Der in diesem Jahr aus der Fusion von Fiat Chrysler und PSA entstandene neue viertgrößte Autohersteller Stellantis muss sein Angebot wie der Rest der Branche weiter elektrifizieren. Konzernchef Carlos Tavares will erst später Genaueres zur künftigen E-Strategie präsentieren, hat im Vorfeld aber bereits erste Informationen zu seinen Plänen preisgegeben.
Zu Stellantis gehören viele international bekannte und erfolgreiche Automarken, darunter neben Fiat und Chrysler etwa Jeep, Dodge, Alfa Romeo, Lancia, Maserati sowie Citroën, Opel und Peugeot. Das bisherige Geschäft mit vorrangig Verbrenner-Fahrzeugen muss der Konzern angesichts immer strengerer Umweltgesetze zügig auf klimafreundlichere Antriebe umstellen. „Unsere Gesellschaft tendiert hin zu einem Verbot von Verbrennungsmotoren“, sagte Tavares. Er setzt daher künftig verstärkt auf E-Mobilität, insbesondere reine elektrische Modelle.
„Wir geben bei Batterie-Elektroautos Vollgas, weil wir glauben, dass der Verkaufsmix bei elektrifizierten Fahrzeugen sehr schnell in Richtung reine Batterie-Elektrofahrzeuge gehen wird“, sagte der Stellantis-Chef kürzlich bei einer Konferenz zu den Geschäftszahlen des Konzerns. „Wir denken nicht, dass wir weiter Mild- oder Plug-in-Hybride haben werden.“ Hintergrund der Markteinschätzung sei, dass bereits mehrere europäische Länder Verbote von Verbrennungsmotoren planen.
Stellantis plant laut Automotive News, bis 2025 in Europa voll- oder teilelektrische Versionen aller Modelle zu haben, auch die leichten Nutzfahrzeuge sollen umfassend elektrifiziert werden. Tavares kündigte an, in diesem Jahr zehn weitere „Hochspannungs“-Fahrzeuge einzuführen, worunter er Elektroautos, aber auch noch Plug-in-Hybride versteht.
Für später kommende neue Stromer sieht Stellantis unter anderem die von PSA entwickelte Plattform eVMP vor, die 2023 mit dem neuen Peugeot 3008 ihr Debüt feiern soll. Dieses Fahrzeug wird nach den Worten von Tavares zeigen, was die Kunden von elektrischen Autos der Stellantis-Gruppe erwarten können. eVMP erlaube bis zu 100 kWh starke Batterien für mehr als 600 Kilometer Reichweite. Stellantis arbeite hart daran, mehr Reichweite zu ermöglichen – im Bereich der Stromspeicher, aber auch mit Blick auf die Effizienz der Motoren und Getriebe sowie der Aerodynamik.
Neue E-Technik & vertikale Integration
Auf eVMP sollen kompakte und mittelgroße Elektroautos fahren. Für kleinere und auch kompakte E-Modelle ist eine neue Variante der sogenannten Multi-Energy-Plattform CMP geplant, die eCMP. Stellantis setzt bei seiner Elektrifizierung auf vertikale Integration, will also zentrale Bauteile selbst entwickeln und produzieren. Das soll neben mehr Kontrolle über die Qualität und Leistungsfähigkeit Kostenvorteile von bis zu zehn Prozent pro Elektroauto bringen. Auch bei Batterien engagiert sich das Unternehmen selbst, dazu betreibt Opel in Zukunft mit der französischen Total-Tochter Saft ein Gemeinschaftsunternehmen zur Produktion von E-Auto-Akkus.
Stellantis starte in einer kritischen Phase für den Durchbruch von Elektroautos in den Massenmarkt, erklärte Tavares. In den nächsten drei bis vier Jahren werde ein „Kampf“ ausgetragen, bei dem es darum gehe, bei batteriebetriebenen Autos den Faktor „Reichweitenangst“ abzuschaffen und erschwingliche, attraktive Angebote zu machen. Die zuvor von Tavares geführte PSA-Gruppe hat sich deutlich früher und intensiver als der Fusionspartner Fiat Chrysler der Elektromobilität zugewandt, die bereits getätigten Investitionen in die alternative Antriebsart bezeichnete Tavares als „Segen“ für Stellantis. Mit den von PSA in den neuen Konzern eingebrachten Technologien könnten die von Fiat Chrysler beigesteuerten Marken schnell ihre Verkäufe verbessern.
Bis die Marken von Fiat Chrysler mehr umweltfreundliche E-Fahrzeuge im Programm haben, wird weiter ein sogenannter CO2-Pool mit US-Elektroautobauer Tesla unterhalten. Verfehlen Autohersteller in der EU ihre Emissions-Ziele, drohen empfindliche Strafzahlungen. Um diese zu umgehen oder abzumildern, sind C2-Pools mit anderen Herstellern erlaubt. Im Rahmen dieser Regelung hat Fiat Chrysler laut Stellantis-Finanzchef Richard Palmer im letzten Jahr 300 Millionen Euro überwiesen, den Großteil davon wohl an Tesla. In diesem Jahr soll die Summe nur etwas geringer ausfallen.
Berthold meint
FIAT hat eine E-Plattform für den Kleinstwagen e500 entwickelt, die anscheinend eine gute Technik und Akku-Kapazität bietet. Diese Plattform wird wohl auch zukünftig der Konzern nutzen. Vielleicht für einen Peugeot e108 oder Citroen eC1 oder Opel Adam e. Das wird bestimmt interessant.
Sebastian meint
Mit der 800 Volt Technik wird das wettrüsten an Reichweite nicht mehr zu wichtig sein. Wenn man sich anschaut wie der IONIQ5 laden kann oder ein Taycan… dann reden wir hier über 20 bis max. 25 Min. um von 10 auf 80% zu kommen. Wenn dann noch die HPC direkt an der AB Tankstelle liegen und nicht irgendwo 10 Min. davon im Industriegebiet versteckt, wo keinerlei Infrastruktur ist, passt es doch, selbst bei Strecken von bis zu 700 KM ohne irgend welche Probleme.
Stefan Balz meint
Also mit Stellantis sind ja jetzt auch nicht gerade die Sieger der globalen Autoindiustrie unterwegs. Daher erwarte ich in Sache E nicht gerade viel. Habe mit mal den Fiat e-Ducato angeschaut. Langsam, kleine Batterie, teuer.
Thomas meint
Warum überweist Stellantis jedes Jahr 300 Millionen Euro an Tesla? Könnte man mit dem Geld nicht einfach erschwingliche BEV bauen? Irre…
Yoshi84 meint
Tatsächlich reichen dafür 300 Millionen nicht. Verhundertfache diese Summe (30 Mrd.) dann bist du in etwa bei der Summe, die die Entwicklung einer eigenständigen Eauto-Platform kostet (s. VWs MEB). Selbst wenn wir konservativer rangehen und nur 10 Mrd Entwicklungskosten ansetzen, wird klar, dass es für Manager*innen, die vor allem kurzfristig an die eigenen Boni denken, billiger ist, solche wenig nachhaltigen Kompromisslösungen einzugehen.
LG
Raphael meint
Das war dem System Marchionne bei FCA geschuldet. Es war anfänglich wohl günstiger, Tesla Zertifikate abzukaufen, als CO2-Strafen zu bezahlen. Die Entwicklung von BEV hat man wahrscheinlich wegen unsicherer Marktentwicklung gescheut. Mit dem eingesparten Geld konnten Schulden zurückbezahlt werden. Die Firma war wohl effizient, aber durch die fehlenden Investitionen kaum zukunftsfähig.
Stellantis bzw. PSA als führende Seite hat nun den Vorteil, dass die Plattformen bei FCA fast alle am Ende des Zyklus angekommen sind (Fiat A, B, C/D Segmente, Chrysler RWD, Minivan). Stellantis kann nun rasch eine neue Palette von Fahrzeugen für ex-FCA Marken einführen.
Michael meint
„Vollgas“ ist Klasse. Dann kann man die Autos auch bald an einer Ladesäule auftanken.
Werner Mauss meint
Wie viele EAutos hat Stellantis insgesamt im Angebot die tatsächlich lieferbar sind und bereits auf den Strassen fahren und wie viele VW? Dass hier VW besser sein soll mit ihren Softwareproblemen kann ich nicht erkennen.
Egon Meier meint
Von wollen zu tun und können ist ein langer und steiniger Weg.
Zunächst muss aus dem Zusammenschluss erst mal ein gemeinsamer Konzern wachsen. Das gibt Reibungsverluste ohne Ende, wie wir an anderen Beispielen zu gesehen haben.
Wie sieht die Bilanz der Unternehmen bisher aus?
PSA: ein Verbrenner-Kompromiss-Umbau, der mit unterschiedlichem Blech durch alle Marken gejagt wird. Unterirdische Verbrauchswerte, geringe Reichweite, unflexible Basis, nur geeignet für Klein- und evtl. Kompaktklasse und nur unter allergrößten Verrenkungen anderweitig.
FCA: 500e als Alleinstellungsmerkmal. Kleinstwagen. Geliebt aber teuer und unflexibel.
Rest??
Kommt da noch was in absehbarer Zeit – außer warmer Luft und Marketing-Blabla?
Holger BSB meint
Steht doch im Artikel dass das erste Fahrzeug auf der neuen Plattform 2023 kommt?
Hier muss man der VW Group oder Herrn Diess gratulieren. Die MEB Plattform kam gerade noch in time
Mäx meint
Gerade noch in time ist wohl richtig, würde sogar soweit gehen und sagen just in time.
Der Flottenverbrauch war ja schon länger bekannt und ich gehe schon davon aus, dass der MEB mit Hintergrund auf diese Vorgaben zeitlich eingepasst wurde.
Unterwegs kam es dann zu Verspätungen und dann wurde es erst Ende 2020 statt eher Mitte 2020 und es wurde knapper als gewollt.
Während der Entwicklung ist dann die die Nachfrage deutlich gestiegen und nun muss die Skalierung vermutlich schneller erfolgen als ursprünglich mal geplant.
Alles nur meine Meinungen und Vermutungen.
Rrl meint
Die CO2 Vorgaben waren schon so lange geplant, da wollte man die noch mit neuen, effizienten Öko-Dieseln erreichen :D
Egon Meier meint
klar …. stand da.
2023 ist eine ganze lange Zeit. Bis dahin wollen sie sich mit Bastelkram durchhungern während der Wettbewerb richtig Tempo macht.
Stellantis kann richtig froh sein, dass VW gerade den Bereich der Kleinwagen frei lässt.
Es kommt also nichts in absehbarer Zeit.
MichseHan meint
Bastelkram…oh man. Wenig Ahnung haben Sie aber viel. Bastelkram macht im Übrigen VW, MB, Kia/Hyundai, Mini…irgendwie verkaufen die alle ihre Autos. Dieses gehype um VW ist ja sowas von überflüssig…
MichseHan meint
Oha..mal wieder Stimmungsmache vom Egon. Welche unterirdischen Verbräuche meint denn der Herr? Also mein e208 begnügt sich im Winter mit 17 bis 19 Kwh. Wo ist das bitte unterirdisch? Was ist Ihr Problem? Werden Sie für den Bocknist hier bezahlt?
Sebastian meint
Ich fahre seit Wochen mit der Zoe unter 14 kWh.