Drei Jahre lange untersuchte das Zentrum für Angewandte Elektrochemie ZfAE, Teil des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung ISC in Würzburg, im EU-Projekt ABattReLife die Ursachen für Batteriealterung. Dafür standen dem Zentrum Altbatterien aus Elektroautos zur Verfügung, die ausführlich getestet und analysiert wurden. Im Journal of Energy Storage stellte das ZfAE seine Analyseergebnisse kürzlich im Detail vor.
In Deutschland stieg in den letzten Jahren die Nutzung von Elektrofahrzeugen wie Elektroautos oder E-Bikes kontinuierlich an. Umso größer ist der Bedarf nach sicheren, langlebigen und zuverlässigen Energiespeichern, die den Ausbau der Elektromobilität weiter vorantreiben. Hersteller fokussieren sich daher auf die Entwicklung von Batterien mit längerer Lebensdauer und größeren Reichweiten. Doch dafür müssen zunächst die Ursachen für Alterung und nachlassende Leistung von Batterien geklärt werden, um mögliche Gegenmaßnahmen ergreifen zu können.
Ab einer Restkapazität von 80 Prozent zeigen die meisten Batterien eine Änderung ihres Verhaltens: Ihre Leistungskurve erfährt einen deutlichen Knick und die nichtlineare, rapide Alterung beginnt. Um die Gründe für diesen Alterungsprozess herauszufinden, untersuchte das Zentrum für Angewandte Elektrochemie Altbatterien aus der ersten Elektrofahrzeuggeneration und hat sie mit eigens gefertigten Laborzellen gleicher Bauweise verglichen. Sowohl die gebrauchten Batterien als auch die laborgefertigten Zellen – die einer kontrollierten, schnellen Alterung unterzogen wurden – durchliefen verschiedene mechanische, thermische und chemische Tests, deren Ergebnisse das ZfAE anschließend für die Analysen der Zellveränderungen nutzte. Um eine ortsaufgelöste Untersuchung zu ermöglichen, wurden die kleinen Laborzellen aus verschiedenen Teilen der Elektroden gebaut.
Lithium-Plating beschleunigt Verscheiß
Die Wissenschaftler stellten fest, dass kurz vor dem Leistungsknick kleine Bereiche der Anode starke Beeinträchtigungen in Form eines metallischen Lithiumschleiers – das sogenannte Lithium-Plating – aufwiesen. Während die positive Elektrode kaum Veränderungen zeigte, war die negative Graphitelektrode durch Mikrorisse, Ablagerungen und das Lithium-Plating beeinträchtigt. Da das Plating teils irreversibel ist, griff der Vorgang im weiteren Verlauf auf benachbarte Bereiche über und die Batterie erreichte ihr Lebensende.
Für das Abscheiden von Lithium an der Anode und den damit verbundenen Leistungsknick sind insbesondere zwei Faktoren entscheidend: Zu schnelles Laden führt zur Abscheidung von Lithium-Metall, sodass für weitere Ladezyklen immer weniger Lithium zur Verfügung steht. Die Wissenschaftler des Fraunhofer ISC konnten mittels Computertomographie außerdem feststellen, dass die anfänglich betroffenen Bereiche durch einen Ableiter stärker komprimiert wurden als der Rest der Batterie. Daraus ließ sich schließen, dass der mechanische Druck eine lokale Überladung erzeugt, die zu massivem Lithiumverlust führt und diesen Bereich zerstört. Somit verstärkt oder verzögert ein entsprechendes Zelldesign den Alterungsprozess. Solche mechanisch nicht ausgereiften Batterien sind für eine mögliche Zweitverwendung – beispielsweise als stationäre Energiespeicher – ungeeignet.
Wie Lithium-Plating verhindert werden kann
Um das Lithium-Plating zu verhindern, können beispielsweise Batteriezellen gebaut werden, deren Ableiter so angebracht wird, dass lokale Verspannungen bzw. Druckspitzen vermieden werden können. Da auch zu hohe Laderaten, zu hohe Entladetiefen und zu niedrige Temperaturen den Alterungsvorgang beschleunigen, sollte darüber hinaus der Ladevorgang genau gesteuert werden, sodass Ladetemperatur, -geschwindigkeit und -spannung kontrolliert ablaufen.
Neben der Durchführung von Analysen und Tests zu bestimmten Batterietypen forscht das ZfAE an neuen Materialien und Zellkomponenten für leistungsfähigere und langlebigere Batterien. Dazu gehören funktionelle Schutzbeschichtungen für moderne Elektrodenmaterialien und Materialien für zukünftige Festkörperbatterien aus organisch-anorganischen Hybridpolymeren bis hin zu reinen Glaskeramiken, die eine hohe chemische Stabilität und damit eine längere Haltbarkeit gewährleisten.
Jens meint
Ist erstaunlich – bei Tesla wird was anderes erzählt: über 90% Batterieladung bei Temperaturen über 20 Grad und längeren Standzeiten sind schädlich – Schnellladen oder Langsam hat kaum Einfluss. Wenn man voll lädt, soll man gleich losfahren.
Priusfahrer meint
Obigen Artikel halte ich gerade in unserem Interessensbereich für SEHR wichtig. Wieder was gelernt !
Auf der Uni (Elektrotechnik) hatten wir im Scriptum über aktive und passive Stromspeicher, und Anode / Kathode die Eselsbrücke:
„Willst an (+) Strom oder willst kan (-) Strom.
Alois Ganglberger meint
In der Fachliteratur zur Batterietechnik wird die Pluselektrode als Kathode und die negative Elektrode als Anode beschrieben. Bei diesem Beitrag ist es allerdings umgekehrt! Wer hat jetzt recht?
Redaktion meint
Die Fachliteratur hat recht – wir haben die betreffenden Stellen entsprechend überarbeitet! Danke für den Hinweis.
VG
TL | ecomento.de
Roni meint
Die Langlebigkeit ist in der Tat eine wichtige Frage. Sie kollidiert allerdings mit der vorherrschenden Vorstellung von Qualität in der Autoindustrie, nach der die Lebensdauer eines Fahrzeugs 7 Jahre beträgt. Gemessen am Produktzyklus rentiert sich die Investition in eine länger haltbare Batterie für den Hersteller nicht.
Andilectric meint
Sehr guter und interessanter Artikel! Kann man daraus schließen, dass Schnellladung derzeit eher schädlich für die Akkus ist und im Umkehrschluss ein langsames Laden mit Haushaltsstrom schonender ist? Finde es sehr gut, dass sich das Institut mit dem Thema befasst! Mangelnde Zuverlässigkeit/Langlebigkeit der Batterien ist andernfalls nur Futter für die E-Auto-Skeptiker, die von den giftigen Akkumüllbergen schwadronieren.