Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat eine Milliarde staatliche Förderung für privat und gewerblich genutzte Elektroauto-Ladestationen gefordert. Der Vorstoß sorgte für Lob, aber auch Kritik – viele bemängelten zu viel Bürokratie bei der Installation von Ladepunkten. Die zuständige Behörde will nun Abhilfe schaffen.
Justizministerin Katarina Barley will es Mietern und Hauseigentümern erleichtern, Elektroauto-Ladestationen zu errichten. „Der Einbau von Ladesäulen darf nicht an komplizierten Regelungen im Eigentumsrecht scheitern“, sagte die SPD-Politikerin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Insbesondere Mieter in Mehrfamilienhäusern und Wohnungseigentümer haben derzeit keine rechtliche Handhabe, um für ihren Stromer eine private Ladestation an einem Stellplatz zu installieren.
Die E-Mobilität werde erst durch eine flächendeckende Versorgung mit Lademöglichkeiten attraktiv, so Barley. „Dafür brauchen wir die nötige Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge, auch und gerade in privaten Wohngebäuden.“ Das Justizministerium werde für gesetzliche Regelungen zum Einbau von Lademöglichkeiten sorgen. Wer sich für den Kauf eines Elektroautos interessiere, brauche beim Thema Lademöglichkeit Klarheit und Rechtssicherheit.
Der Verkehrsminister will den Anteil von Elektroautos durch ein Förderprogramm für private Ladestationen steigern. Dafür sollen im Haushalt 2020 eine Milliarde Euro zusätzlich bereitgestellt werden. „Wir wollen für die Bürger Ladepunkte und deren Einbau in der eigenen Garage zur Hälfte fördern“, sagte er der Bild am Sonntag. „Dafür brauchen wir sofort eine Milliarde Euro. Das muss sich im Bundeshaushalt abbilden.“
Grüne kritisieren „Schmalspur-Offensive“
Der Fraktionschef der Grünen Anton Hofreiter kritisierte in einem Interview mit der Saarbrücker Zeitung die Pläne von Scheuer. Zwar sei es zu begrüßen, „wenn die Bundesregierung langsam aufwacht“ – jedoch habe der Minister „die Dimension der Herausforderung nicht verstanden“. Dass Deutschland bei der E-Mobilität zurückliegt, könne nicht durch „eine Schmalspur-Offensive“ geändert werden.
„Statt Mittel umzuschichten, zum Beispiel aus dem Autobahnbau, ruft Scheuer einfach nach mehr Geld. Das wächst aber nicht auf Bäumen. So ein Vorgehen ist unseriös“, sagte Hofreiter. Den Ladeinfrastruktur-Ausbau habe die Bundesregierung bisher „komplett verpennt“. Private Ladestationen zu fördern sei wichtig, müsse aber von dem schnellen Ausbau „eines einheitlichen, flächendeckenden und bedienungsfreundlichen Ladesäulennetzes und dem Abbau bürokratischer Hürden“ flankiert werden.
Hofreiter sprach sich für ein E-Mobilitäts-Gesamtpaket „basierend auf einer Mischung aus Fördern und Fordern“ aus. Seine Partei setze sich zudem für ein gesetzliches Ausstiegsdatum aus dem fossilen Verbrennungsmotor ein. Damit mehr Elektroautos gekauft werden, müsse es entsprechend attraktive Kaufprämien geben. Parallel sei eine stärkere Besteuerung von Fahrzeugen mit hohem Kraftstoffverbrauch nötig. „Das ist sozial gerecht und wälzt die Kosten nicht auf den Steuerzahler ab“, so Hofreiter.
weotui meint
Nur zur Ergänzung der voraus gegangenen Kommentare:
Das Abrechnungschaos bei den Ladesäulen wurde durch die akademische Besetzung des Themas schon vor zehn Jahren ausgelöst. Da waren noch nicht mal die E-Autos auf den Straßen, da wurde schon von „Strom-Roaming“ fabuliert. Jeder Fahrzeughalter sollte an jeder Säule unabhängig vom Standort mit dem Stromversorger seiner Wahl abrechnen können. Als Folge müssen alle Säulen mit dem Internet verbunden sein und der Fahrzeughalter muss identifiziert werden. Das vielköpfige Monstrum, das dabei entstand, quält heute alle E-Fahrzeughalter, Tesla-Fahrer ausgenommen
Frank meint
Ja, bürokratische Hürden müssen weg. Zu denen gehört auch das Verbot, Strom aus einer PV-Anlage oder einem BHKW an Dritte verkaufen zu dürfen, ohne selbst EVU zu sein. Für Vermieter und WEGs wäre es attraktiv Lademöglichkeiten zu errichten, die mit selbst erzeugtem Strom versorgt werden. Die Netzbelastung würde sinken und der CO2-Rucksack leichter werden. Auch der Preis für den Fahrstrom könnte so für den Mieter/Wohnungseigentümer attraktiv gestaltet werden.
Räumt man diese Hürden weg, fördert man gleichzeitig E-Mobilität und den Ausbau erneuerbarer Energieerzeugung bzw KWK. Was spricht dagegen?
nilsbär meint
„…Strom aus einer PV-Anlage oder einem BHKW an Dritte verkaufen zu dürfen“
Möchtest du die großen Energiekonzerne ruinieren? Man stelle sich vor, jeder Eigenheimbesitzer klatscht sein Dach mit billigen chinesischen PV-Modulen voll, ladet sein E-Auto damit und verkauft/verschenkt den Rest an die Laternenparker. Was ist dann mit den Gewinnen von EnBW, E.ON, RWE und Vattenfall? Ironie off.
Thomas Wagner meint
Auf diese „Gesetzesänderungen“ warten die Elektroautofahrer schon seit Jahren und es tut sich genau NICHTS !
Wenn Frau Barly die Sache ernst nehmen würde,
hätte sie schon lange Gelegenheit gehabt, entsprechend zu handeln.
Was unsere Bundesregierung zum Thema Elektromobilität zustandebringt ist
nicht anderes als ein erbärmliches Fiasko :-(
Es kann also nur besser werden !
BR meint
Na da bin ich mal gespannt was die Justizministerin Barley macht. Das sind nämlich die gleichen Lippenbekenntnisse wie letztes Jahr schon und passiert ist seitdem nichts außer daß, wieder mal, ne Kommission/Arbeitsgruppe eingesetzt wurde. Ergebnis? Bislang noch keines.
Letztes Jahr hieß es in einer Pressemitteilung, daß erste Erkenntnisse aus der Arbeitsgruppe nicht vor Ende 2019 vorliegen werden, Gesetzgebungsprozess im Laufe des Jahres 2020, sodaß das Gesetz dann erst ab 1.1.2021 gelten soll.
Warum soll das nun alles schneller gehen? Die Äußerungen von Barley sind schwammig, unkonkreter geht fast nicht mehr. Politiker BlaBla eben.
JuergenII meint
Vielleicht weil VW ab nächstem Jahr in die BEV Offensive geht. Und für dt. Hersteller macht die Politik doch alles.
Chancen stehen also ganz gut. Wofür man da aber eine Arbeitsgruppe braucht erschließt sich mir nicht. Einfach 16 A Leitungen zulassen. Wer mehr will sollte ein Gutachten eines Elektrikers / Netzbetreibers haben. Da könnte es bei mehreren solcher Anschlüsse wirklich zu Problemen kommen.
Peter W meint
Private Ladestationen (also nicht öffentlich zugängliche) finanziell zu fördern ist Humbug. Jeder Mieter, jeder Wohnungsbesitzer muss lediglich das Recht haben eine Wallbox/Steckdose zu montieren. Das genügt.
Der Staat sollte die öffentlichen Ladestationen fördern und hier Anreize schaffen. Derzeit kann mit Ladestationen kaum Geld verdient werden, das sollte man abmildern um den Bau zu fördern.
Genau so wichtig wäre auch endlich ein einheitliches Bezahlsystem und die Preisangabe an den Säulen.
Steffi Zienz meint
Da kann ich Ihnen nur voll und ganz zustimmen!
Bernhard meint
Hallo Peter, bin absolut der gleichen Meinung. Mit diesen Gedankengängen zeigen unsere politischen Entscheidungsträger nur, daß sie keine Ahnung haben was wirklich wichtig ist. Ein grüner Verkehrsminister in Baden-Württemberg hat z. B. vor zwei Jahren mal den Spruch rausgelassen, daß ein einheitliches Bezahlsystem für Ladesäulen im Laufe des Jahres eingeführt werden soll. Was ist natürlich passiert? Nichts!
Es würde schon genügen, wenn in MF-Häuser mit Tiefgarage jeder eine Lademöglichkeit einrichten dürfte, ohne daß die neidischen Mitbewohner das blockieren könnten. Und wenn es nur einen 220V-Dose ist.
Oder daß wirklich dieses Ladekartenchaos per Gesetz abgeschafft wird und wir mit EC-Karte überall bezahlen könnten. Und zwar zu festgelegten realistischen kWh-Preisen. Was hier gerade läuft ist der gleiche Wildwuchs wie beim mobilen Telefonieren, bevor die EU eingegriffen hat und die Höchstpreise festgelegt hat.
Daß das Bezahlen sogar ohne irgendeine Karte möglich ist und man trotzdem abrechnen kann, gibt doch der CCS-Standard schon her. Aber bisher bekommt das nur Fastnet und Tesla gebacken. Ein Armutszeugnis für alle anderen Anbieter wie Allego, En-BW, Ionity usw. usw.
Selnim meint
Ja genau. Plug & Charge und Contactless payment sollte Standart sein. NFC Leser hat ja beinahe jede öffentliche Ladesäule.
JürgenV meint
Genau so ist das. Anschließen, laden, fertig. Säule und Auto gleichen die Daten ab, fertig. Aber ich höre schon wieder die Datenschützer, das geht nicht. Und viele Nutzer stimmen da vielleicht auch noch zu, um sich dann gleichzeitig über Fratzebook und Co mit anderen über das alles auszutauschen. Ein Hoch auf den Datenschutz
Jürgen S. meint
Volle Zustimmung bzgl. privater Ladesäulen und eine Ergänzung:
Mit der Ladesäulenverordnung hat der Deutsche Gesetzgeber eigentlich ein einheitliches und leicht zugängliches Zahlungssystem durchsetzen wollen. Ich sehe davon nichts, ausser bei Tesla und ein bisschen bei FastNed. Bei jedem Anbieter läufts anders. Teilweise werden Kleinst-Rechnungen für 0.18€ ausgestellt zum überweisen über einen misslungenen Ladeversuch, weil da 90 Sekunden Strom geflossen ist, während bei anderen sofort per Paypal abgebucht wird oder per Kreditkarte und manchmal kriege ich Rechnungen über winzige Beträge ein halbes Jahr nach Benutzung einer Säule und kann auf Grundlage der Ladesäulen-ID noch nicht einmal mehr nachvollziehen, wo die Säule steht oder stand… Nur das Land ist eindeutig nachvollziehbar. Chaos pur.
Ich habe mittlerweile 8 Karten in meinem Auto und 6 Android Apps installiert, nur um in Europa zu reisen. Mein Rekord ist, dass erst die fünfte Karte eine Säule in Italien zum laufen gebracht hat.
Und ich vergass fast, dass es Ladesäulen gibt, die nur per physikalischem Schlüssel aktiviert werden können, der per Mitgliedschaft in einem ominösen Ladeclub erworben werden kann. Vor so einer habe ich neulich bei der Messe in Zürich kopfschüttelnd gestanden und musste dann auf einen anderen Parkplatz umparken. So ein ausschliessendes System wird von der Stadt Zürich für öffentliche Parkplätze gefördert, unglaublich.
Von irgendeiner Einheitlichkeit kann noch nicht die Rede sein.
Ich glaube, das was derzeit bei den Ladesäulen abgeht, kann man nicht-technikaffinen Mitmenschen nicht verkaufen.
eCar-Fan & TESLA-Fahrer meint
Stimmt völlig! Ich habe 8 iOS -Apps, zwei Karten und einen Chip. Völliger Blödsinn!
Zum Glück brauche ich das nur 1-2 mal im Jahr. Sonst nutze ich ausnahmslos die Supercharger von TESLA, die völlig unkompliziert über meine im Account hinterlegte Kreditkarte anhand der mit meinem Fahrzeug ausgetauschten Verbrauchswerten abrechnet.
ein noch Verbrenner-Fahrer meint
genau meine Meinung.
Die Genehmigung für eine mit 16 A abgesicherte 220 V-Steckdose würde mir vollkommen reichen.
Bei den meisten E-Modellen bekommt man einen entsprechenden Ladeadapter kostenfrei dazu.
Die geplante Förderung ist nur für das Wirtschaftswachstum gut, damit sich jeder dann so eine Wallbox einbauen lässt.