Das E.On Pilotprojekt „Bi-clEVer“ zeigt laut dem Energiekonzern, dass E-Auto-Fahrer durch bidirektionales Laden bis zu 920 Euro im Jahr einsparen könnten. Diese Kostenersparnis ergibt sich aus der Kombination der Anwendungsfälle „Vehicle-to-Home“ (Energie aus der Fahrzeugbatterie wird im eigenen Haushalt verwendet) und „Vehicle-to-Grid“ (Energie aus dem Fahrzeugbatterie wird ins Stromnetz gespeist).
Besitzer einer Solaranlage und eines bidirektionalen Set-ups können den Berechnungen zufolge durch die Maximierung des Solarstrom-Eigenverbrauchs und das gezielte Nutzen dynamischer Stromtarife bis zu 420 Euro im Jahr einsparen. Die Ersparnis kommt zustande, indem der Einkauf von Strom aus dem Netz minimiert wird und Energie kostenoptimiert in günstigen Zeitfenstern bezogen und im Auto für den späteren Verbrauch zwischengespeichert werden kann.
„Perspektivisch können zudem durch das Handeln mit Strom aus dem E-Auto Erträge von bis zu 500 Euro im Jahr erzielt werden. Wir arbeiten darauf hin, dass Nutzerinnen und Nutzer zukünftig in Zeiten besonders günstiger Strompreise Energie einkaufen und im E-Auto speichern, um sie zu einem späteren Zeitpunkt zu verkaufen und zur richtigen Zeit zurück ins Netz zu speisen – dieser Vorgang läuft automatisiert ab. So ermöglichen die E-Autofahrerinnen und -fahrer dem Markt sowie dem Netz wertvolle Flexibilität, indem sie nachhaltig erzeugte Energie dann bereitstellen, wenn weniger davon am Markt verfügbar ist“, sagt Jens Michael Peters, Geschäftsführer für Energielösungen und Elektromobilität bei E.On Energie Deutschland.
Das Projekt zeigt zudem, dass mit einer Solaranlage und einem bidirektional genutzten E-Auto mit einer 42-kWh-Batterie ein Autarkiegrad von bis zu 51 Prozent im Jahresdurchschnitt erreicht werden kann. Dabei ist neben dem Energiebedarf des Haushalts auch der Fahrstrom für das E-Auto berücksichtigt. Mit einem zusätzlichen Batteriespeicher kann der Autarkiegrad der Pilotanwender den Studienergebnissen nach auf bis zu 59 Prozent erhöht werden. Die intelligente Vernetzung von E-Auto, Solaranlage, Speicher und Energieverbrauch erfolgt durch ein sogenanntes Energy Management System.
Nutzer bevorzugen automatisches Starten des bidirektionalen Modus
Im Rahmen des Projekts wurde auch untersucht, wie die Pilotkunden verschiedene Einstellungen nutzen. Demnach präferieren sie, dass der bidirektionale Lademodus beim Einstecken des E-Autos automatisch startet und keine weitere Handlung mehr erfolgen muss. Der gewünschte SoC („State of Charge” = Ladezustand) des E-Autos und die geplante Abfahrtszeit wird dabei automatisch gesetzt. Nutzer haben dabei weiterhin die Kontrolle über die Parameter und können Abweichungen, etwa eine höhere gewünschte Reichweite des E-Autos für eine längere Fahrt, jederzeit selbst festlegen.
Die zur Verwendung im Haushalt freigegebene Batteriekapazität wurde im Laufe des Projektzeitraums durch die Anwender selbst deutlich erhöht. Das heißt, sie haben mehr Kapazität der E-Auto-Akkus für das bidirektionale Laden zur Verfügung gestellt.
„Gleichzeitig zeigte das Monitoring der Energieflüsse, dass das Bereitstellen so großer Energiemengen aus dem Fahrzeugakku gar nicht notwendig ist, um wirtschaftlich attraktive Anwendungsfälle zu nutzen“, erklärt Mark Ritzmann, CEO der E.On Group Innovation. „Als E.On sehen wir ein enormes Potenzial in der Weiterentwicklung der bidirektionalen Ladetechnologie, die weitreichende Vorteile nicht nur für die Kundinnen und Kunden birgt, sondern durch die Zwischenspeicherung von Energie auch enorme Chancen für das gesamte zukünftige Energiesystem bietet.”
David meint
Man darf bei dieser Geschichte eines nicht vergessen: Aktuell gibt es noch fast keine Produkte, so dass sich nur VW als Hersteller überhaupt im Detail damit beschäftigt hat. Die Limits zur Nutzung der Batterie als Speicher, die aktuell vorgegeben sind, sind entsprechend nicht der Praxis, sondern sind reine Sicherheitsvorgaben. Da wird man sicher in der Praxis eine Lockerung sehen.
Zumal andere Hersteller, wie zum Beispiel mein amerikanischer Lieblingshersteller, unmissverständlich gesagt haben, dass die Garantie mit der ersten entnommenen Kilowattstunde vollständig erlischt. Gut, sollte das mal ein Problem werden, wird sich sicher einer der vielen Tesla Anwälte darum kümmern. Denn das klingt nicht nach fairen Bedingungen. Aber das ganze zeigt, da werden sich die Hersteller noch umorientieren. Denn für so manche potenzielle Käufer mag das mittelfristig ein Teil der Kaufentscheidung sein, ob und wie er den Akku v2h und v2g nutzen darf.
Eines ist jedenfalls klar, die erneuerbaren Energien werden wir an Anteil in den nächsten Jahren tendenziell vergrößern. Und sie werden ihn um das Maß Richtung 100 % vergrößern, indem es gelingt, über Speicher Einspeisung und Verbrauch besser zueinander zu bringen. Das ist ein geldwerter Vorteil, und der wird sich nie verlieren, denn sonst schalten viele ihre Speicher für v2g ab und das System bricht zusammen. Zudem darf man den unmittelbaren Nutzen über v2h nicht vergessen.
Jörg2 meint
„Zumal andere Hersteller, wie zum Beispiel mein amerikanischer Lieblingshersteller, unmissverständlich gesagt haben, dass die Garantie mit der ersten entnommenen Kilowattstunde vollständig erlischt.“
Könntest Du bitte benennen, um welchen Hersteller es sich hier handelt und einen Link zu dem von Dir erwähnten Passus in dessen Garantiebedingungen zur Verfügung stellen?
Danke!
Jörg2 meint
Ich halte das zwar prinzipiell für eine volkswirtschaftlich gute Idee, mir konnte aber noch keiner zu folgenden zwei (betriebswirtschaftlichen) Punkten hinreichende Erläuterungen geben:
1.
Was sagt der Autohersteller mit seiner recht langen Batteriegarantie dazu, dass eine weitere Nutzung mit vielen Lade- und Entladevorgängen auftritt?
2.
Bleiben die Strompreisschwankungen am Markt auch zukünftig in einer solchen Höhe, dass sich für den Privatnutzer die zur Verfügungstellung seines Heimspeichers (auch des stationären) lohn, wenn Stromgroßabnehmer (Industrie) und EE-Groß-Erzeuger per eigenen großen Speichermöglichkeiten in dieses Geschäft, strompreisglättend, eintreten?
ID.alist meint
Zu 1 hat sich bis jetzt nur VW gemeldet. Bei den MEB-Autos gibt es ein Bi-Di Zähler. Andere bieten bis jetzt nur V2L, d.h. kleine bis keine zusätzliche Belastung für die Batterie. (Ja, ich habe erstmals den R5 ignoriert, weil ich deren Bedingungen nicht kenne).
Zu 2, ich denke nicht. Wenn morgens wenn alle aufstehen und alle die Kaffeemaschine anstellen diese Leistungspeak verschwindet, weil alle den Strom aus der Hausbatterie oder aus dem Auto entnehmen, dann wird der Strom zu dieser Zeit nicht mehr so teuer sein, und wenn alle Nachts das Auto oder die Heimbatterie aufladen, dann wird der preis um diese Zeit auch nicht so tief sinken. Kurz gesagt, wenn die Leute den Grid-Strom intelligenter nutzen, werden die Preisschwankungen über den Tag weniger werden. Dafür bedarf aber, dass viele Verbraucher den Strom intelligent nutzen, und das dauert noch ein paar Jahre.
MichaelEV meint
„und wenn alle Nachts das Auto oder die Heimbatterie aufladen, dann wird der preis um diese Zeit auch nicht so tief sinken“
Ist immer eine lustige Annahme mit Auto oder gar Heimbatterie laden in der Nacht. Über einen großen Teil des Jahres ist gerade die Nacht durch fehlende PV unterversorgt, aufgeladen werden muss vor allem zur Tagesmitte (wo Autos aber häufig gar nicht zu Hause stehen).
banquo meint
In den Nachrichten die es bisher zu bidirektionalem Laden gab fand ich keinen Hinweis, dass die EV-Hersteller damit ein Problem haben bzw. die Garantie einschränken.
Die Erklärung liegt vielleicht darin, dass es gegebenenfalls eine eingeschränkte Einstellung 50-80% State of Charge für Bidir. Laden geben wird.
Gernot meint
Es ist richtig, dass Lade- und Entladevorgänge zwischen 50 und 80% SoC der NCM-Battierie nicht ansatzweise so zusetzen wie Vorgänge von 0-100%. Aber es ist nicht so, dass das NullKommaNull Auswirkungen auf die Degradation hat, Free Lunch quasi. Wenn man das an 300 Tagen im Jahr für V2G oder V2H nutzt, dann macht das über ein durchschnittliches Fahrzeugleben von 20 Jahren ca. 6.000 zusätzliche (Teil-) Lade- und Entladevorgänge aus. Für die Batterie entspricht das umgerechnet ca. 700.000 km an zusätzlicher Fahrleistung. Die Auswirkungen werden bei NCM-Zellen deutlich sein. Für LFP wird das kein großes Problem.
Steffen meint
Dann hast du nicht wirklich gut hingesehen: Bei VW 10 MWh oder 4.000 Ausspeisestunden. Danach ist das Teil diesbezüglich „gebrickt“.
Gernot meint
Ausnahmsweise stimme ich Dir zu – geht ja auch nicht um Tesla.
Bei NCM-Zellen geht man überschlägig von einer Lebensdauer von 1000 Ladezyklen aus. Die Batterien werden spätestens nach einem halben Fahrzeugleben auszutauschen sein, wenn man sie wirklich intensiv für V2H oder V2G nutzt. Wenn die neue Batterie nach 10 Jahren dann 10.000 Euro kostet, hat man deftig drauf gezahlt und nichts gespart. Das ist nur mit LFP-Zellen und perspektivisch Sodiumzellen eine realistische Option. Leasinggeber dürften auch bald in Verträge schreiben, das V2X verboten ist oder extra bezahlt werden muss.
Zudem werden die 883 deutschen Verteilnetzbetreiber wie bei Solaranlagen wieder zahlreiche bürokratische Vorgaben machen, die zu erfüllen sind, um dass Auto offiziell als Stromspeicher ans Netz hängen zu dürfen. Und jeder Netzbetreiber darf sich wa Eigenes ausdenken. Die vom zertifizierten Fachmann installierte bidirektionale Wallbox mit drölfzig verlangten Messprotokollen zur Installation kostet dann schon 3.000 Euro. Die muss man dann erst mal wieder reinholen.
Den deutschen Übertragungsnetzbetreibern liegen aktuell Anschlussanfragen für 161 GW Batterieleistung allein bei Großspeichern vor, was über 300 GWh an Kapazität bedeuten dürfte. Das wird das tägliche Delta bei den Strompreisen minimieren. Außerdem wird daran gearbeitet, das Design des Strommarktes zu überarbeiten. Das die Strompreise wegen des Gaspreises zwischenzeitlich so explodiert waren, lag z.B. nicht am Merit-Order-Prinzip, wie gern erzählt wird, sondern am Uniform Pricing. Wenn ein Windradbetreiber z.B. Windstrom für 6 Cent im Markt anbietet, dann bekommt er beim Uniform Pricing 40 Cent statt der verlangten 6 Cent, wenn zeitgleich Gaskraftwerke für 40 Cent einspeisen. Das Thema ist komplexer und hat mehr Facetten, als ich es hier in 3 Sätzen darstelle, aber in jedem Fall kann man Merit Order auch ohne Uniform Pricing realisieren. Dann bekommt der Windradbetreiber nur die 6 Cent, die er verlangt hat und das dämpft dann auch das tägliche Delta der Strompreise. Insofern muss man abwarten, was da ggf. kommt.
MichaelEV meint
„Das Thema ist komplexer und hat mehr Facetten, als ich es hier in 3 Sätzen darstelle, aber in jedem Fall kann man Merit Order auch ohne Uniform Pricing realisieren.“
Genau, das Thema ist viel zu komplex für einfache Antworten. Eine einfache Antwort ist, dass das Strommarktdesign ohne Uniform Pricing effizient funktionieren würde. Ohne Uniform Pricing gehen wesentliche, extrem wichtige Anreize verloren.
Das Windrad mit Gestehungskosten von 6 Cent/kWh produziert viel, wenn der Strommarkt eine hohe Sättigung hat und die Preise am Markt niedrig sind, ggf. gegen 0 streben. Eine fixe Vergütung führt zum Anreiz zu immer Produktion zu der Zeit, wo mehr Strom gar nicht benötigt wird. Und die Versorgungslücken abseits dieser Lücken bleiben unbehandelt. Das Gaskraftwerk steht außer Konkurrenz, weil andere Erzeuger von diesen Preissignalen ausgenommen sind, aus denen sich Alternativen entwickeln könnten (z.B. Windräder, die ggf. auf wenig Wind statt auf Spitzenlast optimiert sind; PV in West/Ost-Ausrichtung oder auf Fassaden montiert; BHKW, die lokale Versorgungslücken im Winter schließen könnten, vor allem unterschiedliche Formen von Speicher und vieles mehr).
Die Fehler im System sind aktuell, dass Strom vermarktet/gehandelt wird, der überhaupt gar nicht ausgeliefert werden kann. Und damit in Verbindung stehend ein fixes (und auch falsch verrechnetes) Netzentgelt, was keinen Anreiz bietet, Überkapazitäten lokal zu nutzen bzw. keine Preissignale ausgibt, wenn die Kapazitäten am Limit sind.
Optimierungspotentiale sind: variables Netzentgelt (geplant), korrekte Verrechnung der Netzentgelte auf den tatsächlichen Verbraucher (kommt nächstes Jahr), korrekte Verrechnung der in Anspruch genommenen Netzebenen (nicht absehbar), variable Strompreise (immer mehr im kommen), Teilung des Strommarktes (lange überfällig, aber eher nicht absehbar).
Final würde ich ein Peer-to-Peer Contracting sehen, wo immer automatisiert das kostengünstigste Pärchen aus Erzeuger und Verbraucher unter Berücksichtigung der Auslastung dazwischenliegender Netzsegmente (durch Preise) ausgewählt wird.
Jörg2 meint
Gernot
Ja, die anvisierten Großspeicher sind erheblich! Da kommen die EE „einfach“ durch die „kaufmännisch Tür“, völlig ideologiefrei.
( „Ausnahmsweise stimme ich Dir zu – geht ja auch nicht um Tesla.“ Bei mir geht es selten um Tesla. Im Kern geht es mir um Fakten. Wenn Dummheiten verbreitet werden, lege ich die Fakten daneben. Wenn sich die Dummheiten hauptsächlich mit Tesla beschäftigen, dann kommen die Fakten halt auch aus der Tesla-Ecke.)