PowerShift – ein Verein für „ökologisch-solidarische Energie- & Weltwirtschaft“ – und die kirchlichen Hilfswerke Brot für die Welt sowie Misereor untersuchen in einer neuen Studie den Rohstoff- und Energieverbrauch der deutschen Autoindustrie und die damit verbunden Auswirkungen auf Klima, Umwelt und die Menschenrechte im Globalen Süden. Ein rascher Umstieg vom Verbrennungsmotor auf Elektrotechnik ist demnach dringend geboten, kann viele Nachhaltigkeitsprobleme aber nicht lösen.
„Die Zahl der in Deutschland zugelassenen Autos muss drastisch reduziert werden“, sagt Merle Groneweg von PowerShift. „Elektroautos mit Akkuspeicher sind zwar ökologisch die derzeit beste Option, um Verbrennungsmotoren zu ersetzen, aber auch sie verbrauchen endliche Rohstoffe in hohen Mengen.“ PowerShift spricht sich daher dafür aus, Autos in der Stadtplanung, bei der Straßenverkehrsordnung und der Finanzierung der Infrastruktur nicht mehr zu priorisieren.
Für die Produktion von Batterien und Elektromotoren sind neben Kupfer und Stahl Spezialmetalle wie Kobalt, Lithium, Graphit und Nickel erforderlich. Der Verbrauch von Lithium in Elektroautos etwa könnte durch die steigende Verbreitung der Elektromobilität laut PowerShift die heutige Produktion im nächsten Jahrzehnt um ein Vierfaches übersteigen. Auch der erwartete Kobaltverbrauch liege deutlich über den derzeit geförderten Mengen.
„Beim Abbau dieser Rohstoffe werden oft Böden, Wasser und Luft verseucht und den umliegenden Gemeinden die Lebensgrundlagen entzogen. Umweltschützer und Menschenrechtsverteidiger sehen sich vielfach Repressalien ausgesetzt“, so Sven Hilbig, Referent für Rohstoffe und Handel bei Brot für die Welt.
„Deutsche Autobauer haben erkannt, dass sie die Herkunft der Rohstoffe und die menschenrechtlichen Auswirkungen nicht länger ignorieren können“, sagt Armin Paasch, Referent für Wirtschaft und Menschenrechte bei Misereor. „Vor Ort hat sich für die Betroffenen aber wenig verändert. Deutsche Unternehmen müssen gesetzlich verpflichtet werden, für die Achtung der Menschenrechte in ihrer Wertschöpfungskette Sorge zu tragen.“
Aufgrund des überwiegend fossilen Strommix bewertet die Studie auch den hohen Energiebedarf für Elektroautos als „problematisch“. Zudem seien selbst erneuerbare Energien aufgrund des Flächen- und Rohstoffverbrauchs nicht unbegrenzt verfügbar. Der zusätzliche Strombedarf für Verkehr und Wärme übertreffe in Deutschland die Ausbauziele für erneuerbare Energien deutlich, so die Studienautoren. Sie betonen, dass die Nachhaltigkeit von Strom-Importen bisher keineswegs gewährleistet sei.
hu.ms meint
Einer der für mich entscheidenden punkte ist, dass die leute zu weit von ihren Arbeitsplätzen entfernt wohnen.
Die leute bauen heute noch EFH weit entfernt vom Arbeitsplatz und das einpendeln mit dem eigenen fahrzeug wird sogar steuerlich begünstigt.
Ich habe z.b. nur 8 km.
Meist mit dem Fahrrad (ohne Motor) und 3er fahrgemeinschaft.
Nur einmal die woche allein mit pkw, wg. transportmenge beim einkauf.
Realist meint
Diese Studie ist meiner Meinung nach vollumfänglich zutreffend, nachvollziehbar und ausgewogen.
Sie spricht auch die für manchen unangenehme Wahrheit an/aus, dass es so nicht weitergeht wie bisher.
Es kann nicht sinnvoll sein, wenn Millionen Menschen tagtäglich zig Milliarden Kilometer mit dem Auto zur Arbeit pendeln und das seit Jahrzehnten.
Mein ganz persönlicher Eindruck ist rein subjektiv, dass der Verkehr morgens immer früher immer mehr wird.
Man stelle sich die Situation in 10-15 Jahren vor. Da braucht man kein Hellseher oder Wissenschaftler sein, dass dies so nicht weiter gehen kann.
Die Politik wäre hier gefragt, regulierend einzugreifen – wie auch in der Studie gefordert.
Leider zur sich da wenig bis gar nichts.
10 Euro Kindergeld mehr und Renten Erhöhung.Ein paar Millionen für Ladestationen und Akku Forschung, okay aber viel zu wenig, zumal das Problem grundsätzlich schon lange bekannt ist.
Was nutzen den Bürgern all die schönen gut oder schlecht bezahlten Jobs(zu denen fleißig gependelt wird), wenn absehbar das Klima immer unangenehmer wird durch Dürre, Feuer. Sturm und/oder Hochwasser.
Es muss sich tatsächlich etwas grundsätzlich ändern und das möglichst schnell.
Gunter meint
Einige der Konklusionen, die ich aus der Studie ableiten würde, wären :
– die Zahl der Autos verringern
– lange Strecken sind zu vermeiden (nimm Bahn + Auto am Zielort z.B.)
– kleinere Autos (grosse Autos noch stärker besteuern)
– UND : E-Autos mit kürzerer Reichweite (z.B. 150 -200 km) durch stärkere Incentive begünstigen.
… alles eine Sache von Rahmenbedingungen (Politik) sprich Incentive, Abgaben, öffentlichen Verkehr ausbauen bzw. subventionieren
Aber der erste Schritt ist erst einmal, der Übergang zu E-autos… und zwar so rasch wie möglich
Christian meint
Zahl der Autos verringern oder Zahl der im Beruf eingesetzten Fahrzeuge verringern, heißt für mich: statt Individual- auf Dualverkehr, dh. 2 Personen an Bord. Wie man das erreicht kann sich die Politik überlegen. Über stark erhöhte variable Kosten geschieht das bei Verbrennern irgendwann am Ende des Öls von ganz alleine, aber warum so lange warten, Klimaziele wollen auch erreicht werden.
Railfriend meint
Brot für die Welt urteilt grundsätzlich zutreffend. Wer zu Recht klima- und umweltverträglichere Mobiltät fordert = EE-Mobilität, sollte dabei jedoch nicht einfältig auf E-Mobilität setzen:
https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/stadtwerke-augsburg-biomethan-schlaegt-elektromobilitaet,R8q8Kik
Remo meint
+1
Jörg2 meint
Der verlinkte Artikel:
Eine recht einseitige Erfolgsbetrachtung. Da sagt der kommunale Betreiber der Biomethanbusflotte, dass es bei ihm funktioniert und erklärt (zwischen den Zeilen) alle Entscheider anderer Kommunen, die sich für einen anderen passenden Weg entscheiden, für dumm. Gründe für deren Fehlentscheidung hat er auch gefunden: „Elektrolobby“ (wer immer das auch ist).
Kurz zum Biomethan: Die bereitstellbaren Mengen sind sehr übersichtlich (wenn nicht auch Nahrungsmittelanbauflächen umgenutzt werden). Interessiert an dieser Art der Verbrennungsmotorennutzung haben u.A. die Verbrennungsmotorenhersteller.
Railfriend meint
Bleiben wir bei den im video genannten Fakten: Die Förderung von E-Bussen gegenüber Biomethan-Bussen ist einseitig und die Begründung dazu fadenscheinig.
Die Biomethanmengen aus Reststoffen reichen potentiell für die Substitution von bis zu 50 % des Dieselkraftstoffbedarfs im Lkw-Verkehr. Rund ein Sechstel der Biomethanmenge würde ausreichen, um damit den gesamten Güterbahnverkehr zu fahren.
https://www.br.de/fernsehen/das-erste/sendungen/report-muenchen/alternative-biomethan-104.html
https://www.handelsblatt.com/unternehmen/mittelstand/familienunternehmer/muellentsorger-rethmann-gas-aus-biomuell-koennte-den-diesel-ersetzen/23182804.html?ticket=ST-3486039-qFy7PWV1XPsLVnnRN0Hq-ap1
E-mil meint
Die in der Studie angesprochenen Nachhaltigkeitsprobleme gibt es
tatsächlich bei der E-Mobilität deutlich weniger als bei der fossilen
Mobilität.Nach dem jetzigen Stand der Batterieforschung (siehe z.B.
Meldung electrive-net vom 23.11.18. Kathodenmaterial:BASF will auch
Nickelanteil senken) vermindert sich der Nickel- und Kathodenanteil
beständig und wird zukünftig womöglich ganz hinfällig.Der gesamte
Strom kann für alle Bedürfnisse nach gesicherter Erkenntnis der
Wissenschaft in naher Zukunft solar erzeugt werden.Technisch gelöst
hängt das nur noch vom politischen Willen ab,den die Groko und ihre
Regierungen seit Jahren nicht mehr hat,sondern rückwärts gewandt
die Klimakatastrophe sehenden Auges in Kauf nimmt aus Willfährigkeit gegenüber der Fossilindustrie. Die Studie läßt auch völlig außer acht,dass durch Recycling der Batterie alle darin enthaltenen Stoffe nahezu verlustfrei wieder verwertet werden können,wie auch alle Metalle der Elektromotoren und das Kupfer der Kabel.(Hingegen verschwindet bei den Verbrennern insbesondere das für die Katalysatoren zur Abgasreinigung erforderliche Platin unwiederbringlich
mit dem Abgas.) Was bei der E-Mobilität wie in der gesamten Wirtschaft noch gelöst werden muss,ist schadstoffreies biologisch abbaubares Plastik.
der Fossilindustrie
Sebastian meint
Ist heutzutage jede Meinung schon eine Studie? Bitte einfach die Originalpublikation bzw. das Originalpaper verlinken. Ich würde mir das gerne selbst durchlesen und mir vor allem die Quantifizierung ansehen sofern überhaupt eine gemacht worden ist.
Aber ansonsten bin ich auch der Meinung, dass E alleine nicht die Lösung ist. Trotzdem müssen wir schnellstmöglich aufhören fossile Energieträger zu verbrennen.
ecomento.de meint
Die Quellenangaben finden sich bei uns immer links unterhalb des Artikels – in diesem Fall:
https://power-shift.de/neue-studie-weniger-autos-mehr-globale-gerechtigkeit-diesel-benzin-elektro-die-antriebstechnik-allein-macht-noch-keine-verkehrswende/
VG
TL | ecomento.de
Gunter meint
Ja, man sollte wirklich die Original Studie genau durchlesen. Sie ist aus meiner Sicht ausgewogener als der Bericht, der diesen ja kommentiert. Die „Studie“ ist m. E. ein wichtiger Beitrag zur Debatte rund um die e-Mobilität. (scheint nicht „gegen e-Mobilität zu sein“ weist aber auch auf mögliche negative Auswirkungen hin).
Resumee : ganz allgemein sollte die Zahl der Autos und die Länge der gefahrenen Strecken reduziert werden, egal welches Auto. Das sollte sich die Politik mal klar machen !
Chris meint
„PowerShift spricht sich daher dafür aus, Autos in der Stadtplanung, bei der Straßenverkehrsordnung und der Finanzierung der Infrastruktur nicht mehr zu priorisieren.“
Endlich hats mal jemand erkannt. Man muss Autos nicht nur nicht priorisieren in der Stadtplanung, sondern nahezu ausschließen.
„Deutsche Unternehmen müssen gesetzlich verpflichtet werden, für die Achtung der Menschenrechte in ihrer Wertschöpfungskette Sorge zu tragen.“
Das interessiert im Umkehrschluss andere Länder wie bspw. China dagegen herzlich wenig. Und wenn jetzt wieder das Argument der Voreiterrolle bemüht dem sei gesagt, dass dies weder USA, noch Russland, noch China noch irgendein sonstiges Land je interessiert hat, was wir uns anmaßen besser zu wissen.
jpo234 meint
Mit autonomen Fahrzeugen wird die Dominanz des Autos eher zunehmen. Die Zulassungszahlen könnten aber durch große Flotten wirklich drastisch sinken.
Chris meint
Vielleicht sollte man auch das unterbinden. Aber von der Autonomie sind wir so weit entfernt, dass bis dahin längst die Schiene wieder gewonnen haben könnte. Außerdem ist das eine politische Entscheidung, nicht die Entscheidung der Autos.
Jörg2 meint
@Chris
Ich hoffe, es ist letztendlich auch eine Entscheidung der Käufer/Nutzer.
Schon heute ist es ja so, dass Anfänge des autonomen Fahrens, wenn verbaut, durch die Fahrer genutzt werden.
Wenn dieses Erlebnis positiv ist, wird es letztendlich für Kaufentscheidungen relevant und damit für den Wettbewerb der Hersteller.
Die gesetzlichen Regularien werden der Grauzonennutzung des „autonomen Fahrens“ zwar hinterherhinken, aber immer auf Tuchfühlung bleiben.
Hier in D wird die nationale Autoindustrie den gestzgeberischen Prozess entsprechend ihres Entwicklungsstandes beeinflussen.
Nationen ohne eigene Autoindustrie sind hier freier, eventuelle Neuerungen von sonstwo in nationales Recht zu gießen.
Chris meint
@Jörg2
„Ich hoffe, es ist letztendlich auch eine Entscheidung der Käufer/Nutzer.“
Ist es nicht, sonst würde es bis heute keine BEV’s geben. Zumindest nicht in Deutschland.
„Schon heute ist es ja so, dass Anfänge des autonomen Fahrens, wenn verbaut, durch die Fahrer genutzt werden.“
Assistenzsysteme sind nicht mal im Ansatz anfänge vom Autonomen Fahren. Ich verstehe nicht, warum dieser Irrglaube sich so durchgesetzt hat, vermutlich wegen Teslas Marketinggewäsch.
„Hier in D wird die nationale Autoindustrie den gestzgeberischen Prozess entsprechend ihres Entwicklungsstandes beeinflussen.
Nationen ohne eigene Autoindustrie sind hier freier, eventuelle Neuerungen von sonstwo in nationales Recht zu gießen.“
Du hast nicht verstanden, worauf mein Kommentar abzielte. Mein Kommentar zielte nicht darauf ab, dasss der Gesetzgeber autonomes Fahren verhindern kann, sondern er kann entscheiden, welche Beförderungsmethode in Städten genutzt werden soll. Und hier ist autonomes Fahren definitiv nicht angebracht, sondern der ÖPNV. Zumal wir vom autonomen Fahren als alltägliches Fortbewegungsmittel mal noch mindestens 50 Jahre weg sind.
Thrawn meint
Sehe ich genauso.
Städte müssen für Menschen da sein, nicht für Autos.
Es macht keinen Sinn, jetzt alles mit E-Autos voll zu stellen. Auch wenn das der weltweiten Autoindustrie nicht gefallen mag: Jedem seine eigene Karre, die 95% Ihrer Zeit rumsteht, ist ein Anachronismus den man nicht wirklich mehr braucht. Mobilität kann von autonomen Fahrzeugen als Service in nicht allzu ferner Zukunft sehr gut geleistet werden. Das, in Verbindung mit besserem öffentlichen Personennah- und -fernverkehr würde die Zahl der Fahrzeuge dramatisch verringern und Platz zum Leben schaffen. Wenn ich von A nach B will, wo ich nicht mit dem Fahrrad oder Öffi hinkomme, rufe ich mir ein Fahrzeug. Punkt.
Von mir aus kann das lieber heute statt morgen sein. Auf den Kapitalvernichter eigenes Auto würde ich gerne verzichten und mein Geld lieber für was sinnvolles ausgeben.
JoSa meint
Mit den Autos die man einfach so rufen kann, hab ich meine Probleme.
Wenn man die ganzen gestörten Typen von der Nutzung solcher Fahrzeuge ausschließen könnte, bin ich dabei. Aber ich möchte nicht in einer vollgesiften und stinkenden Mülltonne durch die gegend Fahren. Mir reicht schon die U-Bahn.
Und selbst wenn der Innenraum Kameraüberwacht ist werden es einige Spezialisten schaffen die Fahrzeuge zu versauen.
Chris meint
Das ist dein Problem, was du willst. Hierbei geht es aber nicht um deine Komfortzone sondern darum, was Stadtbewohnern zu Gute kommt, und das sind keine rufbaren Autos.