„Das induktive Laden ist die Killer-Applikation“ für Elektromobilität, sagt Thomas Nindl, der für den US-Zulieferer Qualcomm in München am berührungslosen Laden für Elektroautos arbeitet. Noch vor fünf Jahren hätte es viele Bedenken gegenüber der Technologie gegeben: zu geringer Wirkungsgrad, gesundheitsgefährdender Elektrosmog, eine Todesfalle für Katzen und andere Kleintiere, die sich gerne unter Fahrzeugen aufhalten.
„Das haben wir heute total im Griff“, sagte Nindl einem Bericht von Firmenauto zufolge. Er will mit Qualcomm einen neuen „Standard für alle“ etablieren. Und standardisiert werden muss einiges. Etwa die Anordnung der Spulen in der Bodenplatte, wobei Qualcomm wie die meisten Konkurrenten auf die Form einer liegenden Acht vertraue. Mit dieser Geometrie, die auch einige Zentimeter Abweichung zwischen Empfänger und Sender sowie einen hohen Energiefluss erlaubt, werde „kaum Energie“ verloren, so Nindl. Auch auf WLAN als Standard bei der Kommunikation sowie eine Übertragungsrate von 85 Kilohertz habe man sich Industrie-weit bereits geeinigt.
Auch Fremdkörper zwischen den Platten wie Nachbars Katze seien kein Problem mehr: Radarsensoren und Metalldetektoren in der Bodenplatte können mögliche Gefahrenquellen, wie etwa einen metallischen Joghurtdeckel oder trockenes Laub innerhalb von Millisekunden wahrnehmen und den Stromfluss abschalten. Und wie trifft man als Fahrer die Bodenplatte optimal? Auch dafür hat Nindl bereits eine sehr bequeme Lösung: „In wenigen Jahren fährt das Auto ohnehin eigenständig auf die Bodenplatte. Der Fahrer kann vorher aussteigen und einkaufen gehen“, ist er sich sicher.
Nie wieder Stecker?
Qualcomm verfolge eine klare Strategie: Kabelloses Laden mit elf Kilowatt soll im öffentlichen Raum alltäglich und breit verfügbar werden, heißt es bei Firmenauto: auf Supermarkt-Parkplätzen etwa, vor Ampeln, an Bahnschranken und Taxiständen – und sogar während der Fahrt, was einen riesigen Vorteil mit sich bringe: „Wenn sich die Technik durchgesetzt hat, wird ein Auto vier-, fünfmal am Tag induktiv nachgeladen. Der Fahrer sieht nur den grünen Balken für den optimalen Zustand von 60 bis 70 Prozent Akkufüllung“, so Nindl.
Wer also keine Langstrecken fährt, müsse sein Elektroauto in Zukunft nur selten oder womöglich gar nicht an leistungsfähigere Stecker-Säulen anschließen. Und brauche auch nicht zwingend einen riesigen Akku im Fahrzeugboden, um über genug Reichweite zu verfügen, was Stromfahrzeuge wiederum billiger machen dürfte. Allerdings: All das ist Zukunftsmusik. Bis es wirklich soweit ist, werden noch einige Jahre wenn nicht Jahrzehnte ins Land gehen.
Anderas Bauer meint
Induktives Laden hat zu viele fundamentale Nachteile, die man nie zur Gänze überwinden wird können. Die einzige Möglichkeit elektrische Energie effizient zu übertragen ist durch eine leitende elektrische Verbindung. Daher finde ich automatisierte, konduktive Ladelösungen deutlich praktikabler wie das Startup NRG-X entwickelt. Hiermit können zukünftig auch Ladeleistungen von mehreren 100 kW erreicht werden.
Teilweise entfernt. Bitte verzichten Sie auf werbliche Links. Danke, die Redaktion.
Ralf Schoch meint
Ich finde diesen Ansatz absolut super. Für mich wäre es die einzige Möglichkeit eine Lademöglichkeit bei mir zuhause zu bekommen.
Ich habe einen eigenen Parkplatz, der aber durch einen Grünstreifen und einen öffentlichen Gehweg vom Mehrfamilienhaus getrennt (>8m) ist. Es ist nicht möglich eine Ladesäule auf dem Parkplatz selbst zu installieren. Zu wenig Platz. Und der Aufwand eine Ladesäule auf dem öffentlichen Gehweg genehmigen und dann installieren zu lassen möchte ich mir gar nicht ausmalen. Es wäre zwar sicherlich auch mit einigen Kosten und Aufwand verbunden die Zuleitung zu der Ladeplatte genehmigen und legen zu lassen, aber da ich damit nicht „auf“ öffentlichem Gelände bzw. Gemeinschaftseigentum wäre, wahrscheinlich schon viel einfacher. Und im optimal Fall könnte die Platte so in den Boden eingelassen werden und wäre damit sogar Vandalismus sicher ist.
Ich hoffe das tut sich noch etwas in der Ladetechnik und in den Köpfen der Politiker und Behörden, damit dem aufstellen von Ladeinfrastruktur nicht immer Steine in den Weg geworfen werden.
lo meint
Induktives Laden ist immer „Wechselstrom“. Da der Akku Gleichstrom braucht muss ein AC-DC Wandler (=Ladegerät) im Auto verbaut sein.
Thomas R. meint
Wie hoch ist denn der Wirkungsgrad beim induktiven laden?
Der Statistiker meint
Diese Technik wird das „Auftanken“ „Aufladen“ revolutionieren. Auch wenn sich das viele noch nicht vorstellen können – steckt sie ja noch in den Kinderschuhen.
Ja, sie wird viel Geld kosten. Ja, es dauert sicher lange bis sie flächendeckend verfügbar ist. Ja, es wird Verzögerer geben. Doch auch bei der Elektrifizierung der Straßenlaternen, beim Ausbau der Tankstellen, ja auch beim Ausbau von Autobahnen gab und gibt es solche Probleme.
Ich würde mir wünschen, dass wir mehr über die Möglichkeiten und vor allem über die Lösungen diskutieren. Lösungsorientiertes Denken heißt nicht die Probleme zu ignorieren, sondern deren Lösungen in den Vordergrund zu stellen.
Ich bin sehr gespannt wie schnell diese Technik voran schreitet und ob wir in 20 Jahren vielleicht ein Elektroauto zur Verfügung haben mit einer 30kWh Batterie, welches NIE wieder händisch aufgeladen werden muss…
Anonym meint
Dann machen Sie doch mal ein paar Vorschläge wie genannte und bereits bekannte Probleme zielkonform und nachhaltig gelöst werden könnten.
Der Statistiker meint
Die Technik wird sich entwickeln. Es wird Versuche geben die Aufmerksamkeit bei Investoren erregen. Danach wird sie vereinzelnd Einzug in den Garagen finden (BMW verkauft bereits ein Modell mit dieser Technik). Weiters wird der öffentliche Ausbau gefördert werden, sodass die Infrastruktur immer besser wird, bis es Modelle geben wird, bei denen der Akku wieder kleiner wird…
Und nochmals, die derzeitigen sogenannten „Probleme“ sind bei diesem Entwicklungsstand normal, und lösen sich oft auch von selbst (mit dem Forstschritt). Oder wollen Sie ernsthaft über Joghurtdeckel oder den ach so langsamen Ausbau diskutieren? Das bringt uns nicht weiter.
Wichtig wäre in diesem Zusammenhang noch die Standardisierung, sonst haben wir die gleiche Situation wie bei den Ladekabeln oder den Bezahlmöglichkeiten an der Stromtankstelle! Hier wäre die Politik gefordert, und zwar nicht die Deutsche, schon eher die EU-Politik bzw. die weltweiten Standardisierungs-Komitees.
EcoCraft meint
„auf Supermarkt-Parkplätzen etwa, vor Ampeln, an Bahnschranken“
Bin ja mal gespannt wie lange es dauert, bis man sich da über die Abrechnungsmodalitäten einig ist :D
Ohne Spaß – die Technik ist gut, richtig und wichtig – aber da es dabei um 100erte von Mrd. € gehen wird (immerhin soll es ja den gesamten Verkehr (wahrscheinlich nicht nur in Deutschland) und Treibstoff aller Fahrzeuge gehen). Nicht nur nachher für die Nutzung auch der Aufbau wird Billionen verschlingen!
Die Verlegung IN die bestehenden Straßen und Plätze dürfte unsummen kosten. Wenn man sich ansieht wie zarghaft heutzutage wirklich kaputte Straßen saniert werden (weil es zu vielo Geld kostet) dann frage ich mich, wer will für so eine Infrastrukturmaßnahme in Vorkasse gehen? Wenn man sieht wie zögerlich der Ausbau der Ladestationen voran geht… Der Staat wird es sicher nicht sein sowas muss von der Wirtschaft kommen – immerhin sind es auch die, die nachher damit Geld verdienen wollen und werden.
Und wenn man sich überlegt was Tankstellen heutzutage umsetzen und dies dann alles an die Stromfirmen gehen wird… Puh! Da wird mit harten Bandagen gekäömpft werden müssen.
Gunarr meint
Da nimmt jemand den Mund aber ganz schön voll. Das automatische Abbrechen des Ladevorgangs bei einer Störung ist sicher ein Fortschritt, aber keine Lösung. Stellt euch vor, ihr kommt aus dem Aldi und könnt nicht weiter fahren, weil der Wind einen Joghurtdeckel unters Auto geweht hat.
Eine „Killerapplikation“ wäre das induktive Laden während der Fahrt, am besten auf allen Straßen und mit über 100 kw.
lenzano meint
die 100kW sind sicher nicht je Auto gemeint oder?
In der Stadt braucht man zum Fahren/Geschwindigkeit halten 3-8kW Momentanleistung. Lediglich Beschleunigen verbraucht deutlich mehr.
Selbst auf der Autobahn braucht man um 120km/h dauerhaft zu fahren nicht mehr als 30kW Momentanleistung.
Daher braucht nach meiner Ansicht ein Auto zumindest in der Stadt nie eine Leistungsübertragung von mehr als 20kW – damit wird der Akku schon während der Fahrt voller anstatt leerer.
McGybrush meint
Auf Strassen macht es nur sinn wenn man steht, nicht wenn man nur drüber fährt.
An einer Ampel kann eine Platte regelmässig 90sek lang ein Auto laden. Auf der Autobahn nur 0.0? Sekunden. Zwar in schnelleren Intervallen aber dennoch ineffizienter von der Auslastung pro Spule. Sprich der Aufwand zu Errichtung der Ladeplatte steht in keinem Verhältnis zum Nutzen solange diese nicht beim Betonieren aufgedruckt werden kann. Von daher wird es erst mal in Garagen, dann auf Parkplätzen und erst dann evtl vor Ampeln Anwendungen finden.