In den Aufbau einer deutschen Produktion von Elektroauto-Batteriezellen kommt zunehmend Bewegung. Anders als einzelne Zulieferer und Stromer-Startups weigern sich die etablierten Autohersteller zwar weiter, die wichtige Komponenten selbst zu fertigen – sie signalisieren aber zunehmend Diskussionsbereitschaft. Auch BMW.
Beschlossen ist der Einstieg in die Zellherstellung noch nicht, der BMW-Vorstand schließt eine solche Maßnahme aber offenbar nicht mehr kategorisch aus. „Wir streiten intern noch über die Batteriezelle“, sagte Aufsichtsrat Horst Lischka dem Handelsblatt. Der Münchener Chef der IG Metall macht seit Monaten gemeinsam mit Betriebsratschef Manfred Schoch Druck auf die BMW-Führungsetage, heißt es.
BMW baut die Batterien für seine Elektroautos wie die deutsche Konkurrenz selbst zusammen und optimiert die Technik des Gesamtpakets. Die im Kern eingesetzten Zellen stammen exklusiv von asiatischen Zulieferern. Lischka und Schoch fordern, dass der bayerische Autobauer in die Produktion von Energiespeichern einsteigt. „Wir werden alles daransetzen, das durchzusetzen“, erklärte Lischka.
Der BMW-Aufsichtsrat fürchtet, dass das Unternehmen Gefahr läuft, „bei Mengen und Preisen von Koreanern und Chinesen abhängig zu werden“. Der Vorstand sieht die Situation entspannter und lehnt eine eigene Batteriezellfertigung bisher ab. Stattdessen schlossen Konzernchef Harald Krüger und sein Team im letzten Jahr einen Liefervertrag über vier Milliarden Euro mit dem chinesischen Anbieter CATL – der baut nun in Erfurt eine „deutsche“ Zellfabrik. Auch Daimler soll mit dem asiatischen Akkufertiger verhandeln.
Die großen deutschen Automobilhersteller argumentieren mit Blick auf die Zellfertigung, dass das Know-how wichtiger als die Produktion ist. Man könne mit genügend Wissen am Markt stets die technologisch besten Produkte beziehen, ohne das Risiko und die Investitionen einer eigenen Fertigung stemmen zu müssen. BMW, Daimler und auch Volkswagen investieren dazu bereits umfangreich in die Zellforschung und den Aufbau von Pilotfabriken.
Zumindest bei BMW könnte es bald einen Strategiewechsel geben: Der neue Einkaufsvorstand Andreas Wendt soll den Auftrag erhalten haben, die Lage auf dem Batteriezellmarkt neu zu bewerten. Bereits im letzten Jahr schlossen die Bayern eine Allianz mit dem schwedischen Batteriespezialisten Northvolt sowie dem belgischen Materialtechnologie- und Recyclingkonzern Umicore. Ziel der Partnerschaften ist die Entwicklung von Batteriezellen und der Aufbau von Fertigungstechnik.
Tommy meint
Die Autohersteller fertigen die Batterien in China weil die Kosten dort niedriger sind !!!
Warum kommt das I Phone aus China und das Know-how aus den USA ?
Genau so ist es bei den Autobatterien . Ein Großteil der Zulieferer für Verbrenner arbeitet für ein Apfel und ein Ei . Diese werden aber bald nicht mehr in dem Maße gebraucht . Also muss das Geld wo anders verdient werden. Wer glaubt das z.B. VW eine Batteriefertigung in Deutschland macht , bei Stundenlöhne jenseits der 30 Euro , wenn das wo anders viel billiger geht.
Außerdem gibt es bei der Herstellung von Batterien in Deutschland Auflagen für die Mitarbeiter ( Atemschutz bei der Produktion) und für die Umwelt. Diese gibt es meines Wissens nach in China so nicht. Die Autokonzerne werden weiter ihr Geld verdienen, es werden nur immer weniger Menschen in Deutschland dafür gebraucht.
Simon meint
Hoffe die setzen sich durch. Wäre für mich sicher auch ein Kaufgrund wenn die Zelle auch aus Europa und von einer Europäischen Firma kommt.
Andreas meint
BMW-Aufsichtrat……….ohne Worte…………Ist irgendwie noch noch nicht bei denen angekommen, dass der Akku das zentrale Element der E-Mobilität ist. Ein Trauerspiel………….
Düsentrieb meint
‚Man könne … stets die technologisch besten Produkte beziehen, ohne das Risiko und die Investitionen einer eigenen Fertigung stemmen zu müssen.‘
Und damit preislich und mengenmäßig aber abhängig bleiben
Swissli meint
Ist eben eine Risikoabwägung. Offenbar ist heute das Abhängikeitsrisiko kleiner als das Investitionsrisiko für eigene Zellproduktion.
Gestern hat Tesla die Firma Maxwell für 200 Mio. $ gekauft. Dass der Zellmarkt sich rasch ändert, ist tatsächlich ein reales Risiko.
Jedenfalls interessante Zelltechnologie (leichter, günstiger, langlebiger):
„Maxwell claims that its electrode enables an energy density of over 300 Wh/kg in current demonstration cells and they see a path to over 500 Wh/kg.
This would represent a significant improvement over current battery cells used by Tesla and enable longer range or lighter weight, but that’s not even the most attractive benefit of Maxwell’s dry electrode.
„They claim that it should simplify the manufacturing process and result in a “10 to 20% cost reduction versus state-of-the-art wet electrodes” while “extending battery Life up to a factor of 2.”“
Nils Frederking meint
Es ist durchaus auch möglich, dass diese Technologie das Thermomanagement vereinfacht und sich dort dann auch Gewicht und Energie sparen lässt. Es sind die vielen kleinen Verbesserungen, die bei Tesla zu der ausgezeichneten Effizienz führen.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Vielen Dank für diese Info.
Diese Aktion von Tesla zeigt, wie wichtig es ist, Zelltechnologie durch eigene Erfahrung und eigenes Wissen bewerten zu können, um so eine Chance, die sich jetzt z. B. mit Maxwell geboten hat, sofort durch einen Kauf zu besiegeln.
Der VDA-Schnarchclub wird das Ganze wahrscheinlich übermorgen oder in 2 Wochen aus der gedruckten Ausgabe der FAZ erfahren; und schon wieder hat sich Tesla 3 Jahre „Vorsprung durch intelligentes und schnelles Handeln“ gesichert.
alupo meint
Bei Artikeln über den zukünftigen Wunderakku bin ich inzwischen immer sehr vorsichtig, auch bei Tesla.
Vor einigen Jahren hatte Jeff Dahn, damals Professor in Kanada, auch eine tolle Zelle für über 4,5 V bei verbesserter Zyklenzahl auf Youtube vorgestellt.
Seit 1-2 Jahren forscht er für Tesla und die neueren 2170-Zellen haben wohl immer noch die „alte Chemie“ verbaut.
Nicht dass ich mich nicht freuen würde wenn es denn bald klappen würde, egal bei wem (muss ja nicht immer bei Tesla bzw. Panasonic sein), aber ich bin eben skeptischer geworden mit den Jahren. Ich glaube an Evolution, Revolutionen sind einfach viel seltener.
Aber ich hoffe auf eine Akkurevolution, obwohl dann mein 90-er Akku bzw. das Auto sicher an Wert verlieren würde;-). Aber das wäre es mir zum Wohle aller Wert.
Peter W meint
Ein Risiko einzugehen ist für eine deutsche Automobil-AG natürlich keine Option. Es wäre eine Katastrophe, wenn man den Aktionären wegen hoher Investitionen die Dividenden vorübergehend kürzen müsste. Nicht auszudenken, welche Folgen das für die gut betuchte Gesellschaft hätte.
JürgenV meint
Da stimme ich zu 100% zu. Man stelle sich vor, die Dividende würde nur zum Kauf einer voll ausgestatteten Oberklasselimousine reichen und nicht für eine aus dem absoluten Luxusbereich.
Die Damen und Herren, die so entscheiden, haben ja schließlich für Generationen ausgesorgt. Was kümmert sie da das „Personal“
Swissli meint
Da muss ich Recht geben: der Autoindustrie steht der grösste Wandel seit 100 Jahren bevor, um die nächsten 100 Jahre aufzugleisen. Die Umstellungen erfordern Innerhalb weniger Jahre einiges an (vorzeitigen) Neuinvestitionen, Abschreibungen auf die alte Technologie werden das Ergebnis zusätzlich belasten. Andererseits hab ich dann auch Verständnis, dass man sich nicht auch noch gleichzeitig das Risiko einer eigenen Zellproduktion aufhalsen möchte.
Bisher setzen alle Autohersteller ausser Tesla auf Zelleinkauf. Vielleicht ist und bleibt das der Normalfall. Reifen produziert ja auch kein einziger Autohersteller selber, wozu auch?
alupo meint
Auch Tesla kauft die Zellen m.W. nur zu, bisher für ihre eAutos ausschließlich von Panasonic.
Ich halte aber diese langjährig gewachsene Partnerschaft in der Gigafactory aber für belastbarer, auch noch wegen der m.M.n. dafür geeigneteren japanischen Mentalität.
Auch Tesla forscht intensiv selbst an der Zelle, siehe die Einstellung von Prof Jeff Dahn.