Daimler elektrifiziert sich, die Kernmarke Mercedes-Benz bringt dazu in den kommenden Jahren neben weiteren Plug-in-Hybriden mehrere neue Elektroautos auf den Markt. Der Entwicklungsvorstand des Konzerns Markus Schäfer hat im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) über Verbrenner-Technik und seine Erwartungen im Bereich der Elektromobilität gesprochen.
Daimler und Mercedes entwickeln keine neuen Verbrennungsmotoren mehr, bis zum Jahr 2030 sollen 70 Prozent der Motoren-Varianten auslaufen. „Der gerade eingeführte Vierzylinder hat unser Zielportfolio gefüllt“, sagte Schäfer der FAZ. Der Autobauer elektrifiziere nun die Verbrenner im gesamten Portfolio, insgesamt fahre das Traditionsunternehmen die Investitionen in diesem Bereich jedoch „deutlich zurück“ und setze hier künftig „viel weniger Entwickler“ ein.
Mit der Euro 7 steht die Einführung einer neuen Abgasnorm in der EU an. Die Autolobby fürchtet, dass die geplanten Vorgaben das Aus für den Verbrennungsmotor bedeuten. Dass Autos nach dem Willen der Politik bald kaum noch messbare Emissionswerte aufweisen sollen, „das überschreitet Grenzen der Physik“, meinte Schäfer. Das Auto werde dadurch grundsätzlich teurer, und Kleinwagen könnten wegen der Kosten vom Markt verschwinden.
„Nachhaltige Mobilität hat ihren Preis“, unterstrich der Daimler-Manager. Kurzfristige Entwicklungssprünge bei Batterien seien nicht zu erwarten, Elektroautos würden daher noch mehrere Jahre teurer als konventionelle Modelle sein. Schäfer geht von einer längeren Übergangszeit aus, in der vor allem Plug-in-Hybride und elektrifizierte Verbrennungsmotoren eine tragende Rolle spielen werden. Dass Elektromobilität derzeit in vielen Ländern boomt, werde hauptsächlich durch Subventionen erreicht.

Trotz Skepsis setzt Daimler unter dem neuen Chef Ola Källenius verstärkt auch auf reine E-Mobilität. Sein Entwicklungsvorstand bekräftigte: „Wir führen das Unternehmen mit Nachdruck Richtung Nachhaltigkeit, unsere Fahrzeuge, aber auch unsere Fabriken und unsere Lieferkette.“ Bei Elektroautos steht die Submarke Mercedes EQ im Fokus, 2021 kommen mit den Kompakt-SUV EQA und EQB sowie der Luxuslimousine EQS die nächsten Modelle zu den Händlern.
Der EQS führt die neue E-Auto-Plattform EVA bei Mercedes ein. Die Architektur soll 700 Kilometer Reichweite und schnelleres Laden möglich machen, das 2019 gestartete umgerüstete Batterie-SUV EQC kommt nur auf 390 Kilometer. Schäfer versicherte, dass das Unternehmen die Technik weiter verbessern werde: „Wir müssen in der Erhöhung der Reichweite und in der Verkürzung der Ladezeit vorankommen.“ Bei Daimler säßen „Hundertschaften an diesem Thema“, der Konzern kooperiere zudem mit Universitäten und Forschungseinrichtungen.
„Wir wollen die beste Batteriechemie bauen“, betonte der Entwicklungschef. Die Batteriezellen lässt der Konzern allerdings von Zulieferern produzieren, Daimler konzentriert sich auf das Zusammenbauen von Akkupaketen in mehreren Werken. Beim Laden peile das Unternehmen ab 2025 in Richtung 2030 an, das Füllen von Batterien von 20 auf 80 Prozent in sechs Minuten zu ermöglichen, sagte Schäfer. Das sei dann „wie heute an der Tankstelle“. Davor müsse man noch hohe Hürden bewältigen, aber die Ladeinfrastruktur und der für die Nachhaltigkeit notwendige grüne Strom würden sich entwickeln.
alupo meint
„Dass Autos nach dem Willen der Politik bald kaum noch messbare Emissionswerte aufweisen sollen, „das überschreitet Grenzen der Physik“, meinte Schäfer.“
Nichts überschreitet die Gesetze der Physik. Die Aussage läßt mich vermuten, dass Daimler wohl einen Geisteswissenschaftler zum Entwicklungschef gemacht hat, denn ein z.B. Physiker würde nie einen solchen Blödsinn zu Papier bringen. Superpeinlich ist das.
Max meint
Naja, da hast du dich offenbar auf ihn eingeschossen. Im Original (FAZ).
„Den Plänen zufolge sollen Autos die kaum noch messbaren Emissionswerte unter allen Bedingungen im Alltag einhalten, also auch bergauf mit Anhänger einen Pass hoch. Das überschreitet Grenzen der Physik“, sagt Schäfer.“
Das bezieht sich ganz klar auf Verbrenner. Und da man die Grenzen der Physik nicht überschreiten kann, kann man einen solchen Verbrenner nicht bauen. Was ist an einer solchen Aussage falsch? Ist zwar überspitzt formuliert, aber im Prinzip richtig.
Frank meint
„Beim Laden peile das Unternehmen ab 2025 in Richtung 2030 an, das Füllen von Batterien von 20 auf 80 Prozent in sechs Minuten zu ermögliche“
Das wären dann 600 kW Ladeleistung, oder glaubt Daimler, ab 2025 noch Langstrecken-Pkw mit weniger als 100 kWh anbieten zu können? Wie realistisch ist das Vorhandensein so einer Infrastruktur?
Flo meint
„Nachhaltige Mobilität hat ihren Preis“, unterstrich der Daimler-Manager. Immer schön dem konservativen, technikabgeneigten Deutschen Angst machen, damit er möglichst wieder einen Verbrenner kauft. Gut dass Konkurrenz eben das Geschäft belebt und wohlstandsverwahrlosten deutschen Autobauer zum Handeln zwingt.
Der einzige „Preis“ von dem der Mann spricht ist der das die Gewinne der Hersteller schrumpfen werden, sonst gewinnen alle.
Nil meint
Wer es noch nicht kapiert hat, dass der Verbrennermotor ausgedient hat, dem ist nicht zu helfen. Ich glaube wenn jemand sagt, die Entwicklung von Akkus oder generell von E-Autos sei noch nicht ausgereift und das dauert noch viele Jahre, dann hat er devinitiv, entweder noch nie ein E-Auto gefahren, oder er redet die E-Autos mit absicht schlecht.
Daniel S meint
Immer wieder erstaunlich: Verbrennermotor plus Elektromotor plus Batterie (PHEV) ist gewinnbringend zu günstigen Preisen machbar aber nur Elektromotor plus Batterie nicht?
Peter W meint
Eine längere Übergangszeit für Daimler bedeutet nicht, dass das auch für andere gilt. Ab etwa 2025, wenn dann tatsächlich mit dem Feststoffakku deutlich mehr Kapazität pro kg Akku die Regel wird, und 150 kWh auch in der Mittelklasse möglich werden, ist das Eis gebrochen. Es genügt den Leuten, wenn man ein Auto mit 1000 km Reichweite kaufen kann, auch wenn die wenigsten das kaufen werden. Die Möglichkeit wird aber den Markt beflügeln.
Akkus werden leichter und günstiger, Verbrennungsmotoren werden teurer.
Thomas meint
Der für mich entscheidende, sehr erfreuliche Satz ist doch: „Daimler und Mercedes entwickeln keine neuen Verbrennungsmotoren mehr…“
Also keine weiteren „stranded assets“ bei Daimler, das ist eine gute Nachricht für den Standort Deutschland. Japan wird dagegen noch Probleme bekommen, wenn Toyota & Co. nicht endlich einsehen, dass Verbrennungsmotoren denkbar schlecht geeignet sind für emissionsfreies Fahren.
DerMond meint
Stellt sich die Frage was eine „lägere“ Übergngszeit ist. Dass diese aus rein praktischen Gründen zwangsläufig ist lann man wohl als gegeben ansehen. Wobei ein „bis zum Jahr 2030 sollen 70 Prozent der Motoren-Varianten auslaufen“ auf mich den Eindruck machen dass es dort bei einzelnen Produktkategorien recht schnell gehen könnte.
Leotronik meint
Daimler dürfte ein gutes Ziel für Shortseller werden. Mit deren Sichtweise gibt es nur die Richtung bergab.
Max meint
Was genau ist an dieser Sichtweise denn falsch? Keine neuen Verbrenner mehr entwickeln bzw. Investitionen massiv zurückfahren und es lieber in BEVs investieren?
alupo meint
Sie wollen hauptsächlich zuerst ihre Verbrenner elektrisieren. Na das das wird ein Kostenmoloch werden und sicher wird der Steuerzahler in 3 Jahren dann um Hilfe gebeten..
Und dass sie mit ihrem zum reinen eAuto umgebauten Verbrenner (sogenannter Werksumbau) aus 2019 nicht besonders erfolgreich sind, hat sich inzwischen herumgesprochen. Wirtschaftlich rechnet sich diese teure Werksumbau-Variante sicherlich nicht. Und von den technischen Daten ist dieser Weg definitiv nicht der beste, denn die eierlegende Wollmilchsau wurde zwar immer wieder mal geplant, es gibt sie aber immer noch nicht ;-).
Max meint
So ganz passt das nicht zusammen.
1) Die Technologie für Hybride ist vorhanden, die Verbrennerplattform genauso. Die Verbrenner zu elektrisieren ist daher nicht gerade ein Kostenmoloch, sondern eine recht kostengünstige (und zellsparende) Reaktion auf den Markt – egal was man von Hybriden hält. Investitionen in weitere Verbrenner wurden jedoch stark zurückgefahren bzw. mit Geely gemeinsam geplant, soweit notwendig. Was sollte man denn in 5 Jahren noch elektrifizieren, wenn es nichts Neues mehr gibt?
2) Parallel dazu werden die eigenen EV-Blattformen hochgezogen. Das sind dann auch keine „Werksumbauten“ mehr (kenne den Begriff überhaupt nicht). Also keine eierlegende Wollmichsau. Start 2021.
3) Der EQC läuft mittlerweile recht gut (China + Europa). Nüchtern betrachtet ist er kein schlechtes Auto, das durchaus Anhänger findet. Leider schreiben die Medien alle voneinander ab, so dass sich schlechte Nachrichten verselbständigen. Ich kann das nach einer Probefahrt nicht nachvollziehen. Dass hierbei aber Kompromisse eingegangen wurden, ist offensichtlich. Es folgen demnächst EQA und EQB auf „Umbauplattformen“, jedoch eine Stufe weiter. Auch hier geht man Kompromisse ein. Ich nehme an, dass man auch auf dem Kompaktmarkt mitmischen will, bis die neue Plattform 2024 auf bereit ist. Mit einer reinen EV-Plattform ginge mehr, als Übergang aber ggf. sinnvoll. Veröffentlichung des EQA ist bald, dann sieht man ja, wie tauglich er ist.
Also für mich keine schlechte Strategie. Ob erfolgreich, wird sich zeigen.
Hans meint
Der Titel sollte eigentlich heissen: Daimler-Entwicklungschef hofft bei E-Mobilität längere Übergangszeit.
Gerry meint
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Genau so ist es.
Markus Wolter meint
Autos sind ja auch eine emotionale Angelegenheit. Wenn man das so liest, wo ist denn da die Vision, die Begeisterung?