Volkswagens Lkw-Sparte Traton hat im März bekannt gegeben, deutlich mehr in Elektromobilität zu investieren. Der Konzern werde sich konsequent auf den Wandel hin zu elektrischen Antrieben einstellen. In einem Gastbeitrag für das Handelsblatt erklärten der Traton-Vorstandsvorsitzende Matthias Gründler und der für alternative Antriebe verantwortliche Manager Andreas Kammel, warum sie vor allem auf Batterie-Technik setzen.
Für große Nutzfahrzeuge gelten neben dem Batterie-Elektroantrieb auch Elektrosysteme mit zusätzlicher Wasserstoff-Brennstoffzelle als vielversprechende Antriebsart der Zukunft. Die Traton-Experten glauben, dass im Lkw-Verkehr – auch auf der Langstrecke – reine E-Lkw in den meisten Fällen die günstigere und umweltfreundlichere Lösung sein werden. Wasserstoff-Lkw hätten einen entscheidenden Nachteil: Nur etwa ein Viertel der Ausgangsenergie fließe in den Antrieb, drei Viertel gingen durch Umwandlungsverluste verloren. Beim E-Lkw sei das Verhältnis umgekehrt. Außerdem würden langfristig wohl auch auf Wasserstoff Abgaben anfallen, wie heute schon auf Diesel und Strom.
Lkw seien intensiv genutzte Investitionsgüter, deren Treibstoffkosten den Anschaffungspreis weit übersteigen. Je besser die Fahrzeuge ausgelastet seien, umso größer werde der Energiekostenvorteil der E-Lkw. „Die oft geäußerte Meinung, Wasserstoff-Lkws seien etwas für die Langstrecke, und E-Lkws nur für die Kurzstrecke, erscheint damit unhaltbar“, so die Traton-Manager. Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit eines E-Lkw sei vielmehr eine regelmäßige, intensive Nutzung – und die sei gerade im Schwerlastfernverkehr an der Tagesordnung.
Insgesamt dürfte ein typischer schwerer E-Lkw in Europa bei den Gesamtkosten 2025 vor einem konventionellen Diesel-Lkw liegen, glaubt man bei Traton. 2030 könnte der prozentuale Vorteil schon zweistellig sein, was den Diesel-Lkw zunehmend auch ökonomisch marginalisiere. Dafür sei allerdings eine flächendeckende, auf die vorgeschriebene 45-minütige Pause eines Fahrers nach viereinhalb Stunden Fahrzeit ausgelegte Schnellladeinfrastruktur Voraussetzung.
„Massiver Vorteil des E-Lkw“
E-Lkw würden von vielen unterschätzt, sagen die Traton-Manager. Auf Pkw-Modellen aufbauend würden die Ruhezeitregelung oft nicht berücksichtigt und Schnellladen gar nicht erst erwogen, was zu hohen Batteriekosten und Nutzlastverlusten führe. Ebenfalls verbreitet sei die Annahme, Lkw würden – anstelle günstigerer gewerblicher Tarife – teuren Haushaltsstrom nutzen. Auch die Batterie werde unterschätzt: Sie habe bereits heute ein Preisniveau und eine Lebensdauer, wie es einige Studien erst nach 2030 erwarteten. Bei alldem gehe es um objektiv falsifizierbare Annahmen, die das Ergebnis von „leichte Tendenz zum Wasserstoff-Lkw“ zu „massiver Vorteil des E-Lkw“ verschieben.
Laut Traton sind selbst bei herkömmlichen Batterien perspektivisch 1000 Kilometer ohne Unterbrechung mit einem E-Lkw denkbar. Die bis Ende des Jahrzehnts erwartete Serienreife von Festkörper-Batterien könnte zukünftig Ladezeiten von nur noch zehn Minuten ermöglichen. E-Lkw würden dann so schnell wieder voll sein wie vergleichbare Dieselfahrzeuge. „Damit ist der E-Lkw nicht nur die Hauptlösung für dieses Jahrzehnt, sondern mehr noch für die fernere Zukunft: Der Vorsprung gegenüber dem Wasserstoff-Lkw wächst sogar“, so die Traton-Manager.
Mit Blick auf die Nachhaltigkeit heißt es in dem Gastbeitrag, dass mit demselben Windrad bei passender Speicherinfrastruktur dreimal mehr E-Lkw als Wasserstoff-Lkw betrieben werden könnten. Gleichzeitig könnten schon bald mit moderatem Energieeinsatz weit über 90 Prozent der Batterie recycelt werden. Selbst mit dem aktuellen Strommix gebe es kaum eine andere Maßnahme, die mit derart geringen Investitionen derart hohe CO2-Reduktionen erreichen würde wie E-Lkw.
Trotz Fokus auf Batterie-Lkw sieht man bei Traton auch für Wasserstoff eine Zukunft in der Branche, zum Beispiel als Übergangslösung. Solange es keine flächendeckende Ladeinfrastruktur gebe, könne Wasserstoff auf Langstreckenfahrten unter anderem als Reichweitenverlängerer genutzt werden. Aber auch Regionen mit besonders günstigem Wasserstoff sollten eine Rolle spielen, in Europa etwa rund um Nordsee-Windparks oder Importhäfen. „All das bedeutet, dass sich Wasserstoff-Lkws in den nächsten zehn Jahren zwar in immer mehr Anwendungen am Markt etablieren werden, parallel aber zunehmend durch immer alltagstauglichere E-Lkws verdrängt werden, weil diese schlicht billiger im Unterhalt sind“, so die Traton Manager.
kritGeist meint
Selten so eine ernüchternde Erkenntnis gelesen, jedenfalls für die Wasserstoff-Lobby ;-P
Jetzt muss es auch Daimler kapieren..ok sie habe über Jahrzehnte Steuergelder kassiert, ohne echten Fortschritt.
Ich traue höchstens den Asiaten, ala Hyundai, BYD, Japaner (da sie am weitesten sind) was in der Richtung noch zu reißen. EU dürfte da höchstens in Kooperation vielleicht noch was schaffen, mit Produktion in nicht-Euro-Ländern (RU, BG, PL) .
Wobei die Strecken innerhalb EU + Anbindung an Züge & Schiffe – Dürfte eher Pro-E sprechen..
Zur Info:
https://www.planet-wissen.de/sendungen/sendung-lust-auf-energiewende-100.html
Ganzer Programm, v.a. die Interviews mit Prof. Fischerdick & Dr. Stelzer
https://www.planet-wissen.de/sendungen/sendung-wasserstoff-100.html
DE-Experten zum Wasserstoff, wie weit ist DE & was muss noch gemacht werden!
Mirko meint
Da sagt VW doch selbst „die Elektromobilität wird nur vorangetrieben, weil die Politik es verlangt und finanziert“ und jetzt sowas???? bei der Auslastung der Parkplätze, die heute schon vorherrscht und der Geschwindigkeit deutschen Autobahnbaus, ist wohl vor 2099 nicht mit einem sinnvollen flächendeckendem Einsatz von Elektrolkw zu rechnen. Oder wir haben bald Staus über hunderte Kilometer, weil dem gelobten Antrieb einfach der Saft ausgeht????♂️
Marco meint
Geiler Artikel, schöne Sätze…
„Sie habe bereits heute ein Preisniveau und eine Lebensdauer, wie es einige Studien erst nach 2030 erwarteten. Bei alldem gehe es um objektiv falsifizierbare Annahmen, die das Ergebnis von „leichte Tendenz zum Wasserstoff-Lkw“ zu „massiver Vorteil des E-Lkw“ verschieben.“
Wer hätte sowas vor einem Jahr von so einem Konzern erwartet?
Uwe meint
Not macht erfinderisch!
Sepp meint
Aaahh – es spricht sich rum (halt noch nicht bei ARTE und co)
Lewellyn meint
Boah, so viel Einsicht, Fakten und die richtigen Schlussfolgerungen. Dass das in einen Artikel passt. ;-)
Ich hatte die europäische LKW-Industrie schon abgeschrieben (Stichwort: Teslas Semi physikalisch unmöglich).
Sebastian meint
Vom Semi fahren 2 Stück im Werksbetrieb. Aktuell laufen mehrere hundertetausende E-Truck,Busse, Müllwagen mit Akku rum.
Jörg2 meint
Es sind bei TESLA, so glaube ich zu wissen, aktuell 7 Stück SEMI im Testbetrieb.
Peter W meint
Ach, doch so viele!
andi_nün meint
„. Aktuell laufen mehrere hundertetausende E-Truck,Busse, Müllwagen mit Akku rum.“
Davon ungefähr 95% aus chinesischer Produktion.
Die Chinesen dominieren den Markt in dem Bereich bisher komplett.
Uwe meint
Renault liegt im Zeitplan noch vor Tesla!
Der Diktator meint
Ich kann immer wieder nur staunen wie die Bahn es nicht schafft mehr LKW auf die Schiene zu bekommen.
Morgen kommt bei mir ein Laster mit Ware an. 750km Fahrt. Ein LKW buchen geht in wenigen Minuten und kostet knapp 1000€
Warum kann ich nicht genauso einfach und günstiger den Sattelauflieger oder von mir aus Container mit LKW zum Bahnhof, dann per Bahn zur nächsten Stadt und von dort zu mir ins Lager buchen?
Sebastian meint
Denk mal nach! Der LKW holt direkt ab, liefert direkt. Während der Truck fährt, plant die Dispo die Weiterfahrt.
Jetzt das ganze per Bahn… laden… zum Umschlageplatz (wurden aber alle weggebaut, Stichwort Wohnraum)… dann fährt der Zug bis wohin? Wo ist der nächste nicht vorhandene Umschlag? Dann muss eine freie Zugmaschine den Trailer aufnehmen und zu dir bringen.
Der Zug taug für wirklichen Fernverkehr… siehe Chile, Kanada, Australien etc.
für so ein Pups Land wie D-A-CH ist Witz mit Anlauf.
Michael meint
Ich habe letzhin einen Bericht über die Bahn gesehen. Die Planung und Terminierung erfolgt in Exceltabellen und mit Telefonübertragung zwischen den Mitarbeitern. Excel hat halt seine Grenzen.
Jörg2 meint
IT: „Neuland“ halt… :-((
Pofalla verantwortet den Bereich Infrastruktur bei der Bahn. Ich erwarte da wenig bis nichts.
Peter W meint
Ein ordentliches Speditionsprogramm kostet schon etwas mehr als ne Excel-Tabelle.
@Der Diktator: 2 mal umladen und rumrangieren ist teurer als die 750 km. Außerdem hat die Bahn Preise dass einem schwindelig wird und braucht die 3-fache Zeit.
kritGeist meint
Das Problem ist über J.zehnte verkappte Pro-LKW, Anti-Bahn – Strategie, auch bei der Bahn, die lieber mit Steuergeldern Busse auf Malte fahren oder in GB alte Züge wollte! In Bulgarien fahren immer noch Hamburger Bahn-Busse. Man hat konsequent die Bahnstrecken tot-gespart, mit Bonis für inkompetente Management & unfähige CDU & SPD-Politiker.
Es ist schon peinlich, dass Schweiz, Österreich & sogar Polen seit J. auf eine EU-Anbindung warten, weil DE es nicht schafft.
Die „gute“ LKW-Maut hat mal lieber für die Löcherflickerei der Autobahnen genutzt, anstatt Bahn-Modernisierung.
alex meint
Seit Jahren erzähle ich den Leuten Wasserstoff im PKW/LKW Segment ist eine Totgeburt.
Langsam fangen auch die „Nachrichten“ es zu vermitteln, aber die meisten Schlaf Schafe hängen noch an ihrer „Meinung“ die man ihnen durch die Medien eingetrichtert hat
three e's meint
„Wasserstoff-Lkw hätten einen entscheidenden Nachteil: Nur etwa ein Viertel der Ausgangsenergie fließe in den Antrieb, drei Viertel gingen durch Umwandlungsverluste verloren.“
Endlich mal ein Manager (neben Elon), der mit Weitblick in die Zukunft schaut und erkennt, dass Wasserstoff für derartige Einsatzgebiete eine Sackgasse ist.
Es tun sich etliche wohl damit schwer, für mich eine alte Leier und glasklar.
Ich sage nur SemiTruck…
AK swiss meint
Starke Ansage: Wasserstoff als Übergangstechnologie zum E-LKW. Das tut so manchem richtig weh. Aber das Effizienzargument zieht am Ende.
Franz Mueller meint
Wasserstoff ist doch eher eine Nicht-existente Übergangstechnologie.
Ernesto 2 meint
Man kann es kaum schöner sagen, der einzige Vorteil an Wasserstoff dabei ist, fürs nicht vorhanden sein auch noch Forschungs- und Entwicklungs- Milliarden an Steuergeldern abgreifen, das nennt sich dann „ergebnissoffen“…..