Der chinesische Akkufertiger CATL baut in Thüringen eine Fabrik für Batteriezellen. Die Konstruktion der neuen Produktionsstätte soll noch in diesem Jahr starten, mit BMW steht der erste Großkunde bereits fest. Wie jetzt bekannt wird, sollen die Investitionen deutlich höher als ursprünglich geplant ausfallen.
CATL will 2021/22 die ersten Batteriezellen für Elektroautos in Thüringen herstellen. Baubeginn für den Standort, der auf etwa 70 Hektar in der Nähe des Erfurter Autobahnkreuzes entsteht, könnte noch in diesem Herbst sein, sagte der Europa-Chef von CATL, Matthias Zentgraf, am Donnerstag auf dem Branchentag Automotive Thüringen in Erfurt.
„Wir arbeiten derzeit an einem Aufbauplan, wie wir schneller in Erfurt präsent sein können“, so Zentgraf. Er rechnet damit, dass die Akku-Fabrik – abhängig von der Nachfrage am Markt – Mitte des nächsten Jahrzehnts ausgebaut sein wird. „Für Thüringen ist das die bedeutendste Industrieinvestition der letzten Jahre“, so der Wirtschaftsminister des Landes Wolfgang Tiefensee Ende 2018.
CATL (Contemporary Amperex Technology) hat aufgrund der wachsenden Zahl von Elektroautos in Europa seine Investitionspläne und die zu erwartende Beschäftigtenzahl in Thüringen nach oben korrigiert: Statt der zunächst geplanten 240 Millionen Euro sollen laut Zentgraf in den nächsten fünf Jahren 1,8 Milliarden Euro investiert werden. Mittelfristig werde die Fabrik für Lithium-Ionen-Batterien 2000 Mitarbeiter beschäftigen.
Das CATL-Werk in Thüringen wird der erste europäische Produktionsstandort für die Fertigung von Batteriezellen des Unternehmens. Der Schwerpunkt der Investition liegt den Chinesen nach auf der automatisierten Produktion und intelligenten Herstellung der Zellen. Forschung und Entwicklung, Qualitätskontrolle und hochwertige Dienstleistungen spielten dabei eine große Rolle. 2025 soll am Standort auch eine Recyclinganlage für Akkus gebaut werden.
Als ersten Kunden der neuen deutschen Fabrik konnte CATL im letzten Jahr BMW gewinnen: Die Bayern haben Zellen im Wert von 1,5 Milliarden Euro für ab 2021 kommende Elektroautos und Plug-in-Hybride bestellt. BMW-Entwicklungschef Klaus Fröhlich hat kürzlich erklärt, dass der Autobauer maßgeblich daran beteiligt gewesen sei, dass CATL die Akku-Fertigung in Erfurt ansiedelt.
Deutsche Autohersteller und Zulieferer scheuen die Kosten und Risiken der Produktion von Batteriezellen für Elektroautos, der Markt wird daher von Unternehmen aus China, Japan und Korea dominiert. Damit die hiesige Autobranche keine entscheidenden Wettbewerbsnachteile erfährt, forciert Wirtschaftsminister Altmaier derzeit mit Hilfe einer Milliardenförderung Konsortien für eine lokale Akku-Fertigung. Zuletzt hat zudem Volkswagen verkündet, im nächsten Jahrzehnt Batteriezellen auch selbst fertigen zu wollen.
Daniel meint
Ich finde es immer wieder „lustig“, wie hier von vielen Kommentatoren über die deutsche Automobilindustrie hergezogen wird, weil sie keine eigene Zellfertigung hat. Mit fällt weltweit eigentlich nur eine Marke ein, die evtl. eigene Zellen fertigt – BYD. Auch Tesla lässt sich seine Zellen und sogar den ganzen Akku von Panasonic fertigen. Da sind die deutschen schon weiter. Es vor Kurzem gab es plötzlich Gerüchte, dass Tesla in Zukunft evtl. eigene Zellen fertigen wird. Alle Autobauer egal ob Deutsche oder Chinesen oder Koreaner oder Japaner kaufen ihre Zellen und evtl. ganze Akkus von Unterlieferanten. Von daher haben die deutschen Automobilbauer im internationalen Vergleich gar nichts verschlafen.
151kW meint
Naja, es ist schon ein riesiger Unterschied, ob ich mit einem eng verbundenen Hersteller in meinen Fertigungsstätten von beiden entwickelte Zellen nur für mich fertigen lasse oder einfach irgendwo auf der Welt freie Kapazitäten zukaufe, die der jeweilige Akku-Herstller dann meistbietend an den Mann bringt. Tesla kann bestimmte Stückzahlen die nächsten Jahre garantieren, alle deutschen Hersteller nicht, wie man ja am e-tron wunderbar sieht, bei dem aufgrund fehlender Akkus die Produktion massiv zurückgefahren wurde.
Daniel meint
Das geht aber nicht nur den deutschen Autobauern so. Ich bin ja bei dir, dass es sinnvoll sein könnte diesen Teil der Wertschöpfung selbst zu generieren. Es ist aber keine Situation, die nur die deutschen Autobauer betrifft, was in den Kommentaren aber immer rüberkommt (siehe Hyundai, Kia, etc.).
Jörg2 meint
@Daniel
Da hast Du recht. Auch andere sind bei den Zellen von Zulieferern abhängig.
Das macht die Abhängigkeit von VW&Co aber nicht besser.
Wenn es eng eird auf dem Markt und das Gerangel um Zellen losgeht, wird das den Preis treiben (bis hin zum Endprodukt) und wir können uns dann ansehen, ob die Asiaten eher ins eigene Land ausliefern, nach Asien oder an die Langnasen.
150kW meint
“ Auch andere sind bei den Zellen von Zulieferern abhängig.“
„Andere“ sind aber 99% aller Hersteller.
„eher ins eigene Land ausliefern, nach Asien oder an die Langnasen.“
Die Firmen wollen zukünftig Gewinne mit der Zellproduktion erwirtschaften. Auf Gewinne zu verzichten weil ein Kunde aus dem gleichen Land kommt, ist da wohl eher nicht angesagt. Ist auch eher unrealistisch die Zellen aus Europa nach Asien zu bringen.
Jörg2 meint
@150kW
Bitte nochmal über die Eigentums- und Geschäftsführungsverhältnisse bei der Produktion der TESLA-Zellen informieren.
Wenn der Abnehmer im eigenen Land identische Preise zahlt, könnte das der bevorzugte Abnehmer sein.
150kW meint
Wie will Tesla Stückzahlen garantieren? Wenn Panasonic nicht die bestellen Zellen liefert haben sie sie nicht.
Musk selber hat im übrigen selbst gesagt das es derzeit an Zellen mangelt und nicht so viele hergestellt werden wie geplant und Investitionen gestoppt wurden.
Jörg2 meint
@150kW
Das ist ein JV zw. TESLA und PANASONIC.
Musk hat gesagt, Zellen sind ein Flaschenhals, die GF arbeitet nicht am Maximum. Bis dieses Maximum nicht erreicht ist, will Musk nicht weiter investieren.
PANASONIC hat gesagt, dass man sich mit TESLA über die weitere Entwicklung einig ist.
150kW meint
„Das ist ein JV zw. TESLA und PANASONIC.“
Das so aussieht das Tesla die Halle stellt und Panasonic darin Zellen herstellt.
Jörg2 meint
Meine Horrorvorstellung:
Das wird die Melkstation und der Nasenring für die deutschen Autoindustrie.
In China wird man VW&Co mit Auflagen kommen und sie steuern und auf der gewünschten Größe und Ertragslage halten.
In Europa wird man über die Zellproduktion tief in die Geschäftsmöglichkeiten und Preisgestaltungen der Hersteller eingreifen.
nilsbär meint
Volle Zustimmung. Und ich glaube nicht, dass China einen Handelsstreit mit der EU in dieser Sache scheut.
Auch in den USA wird gegen Tesla (+Rivian? +Ford?) bei den E-Autos wenig zu holen sein.
Gunarr meint
Mein Mitleid mit der deutschen Autoindustrie hält sich in Grenzen.
151kW meint
Hausgemachte Probleme der bisherigen deutschen „Spitzenmanager“, denen mehr an ihren Boni als einem langfristigen Erfolg ihres Arbeitgebers liegt…
der Wartende meint
Die sachlichen Fragen die sich mir stellen sind folgende:
– fehlt in Deutschland schlicht die Kompetenz die CATL hat
– wie groß sind die Subventionen die hier von Thüringen oder dem Bund fließen
– wie stark wird CATL vom Chinesischen Statt auch hier in Deutschland subventioniert
– wie soll das bei in Deutschland üblichen fast 30 Eurocent pro KWH überhaupt funktionieren / Befreiung von EEG?
Ich selbst glaube das CATL mittlerweile eine Expertise in der Zellfertigung hat, die es bei keine deutschen Unternehmen gibt. Bei den standortabhängigen Kosten können aber auch die nicht zaubern… eigentlich.
Heureka meint
Stromkostenintensive Unternehmen können auf Antrag von der EEG-Umlage befreit werden. Darüber hinaus wird ein Unternehmen wie CATL mit den zu erwartenden hohen Verbrauchswerten auch seinen Strom zu einem – selbst international – wettbewerbsfähigen Preis beziehen können.
nilsbär meint
Sehe ich auch so. Die deutsche Autoindustrie wird in den nächsten 20 Jahren für ihre Versäumnisse bitter bezahlen müssen. Nicht so sehr im kleinen deutschen Markt, aber in USA und China. Gegen Tesla bzw. BYD, Geely, SAIC u.a. wird auf deren Heimmärkten keine E-Dominanz möglich sein. In Europa kommen die Chinesen langsamer in Fahrt als erhofft/befürchtet. Da wurde zunächst mal viel heiße Luft produziert. An den drastischen Preiserhöhungen der vorgestellten Modelle von Aiways, Polestar, Byton u.a. wird deutlich, dass auch dort nur mit Wasser gekocht wird.
Trotzdem müssen VW, BMW, Daimler u.a. darauf hoffen, dass die chinesische Regierung wirklich den Fokus von den BEV nimmt (was ich nicht glaube). Sonst gehen bei uns verdammt viele Lichter aus.
Jörg2 meint
Ich glaube, der Fokus wird im PKW- und ÖPNV-Bereich in China beim BEV verbleiben.
Die jetzigen (für chinesische Verhältnisse zaghafte) H2-Programme sind der Hinwendung zur Wind- und Solarenergiegewinnung geschuldet. H2 wird hier als Auffang von Überkapazitäten gesehen. Wie der H2 dann zum Einsatz kommt (großtechnisch zurück ins Stromnetz und/oder kleinteilig per BZ in LKW….) ist da erstmal nicht so wichtig.
S. FOCUS vom heutigen Tage „Deutschland streitet noch über E-Autos, da plant China die nächste Auto-Revolution“
alupo meint
Das ist jetzt endlich eine ernstzunehmende $$$-Größenordnung. Der Vergleichsmaßstab dazu war, ist und bleibt bis auf weiteres immer noch die >5 Milliarden $ der Gigafactory 1.
Der vorherige Betrag von CATL war einfach nur lächerlich klein.
Schade aber, dass es die Chinesen sind. Aber besser sie als gar nichts in Deutschland. Thema: Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach.
Es gibt noch viel zu tun, sehr viel, falls man eine zukünftige Industrienation Deutschland haben möchte. Man kann aber Deutschland auch als Agrar- und Tourismusland strategisch plazieren. Dann sollten wir Deutschen beim letzten Ziel aber etwas freundlicher gegenüber Ausländern werden ;-).
cafedelsol meint
Deutschland ist mit 30 Mio Touristen im Jahr eines der meistbesuchten Länder der Erde! Im internationalen Ranking belegt Deutschland damit den 3. Platz von 136 Ländern.
Egon meier meint
Dann haben die Ambitionen von VW und Bundesregierung in Sachen Förderung einer ‚deutschen‘ Zellproduktion schon erster Erfolge.
Die asiatischen Hersteller produzieren in Deutschland und demonstrieren damit, dass das möglich ist …
komisch … ich denke das wäre unmöglich???
Oder bauen die leere Hallen und labeln nur die chinesischen Zellen um?
Sledge Hammer meint
… und das ganze auch noch CO2 neutral … das muss unmöglich sein!!!
150kW meint
„komisch … ich denke das wäre unmöglich???“
Niemand zweifelt das man so was aufbauen kann. Es gibt Zweifel das das nachhaltig wirtschaftlich ist. Und diese Frage wird erst in etlichen Jahren zu beantworten sein.
Leser meint
Wer es nicht probiert hat schon verloren. Immer nur sagen, vielleicht, eventuell, möglicherweise nicht rentabel und daraufhin es sein zu lassen erzeugt eben sowas. Es werden ander kommen, Fabriken bauen und unsere Autoindustrie schaut in die Röhre..bzw bezahlt hohe Preise…nicht nur für die Akkus auch in Richtung überleben.
So ist es eben, wenn man nur von Quartal zu Quartal für die Aktionäre wirkt.
Sledge Hammer meint
jemand der fast 2 Milliarden Euro in die Hand nimmt, der WEISS dass das nachhaltig wirtschaftlich ist. Die Zellen sind ja alle schon verkauft bevor das Gebäude überhaupt steht. Die Frage der Rentabilität ist schon beantwortet.
151kW meint
Aber anscheinend nicht für die Spitzenmanager der deutschen Verbrenner-Industrie. Früher gehörte BWL mal zu den Kernkompetenzen dieser Manager, inzwischen ist da nur noch Boni-Geilheit übrig…
Effendie meint
Das Problem sind BWLer . Die rechnen und sagen nö das rentiert sich nicht. Die denken nur bis zum nächsten Quartal. Visionen mit langer Vorlaufzeit hat bei solchen Denken keine Chance und so sind unsere ganzen Spitzenmanager getrimmt.
150kW meint
„Die Zellen sind ja alle schon verkauft bevor das Gebäude überhaupt steht“
Wie viel Jahrzehnte an Zell-Produktion wurden denn schon verkauft?
Man sieht doch schon an der Reaktion von LG auf die Pläne von VW mit einem anderen Partner zusammen Zellen zu Produzieren wie denen die Muffe geht. Die haben mit rieseigen Investitionen was aufgebaut und haben Angst das LANGFRISTIG nicht auslasten zu können.
„Die Frage der Rentabilität ist schon beantwortet.“
Man kann auch was unrentabel verkaufen.