Die Volkswagen-Tochter Scania hat im September zwei neue Lkw mit E-Antrieb offiziell vorgestellt, ab sofort werden der rein elektrische Scania BEV und der plug-in-hybride Scania PHEV offiziell verkauft. Der Fokus der E-Modelle liegt zunächst auf Anwendungen für den städtischen Bereich. Sie sind dazu in diversen Ausführungen erhältlich, unter anderem für den Warentransport oder als Kipper, Betonmischer und Müllwagen sowie zum Einsatz bei der Feuerwehr oder im Rettungswesen.
„Wir sind sehr stolz auf den Auftakt unseres Engagements für eine langfristige Elektrifizierung“, erklärte Scania-Präsident Henrik Henriksson. Der Nutzfahrzeug-Hersteller werde nun jährlich neue Elektrofahrzeuge für das gesamte Produktangebot auf den Markt bringen und die Produktion entsprechend ausrichten. In wenigen Jahren werde die Marke auch Elektro-Lkw für den Fernverkehr einführen, die auf eine Schnellladung während der vorgeschriebenen 45-minütigen Ruhezeiten der Fahrer ausgelegt seien.
Scania wolle in der Anfangsphase vor allem in partnerschaftlicher Zusammenarbeit „mit zukunftsorientierten Kunden“ sowohl Hybrid- als auch vollelektrische Lkw entwickeln und bereitstellen. Zunächst steht zum einen der vollelektrische Lkw Scania BEV mit Fahrerhäusern der L- und P-Baureihe zur Verfügung. Er wird mit 230 kW (313 PS) starkem Elektromotor und Batteriepaketen mit bis 300 kWh Kapazität für eine Reichweite von bis zu 250 Kilometer angeboten.
Der Scania BEV verfügt optional über fünf Batterien mit einer Speicherkapazität von 165 kWh oder neun Batterien mit insgesamt 300 kWh. Da kein Verbrennungsmotor mehr vorhanden ist, befindet sich eine Batterie im früheren Motortunnel, die verbleibenden vier oder acht Akkupakete sind entlang des Fahrgestells platziert. Die Akkus lassen sich via CCS-Standard mit 130 kW Leistung füllen. Die Ladezeit beträgt laut Scania weniger als 55 Minuten bei der Ausführung mit fünf Batterien und unter 100 Minuten mit neun Batterien. Die Akkus werden zudem durch Bremsenergie während des Fahrens kontinuierlich aufgeladen.
Das zweite ab sofort von Scania vertriebene Modell ist ein Plug-in-Hybrid-Lkw, der ebenfalls für die Fahrerhäuser der L- und P-Baureihe verfügbar ist. Da der Teilzeit-Stromer Scania PHEV auch über einen Verbrennungsmotor verfügt, ist nur Platz für drei Batterien und 90 kWh Speicherkapazität. Der elektrische Antriebsstrang mit 115 kW (156 PS) Leistung wird mit einem 265 kW (360 PS) starken Dieselmotor kombiniert. Im Elektromodus sind 60 Kilometer möglich. Die Ladezeit von 0 auf 80 Prozent beträgt etwa 35 Minuten, die Batterie wird auch durch Bremsenergie gefüllt.
Beide E-Antrieb-Systeme bauen auf einem modularen System von Scania mit bereis praxiserprobten Komponenten auf. „Auch wenn Elektrofahrzeuge in mancherlei Hinsicht eine neue Technologie darstellen, haben wir alle denkbaren Schritte unternommen, um sicherzustellen, dass auch hier dieselben unerschütterlichen Kriterien für die verfügbare Betriebszeit zur Anwendung kommen, wie bei unseren anderen Lkw“, so Anders Lampinen, bei dem Hersteller für neue Technologien verantwortlich.
Das Scania-Management ist überzeugt davon, dass sowohl vollelektrische als auch plug-in-hybride Lkw eine wesentliche Rolle in Stadtgebieten spielen werden. Dort biete die alternative Antriebsart auch Möglichkeiten für eine größere Auslastung der Fahrzeuge: Durch geräuscharme Lieferungen sei es möglich, Transportdienstleistungen bis weit in die Nacht hinein sowie bereits früh am Morgen durchzuführen. Das könne Staus und Parkplatzschwierigkeiten vermeiden.
Nils P. meint
Super das Scania schon so weit ist. Wenn die Fahrzeuge erst einmal im Einsatz sind kann man genug Erfahrung sammeln und über Detailverbesserungen in den nächsten 5 Jahren auf über 400 km kommen. Zum Beispiel durch Optimierung von: Klimatisierung, Getriebe, Aerodynamik, Gewicht, Akku, Reifen, Bordsysteme …
Swissli meint
Also mit PHEV-LKW werd ich nicht so wirklich warm. Werden die nicht dieselben Probleme haben wie PHEV-PKW, zwei Antriebskonzepte in einem Fahrzeug sind zu teuer und zu schwer? Okay, der Staat kann mit entsprechenden Subventionen die Realität (leider) wieder auf den Kopf stellen und flasche Anreize setzen. Trotzdem frag ich mich, ob PHEV LKW einen Markt finden werden. Grössere Transportunternehmen können ihre Flotte immer schön nach Bedarf anpassen: entsprechend anteilig Flotte mit Batterie, Diesel oder H2 LKW – wozu noch PHEV?
Bis x00 km wird es Batterie LKW sein, darüber H2 oder Diesel. Nix PHEV.
Leotronik meint
Plug In Autos müssten eigentlich viel öfter brennen als nur Verbrenner und nur BEV. Das beste aus beiden Welten…
Ludwig Kastor meint
Gibt es etwas zu den Preisen zu sagen?
Wieviel kostet so ein “normaler“ LKW im Gegensatz zu einem elektrisch angetriebenen?
EdgarW meint
Kaufpreise sind in diesem Segment ziemlich nebensächlich. Nur in Kombination mit Kraftstoff- und Wartungskosten wird ein Schuh draus. Und ja, akademisch gesehen wäre ein Preisvergleich ganz interessant, aber eben wirklich nur die halbe Miete. Eine Gesamtaufstellung für zu dem Fahrzeug passende Anwendungen wäre schon sehr interessant. Inklusive natürlich einer Info, was für Ladetarife hierfür zu bekommen sind, die werden sich ja selbst von üblichen Business-Tarifen für E-Pkw unterscheiden.
Peter W meint
130 kW Ladestrom für einen 300 kWh-Akku was soll das sein? Ein Witz!
Richard meint
Vielleicht kennen die einfach die Bedürfnisse ihrer Kunden.
Herbs meint
Immerhin steht ja im Text, dass sie mit Kunden zusammen entwickelt werden. Liegt also Nahe…
Jörg2 meint
Die benötigte Standzeit zum ausreichenden Nachladen ist wichtig.
Dies wird mit 100 Minuten angegeben. Lass es über Nacht 3 Stunden werden. Das passt für sehr sehr viele Anwendungen.
Mäx meint
Hauptsache direkt in einem Einzeiler meckern @Peter W
Wie Jörg2 richtig feststellt, ist die Ladezeit allemal genug um über Nacht nachzuladen.
Wenn man dann überlegt, dass nach 4,5 Stunden eine Pause von 45 Minuten eingelegt werden müssen, ist der Akku hier vermutlich auch schon wieder zu mehr als 50% gefüllt.
Also alles kein Drama und für den Einsatzzweck vermutlich mit den Kunden so abgestimmt.
Peter W meint
Nun denn, wenn Ihr meint, dass 100 km Strecke nachladen in 45 Minuten Pause reichen. Wird das so sein. Ganz bestimmt!
Für einen Müllwagen mag das reichen, ein Kieskutscher (Kipper) muss dann aber Mittags um 12 nach Hause gehen.
Jörg2 meint
Mir würde ein leiser Müllwagen für´s erste reichen. Die Teile kommen bei mir öfters vorbei als ein Kieskipper.
Peter W meint
Jörg2, ich sehe das auch so. Leider wird aber schon wieder von Fernverkehr geredet und auch Kippfahrzeuge fahren praktisch im Dauerbetrieb und werden nicht so schnell elektrisch fahren. Mich stört nur, dass man ständig den Leuten vorlügt, dass man bald Fernverkehr LKW haben wird, was aber definitiv mindestens 5 oder gar 10 Jahre dauern wird. Ein leerer 40 Tonner wiegt 12 bis 14 Tonnen, mit Akkus kann er 2 bis 3 Tonnen weniger laden, und das ist für den Spediteur, ganz besonders den Kies- Sand- und Schotter-Transporteuren ein Dorn im Auge.
Ja, wir sollten glücklich darüber sein, wenn die vielen LKW, die in den Städten unterwegs sind elektrisch fahren. Da haben die Hersteller derzeit genug zu tun, und dann gibts da auch noch die abertausenden Laubbläser, Rasenmäher und Kehrmaschinen. Mich stört es einfach, wenn man immer nur von der Zukunft redet, und dabei das „Heute und Jetzt“ vernachlässigt.
Jörg2 meint
@Peter W
Ja, einige wollen gleich den vagabundierenden Fernverkehr auf irgendwas umstellen und wenn DAS nicht geht, dann ist gleich alles Mist….
Im Tagesfahrbereich von 200km bei nächtlicher, stundenlanger Abstellung auf dem Betriebshof, gibt es sehr sehr viele Fahrzeuge aller Gewichtsklassen, deren Umstellung gut möglich ist.
Die „Trucker“ (und die 1.000km/Tag Vertreter-Tiefflieger) kommen ganz zum Schluss (sind auch nicht so viele).
Swissli meint
Jetzt hab ich doch mal Statista bemüht: In Deutschland gibt es 3.3 Mio. LKW die 67 Mia. km pro Jahr runterspulen. Das sind pro LKW (überraschend tiefe) 20’300 km. Bei 7 Tagewoche 56 km, und bei 5 Tagewoche 78 km pro Arbeitstag. Weniger als gedacht… oder hab ich was falsch gerechnet? Würde jedenfalls für Batterie LKW sprechen.
Swissli meint
Eine andere Quelle besagt LKW 24’000 km pro Jahr, Sattelzugmaschine 100’000 km.
Wieder auf 5 Tage Woche runtergerchnet 93 km pro Arbeitstag, bzw. 385 km bei Sattelzug.
Fazit: Alles ausser Sattelzug ist im Batteriebereich. Wobei der Tesla Semi ja Sattelzug ist und die 385 km locker schafft. Warten wir die ersten Semi von Tesla 2021 ab…
Jörg2 meint
In der Stadt wird mehr und mehr auf den „City Sattel“ gesetzt. Also auch eine Sattelzugmaschine mit einem Auflieger (der speziell für die Stadt konzipiert ist).
Diese City Sattel kommen auf keine 150km am Tag.
Und eine Gewichtsauslastung gibt da eher auch nicht.
alupo meint
Für einige wird es passen. Klar, es ist nur ein Werksumbau mit den bekannten Nachteilen, aber er hat keinen Auspuff und das ist gut so.
Das ist auf jeden Fall ein Anfang. Klar, ich hätte mir gerne mehr gewünscht, aber das ist doch sehr viel besser als nichts.
Herbs meint
Was sind bei LKW BEV Verbrenner-Umbauten denn die bekannten Nachteile?
Kralle meint
Es gibt keine Nachteile
Jörg2 meint
Keine optimale Anordnung/Unterbringung der E-Komponenten. Damit kein optimales Endprodukt.
Der Verbrenner-LKW/SZM ist um die Motor-Getriebe-Achsen-Einheit drumrum entwickelt. Das sollte man beim E-Antrieb auch so machen.
GE meint
Die Fromgebung der LKW im Europ. Raum hängt mit der Gesammtlänge zusammen die die Zugmaschiene mit einschließt. In den USA übrigens nicht, wodurch sich dort die langem Schnauzen ergebn haben.
Jörg2 meint
Ich vermute, das wird die EU aufweichen, wenn die Verlängerung (1m ?) aerodynamische Vorteile bringt.
Giga-Liner gehen ja auch.
Nils P meint
Mit der Aerodynamik des Colani LKW könnte man sicher einiges erreichen. Das lässt sich mit einem BEV Antrieb vielleicht noch leichter realisieren als damals mit dem konventionellen.