Nach mittlerweile über 11.000 eingeflotteten Elektro-Transportern der Tochter StreetScooter will die Deutsche Post das 2014 übernommene Startup neu und größer ausrichten. Auch ein Verkauf ist im Gespräch, aktuell wird jedoch ein Partner aus der Automobilbranche bevorzugt. Der neue StreetScooter-Chef Jörg Sommer hat in einem Interview mit der WirtschaftsWoche über den aktuellen Stand gesprochen.
Das Kernmodell von StreetScooter, der kompakte Batterie-Lieferwagen Work, soll auch international gebaut und vertrieben werden. Die kürzlich vorgestellte neue Generation des Fahrzeugs bietet erstmals eine Klimaanlage, um auch in Ländern mit höherer Luftfeuchtigkeit und Temperatur wettbewerbsfähig zu sein. Künftig wird sich die Marke laut Sommer weiter auf möglichst robuste und minimalistische Lösungen für den Transporteinsatz konzentrieren.
Sommer wechselte im März vom kalifornischen Elektro-Nutzfahrzeughersteller Chanje an die Spitze von StreetScooter. Zuvor war der studierte Betriebswirt und Maschinenbauer bei Daimler, Renault und VW tätig. Beim Vorantreiben von StreetScooter wird er in den nächsten Jahren mit deutlich mehr Wettbewerb zu tun haben, als es früher in der Branche der Fall war.
Angesprochen auf die neue Konkurrenz durch etablierte Hersteller und Startups gab sich Sommer entspannt. Zwar habe etwa die neue US-Firma Rivian einen Großauftrag über 100.000 Elektro-Transporter von Amazon erhalten, dieser komme aber erst ab 2021 auf die Straßen. StreetScooter habe bereits heute über 12.000 Fahrzeuge im Markt, „und wir kennen uns bei der Umstellung großer Flotten auf Elektromobilität aus“, sagte Sommer. Er glaube daher, dass StreetScooter auch in den USA „ein wesentlicher Spieler werden kann“.
Zunächst Post-Transporter & China im Fokus
Noch vor der Expansion in die Vereinigten Staaten steht der Eintritt in den chinesischen Markt an. Dort will StreetScooter eine Fabrik bauen und für die lokalen Ansprüche zugeschnittene Elektro-Transporter auf Basis des Work anbieten. „China ist die führende Nation in der Elektromobilität, der Markt ist extrem groß. Da sind unsere Planungen eher konservativ“, so Sommer. Große Flottenbetreiber seien bereits sehr interessiert.
StreetScooter profitiere davon, dass die Deutsche Post mit den Fahrzeugen zufrieden sei. In den nächsten Jahren wird der Logistikkonzern weiter im großen Stil E-Transporter der Aachener Tochter in Betrieb nehmen. Die von Amazon bestellten Rivian-Transporter will der E-Commerce-Gigant bis 2030 beziehen – bis zu diesem Zeitraum bewege sich StreetScooter mit der Post „in ganz ähnlichen Größenordnungen“, erklärte Sommer.
Ein großer Vorteil von StreetScooter sei, dass das Unternehmen nicht nur Elektrofahrzeuge anbietet. Man könne die Kunden auch bei der Umstellung der Flotte auf Elektroantrieb unterstützen, etwa, wenn diese ganze Depots elektrifizieren wollen und eine ausgeklügelte Ladestrategie benötigen. „Dazu braucht man Software, Technologie und Know-how. Das hat Streetscooter im Laufe der Jahre gelernt und das kann kein anderer anbieten“, meinte Sommer.
Der neue Chef will StreetScooter unabhängiger von der Deutschen Post machen. Der Konzern bleibe zwar ein wichtiger Kunde und strategischer Investor, „aber um das weitere Wachstum zu gestalten, suchen wir jetzt zusätzliche Partner“, sagte er. Sommers Aufgabe sei, StreetScooter in die nächste Wachstumsphase zu bringen und weiter zu internationalisieren. Dazu, welche weiteren Firmen oder Investoren dabei in Zukunft mitwirken könnten, wollte er sich nicht äußern.