000 Kilometern könne der Kunde bereits beim Strom so leicht 500 Euro zu viel zahlen, erklärt The Charging Project:
Bei mehreren Anbietern war die Einrichtung einer neuen Ladestation oder eines Standortes zum Nulltarif zu haben, andere verlangten einmalige Pauschalen von 250 oder gar 1.000 Euro. „Man würde erwarten, dass Dienstleister mit einem hohen monatlichen Grundpreis zumindest bei den weiteren Positionen günstig abschneiden werden, doch eine solche Korrelation konnten wir leider nicht erkennen“, so Cooper. Vor einer häufig unterschätzten Kostenposition warnt er besonders: „Transaktionsgebühren von bis zu 20 % des Umsatzes entbehren unserer Auffassung nach jeder Grundlage. Aber auch Aufschläge von 0,05 € pro Kilowattstunde oder 0,90 € pro gestartetem Ladevorgang führen schnell zu einem bösen Erwachen.“
Das Fazit von The Charging Project ist ein kritisches: „Die Angebote an Abrechnungsdienstleistungen variieren ohne echten Mehrwert für die Kunden extrem. Da kaum ein Anbieter seine Preise öffentlich ausweist oder zumindest auf einfache Nachfrage mitteilt, haben private Kunden nur wenige Möglichkeiten, den eigenen Tarif einzuschätzen. Einzig spezialisierte und von den Betreibern unabhängige Berater, die eine ausreichende Übersicht des Marktes haben, können dann eine Orientierung abgeben und dabei helfen, Geld für überteuerte Anbieter einzusparen.“
David meint
Wichtiges Thema. Man muss sich manchmal wundern, dass Besitzer von Eigentumswohnungen nicht aus ihren Erfahrungen mit Ablesern und Abrechnern von Heizkosten gelernt haben und diese dann auch noch mit zusätzlichen Dienstleistungen beauftragen. Während man es bei den Heizkosten schwer hat, Alternativen zu finden, ist es bei der Ausrüstung eines Objekts mit einer Ladelösung ohne weiteres möglich, diese Firmen rauszuhalten.
Ich hatte mich da in zwei Objekten eingesetzt und eine Mehrheit der Eigentümer gegen solche Lösungen organisiert. Wichtig ist, dass man von Anfang an noch ehrlich kommuniziert. Man kann sich natürlich vorstellen, dass es zukünftig die eine oder andere Diskussion um die Richtigkeit des Zählerstandes geben wird, weil vermutlich nicht verstanden wird, dass AC-Laden deutlich verlustbehaftet ist. Auch hier ist eine proaktive Information an alle Benutzer geplant. Wird aber nichts helfen, da darf man sich nichts vormachen.
Solche Themen muss man aushalten, wer länger vermietet, weiß, Dank gibt es für den Vermieter selten, Undank eigentlich immer. Trotzdem darf man nie aus dem Auge verlieren, die sinnvollste Lösung zu wählen. Niedrige Nebenkosten sind wichtiger als eine niedrige Miete. Zudem werden niedrige Ladekosten ein gutes Argument sein, eine höhere Miete durchzusetzen.
F. K. Fast meint
Wer nicht lesen und rechnen kann, ist überall gekniffen.
Steffen meint
Konntest du nicht lesen? Es steht doch extra im Artikel, dass man die wichtigen Dinge bei den Anbietern gar nicht nachlesen und somit nicht vergleichen kann.
David meint
Das gilt ja wohl auch eher für die Eigentümer, die diese Abrechnungslösung auswählen. Die haben die Konditionen vorliegen und können zwischen verschiedenen Angeboten wählen. Nur wählen die, wenn sie nicht an die Hand genommen werden, oft die Lösung, für die sie selber kein Geld in die Hand nehmen müssen und die quasi komplett vom Mieter über Verbrauchskosten bezahlt wird.
Dazu ist mir in der Praxis passiert, dass Elektroauto-Hasser Eigentümer sind und unbedingt von den Verbrauchskosten für die teuerste Lösung sind, wenn sie das Thema schon nicht verhindern können. Das war zum Glück in meinem Fällen eine Minderheit, sollte man aber erwähnen, dass es das auch gibt.
M. meint
Wichtiges Thema, und es weckt bei mir Erinnerungen zu einem Abrechnungsdienstleister, den ich mal bei einem Vermietungsobjekt hatte. Da waren die Zählermieten mit allen Abrechnungskosten so hoch, dass am Ende niemand mehr etwas gespart hatte, im Gegenteil.
Hier noch der Link zu dieser Studie: https://www.thechargingproject.com/ladeinfrastruktur/vergleichsstudie-wallbox-abrechnung/
Leider werden die günstigen Anbieter nicht erwähnt. Damit hätte man Druck auf die schwarzen Schafe machen können.
Ich könnte mir auch gut vorstellen, dabei auf einen bekannten Namen zu stoßen…
David meint
Die beiden Marktführer bei den Heizkostenabrechnern sind auch in diesem Geschäftsfeld tätig und völlig unverdächtig, niedrige Preise für den Endverbraucher zu bieten. Ich finde das übrigens nicht schlimm, dass das Thema durch einen angeblich günstigeren Mitbewerber auf den Tisch kommt. Hauptsache, das Thema ist auf dem Tisch und vor diesem Absprungpunkt aus kann man sich selber sachkundig machen. Das ist ja keine neue Sache, dass derjenige, der PR macht, nicht das beste Angebot hat.
ID.alist meint
„….Einzig spezialisierte und von den Betreibern unabhängige Berater, die eine ausreichende Übersicht des Marktes haben, können dann eine Orientierung abgeben und dabei helfen, Geld für überteuerte Anbieter einzusparen.““
Wiedermal Werbung in eigener Sache.
The Charging Project sagt, dass „The Charging Project“ bei solch ein Projekt der einzige vertrauenswürdige Partner ist.
Thomas Claus meint
Da braucht man sich nicht wundern wenn keine Namen der günstigsten Anbieter genannt werden.