Das wichtigste Bauteil von Elektroautos ist die Batterie, die Branche setzt dabei derzeit auf Lithium-Ionen-Speicher. Viele Unternehmen arbeiten bereits intensiv an neuen Akku-Typen, deren Marktreife lässt aber noch auf sich warten. Porsche berichtet in einer ausführlichen Meldung („Die perfekte Zelle“) über den aktuellen Stand der Lithium-Ionen-Technologie, lässt Experten zu Wort kommen und gibt einen Ausblick auf mögliche Innovationen.
Mit dem Taycan (abgebildet) liefert Porsche seit mehr als einem halben Jahr sein erstes Serien-Elektroauto aus. Bei der Sportlimousine steht neben der Fahrdynamik und alltagstauglichen Reichweiten schnelles Strom zapfen im Fokus. „Insbesondere für Porsche spielen hohe Ladeleistungen eine große Rolle“, betont Dr. Stefanie Edelberg, Entwicklungsingenieurin bei Porsche Engineering. „Durch sportliches Fahren wird die Batterie schneller leer, und der Kunde möchte keine Stunde warten müssen, um sie wieder voll zu laden.“

„Die Akku-Technologie für Autos funktioniert in der Praxis gut, auch was Leistungsfähigkeit, Lade- und Lebensdauer anbelangt“, sagt Dirk Uwe Sauer, Professor am Lehrstuhl für Elektrochemische Energiewandlung und Speichersystemtechnik der RWTH Aachen. „Allerdings lassen sich mehrere Extremeigenschaften nicht vereinen. Man kann nicht alles gleichzeitig haben.“ Ultraschnelles Laden bei hoher Energiedichte gehe nicht, da unter dieser Kombination die Lebensdauer leide. Meldungen über vermeintliche Wunderbatterien sieht Sauer skeptisch, denn meist werde dabei nur ein einziger Parameter zulasten anderer optimiert. „Einen universellen Alleskönner-Akku wird es nicht geben“, sagt der RWTH-Professor.
Lithium-Ionen-Zellen bleiben relevant
Bei Porsche glaubt man, dass sich Lithium-Ionen-Zellen weiter verbessern lassen und auf absehbare Zeit die Technologie der Wahl bleiben. Die hohe Reaktivität des Lithiums und die hohe Energiedichte der Zellen würden es ermöglichen, auf geringem Raum relativ viel Energie zu speichern. Hinzu komme ihre gute Lagerbarkeit und die Robustheit der Zellen, wodurch sie bei einem rein elektrischen Fahrzeug bei großer Entladetiefe erst nach rund 2000 Ladezyklen unbrauchbar würden. „Entwickler halten aber ein Mehrfaches davon für möglich“, merkt der Sportwagenbauer an. Außerdem gebe es bei Lithium-Batterien keinen sogenannten Memory-Effekt, unter dem Nickel-Cadmium-Akkus leiden. Diese „merken“ sich bei häufiger Teilentladung den typischen Energiebedarf und passen ihre Kapazität daran an.
Zudem biete die Lithium-Ionen-Technik noch viele Entwicklungsmöglichkeiten in Bezug auf Zellchemie und Zelldesign. Davon könnte beispielsweise die Energiedichte profitieren: Sie hat sich laut Wissenschaftlern des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) in den vergangenen zehn Jahren bei großformatigen Lithium-Ionen-Batteriezellen für E-Autos fast verdoppelt – auf mittlerweile durchschnittlich 250 Wh/kg spezifische Energie (beziehungsweise 500 Wh/l Energiedichte). Bis zum Jahr 2030 könnte die Energiedichte nochmals um den Faktor zwei zunehmen.
Auch die anderen Eigenschaften von Lithium-Ionen-Zellen sollen sich weiter verbessern. „Die größten Herausforderungen sind schnelles Laden und Sicherheit“, berichtet Prof. Dr. Stefano Passerini, Direktor der Forschungsgruppe Elektrochemie der Batterien am Helmholtz-Institut Ulm. „Ein schnelles Aufladen auf 80 Prozent in 15 Minuten oder weniger würde E-Fahrzeuge noch attraktiver machen. Die Sicherheitsanforderungen wachsen jedoch, wenn Schnellladen eingesetzt werden soll.“

Schnellladen ist eine Herausforderung, weil sich beim Aufladen Lithium-Atome in die Kohlenstoffkristalle der Elektrode einlagern. Beim Entladen werden sie von dort wieder abgerufen. „Je schneller die Batterie geladen wird, desto größer ist die Gefahr, dass die Ladungsträger auf der Oberfläche der Kristalle haften bleiben, dort eine metallische Schicht bilden und dadurch die Zelle geschädigt wird“, erklärt Sauer. Kapazität und Leistung schwänden also mit jeder zu schnellen Ladung. Im Extremfall komme es zum Kurzschluss. „Leider ist es nicht einfach zu sagen, was ‚zu schnell‘ genau bedeutet“, sagt Sauer. „An Möglichkeiten, dies im Labor und dann vor allem im Fahrzeug selbst zu erkennen, wird allerorten intensiv geforscht.“
Die Entwickler stehen vor weiteren technologischen Hürden: Die Ladestecker, Ladekabel und die fahrzeugseitige Infrastruktur müssen ebenfalls für die hohen Ströme ausgelegt sein. Dazu die Porsche-Experten: „Dabei gilt ‚Ampere macht schwer‘. Soll heißen: Hohe Ströme bedeuten dicke Kabel und damit Gewicht. Das kann jedoch durch eine höhere Spannung des Batteriesystems ausgeglichen werden. Darum wurde der Taycan bei Porsche mit einer Systemspannung von 800 Volt anstatt der bei Elektroautos üblichen 400 Volt ausgestattet.“
Porsche arbeitet im Forschungsprojekt „FastCharge“ mit unter anderem Siemens daran, die Energieversorgung von Elektroautos zu verbessern. Ein Forschungsfahrzeug von Porsche mit einer Batteriekapazität von circa 90 kWh habe bereits eine Ladeleistung von 400 kW – der Taycan kommt aktuell auf 270 kW – erreicht und damit Ladezeiten von weniger als drei Minuten für die ersten 100 Kilometer Reichweite geschafft. Ein kompletter Ladevorgang von 10 auf 80 Prozent an einer Ultra-Schnellladestation dauerte 15 Minuten. „Entscheidend war ein innovatives Kühlsystem der Batterie, des Fahrzeugs und des Ladesystems“, erklärt Edelberg.
Mögliche neue Batterie-Typen
Fortschritte in punkto Schnellladen und Sicherheit soll die Festkörper-Batterie bringen. Bei ihr wird statt der Elektrolyt-Flüssigkeit ein Polymer oder Keramik verwendet. Da keine Flüssigkeit mehr eingesetzt wird, werden die Batterien kompakter, wodurch sich ihre Energiedichte deutlich steigern lässt. Gleichzeitig sind die Zellen weniger entflammbar. „Wir erwarten, dass Festkörper-Lithium-Ionen-Batterien die Sicherheitsprobleme verringern, da Festkörperelektrolyte weniger anfällig für Feuer sind“, sagt Passerini. Theoretisch könnte also auch schneller geladen werden. „Die praktische Machbarkeit muss aber noch nachgewiesen werden“, schränkt Passerini ein.
Auch an Lithium-Schwefel-Akkus wird geforscht: Bei ihnen besteht die Kathode aus einem Schwefel-Geflecht, das die gängige Gitterstruktur aus Kobalt, Mangan und Nickel komplett ersetzt. Dadurch sind die Akkus deutlich leichter als herkömmliche Energiespeicher. Momentan aber auch deutlich teurer, weswegen sie eher für künftige Flugtaxis eine Option sein könnten – auch in diesem Bereich sind die Porsche-Entwickler aktiv. Als problematisch gilt bei Lithium-Schwefel-Akkus noch die Dauerhaltbarkeit.
Weitere Technologien zur Erhöhung der Energiedichte, die aktuell erforscht werden und demnächst oder in den kommenden Jahren auf den Markt kommen könnten, sind laut Porsche Elektrodenmaterialien aus Silizium-Kohlenstoff-Kompositen, Nickel-reiche Kathodenmaterialien oder Hochvoltmaterialien, die etwa fünf Volt Zellspannung ermöglichen. „Forschungen auf diesen Gebieten sind schon näher an der Praxis“, sagt Sauer. Viele andere Ansätze bewegten sich hingegen noch im Bereich der Grundlagenforschung, wie etwa Natrium-Ionen anstelle von Lithium-Ionen oder Metall-Sauerstoff-Kombinationen.
Sauer sieht bei allen Entwicklungen eine entscheidende Frage: die Kosten. Letztlich sei die Reichweite eines Fahrzeugs nicht durch das Gewicht einer Batterie begrenzt, sondern durch ihren Preis. Zwar seien Analysten zufolge die Preise für Lithium-Ionen-Batterien pro kWh von 400 Euro im Jahr 2013 auf 107 Euro im Jahr 2019 gefallen, der Preisrückgang werde sich angesichts steigender Nachfrage so aber nicht fortsetzen. Das liegt vor allem an den Rohstoffen: „Der Rohmaterialeinkauf macht bis zu 75 Prozent der Kosten einer Batterie aus“, weiß Sauer.
Auch in der nächsten Dekade werden Lithium-Ionen-Akkus mit all ihren Weiterentwicklungen die dominierende Technologie bleiben, glaubt Sauer. „Die Fortschritte werden evolutionär und nicht revolutionär sein“, sagt er. „Ich erwarte keine großen Sprünge, da bereits heute die Grenzen der Naturgesetze ausgelotet werden.“ Was nicht schlecht sein müsse: „Die Eigenschaften dieser Technologie sind zu gut, als dass sie durch etwas grundlegend anderes ersetzt werden müsste. Elektromobilität funktioniert mit dem, was Batterien heute hergeben, und dem Weiterentwicklungspotenzial der kommenden Jahre schon sehr gut“, unterstreicht der Wissenschaftler.
EVrules meint
Ich finde das sogar ausgesprochen gut, dass wir z.B. auch von Porsche Aussagen lesen können, wohin sich die Zell-Technologie hinentwickeln kann und was gerade auf dem Arbeitstisch „liegt“. Wünschenswerterweise wären Erscheinungs-Prognosen toll aber zugleich auch schwierig zu geben.
Je vielschichtiger und deckungsgleicher die Aussagen zur Batterie-Forschung werden, je ähnlicher die nächsten Schritte sind und werden, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass hier niemand etwas „zum Anbeten“ präsentiert, sondern auch genug „Fleisch“ vorhanden ist, um Wirklichkeit zu werden.
Insbesondere zum Tesla-Battery-Day bin ich auch auf Aussagen zur Solid-State-Zelle gespannt, hieran forschen u.a. VW (mit Startup QuantumScape) oder Toyota (mit Panasonic), sodass davon auszugehen ist, dass deutliches Potential erkannt wird.
Der Grundsatz bleibt für alle gleich und ist für die Sache an sich nur gut: je besser die Zellen werden, desto attraktiver wird die eMobilität.
Markus meint
Hier bin ich etwas gespalten.
Wieviele Aussagen waren von Professoren und somit nicht Angestellt bei Porsche?
Zeigt mir, das Porsche zu wenig Leute hier hat.
Zu den Aussagen, ja, schön und gut, aber hier wieder das Rießen Problem, hat von den einer den durchbruch geschafft, muss das erstmal in die Massenfertigung.
Wenn ich das hier bei Tesla/ Maxwell und co sehe. hier wird geforscht nnd sofort bzw. Nebenbei an der Massenfertigung gearbeitet.
EVrules meint
Macht für mich erstmal keinen Unterschied, ob in-house oder extern geforscht und entwickelt wird – das Ziel ist für jeden, die „neue“, „bessere“ Technologie in die Autos zu bekommen.
In der Hinsicht ist es egal, ob Panasonic, Tesla, CATL oder sonst wer auf der Verpackung steht.
Peter W meint
Für mich ist der Bericht ok. Es wird nichts herbeigeredet und es werden keine falschen Versprechungen gemacht. Man hat den Eindruck, dass hier einfach ein aktuelle Einschätzung gemacht wird.
Wer glaubt, dass Elon einen Wunderakku hervorzaubert, wird enttäuscht sein. Auch bei Tesla wird mit Wasser gekocht, man verwendet da eventuell nen Schnellkochtopf und kommt etwas flotter voran.
Tim Schaefer Envites meint
Die Zellpreise zu einem System Li-Ionen-Zelle, Basis NCM 622 sind etwas höher gelegen. Aber, die genannten Zahlen zum Materialeinkauf sind anders, in einer kommerziellen Zelle, die Materialien machen max. bis 60% der Kosten aus, nicht 75% für den Rohmaterialeinkauf. Der Zellpreis muss gesamt über die BOM hinaus mit etwa adon 30% angerechnet werden, sonst würde sich eine Zellfabrikation nicht lohnen, das tut Sie aber. Selbst wenn man das reduzieren möchte, etwa im Falle von VW Porsche, es sind immer deutlich weniger als 75%! Habe selbst Erfahrung >25 Jahre und aktuelle Zellenrezepturen/Preise…
Wilf meint
Was bewegt Porsche 3 Wochen vor dem Battery Day über den Stand der Technik von Batterien zu philosophieren?
Freddy K meint
Warum sollten andere nicht über Zellen etc berichten dürfen? Darf das nur einer?
Auch andere forschen an Zellen. So ist das nunmal. Und mal ist der vorne, mal der.
Tesla hat kein Monopol.
Alupo meint
Richtig, jeder darf.
Aber dass sie den Memoryeffekt der i. a. verbotenen NiCd Zellen erwähnen/thematisieren ist schon mehr als nur seltsam. Diese Zellen sind in keinster Weise relevant für ein eAuto, aus sehr vielen Gründen.
Ansonsten finde ich, sie hätten konsequenterweise auch die Bagdad-Batterie erwähnen müssen und die inzwischen im Vergleich dazu erzielten Fortschritte ;-).
Peter W meint
Moooment! Dazu hat unser Doktor-Inschinör aber eine andere Meinung! :-)
LiPo meint
Stimmt, Porsche hätte besser nach dem Battery Day veröffentlichen sollen. Alleine schon um das lange Gesicht von Elon zu sehen :-)
Gottfried meint
Tesla forscht nicht selbst an den Zellen, das machen Studenten in einer Universität, die kosten ihm nichts. Und Tesla hat vermutlich eine kleine Spende gemacht, damit nur er diese Technologie vorerst verwenden darf.