Viele namhafte Unternehmen schaffen es laut der aktuellen Ausgabe des „Trendmonitor Deutschland“ aus Sicht der Bundesbürger bisher nicht, sich beim Thema Nachhaltigkeit überzeugend zu profilieren. Rund drei Viertel der Verbraucher (72 %) meinen sogar, dass Nachhaltigkeit oft nur als Werbefloskel verwendet wird. Zugleich fällt es vielen (75 %) im Alltag schwer zu erkennen, welche Produkte nachhaltig sind.
Bei spontaner Abfrage verbinden die Bundesbürger namhafte Marken erst wenig mit hoher Nachhaltigkeit, so die Studienautoren. Als „besonders nachhaltig“ seien am häufigsten noch Marken wie Alnatura, Aldi, Rewe, Frosch, DM, Fairtrade oder Edeka genannt worden. Seltener bereits BMW, Tchibo, Tesla, Apple, Allianz, H&M oder Ikea. Umgekehrt fielen den Verbrauchern spontan aber auch nur wenige Marken ein, die sie für „sehr wenig nachhaltig“ halten. Am häufigsten genannt worden seien beispielsweise KiK, Amazon, VW, H&M, Primark und Shell. Ein deutlicher Ausreißer im Verbraucherurteil sei hier Nestlé, das Unternehmen werde spontan mit Abstand am häufigsten mit geringer Nachhaltigkeit assoziiert.
In puncto eigener Nachhaltigkeitsorientierung der Verbraucher zeigt die Befragung: Mehr als jeder fünfte Bundesbürger (23 %) achtet im Alltag bereits in höherem Maße darauf, möglichst nachhaltig zu leben. Weitere zwei Drittel (67 %) beabsichtigen, dies zukünftig stärker zu tun als bisher – allem voran bei Ernährung, Mobilität und Energieverbrauch, aber auch in vielen weiteren Konsumfeldern. Die große Mehrheit der Bundesbürger befürwortet zudem konkrete Maßnahmen zur besseren Orientierung der Verbraucher zum Thema Nachhaltigkeit. Etwa durch Nachhaltigkeitsampeln (62 %), unabhängige Nachhaltigkeitssiegel für einzelne Produkte (39 %) und durch eine bessere Verbraucherinformation zur Produktion und Herkunft von Produkten (39 %).
Systematisch untersucht wurden aus Verbrauchersicht auch die Nachhaltigkeitsprofile von über 30 namhaften Einzelmarken. Analysiert und verglichen wurde dabei die wahrgenommene Stärke der öffentlichen Selbstdarstellung in puncto Nachhaltigkeit mit dem persönlichen Verbraucherurteil zur „tatsächlichen“ Nachhaltigkeit der jeweiligen Marken. Teils zeigten sich hier sehr deutliche Unterschiede und Diskrepanzen. So meinen 50 Prozent der Bundesbürger, dass sich die Marke Tesla in der Öffentlichkeit in stärkerem Maße als nachhaltig darstellt. Lediglich 42 Prozent der Verbraucher halten die Marke jedoch auch in gleichem Maße tatsächlich für nachhaltig. Die Übereinstimmung von Marken-Anspruch und Marken-Wirklichkeit in Bezug auf Nachhaltigkeit zeigt eine (gerundete) Differenz von -9 Prozentpunkten. Auch bei Marken wie Edeka, Tchibo (jeweils -7), Deutsche Bahn, Aldi oder Sparkasse (jeweils -6) weicht die wahrgenommene „tatsächliche“ Nachhaltigkeit von der Selbstdarstellung der Marken aus Sicht der Verbraucher deutlicher ab.
Die Marke VW wird von den Befragten in puncto Nachhaltigkeit sehr zurückhaltend beurteilt: Nur 16 Prozent halten VW bisher für nachhaltig. Außerdem zeigt die Automarke den höchsten Differenzwert (-12) zwischen wahrgenommener Nachhaltigkeit und Selbstdarstellung. Amazon und Zalando landen – bei bisher allerdings erst geringer wahrgenommener öffentlicher Präsenz in puncto Nachhaltigkeit – bei Differenzwerten von -6 und -5 Prozentpunkten.
Positive Differenzwerte zeigt der Vergleich der wahrgenommenen Selbstdarstellung und die Einschätzung der „tatsächlichen“ Nachhaltigkeit bei den Marken Armedangels, Deutsche Bank und Eurowings. Hier werden die Unternehmen vergleichsweise stärker als nachhaltig wahrgenommen, als deren öffentliche Selbstdarstellung. Letzteres im Falle von Deutsche Bank und Eurowings auf niedrigem Gesamtniveau.
In der Detailanalyse offenbarten sich Beurteilungsunterschiede zwischen verschiedenen Verbrauchersegmenten. Recht durchgängig zeigte sich, dass die „tatsächliche“ Nachhaltigkeit von Marken von Frauen kritischer betrachtet wird als von Männern. Zudem sehen jüngere und ältere Verbraucher bestimmte Marken hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit unterschiedlich kritisch, andere hingegen deutlich positiver und wohlwollender. Generell sind die meisten Befragten (74 %) – trotz ihrer eher kritischen Grundhaltung beim Thema Nachhaltigkeit – uneingeschränkt der Auffassung, dass diejenigen Unternehmen, deren Produkte und Marken tatsächlich nachhaltig sind, auch damit werben sollten.
Gl-58 meint
Erschreckend, wie sich die Meinungsmache der Medien/Presse im persönlichen niederschlägt ????
David meint
Der Ansatz ist ja schon perfide, da die tatsächliche Nachhaltigkeit offenkundig gar keine Rolle spielt. Zudem sollte man wissen, da die Masse gar nichts über Firmen weiß. Das liegt an zwei Dingen: Erstens, hat man keine Ahnung, wie eine Firma einzuschätzen ist, weil man schlicht nicht die Ausbildung und damit das Handwerkszeug hat, um eine Firma einschätzen zu können. Und es fehlt die Fähigkeit, zum strukturierten nachdenken. Daher bildet sich eine persönliche Meinung als Resultat aus dem, was man in den letzten Jahren so gehört hat, das ist kaum valide, vor allem geht es aber gerne 10 Jahre zurück. Denn gerade die Ahnungslosen prüfen die Aktualität ihres Wissens am seltensten. Und natürlich findet man automatisch besser, was man selber nutzt. Weil, sonst wäre ja das eigene Verhalten nicht in Ordnung.
Genau deshalb werden die Sargträger der Nachhaltigkeit, die Discounter oder auch IKEA, milder bewertet als sie es verdienen und schön ist auch der Effekt, dass es in jeder Branche auch einen schlimmen geben muss. So bleibt die Welt einfach. Zum Beispiel ist das Nestlé, da wissen auch so manche Förderschulabgänger, dass die teuer Wasser in die dritte Welt verkaufen. Ob das so ist oder nicht. Und ob andere das auch machen oder nicht.
Es scheint die Erkenntnis auch gar keine Rolle zu spielen, dass jeder Großkonzern im Grunde genommen alleine durch seine Größe Schwierigkeiten hat, nachhaltig zu sein. Denn Produkte müssen im großen Stil hergestellt werden und müssen lange Transportwege nehmen. Am schnellsten wirklich grün wären die Produzenten schlanker Produkte wie Dienstleistungen, Telekommunikationsdienste oder Banken werden, wenn sie ihre Zentralen verschlanken und ihren Betrieb mit Solarstrom realisieren. Ebenso alle Software-Schmieden. Das scheint gar nicht im Bewusstein zu sein, dafür Alnatura, deren abgelaufene Ware in Märkten systematisch weggeschmissen wird.
So etwas taugt also nur als soziologische Studie über die menschliche Dummheit. Tatsächlich werden alle Unternehmen nachhaltiger, weil die Steuerungsmechanismen bei der Kapitalbeschaffung exakt auf diesen Kurs geschwenkt sind. Das war der wichtigste Move hinsichtlich Nachhaltigkeit, den wir je in unserer Industriegesellschaft hatten. Der wird ab 2024 voll realisiert und wird sich bis 2045 ausgezahlt haben. Das wissen die Wenigsten, nennt sich ESG-Kennzahlen und die Richtlinien zur Kreditvergabe heißen EBA-Leitlinien. Und ESG ist auch auf dem Aktienmarkt stark im Vormarsch, weil institutionelle Anleger fairer werden müssen.
stefan meint
Nachhaltigkeit? Welche Autos können noch ein H-Kennzeichen bekommen?Vielleicht ein Lada oder Mahindra? Selbst über T-Shirts schrieb jemand dass die entweder keine 5 Jahre, oder 15 Jahre alt sind. Es gibt auch keine Marken mehr, auf die man sich verlassen kann. Selbst stihl hat inzwischen eine Billigschiene unter eigenem Namen (früher viking). Sehr schade!
Stdwanze meint
Die Metrik ist Mal wieder sehr erhellend wer hier bezahlt hat. Sei einfach nach aussen wenige nachhaltig dann ist dein Score sogar Positiv. Rofl.
Siehe TUI, Eurowings, Lufthansa