Der deutsche ÖPNV mit Bussen soll umfassend elektrifiziert werden, die Bundesregierung subventioniert das mit hohen Summen. Von den in den vergangenen zwei Jahren geförderten E-Bussen sind bisher aber nur wenige tatsächlich in Betrieb. Das zeige eine Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Sven-Christian Kindler, haushaltspolitischer Sprecher, und Stephan Kühn, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion, berichtet der Berliner Tagesspiegel.
835 E-Busse habe das Bundesministerium für Umwelt 2018 und 2019 über die „Förderrichtlinie zur Anschaffung von Elektrobussen im ÖPNV“ bezuschusst. Umgerechnet auf zwei Jahre entspreche das etwa zehn Prozent der jährlich etwa 4000 Neuzulassungen von Omnibussen. 2030 müsse der Anteil an E-Bussen um 90 Prozent gestiegen sein, um die von der EU angestrebte Halbierung der Emissionen zu realisieren. Deutschland kann das Ziel noch erreichen, die Neuzulassungen müssten dazu allerdings in den nächsten Jahren um 60 Prozent jährlich zunehmen.
Dem schnellen Umstellung auf E-Mobilität im ÖPNV stehen dem Tagesspiegel zufolge vor allem zwei Faktoren im Weg: die lange Lebensdauer der Fahrzeuge, die Verbrennungsmotoren für die kommenden Jahre im Verkehr halten werde, sowie der Preis. Bei Letzterem setzt das mit bis zu 1,5 Milliarden Euro dotierte Bundesprogramm „Saubere Luft“ an, in dessen Rahmen die noch deutlich teureren E-Busse und die dazugehörige Ladeinfrastruktur gefördert werden.
Die Auswertung der geförderten Projekte zeige, so die Redaktion des Tagesspiegels, dass die Umstellung auch durch hohe bürokratische Hürden, die Prüfdauer für die Anträge und die Lieferzeiten für die Fahrzeuge gebremst wird. Von den insgesamt 835 geförderten Bussen seien daher in den letzten beiden Jahren nur 40 in Betrieb gegangen.
Trotz der Herausforderungen und Verzögerungen werten die grünen Bundestagsabgeordneten das Förderprogramm „Saubere Luft“ als Erfolg und fordern eine Aufstockung um 500 Millionen Euro für die Förderung von E-Bussen. „Damit wir die Verkehrswende hin zu mehr sauberer Mobilität in den Städten und Kommunen wirklich schaffen, muss die Bundesregierung die Verkehrsunternehmen bei der Beschaffung von E-Bussen deutlich stärker unterstützen“, so Kindler und Kühn.
Jörg2 meint
So lange es die Beschränkungen durch Batterievolumen, -gewicht und Ladezeiten gibt (zumindest ja offenbar in D, in China scheint es diese Probleme nicht zu geben) und einige Gegenden für Linienbusse recht ansoruchsvoll sind (hügelig), fände ich eine Kombination aus BEV-Bus plus Stromabnehmer + O-Ladestation an Haltestellen/Endpunkten + angepasste Verweilzeiten einen guten Zwischenschritt. Die Technologie „Strom“ muss nicht verlassen werden (keine weiteren Technologien wie H2+BZ). Bei weiterer Batterieentwicklung (mehr kWh pro Volumeneinheit und Gewicht) könnte solche Teilzeit-O-Busse bei notwendiger Akkurevision aufgerüstet werden. Mit den freiwerdenden O-Ladepunkte könnte weitere Noch-Verbrennerlinien auf E umgestellt werden.
Wenn ich mich recht entsinne rolken in Berlin erste Gelenkbusse mit diesem Prinzip (?).
Jörg2 meint
rollen
Jörg2 meint
Gefunden!
Hier ein Link zu einem Zeitungsartikel über die Gelenkbusse mit Stromabnehmer in Berlin (Hersteller SOLARIS)
https://m.tagesspiegel.de/berlin/elektromobilitaet-bei-der-bvg-berliner-e-busse-werden-jetzt-minutenschnell-geladen/25702696.html
Jörg2 meint
Und hier noch eine Karte zu eBus-Projekten in D
https://www.vdv.de/e-bus-projekt.aspx
alupo meint
Wasserstoffbusse sind der allergrößte Schwachsinn. Das sage ich als jemand, der u.a. Jahrzehnte in der Gasebranche (Synthesegase und Luftgase) tätig war und so ziemlich durch alle verschiedenen H2-Produktionsanlagen schon einmal durchgelaufen ist und feshalb ihre Stärken und Schwächen sehr gut kennt. Von den verschiedenen Elektrolyseanlagen über SMR-Anlagen mit Erdgas oder schwereren Kohlenwasserstoffen bis zum POx-Verfahren mittels Ölen als Rohstoff viel CO2 und das Verfahren benötigt Hochdruck-Sauerstoff aus einer LTA). Nur die Anlage in Südafrika, die aus Kohle H2 produziert, hatte ich nie besichtigt, aber dass das eine ganz fürchterliche CO3-Schleuder ist sollte jedem Schüler ab Klasse 11 klar sein.
Mit H2 klappt eine Energiewende nicht, denn Wasserstoff zu produzieren ist eben sehr energieaufwändig und bis zum Endverbraucher extrem verlustbehaftet. Die H2-Befürworter haben ganz sicher noch nie eine H2-Kalkulation von einer Großanlage gesehen. Und alle weiteren Stufen sind ihnen auch völlig fremd. Ansonsten würden sie diese vermeintliche Lösung sehr schnell vergessen.
rCr meint
Wasserstoffbusse oder Oberleitungsbusse (teilweise Oberleitung reicht ja), alles andere ist Schwachsinn.
Marc Mertens meint
Faszinierend, dass in China z. B. mit dem Anbieter BYD die gesamte Busflotte in Shenzen mit alleine dort mehreren tausend Einheiten umgestellt werden kann, während wir uns im Planen und Wollen aufhalten. Alleine in einzelnen Regionen in China sind mehr E-Busse unterwegs, als wir in ganz Deutschland benötigen würden.
Letztlich finde ich den Weg in Spanien oder in Polen wesentlich intelligenter, wo Bushersteller und die Kommunen auf die H2-Brennstoffzellen-Busse umstellen wollen. Wenn man hier die ÖPNV-Verwaltungsgebäude oder Busterminals mit passenden, nachhaltigen sowie stationären Brennstoffzellen umrüsten würde, könnte man nebenbei die Energieversorgung und Heizungen autark betreiben.
Hamburg könnte hier z. B. mit HYsolutions und als Wasserstoff-Energieträger-Cluster sogar die gesamte Infrastruktur in Kürze abdecken. Vorteile sind einfache Ladevorgänge und trotzdem elektrische Fortbewegung. Gleiches kann man ja bereits bestens bei den H2-Zügen von Alstom in Bremerförde derzeit erkennen. Beim Zug ist es sogar besonders spannend, weil man dann die Oberleitung einsparen kann.
Wenn ich an die Störungen im Münchener S-Bahn-Verkehr denke und die volks-/betriebswirtschaftlichen Schäden des Stillstands dabei, nur weil die Oberleitung so physikalisch störanfällig sind, fällt mir nichts mehr ein. Aber OK, wir Deutsche denken immer noch in Stahl und Motorbau. Klappt ja gerade bei VW auch bestens; vom Golf 8 bis zum ID.3. ;-))
Peter W meint
Nichts gegen die Kritik der Grünen, dass das alles zu langsam geht, aber die Fahrzeuge müssen auch gebaut werden, und Ladestationen im Megawattbereich muss man auch planen und erstellen.
Kritik würde ich eher da anbringen, wo noch Dieselbusse bestellt werden. Das beste Beispiel dafür ist Stuttgart. Eine Stadt mit massiven Problemen bei der Luftqualität (Talkessel) bestellt bei Daimler Dieselbusse weil die nichts anderes liefern können, und man wohl zwangsweise den ansässigen Hersteller unterstützt. Und wer regiert Stuttgart und das ganze Ländle? Welch ein Zufall: Die Grüüüünen!
150kW meint
„bestellt bei Daimler Dieselbusse weil die nichts anderes liefern können“
Wenn Daimler schon 2018 eCitaro nach Hamburg liefern konnte, sollte wohl Stuttgart grundsätzlich auch möglich sein.
Jörg2 meint
@150kW
Vielleicht reichen einfach die Produktionskapazitäten des eCitaro nicht aus um den aktuellen Bedarf der Stadt umfänglich und terminlich erfüllen zu können.
Wenn dem so ist, dann würde „nichts anderes liefern können“ eine richtige Beschreibung darstellen.
150kW meint
Dann sollte Peter W die entsprechenden Quellen bereit stellen.
Jörg2 meint
@150kW
Mit ein wenig Tante-GOOGLE findest Du das aber auch selbst.
(Meine Kurzsuche ergab: Stuttgart will e-Gelenkbusse, Daimler kann keine e-Gelenkbusse liefern. Stand 07/2018)
IsoOktan meint
Die neuen “ Dieselbusse“ für Stuttgart ( übrigens schon 2018 bestellt) ersetzen die alten Euro 3 Busse und stoßen nur ein Hundertstel an NO2 der alten Busse aus. Insofern ein deutlicher Fortschritt.
Raphael R meint
Die Streckenprofile und -längen spielen auch eine sehr wichtige Rolle. In hügeligen Regionen funktionieren diverse Konzepte mangels Reichweite nicht. Dieses Problem beginnt schon bei CNG-Bussen. Auch wenn man bei Gefälle rekuperieren kann, zuerst muss man es mal auf den höchsten Punkt schaffen. Aus Gewichtsgründen kann man ja nicht beliebig grosse Batteriekapazitäten installieren.
Die Stadt St. Gallen / Schweiz ist Vorreiter im Bereich Elektrifizierung des ÖVs, zudem topographisch sehr anspruchsvoll. Viele Linien sind mit Oberleitung elektrifiziert. Nun hat man auch einen reinen Batterie-Bus bestellt:
https://www.vbsg.ch/news/14/2019/03/mit-dem-e-bus-durch-das-klosterviertel.html
Nach 100 km muss der Bus bereits wieder aufgeladen werden. Das heisst nichts anderes, als dass bei einer vollständigen Elektrifizierung deutlich mehr Busse als heute in Reserve gehalten werden müssten.
Besserwisser meint
Man kann noch so viel Geld (für die Anschaffung) in die Förderprogramme schieben, wenn ich allein zwei neue Personalstellen im Betrieb schaffen muss um die Anträge zu bearbeiten und ja immer darauf achten muss, kein Förderschädliches Verhalten an den Tag zu legen indem ich gegen eine der Auflagen vertoße welche in den knapp 100 Seiten umfassenden „Nebenbestimmungen“ aufgeführt sind – dann ist und bleibt die Anschaffung für mich als Betrieb – unattraktiv!
Es gibt bei Steuern, Gewerkschaften, Versicherungen usw. schon genug kleinkarrierte Sachbearbeiter (die alle nur ihren Job machen) da muss man sich nicht auch noch jemand von einer Förderstelle auf den Bauch binden…
Wichtiger als mehr Geld wäre eine Vereinfachung des Verfahrens. Reduzierung des Formularschranks und eine deutlich seichtere Vorhabenbeschreibung etc…
Das ist es, was Unternehmen (nicht nur in diesem Bereich) abschreckt!
andi_nün meint
Kann dem Besserwisser nur zustimmen!
Die Busse müssen auf die Straße und nicht monatelange in der Garage geparkt bleiben, weil noch ein Formular im Nirgendwo stecken geblieben ist.
Echt mühsam, sind doch eh zum allergrößten Teil öffentliche Betreiber.
Jörg2 meint
Naja, nur, weil sich die Regierung ein Förderprogramm aus dem Hirn gedrückt hat, sind ja nun nicht alle Bestandsfahrzeuge plötzlich an ihrer Verschleißgrenze und gehören in die Presse.
Eine vorfristige Ausflottung einsatzbereiter Busse würde dem Grundanliegen (welches mehr ist, als lokal saubere Luft) ja ein wenig entgegen stehen.
Im Übrigen wird in der Busherstellung nach Auftrag produziert. Da steht eigentlich nichts ungenutzt in der Gegend rum. Sind schließlich keine ID.3. ;-))
IsoOktan meint
Stuttgart macht aber genau das. Noch komplett einsatzfähige Euro 3 Busse werden durch saubere Euro 6 Busse ersetzt.
Swissli meint
Halte mich schon lange an die Faustregel, dass von 1 subventionierten Euro am Ende nur 50 Cent ankommen, bzw. es wird zwar 1 Euro ausbezahlt, aber anderweitig (Verwaltung Staat, Mehraufwand in Unternehmen) zusätzlich 1 Euro Aufwand dazukommen. Subventionen sind deshalb volkswirtschaftlich gesehen eher schädlich als nützlich. Aber eben, jeder und jede hält trotzdem gerne die Hand auf. Politik, Wirtschaft und Bevölkerung sind insofern gesehen alle „korrupt“.
Jörg2 meint
Dazu kommt ja auch noch, dass oft Kofinanzierungen verlangt werden. Im kommunalen Bereich ist dann dann oft durch die klammen Kommunen nicht zu erbringen und am Ende wundert man sich mal wieder, dass Bundes- und Landesmittel nicht ausgeschöpft wurden.