Wissenschaftler aus Würzburg, Bayreuth und Helsinki wollen zusammen mit finnischen Firmen im Rahmen eines auf drei Jahre angelegten Forschungsprojekts an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg eine neue Generation von Lithium-Ionen-Akkus entwickeln. Das Ziel: sichere, kompakte und leistungsfähige Energiespeicher.
„Lithium-Ionen-Akkus sind seit 1991 auf dem Markt, es gibt sie also schon relativ lange“, so Projektleiter Torsten Staab. Seitdem seien die Energieträger kontinuierlich verbessert worden, allerdings im Prinzip immer auf Basis der bestehenden Technik. Der Aufbau ist dabei stets gleich: Eine Anode gibt beim Entladen Elektronen ab, die durch einen äußeren Stromkreis zur Kathode wandern – Strom fließt und treibt die entsprechenden Geräte an. Zum Ausgleich wandern positiv geladene Lithium-Ionen durch ein spezielles Medium – den Elektrolyten – zur Kathode. Beim Laden des Akkus nehmen sie dann den umgekehrten Weg.
In heutigen Akkus ist der Elektrolyt flüssig und leicht entflammbar. Deshalb können Zellen überhitzen, wenn sie beschädigt, kurzgeschlossen oder falsch geladen werden. Dies kann zu irreparablen Schäden bis hin zum Aufplatzen der Zellen oder sogar zu Bränden führen. Das internationale Forscher-Team arbeitet daran, die bisherigen brennbaren flüssigen Elektrolyte durch einen keramischen Feststoff-Elektrolyten zu ersetzen.
„Diese Akkus wären inhärent sicher, da sie nur noch Substanzen enthalten, die nicht mehr so leicht in Brand geraten können“, verdeutlicht Staab. Darüber hinaus hätten sie dank der neuen Materialien eine höhere Energiedichte, könnten also mehr Energie in einem gleich großen Akku speichern – und damit etwa die Reichweite von Elektroautos erhöhen.
Hoher technischer Aufwand
Bei der Frage nach dem optimalen Aufbau von Elektroden und Feststoff-Elektrolyt kommt der Würzburger Lehrstuhl für Chemische Technologie der Materialsynthese ins Spiel. „Wir sind für die mikroskopische Charakterisierung der verwendeten Materialien verantwortlich“, so Staab. Das Wissen um die mikroskopischen Eigenschaften der Akku-Bestandteile wird anschließend mit den elektrochemischen Eigenschaften der Batterie-Zelle in Bezug gesetzt; die Ergebnisse sollen dazu beitragen, die Produktionsprozesse der Industriepartner zu verbessern.
Der technische Aufwand ist enorm: Stickstoff-Sorption, Röntgen-Kleinwinkel-Streuung und Positronen-Vernichtung setzen die Wissenschaftler als Analysemethoden ein. „Damit die Lithium-Ionen durch den Feststoff-Elektrolyten wandern können, müssen in dessen Gitterstruktur freie Plätze vorhanden sein“, erklärt Staab. Konkret handelt es sich um Fehlstellen in der ansonsten regelmäßigen Gitterstruktur, die den Ionen – je nach Art der Fehlstelle – eine schnellere oder langsamere Bewegung durch den Festkörper ermöglichen. Sie „springen“ von einem freien Gitterplatz zum nächsten. Die Bestimmung dieser Leerstellendichte und ihre Charakterisierung wird unter anderem Aufgabe der Würzburger Physiker sein.
Mit Hilfe von experimentellen Methoden und rechnerischen Verfahren wollen Staab und sein Team auch die atomare Umgebung einzelner Elemente aus dem Elektrolyten und den Elektronen charakterisieren, um so die Materialeigenschaften besser verstehen und die Herstellungsprozesse optimieren zu können.
Produktionstaugliche Verfahren
„Wir betreiben hier aber nicht nur Materialforschung auf höchstem Niveau. Für uns ist besonders auch der Übertrag in die Anwendung von großer Bedeutung. Neue Materialien müssen also später auch von den Kosten her wettbewerbsfähig und in einem industrierelevanten Maßstab produzierbar sein“, ergänzt Lehrstuhlinhaber Gerhard Sextl die Anforderungen an das Projekt. Neben den optimal eingestellten Materialien sei deshalb eine kostengünstige, produktionstaugliche Herstellroute wichtig.
Eine der finnischen Partnerfirmen wird dazu das Verfahren der „Pulsed Laser Deposition“ weiterentwickeln: Hier werden die Elektroden und der Feststoffelektrolyt direkt in ihrer passenden chemischen Zusammensetzung „geschrieben“. Dieses Verfahren hat gegenüber der üblichen Pulverroute für die Herstellung von Feststoffelektrolyten wesentliche Vorteile: Eine nachträgliche Wärmebehandlung ist laut den Forscher nicht notwendig, es gebe zudem keine schlecht leitenden Festkörperbrücken zwischen Aktivmaterial-Partikeln.
Prototypen sind das Ziel
Ergänzend zu der Entwicklung und Erforschung von Feststoff-Elektrolyten auf Keramik-Basis werden die Forscher der Uni Würzburg gemeinsam mit Werkstoffexperten vom Fraunhofer ISC einen Polymer-Elektrolyten entwickeln – eine Art Kunststoff, aufgebaut aus anorganischen und organischen Komponenten. Dieser wird zwar nicht exakt die gleichen Eigenschaften haben wie ein keramischer Elektrolyt, ließe sich aber technisch leichter und kostengünstiger verarbeiten. Anschließend soll dessen Eindringverhalten in die Akkuelektroden untersucht werden, da nur eine sehr gute Verbindung der einzelnen Komponenten einen perfekten Lithium-Ionen-Transfer in der Akkuzelle garantiert.
Am Ende des Projekts sollen sowohl für das Keramik-System als auch für den Polymer-Elektrolyten je ein Prototyp für eine neue, sichere Akkuzelle präsentiert werden sowie ein produktionstaugliches Herstellverfahren.
Stephan Köhler meint
Qing Tao Energy Development
die bauen so etwas ähnliches schon in Kleinserie, da werden bei uns gerade mal die Fördermittel zur Forschung genehmigt…
Peter W meint
Wahnsinn!!! Ich bin begeistert, dass es tatsächlich Forscher gibt, die an besseren Lions arbeiten. Wer hätte das gedacht.
Ich frage mich was diese Überschrift soll.
nilsbär meint
Subventionierte Batterie-Forschungen, auch als Kooperationen, gibt es in Europa seit vielen Jahren. Mit derart bescheidenen Erfolgen (wenn dieses Wort hier überhaupt angebracht ist), dass sich jetzt niemand in Europa eine Zellfertigung für Autobatterien zutraut, obwohl der Hut brennt. Was ist nur los mit unserer Forschung? Ich weigere mich zu glauben, dass es nur mehr in Amerika und Asien fähige Wissenschaftler gibt.
Is nu so ~ meint
Wenn Wiss.-techn. ! Zusammenarbeit in die richtige Richtung geht – um neue Wege zu finden
für “ das ZIEL : sichere, kompakte und leistungsfähige Energiespeicher “ und dazu „produktionstaugliche Herstellverfahren“ zu entwickeln ,
dann kann es in Europa doch noch was werden. – (mit weniger technolog. Abhängikeit)
Leonardo meint
Wunderakku Nr. 783
Oder hab ich mich verzählt?
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Ja, aber es ist ja auch richtig und notwendig, das Thema Akku weiterzuentwickeln,
Für mich ist interessant, dass auf der einen Seite unser Akku-Superminister Peter Altmeier 1.000 Millionen (1 Mrd. klingt nach so wenig) Euro an Subventionen in der deutschen Industrie versenken will, auf der anderen Seite arbeiten staatlich finanzierte Uni-Lehrstühle mit weitaus geringerem Budget ebenfalls an diesem hoch spannenden Thema, allerdings mit ausländischen Firmen (hier finnisch). Ich finde internationale Zusammenarbeit sehr wichtig, zumal die Probleme / Aufgabenstellungen grenzübergreifend sind, aber worauf warten eigentlich die deutschen Unternehmen. Wahrscheinlich muss sich aus ihrer Sich der politische Geldhahn direkt und ausgiebig direkt über ihrer Chefetage öffnen. Das Erpresser-Argument „Verlust von deutschen Arbeitsplätzen“ zieht gerade gut, wenn man schon spät dran ist im internationalen Vergleich.
El Commandante meint
„Eine Anode gibt beim Entladen Elektronen ab, die durch einen äußeren Stromkreis zur Kathode wandern“
Das ist meines Wissens nach falsch… die Kathode ist der Minuspol, und der gibt die Elektronen ab, die dann Richtung Anode wandern…
Die „technische Stromrichtung“ ist von Plus nach Minus, ja, aber die Elektronen wandern von Minus nach Plus, also von der Kathode Richtung Anode…
Steffen H. meint
Jein, beide irgendwie richtig…
Wenn man die Zelle von innen betrachtet, ist die Kathode die Elektrode, zu der die Kationen (positiv geladene Ionen) wandern (Kathode=> neg. geladen).
Beim Entladen finden sich an der Kathode die Kationen aus dem Elektrolyt (innen) und die Elektronen zusammen und bilden wieder ungeladene Moleküle.
Da die Elektronen nicht durch die Zelle wandern können, müssen sie durch den äußeren Stromkreis zur Kathode.
D.h. von außen gesehen ist die Kathode der Pluspol („Elektronensenke“) der Zelle,
die Anode der Minuspol („Elektronenquelle“).