Eine Studie vom Öko-Institut, dem Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft und Prof. Dr. Stefan Klinski von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin hat sich im Auftrag des Umweltbundesamtes mit der Frage befasst, wie eine Reform von Steuern und Abgaben den Verkehrssektor in eine nachhaltige Zukunft lenken kann. Kurz- bis mittelfristig könnten dazu laut den Studienautoren höhere CO2-Preise in Kombination mit der Abschaffung der EEG-Umlage, eine angemessene Besteuerung von Dienstwagen, ein Bonus-Malus-System beim Pkw-Kauf sowie eine zusätzliche CO2-Komponente in der Lkw-Maut beitragen.
„Die Besteuerung unserer Mobilität stammt aus dem fossilen Zeitalter mit Erdöl, Benzin & Co“, so Wiebke Zimmer, stellvertretende Leiterin des Bereichs Ressourcen & Mobilität am Öko-Institut. „Sie passt nicht mehr zu den Anforderungen an eine nachhaltige, gerechte, individuelle Mobilität und muss deshalb neu ausgerichtet werden.“ Eine zukunftsfähige Verkehrspolitik müsse sich an Vorgaben des Klimaschutzes ebenso ausrichten wie an Kriterien der Sozialverträglichkeit und an weiteren Umweltschutzzielen wie der Vermeidung von Lärm und Schadstoffen oder einem geringeren Flächenverbrauch.
Zudem müsse sie auch die Mittel zur Finanzierung der nachhaltigen Mobilität der Zukunft bereitstellen. Dafür sollte etwa bis zum Jahr 2030 der CO2-Preis im Verkehr die wahren gesellschaftlichen Kosten des Klimaschutzes von mehr als 200 Euro pro Tonne CO2 widerspiegeln. Wenn so die Preise für fossile Pkw-Kilometer steigen, könnten Alternativen wie der öffentliche Verkehr sowie Fuß- und Radverkehr unterstützt und ausgebaut werden. Sozial verträglich für Menschen mit niedrigeren Einkommen werde das, wenn gleichzeitig die EEG-Umlage abgeschafft wird und so der Strompreis sinkt.
Stärkere Anreize für E-Mobilität
Zusätzlich müsse der Pkw-Verkehr schnell auf Elektromobilität umgestellt werden. Dafür brauche es stärkere Anreize beim Fahrzeugkauf – wie beispielsweise ein Bonus-Malus-System. Durch Mehreinnahmen von CO2-intensiven Fahrzeugen (Malus) könne eine Kaufprämie für Elektroautos (Bonus) gegenfinanziert werden. Damit würden nicht alle Steuerzahlenden den Kauf von E-Pkw finanzieren, sondern nur diejenigen, die sich einen Neuwagen leisten können – „ein Klimaschutzbeitrag, der gleichzeitig auch sozial gerechter ist“, so die Studienautoren.
Als eine weitere Komponente sollte die private Nutzung von Dienstwagen höher besteuert werden, damit Dienstwagen privat wenig oder gar nicht genutzt werden. Weil der zu versteuernde Betrag von der Nutzung unabhängig sei und weil Unternehmen vielfach auch noch für die Betriebskosten aufkämmen, sei der Anreiz zum Vielfahren heute sehr groß. Zudem profitierten davon meist Menschen mit einem ohnehin höheren Einkommen. Die Dienstwagenpauschale sei deshalb sozial ungerecht und ökologisch kontraproduktiv.
Nicht zuletzt spiele die Frage nach der Finanzierung des Verkehrssektors der Zukunft eine entscheidende Rolle, heißt es abschließend. Die Energiesteuer, die derzeit den größten Anteil der Steuereinnahmen aus dem Verkehrssektor ausmache, sei bis 2050 stark rückläufig und verliere damit ihre zentrale Finanzierungsrolle. Die Einnahmen der Stromsteuer und der CO2-Bepreisung könnten diesen Rückgang nicht vollständig ausgleichen. Deshalb müsse die Straßeninfrastruktur in Zukunft direkter von ihren Nutzern gegenfinanziert werden. Eine Maut für alle Fahrzeuge – Lkw und Pkw, abhängig von den gefahrenen Kilometern – scheine dafür aus heutiger Sicht die beste Lösung.
knusperkeks meint
Unabhängig von den Umweltfolgekosten bleibt eine Lücke zwischen Einnahmen KFZ-Steuer, Energiesteuer und andererseits Ausgaben für Neubau und Instandhaltung von Verkehrswegen für den motorisierten Individualverkehr.
2020
Einnahmen KFZ-Steuer ~10Mrd.
Einnahmen 40 Mrd.
Ausgaben allein für den Neubau 14Mrd.
Dazu diskutierwürdig die weiteren (volkswirtschaftlichen) Kosten für kommunale Wege, Parkplätze etc., Instandhaltungskosten, Rettungseinsätze und Umweltfolgekosten (bei BEV geringer)
Wenn bei BEV die Energiesteuer im Vergleich niedrig ist, muss wohl zukünftig wohl die KFZ Steuer steigen (kein Anreiz weniger zu fahren, da ja eh entrichtet) oder wie Indiana meint, wohl eher eine Kilometerabhängige Maut. oder es wird wie bisher weiter gesamtgesellschaftlich subventioniert, was (m.M.n. berechtigerweise) die Wenigfahrer oder Nicht-KfZ-Besitzer auf die Palme bringt.
Das wird spannend :-)
David meint
Das stimmt in großen Teilen nicht und ist viel zu klein und zu unklar gedacht.
Die Besteuerung ist nicht auf den Verbrenner zugeschnitten, es gab nur Verbrenner, sondern auf das Gesellschaftskonzept der 60er-90er Jahre, wo man zunehmend nicht mehr an der Arbeitsstätte gewohnt hat, sondern am Stadtrand, im Grünen, in einer anderen Stadt. Aber grundsätzlich musste man täglich zur Arbeitsstätte kommen und der lange Weg wurde belohnt. Also hatte man ein Auto oder zwei.
Diese steuerliche Erleichterung, Pendlerpauschale genannt, scheint komplett vergessen worden zu sein. Sie betrifft locker zehn mal mehr Leute als die Dienstwagenpauschale. Letztere hat man nicht vergessen, sie war aber immer ungerecht. Man sollte die Themen nicht vermischen, hier geht es um die Umwelt, nicht um die Gerechtigkeit in der Gesellschaft, die es nie geben wird. Soziale Verträglichkeit kann nicht bedeuten, den Zugang zum eigenen Auto für jeden zu ermöglichen. Wenn man es gut mit der Umwelt meint, müssen grundsätzlich Fahrten eingespart werden und Anreize geschaffen werden, auf das Auto zu verzichten bzw. ist es richtig, es unerschwinglicher zu machen.
Privatfahrten mit einem Dienstwagen zu verteuern resultiert darin, dass ein zusätzlicher Wagen für die Privatfahrten angeschafft wird. Das kann man ja wohl nicht wollen. Vielmehr muss man belohnen, was der Umwelt hilft. Das bedeutet, man belohnt Home-Office, man belohnt das Pendeln mit Fahrrad, Öffis, Last-mile-vehicles. Zudem muss es eine saftige Maut wie bei LKW geben.
Aber Geld ist nicht alles. Die Ächtung des Verbrenners und des Autoverkehrs an sich muss kommen. Innenstädte für alle Autos außer Anwohnern zu sperren, ist in Italien gang und gebe, sollte bei uns mehr kommen. Ansonsten wäre Tempo 30 in allen Stadtgebieten eine wunderbare regulative Maßnahme. Alle Inseln, Kurorte, Naturschutzgebiete, Gebirge und Mittelgebirge, Sehenswürdigkeiten, Großstädte sollten für Verbrenner ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr anfahrbar sein.
Indiana meint
Die Pendlerpauschale erhalten alle Arbeitnehmer, egal welchem Verkehrsmittel der Weg zur Arbeit angetreten wird. Das vergessen die meisten Kritiker. Von der steuerliche Entlastung profitieren vor allem untere und mittlere Einkommen, Geringverdiener fast gar nicht. Solgane durch den Staat vorgegeben wird das 100 km Pendelstrecke am Tag zumutbar sind, erübrigt sich jedes andere Argument gegen die Pauschale. Ihr genanntes Gesellschaftssystem aus den 1960-90ern ist, sie werden es kaum glauben, heute noch existent und wird bei weiter steigenden Mietpreisen in den Städten entsprechend wachsen.
Der Zugang zu einen eigenen Fahrzeug kann nicht nur sozial verträglich, sondern auch existenzsichernd sein. Das mag den urbanen Raum vielleicht nicht so sehr betreffen, im ländlichen Gebieten definitiv, und nein es macht ökonomisch und ökologisch überhaupt keinen Sinn jede Stunde einen Bus auf´s Dorf zu schicken, weil die Bedürfnisse ganz anders sind.
Die Maut für alle Alle wird kommen. Diese wird dann der letzte Tritt für die Verbrenner als Alltagsfahrzeug werden. Ich glaube gelesen zu haben, dass das die EU 2028-30 für die gesamte EU einführen will.
MichaelEV meint
Die Mehrkosten, die durch die Entfernung zum Arbeitgeber entstehen, werden kompensiert. Die Mehrkosten dagegen, die einem ggf. durch einen Wohnort in der Nähe des Arbeitgebers entstehen, die darf man vollständig selber tragen.
Es muss doch vollkommen unstrittig sein, dass die Pendlerpauschale überhaupt nicht kompatibel mit den Zielen Verkehrs- und Klimawende ist. Sie befeuert das exakte Gegenteil.
Eine Idee wäre vielleicht eine Pauschale, die sich nach den Lebenshaltungskosten an der Arbeitsstätte richtet. So allokieren sich die Arbeitnehmer in der Nähe ihres Arbeitgebers, auch wenn die Kosten dort höher sind. Oder man bekommt immer noch seine Fahrtkosten zu einem Teil unterstützt, falls man mit seiner Lebenszeit nichts besseres anzufangen weiß.
NiLa meint
Vielleicht noch eine weitere Komponente, wenn das Auto die falsche Farbe hat?
LPG und CNG sind übrigens besser gestellt als Benzin und Diesel – zurecht.
Peter W. meint
Das wollen aber die Wenigsten, und nützt der Umwelt wenig.
Berliner-Ansichtskarte meint
Ich wundere mich schon, wie unkonkret gerade die Grünen beim Thema Dienstwagen in den Wahlkampf gegangen sind. Es ist schlicht ein Skandal, dass die dicken Karren zu ca 50% vom Steuerzahler getragen werden – je dicker und dreckiger, desto schmaler die Rente und desto höher der „subventionierte Luxus“, andere zu schädigen. Die Förderung von E-PKW (BEV) halte ich jetzt bereits für überflüssig, die der PHEV geradezu kontraproduktiv. Allerdings sollte man die steuerlichen „Daumenschrauben“ konsequent bei Energie und CO2 ansetzen, darüberhinaus auch eine Lärmkomponente (KFZ-Steuer) und sonstige gefährliche Giftstoffe (CO, HCN, PAK, PAH) in der KFZ-Steuer berücksichtigen. NUR SO treibt man die Innovationen voran. Mir ist nie klar geworden, warum LPG/CNG trotz deutlich geringerer Emissionen nicht besser gestellt wurden. Das Ergebnis ist bekannt: Innovation tot, Einsparung tot! Autos wurden „höher, dicker, energieverschwenderischer“ Soviel Irrsinn hat ja nicht einmal die DDR in den 80-ern hinbekommen.
Günter meint
LPG kaufe ich für unsere Autos für 72 Cents je KG, was Diesel und Co. kosten wirst Du wohl wissen. Dazu ist die KFZ Steuer für LPG kaum messbar. Autogas ist wirklich wunderbar, sauber, leise und überall verfügbar.
alupo meint
Sauber???
Werden die Stickoxide jetzt einfach mal vergessen?
Dagobert meint
Der letzte Absatz ist so ziemlich das Einzige was an diesem durch das Öko-Institut beauftragen Meinungs-Artikel Sinn macht. Fahrstrom ist nicht fair zu besteuern, man kann ihn schließlich schlecht einfärben. Es muss also eine andere Form der kilometerabhängigen Besteuerung her.
Dienstwagen sind ein Anreiz den Unternehmen für fähige Mitarbeiter schaffen, das hat nichts mit sozialer Ungerechtigkeit zu tun, es ist eine Gehaltskomponente. Wenn diese Komponente meines Gehalts wegfällt muss mein Unternehmen nachbessern oder ich wechsle den Arbeitgeber, so simpel ist das. Viele BEVs und PHEVs werden überhaupt nur verkauft, weil es die günstige Dienstwagenregelung für diese gibt.
Mein PHEV steht jetzt schon seit 2 Wochen mit defektem Akku beim Händler in der Werkstatt. Im Leben würde ich mir privat nicht das Risiko eines defekten HV-Akkus an den Hals hängen.
alupo meint
Von welchem Hersteller ist denn das Auto mit dem defekten PHEV Akku?
Dagobert meint
Ist ein BMW 225xe. Morgen steht er 2,5 Woche in der Werkstatt. Nach dem Tausch von 2 der 6 Module im Akku funktioniert er immer noch nicht richtig und es muss Rücksprache mit dem Hersteller gehalten werden…
Andi EE meint
Liest sich sehr logisch. Aber dass auf die Verbrenner-Neuwagen ein Malus erhoben, also einen Preisaufschlag geben wird, kann ich nicht glauben. Das werden die DE Autohersteller verhindern, denn sie brauchen die Marge dort um den Umbau auf die Elektromodelle zu finanzieren. So was würde z.B. Tesla als reiner EVv-Hersteller noch mehr stärken, da die OEMs noch mehr an Konkurrenzfähigkeit einbüssen werden.