Das chinesische Unternehmen CATL fertigt in Zukunft auch in Deutschland Batteriezellen für Elektroautos. In einem Interview hat sich Europachef David Huang zu den Plänen für das neue Werk in Thüringen, die Zusammenarbeit mit deutschen Autoherstellern und die Nachteile des Standorts Deutschland geäußert.
„Die geplante Fertigung ist nicht nur für unseren Konzern ein wichtiger Meilenstein, sondern hat auch eine große Bedeutung für die deutsche Automobilindustrie“, so Huang. „Wir bringen chinesische Technologie nach Deutschland, investieren hier und schaffen Arbeitsplätze.“ Gebaut wird das CATL-Werk über die nächsten drei Jahre in Erfurt.
Erfurt kann sich laut CATL über „rund 1000“ neue Arbeitsplätze freuen. Wie viele es genau werden, hänge von der Zell-Nachfrage ab. „Je nachdem werden wir die Produktion in Thüringen in Phasen hochfahren“, erklärte Huang. Der chinesische Manager merkte an: „Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Deutschland einer der teuersten Standorte in Europa ist. Das macht es auch schwierig.“
Dass die Wahl auf Erfurt fiel, begründete Huang mit dem Stand der Digitalisierung. CATL wolle „eine hochmoderne Smart Factory“ und gehe davon aus, dass mit der fortschreitenden Digitalisierung die Arbeitskosten eine immer kleinere Rolle spielen werden. Hinzu komme, dass die Bundesrepublik ein „stabiles politisches System“ und wirtschaftliche Stärke habe, was eine langfristige Planung ermögliche.
Die erste Phase der modular konzipierten deutschen CATL-Produktion soll Ende 2020 beginnen. „Das ist sportlich“, so Huang, „aber wir müssen dann loslegen, weil unsere Kunden es so wollen.“ Der erste Kunde wird BMW – die Bayern beziehen ab 2021 Zellen im Wert von 1,5 Milliarden aus der geplanten Fabrik in Erfurt. Zusätzlich zu BMW gebe es bereits „einen weiteren großen Autohersteller aus dem Norden Deutschlands“, sagte Huang.
Deutsche Autobauer ordern ihre Akkuzellen derzeit exklusiv bei asiatischen Produzenten. Auch hiesige Zulieferer meiden die Fertigung der wichtigen Elektroauto-Komponente – trotz Warnungen von Experten und Politikern, dass dadurch langfristig Wettbewerbsnachteile drohen. „Das ist deren Entscheidung“, kommentierte Huang das Zögern der einheimischen Autobranche. „Wir wollen mit unserem Produkt, unserer Technologie und unserer Risikobereitschaft den deutschen Markt beliefern. Da muss niemand beleidigt sein.“
ohase12 meint
irgendwie erinnert mich die Deutsche Autoindustrie an den Handyhersteller NOKIA der ein Telefon ohne Tasten für einen Blödsinn hielt.
das Ende ist allen bekannt…..
JuergenII meint
Wie naiv sind eigentlich unsere Politiker? Hier fehlt der wirkliche Weitblick um die wirtschaftlichen Weichen für die Zukunft zu stellen. Das betrifft aber nicht nur die Autoindustrie, das ist ein generelles Problem.
Ich zitiere hier mal aus einem Artikel der Wirtschaftswoche:
„Das Problem ist, dass ein kleines Oligopol von Zellherstellern den Markt mehr oder weniger nach Belieben beherrscht. Panasonic/Sanyo und Sony aus Japan, LG Chem und Samsung SDI aus Südkorea sowie eine Handvoll chinesischer Zellfabrikanten wie CATL und BYD haben zusammen mehr als 90 Prozent Marktanteil. Der Aufbau einer eigenen europäischen Zellfertigung liege im Interesse der europäischen Industrie, meint Felix von Borck, Geschäftsführer von Akasol.“
Hier der Link: https://www.wiwo.de/technologie/mobilitaet/batteriezellen-die-wollen-lieber-alle-mit-dem-diesel-in-rente/20943852.html
Warum das reiche Deutschland inkl. der noch wohlhabenden fossilen Autohersteller nicht ein gemeinsames Zellwerk errichtet ist wirklich fahrlässig. Zumal wir – zumindest in der Zellforschung – durchaus ernsthaftes Potential besitzen (siehe Frauenhofer etc.). In Schweden ist man wenigstens schon dabei.
Auf der anderen Seite kann ich es sogar verstehen. Die Musik – auch was den Absatz dieser Fahrzeuge anbelangt – spielt in China. Siehe VW, die dort ein eigenes Forschungszentrum aufbauen. Die anderen werden wohl folgen, denn der weltgrößte Absatzmarkt für E-Fahrzeuge liegt nun mal dort. Auch die Produktion der Fahrzeuge kostet nur einen Bruchteil von dem, was hier aufgewendet werden muss. Ego kann man sich leicht vorstellen, dass die weitere Zukunft der Autobranche in Europa max. das Assembling von vorgefertigten Teilen aus China bedeuten könnte. Zumindest bei den Fahrzeugen für den Massenmarkt. Luxusmarken dürften es leichter haben, die stellen aber nur einen kleinen Absatzmarkt weltweit da.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
CATL macht es genau richtig: Durch die klare Aussage aller deutschen Branchengrößen KEINE Zellfertigung in Deutschland aufzubauen, hat CATL in diesem Punkt schon mal Planungssicherheit. Die hohen deutschen Löhne relativieren sich durch andere Vorteile des Standorts Deutschland.
Suzanne meint
Nicht der Standort ist teuer, sondern die Arbeitskräfte – und wenn man fast keine davon braucht, ist es egal wo die Fabrik in der Welt steht. Da ist es wichtiger, dass sie sich in einer politisch stabilen Region befindet, gute bzw kurze Transportwege gibt und das entsprechende Know how Vorgehen ist.
Die Aussage sie brächten chinesische Technologie nach Deutschland, muss glaube ich nicht weiter kommentiert werden…
Tesla-Fan meint
Uns wurde doch immer erklärt, das Deutschland viel zu teuer sei für die Produktion von Zellen. Jetzt kommen die Chinesen und bauen einfach ein Werk in Erfurt.
Ob die das nicht gewußt haben?
Arbeiten die Erfurter etwa für chinesische Löhne?
Beides wird nicht der Fall sein – man hat uns vorher plump angelogen weil man verhindern oder verzögern will!
150kW meint
Wo hat sich dadurch irgendwas verzögert?
McGybrush meint
Soweit ich weiss konnte ich mir die Elektrische A-Klasse die 1997 mit einem damaligen Weltrekord ganze 200km um Stuttgart gefahren ist nie kaufen.
Am Ende wurde die als E-Auto konzipierte A-Klasse dann ohne Akku verkauft und ist deswegen auch umgekippt. Vor 20 Jahren war man also schon kurz davor. Aber man hat es Verzögert indem man ein damaliges Gesetz in Kalifornien kippen konnte. Somit war die Elektrische A-Klasse und der Opel EV-1 Geschichte. Also mehr Verzögern geht nicht.
Ebenso. Alle feiern 2008 den Tesla Roadster. Keiner hat sich für diese Marktlücke, die keine Nische ist, interessiert.
Tesla-Fan meint
@McGybrush
Das war eine rhetorische Frage von 150kW.
Eigentlich will er nur spielen.
150kW meint
@McGybrush
Was hat das mit einer Zell-Produktion zu tun?
ulli0501 meint
Hallo zusammen,
ich kann Fritz und Lewellyn nur zustimmen. Ich bin aber wenigstens froh, dass neue Arbeitsplätze entstehen und nicht noch die Mitarbeiter aus China mitkommen.
Wenn jetzt noch kein Aufwachen ist wann dann ?
Remo meint
Wenn ich mir hier die Kommentare so durchlese, bekomme ich das Gefühl, dass hier jeder glaubt mehr Ahnung von Zellfertigung und Finanzen zu haben als die Topmanager der Autoindustrie.
Wenn das mit der deutschen Zellfertigung so einfach wäre, dann würde die schon gebaut werden. Glaub doch bitte nicht, dass ihr die Strategien und Investitionspläne der Konzerne besser überschaut als deren Manager.
Fritz! meint
Hmm, an welche richtig guten und durchdachten Entscheidungen der Top-Manager der Auto-Hersteller erinnert mich das?
Evtl. an Betrugssoftware bei VW? Das war also eine durchdachte Entscheidung?
Oder an zu kleine AdBlue-Tanks bei allen Dieseln und Herstellern? Auch eine tolle Idee?
Oder, jetzt gerade aufgedeckt, an die Absprachen von ABM, auf jeden Fall und zum Nachteil der gesamten Bevölkerung Partikel-Filter im Benziner zu verhindern?
Und noch mehr Beispiele, daß man sich bei sehr vielen Entscheidungen der Topmanager der PKW-Industrie nur auf deren Geld- und Boni-Geilheit verlassen kann, auf mehr nicht.
Peter W. meint
Da kann ich Fritz nur recht geben. Die Manager hätten erkennen müssen, dass Betrug vielleicht kurzfristig gewisse „Probleme“ überbrücken könnte, aber auf lange Sicht nicht funktionieren kann. Man hat einfach zu hoch gepokert, und verloren.
Ob die jetzige Denkweise „Die Rendite muss stimmen, also stur den Kurs halten“ auf Dauer zum Erfolg führen wird, muss man genau so anzweifeln.
Von Weitsicht und klugen Entscheidungen ist weit und breit nichts zu erkennen.
150kW meint
„Und noch mehr Beispiele, daß man sich bei sehr vielen Entscheidungen der Topmanager der PKW-Industrie nur auf deren Geld- und Boni-Geilheit verlassen kann, auf mehr nicht.“
Ich dachte die Hersteller sollen eigene Zell-Fertigung machen weil es da so tolle Wertschöpfung gibt? Was wäre das anderes als „Geld- und Boni-Geilheit“?
Und warum fertigt bis auf BYD sonst keiner eigene Akkus?
Fritz! meint
Keiner hat gesagt, die deutschen Hersteller sollen die Akkus selbst bauen, weil sie sich damit dumm & dusselig verdienen. Sie sollen die Akkus bauen, um die immer größer werdende Abhängikeit von asiatischen und amerikanischen Akku-Herstellern zu verringern. Ein wesentlicher Teil der Wertschöpfung eines E-Autos ist und bleibt der Akku. Und den aus der Hand zu geben ohne Not ist einfach kurzfristiges Boni-Denken und keine kluge Entscheidung. Die hochkomplexe Diesel-Technik haben die deutschen PKW-Hersteller ja auch nicht dan Chinesen geschenkt sondern, schön für sich behalten.
150kW meint
„Keiner hat gesagt, die deutschen Hersteller sollen die Akkus selbst bauen, weil sie sich damit dumm & dusselig verdienen. Sie sollen die Akkus bauen, um die immer größer werdende Abhängikeit von asiatischen und amerikanischen Akku-Herstellern zu verringern.“
Was hab ich von einer geringeren Abhängigkeit wenn die Zellen nicht mehr Wettbewerbsfähig sind? Genau deshalb hat doch Nissan das eigene Zell-Geschäft aufgegeben. Jetzt sollen andere noch mal den gleichen Fehler machen?
„Und den aus der Hand zu geben ohne Not ist einfach kurzfristiges Boni-Denken und keine kluge Entscheidung. “
Die Not ist aber da: Wettbewerbsfähige Autos verkaufen.
Und noch mal: Bis auf BYD baut KEINER eigene Zellen.
Thrawn meint
Ob die Zellfertigung nun schwierig ist oder nicht – wann haben sich deutsche Ingenieure je von etwas abhalten lassen weil es technisch „schwierig“ ist? Wir wären nicht da wo wir jetzt sind wenn früher so gedacht worden wäre. Leider geht die Entwicklung davon weg, hin zu den Hosenscheißern und -allen voran- Bedenkenträgern.
Die wahren Gründe warum hier keiner eine Zellfertigung aufbauen will, sind wohl eher
– Das kostet erstmal und stellt ein Unternehmerisches Risiko dar. Shareholder Value orientiertes Denken. Unternehmerisch Mittel- bis langfristig war mal früher. Alles was nicht kurzfristig Gewinn verspricht, wird nicht gemacht. Ein paar Mutige probieren es schon, andere ignorieren es bewusst.
– Festhalten an Altbewährtem. Man glaubt immer noch, BEVs wären eine vorüber gehende Erscheinung. Wozu also investieren? Das legt sich doch wieder.
Deswegen taucht sowas in den Investitionsplänen und Strategien nicht auf. Aber gut, jeder wie er mag. Die natürliche Auslese wird’s bereinigen, so oder so.
Fritz! meint
Das mendelt sich raus.
Leider nehmen die kurzsichtigen deutschen Boni- und Geld-geilen Manager aber einen ganzen Haufen gute Arbeiter & Ingenieure mit in den Abgrund. Das regt mich auf. Wenn die Fehlentscheidungen von Winterkorn & Konsorten nur ihn selbst betreffen würden, wäre mir das völlig egal. Aber es ist eben genau andersherum, es betrifft (fast) nur die anderen, nie die, die die falschen Entscheidungen getroffen haben. Nun, mit Stadler hats endlich mal einen Richtigen erwischt.
Thrawn meint
Da stimme ich Ihnen voll zu!
150kW meint
„Aber es ist eben genau andersherum, es betrifft (fast) nur die anderen, nie die, die die falschen Entscheidungen getroffen haben.“
Und daher sagen dann so viele Tesla Fans man sollte doch lieber die Teslas kaufen, denn da kommt zumindest das Auto aus den USA und die Zellen aus Japan (Model S/X) oder USA (Model 3). Ein Auto was in Deutschland produziert- und Zellen aus Ungarn (Samsung), Polen (LG) oder Deutschland (CATL) drin hat, wäre dagegen ja fatal.
Fritz! meint
an 150kw: Mal wieder das Problem nicht verstanden, oder?
Fritz! meint
Und, viel schlimmer, die bringen ihre eigenen Maschinen von chinesischen Maschinenbauern mit. Die lassen nur das nötigste hier in Deutschland fertigen. Bis vor kurzem kamen fast alle Maschinen zur Fertigung von Akku-Zellen noch aus Deutschlands Mittelstand.
Lewellyn meint
Das ist die traurigste Überschrift, die ich in Bezug auf deutsche Technik je gelesen habe.
Gunarr meint
Was ist daran so schlimm? Die Asiaten übernehmen doch nur die Arbeit, auf die die Deutschen keine Lust haben. Ich drücke ihnen jedenfalls die Daumen, dass das Projekt ein Erfolg wird.
Peter W. meint
Stimmt, Gunarr! Keine Lust, kein Risiko eingehen, und die alte Kuh melken bis sie keine Milch mehr gibt. Nach mir die Sintflut.
Swissli meint
Traurig fand ich gestern eher die Meldung, dass die EU Strafzölle auf E-Bikes eingeführt hat! Einfach lächerlich. Manche „gestrige“(?) wünschen sich sowas wohl auch für Zellen, Smartphones, E-Autos und und und…
Und was ist eigentlich mit der glorreichen übersubventionierten deutschen Solarindustrie geworden? Tot! Ohne günstige Solarpanels aus China wäre die dt. Energiewende noch um Faktoren teurer geworden.
Zellfertigung hat durchaus ein paar Risiken:
1. hohe Investitionshürde (x Mia.) für ein Produktionswerk
2. sehr dynamische technologische Entwicklung (heute top, Morgen Flop weil übermorgen die Superzelle entdeckt werden wird)
3. volautomatisiertes Massenprodukt mit tiefer Marge
4. hoher Wettbewerb („es kochen alle nur mit Wasser“), mal ist der eine etwas vorn, mal der andere. Wir haben schon jetzt mehrere Mitbewerber aus Japan, China und Südkorea die sehr kompetitiv sind.
5. Zellen sind relativ austauschbar… die meisten Autohersteller setzen u.a. auch darum auf verschiedene Zelllieferanten (natürlich auch um nicht von einem abhängig zu sein).
Wieso fordert hier eigentlich niemand, dass Gummi für deutsche Autoreifen ausschliesslich in D von dt. Firmen aus dt. Rohstoffen produziert werden müssen? Oder Stahl/Alu für die Karosserie muss zwingend dt. Stahl sein, produziert mit dt. Energie aus Kohle…
Peter W. meint
CATL macht das genau richtig. Warum auf irgendwelche „Zukunftszellen“ warten, wenn man jetzt (ab 2020) schon große Mengen Akkus benötigt. CATL wird, wie jeder Andere auch, nach und nach die Leistungsfähigkeit der Zellen erhöhen. Mit welcher Zellchemie das erfolgt ist egal, die Fabrik und die Infrastruktur wird jetzt erstellt, und ist über Jahre hinaus ein Wettbewerbsvorteil. Unsere PKW-Hersteller können dann mit hängender Zunge und viel Geld hinterherhecheln und die Krümel aufsammeln die liegen bleiben.
Fritz! meint
Und der Weg zur Feststoff-Batterie geht über die LiIOn-Batterie. Je mehr Erfahrung ich dort habe, desto eher ist das ein Vorteil für die Massenfertigung der Feststoff-Batterie.