Der Daimler-Konzern hat 2021 seine Autosparte und den Lkw-Bereich in eigenständige Unternehmen gesplittet. Wie bei dem nun unter Mercedes-Benz firmierenden Autohersteller steht auch Daimler Truck vor der Transformation der Branche durch E-Mobilität. Der weltgrößte Lkw-Hersteller setzt dabei sowohl auf reine Batterie- als auch auf wasserstoffbetriebene Brennstoffzellen-Elektrofahrzeuge. Insbesondere für letztere sprachen sich der CEO Martin Daum und der Aufsichtsratschef Joe Kaeser in einem Interview mit dem Handelsblatt aus.
Ein Grund für die Trennung des Auto- und Lkw-Angebots war, dass sich die Bereiche unterschiedlich schnell elektrifizieren wollen. Mercedes-Benz bereitet sich schon darauf vor, ab 2030 vollelektrisch unterwegs zu sein. Bei Daimler-Truck erwartet man dagegen, dass im Lkw-Sektor neben immer mehr E-Fahrzeugen längere Zeit weiter Diesel- sowie zunehmend Wasserstoff-Fahrzeuge eine zentrale Rolle spielen werden.
Im Jahr 2030 werde es noch Regionen in der Welt und Einsatzbereiche geben, in denen man ohne den Verbrenner nicht auskommt, sagte Daum. In vielen Ländern etwa in Afrika oder Südamerika werde es keine Infrastruktur für Elektro-Lkw oder Wasserstofftankstellen geben. Langfristig würden sich auch diese Regionen umstellen, das werde aber seine Zeit brauchen.
Die Batterie und die wasserstoffbasierte Brennstoffzelle sieht Daum bei Lkw nicht als konkurrierende Technologien – das sei „kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch“. Beim Hochlauf der Elektromobilität brauche es beides. Wenn erst einmal 80 Prozent aller Pkw elektrisch fahren sowie die Hälfte aller Fernlastwagen, werde man über jeden Truck froh sein, der Wasserstoff tankt. Denn andernfalls würden an jeder größeren Raststätte 100 Lkw mit je 700 Kilowatt Leistung parallel laden müssen. Dafür wären 70 Megawatt elektrische Leistung nötig. Diese Energiemengen an die Raststätten zu bringen sei alles andere als trivial.
„Wir müssen glaubwürdig bleiben“
Um 70 Megawatt Energie zu erzeugen, bräuchte man ein Grundstück mit einem Kraftwerk mitsamt zwei Turbinen neben der Raststätte, erklärte Kaeser. Alternativ gingen auch 35 Windräder oder ein zwei Hektar großes Solarfeld, beides würde aber in der Nacht wenig nützen. „Die großen Parolen, dass wir schon 2030 oder noch früher alles auf grüne Energie umstellen müssen, klingen wunderbar. Aber wir müssen glaubwürdig bleiben und sehen, was operativ wirklich umsetzbar ist“, so der von 2013 bis 2021 bei Siemens leitende Manager.
An die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP gerichtet sagte Kaeser, dass „jetzt sofort“ und dauerhaft die Rahmenbedingungen geändert werden müssten – und die müssen dann Bestand haben. Die Innovationszyklen der Wirtschaft dauerten länger als vier Jahre. Der Weg in die CO2-Neutralität erfordere ein ganzheitliches Konzept. „Eine Agenda 2030+, die eine sozial-ökologische Marktwirtschaft der Moderne beschreibt, ist unumgänglich“, so Kaeser.
Seine Elektrifizierung treibt Daimler Truck auch ohne neue Maßnahmen der Regierung voran. Im letzten Jahr gab der Konzern einen Ausblick auf E-Modelle der nächsten Generation. Bis 2022 soll das Portfolio in den Hauptmärkten Europa, Nordamerika und Japan Serienfahrzeuge mit Batterie-Antrieb umfassen. 2027 sollen erste Serienfahrzeuge eines neuen Daimler-Lkw mit Wasserstoff-Brennstoffzellen-Elektroantrieb an Kunden übergeben werden. Bis zum Jahr 2039 visiert Daimler Truck an, in Europa, Nordamerika und Japan nur noch Neufahrzeuge anzubieten, die im Fahrbetrieb CO2-neutral sind.
bs meint
Stell dir vor, dass das autonome Fahren mit LKW bzw. „Containertrolly“ auf alle bzw. meiste Autobahnen möglich ist. Z.B. nur von Hamburg Hafen bis München Stadtrand. Von dort dann weiter mit Zug/Begleitfahrzeug. Dann sind die Ladezeiten schon weniger krtitsch weil kein Personal bezahlt werden muss. Auch nachts fahren wird einfacher und billiger.
Das ist mit H2 Tanken sehr schwer autonom zu machen, mit Ladersäule technisch schon als Prototyp verfügbar.
H2 auf der Straße ist eine Sargasse. Mercedes wird es noch erfahren.
Rainer meint
@alupo drückt es weiter unten einfach und prägnant aus „H2 ist auch bei Langstrecken-LKWs tot, das weiß jeder, der in der Schule Physik- und Chemieunterricht hatte (zumindest wenn dabei etwas hängen geblieben ist…).“ Und dies ist inzwischen auch die überwiegende Meinung der Wissenschaft und vieler Branchenexperten.
Es fragt sich trotzdem, weshalb weiterhin 5 der insgesamt 25 weltweit größeren LKW Hersteller zumindest im Langstreckenbereich noch auf Wasserstoff setzen, so auch hier der weltweite Marktführer Mercedes Trucks. Man muss aber dazu sagen, dass auch Mercedes laut von Maximilian Fichtner offen gelegten Insiderinformationen inzwischen auf Druck der Technischen Fachbereiche die Trennlinie zwischen E-Truck und H2-Truck deutlich weiter nach oben geschoben hat.
Bei Hyundai, dem bisher größten H2-Truck Hersteller wurde zum Jahreswechsel ein neuer Entwicklungschef ernannt und dieser hat den 12000 Entwicklern am Standort „klar gemacht, dass es unvermeidbar sei, sich in Richtung Elektrifizierung zu konvertieren. Schon 2025 wolle man weltweit mehr als eine Million E-Autos verkaufen.“ (Zitate aus Auto Motor Sport, 4.1.22).
In der Branche haben wohl auch die Batterie Erfolgsmeldungen von 2021 (z.B. Einführung Lithium-Eisenphosphat Batterie, Ankündigung Serienfertigung der Natrium-Ionen Batterie, Vorstellung Mercedes EQXX Studie) dazu beigetragen, dass zumindest für Fachleute sicher ist, dass Batterien und Batterierohstoffe in Zukunft keine unüberwindbaren Probleme darstellen.
Für die Vertreter der Wasserstoff Technologie wird es schwieriger. Auch der Pressesprecher bei Nikola-IVECO in Ulm sieht als Gast beim „Geladen“ Podcast (29.7.21) nur eine Zukunft für Wasserstoff LKW, falls der Preis für Batterien nicht zu sehr absinkt.
Bei Mercedes Truck ist die Entscheidung für die H2 Trucks vermutlich vor vier bis fünf Jahren getroffen worden. Dass mit dem Wissen von 2022 die Entscheidung noch einmal so ausfallen würde, ist zumindest offen. Ob aber teils fadenscheinige Argumente im Interview wie „werde man über jeden Truck froh sein, der Wasserstoff tankt“ oder „35 Windräder für jede größere Autobahnraststätte notwendig“ geeignet sind, Kunden wirklich vom H2 Truck zu überzeugen, erscheint für mich persönlich fraglich.
Thomas meint
Der Ladepark Kamen mit 26 HPC-Säulen (52 Ladepunkte) hat laut Betreiber einen mittleren einstelligen Millionenbetrag gekostet. Das sind gerade mal 100.000 EUR pro Ladepunkt, vielleicht 120.000 EUR. Nicht nur die Säulen, sondern der ganze Park: Überdachung, WC, Stellflächen, Netzanschluss etc..
Nennleistung der Ladesäulen: 26x 300 kW = 7,8 MW
Anschlussleistung geschätzt: 3-4 MW
Sowohl Platz als auch Anschlussleistung reichen somit für ca. 5 LKW-Megawattcharger. Die Hardware dafür dürfte deutlich billiger sein als die Kosten für 26 HPC-Charger. Somit würde der gesamte LKW-Ladepark weniger als 1 Mio. EUR pro Ladepunkt kosten. Dafür bekomme ich nicht mal eine H2-PKW-Ladestation, geschweige denn das ganze drumherum und schon gar nicht den H2-Anschluss.
Dieses Beispiel demonstriert eindrucksvoll dass die notwendige Infrastruktur bei H2 mitnichten ein Vorteil, sondern der wahrscheinlich krasseste Nachteil ist den diese Technik hat.
Thomas meint
Ergänzung:
Ich hatte nicht einbezogen dass eine H2-Tankstelle mehr Fahrzeuge abfertigen kann als eine Ladesäule. Ein LKW-Zapfpunkt dürfte etwa 5 Ladepunkte ersetzen, sofern er mit redundanter Kompression, Vorkühlung und genug Zwischenspeicherkapazität ausgestattet ist. So etwas dürfte ca. 5 Mio. kosten. Der Nachteil von H2 ist dann tatsächlich nicht mehr ganz so extrem, aber allein die Tankanlage ohne Infrastruktur würde so viel kosten wie ein kompletter Ladepark inklusive Netzanbindung.
Rainer meint
Ladetechnik ist sicher ein Problem, ehrlich gesagt aber sowohl für Wasserstoff als auch für Strom lösbar. Weniger lösbar für Wasserstoff sind die Kostendifferenzen pro km und in der Anschaffung (siehe gerne dazu auch Youtube „Transformation der Antriebe“ von Prof. Fichtner). Logistik ist ein knallhartes Geschäft, da zählt jeder Cent. Und gerade flüssiger Wasserstoff bei der Mercedes Lösung, es wird einem fast schlecht, wenn man die Einzelpositionen von der Sahara bis zur Tankstelle in Deutschland zusammenrechnet, egal, wie billig der Strom in der Sahara ist. Und in Deutschland habe ich immer den Faktor 3 dazwischen.
Und die Hochskalierung der Brennstoffzelle scheint ja auch große Probleme darzustellen, wenn Hyundai die 3. Stufe der Brennstoffzellenentwicklung wegen schlechter Zwischenergebnisse zumindest für PKW auf Eis legt. Stagnierend hohe Kosten in der Wasserstofftechnik und weitere deutliche Fortschritte in der Batterietechnik auch über die nächsten 5 Jahre, da fällt die Antwort nicht schwer.
Steven B. meint
Das ganze nur auf die Kosten pro Ladepunkt runterzurechnen ist nicht zielführend. Es geht viel mehr um die Ressourcen, man kann nicht ohne Ende Batterien produzieren, hier benötigt es Alternativen und wie Kaeser auch sagt, man müsse glaubwürdig bleiben, finde ich gut. Jeder Weiss das wir keinen Wechsel von Heute auf Morgen bewerkstelligt bekommen – zuviele Zweifler, Korruption in der Politik und und und. Mehrere Techniken einzusetzen ergibt Sinn, den vom Pferd zum Verbrenner war ja bekanntlich auch nicht des Weisheits letzter Schluss!
MichaelEV meint
Batterien scheinen wohl das Einzige zu sein, was produziert werden muss. Alles andere fällt irgendwie immer wundersamer Weise vom Himmel (z.B. Schiffe, die den Wasserstoff global verteilen; LKWs, die lokal verteilen; Pipelines; usw.).
alupo meint
Für so viele Brennstoffzellen reicht das Platin der Erde gar nicht aus, auch wenn pro kW immer weniger benötigt wird. Zudem kann es nur bedingt recycled werden, denn es verliert sich mit der Zeit und liegt unauffindbar am Strassenrand.
Und der Energieverbrauch ist entweder mit sehr hohen CO2 Emmissionen verbunden (insbesondere bei Kohle als Rohstoff, aber auch beim Verfahren der partiellen Oxidation (natürlich von Kohlenstoff!). Aber auch beim SMR mittels Erdgas) oder wie bei der Elektrolyse extrem hoch, so dass sogar der Verbrenner (wenn er nicht so giftig wäre) da durchaus mithalten kann, zumindest bei großen Motoren.
H2 ist auch bei Langstrecken-LKWs tot, das weiß jeder der in der Schule Physik- und Chemieunterricht hatte (zumindest wenn dabei etwas hängen geblieben ist…).
P.HH meint
@MichelEV
Ich habe gesagt, dass sie es pro Fahrzeug betrachten müssen. Da Wasserstofftankstellen positiv skalieren, kostet eine Zapfsäule bei einer großen Tankstelle mit z.B. 4 Zapfsäulen eben nicht 15x mehr.
Die negativen Skaleneffekte der Schnellladeinfrastruktur sind realistisch. Das ist kein großes Geheimnis. Das wurde in mehreren Studien so ermittelt. Entweder teure Netzupgrades oder teure Pufferspeicher, mit vergleichsweise geringer Lebensdauer.
Die Pipelininfra. wird der Industrie zugerechnet, da wir sie dafür sowieso aufbauen. Der Mobilitätssektor nutzt sie einfach mit.
Thomas meint
Praktisch jede Technik hat positive Skaleneffekte. Die Frage ist doch, ob die Skaleneffekte von H2-Ladesäulen höher sind als von HPC-Chargern. Hast Du dazu Zahlen?
Und ja, bei HPC-Chargern gibt es Stufen in den Kosten. Die erste Säule braucht mit etwas Glück nicht einmal einen neuen Trafo. Irgendwann ist dann ein Trafo fällig. Und bei noch mehr Leistung muss der Anschlusspunkt gewechselt werden, sprich MS-Kabel verlegt. Im worst case sind diese Anschlusskosten dann so hoch wie bei H2. Allerdings fallen bei H2 diese schon für die _erste_ Säule an, in praktisch voller Höhe.
Und nein: ganz sicher wird die Industrie nicht halb Deutschland mit Pipelines für Tankstellen versorgen. Der Industrie genügen einige backbones zu ihren Produktionsstandorten. Schon heute enden die meisten Erdgasnetze innerhalb der Stadtgrenzen. Und das zukünftige H2-Netz wird wesentlich kleiner ausfallen als das heutige Erdgas-Verteilsystem, da ja die Niedertemperaturerzeugung (Gasheizungen) praktisch wegfallen wird.
alupo meint
Die Pipelines für H2 bekommt man nicht genehmigt. Jeder Grundsückseigentümer wird dagegen klagen.
Ok, in Bayern ist das Enteignen zu Bauzwecken sehr leicht möglich (das habe ich bei der Ethylenfernleitung selbst erlebt). Die Nutzungsrechte sind danach eben sehr eingeschränkt, denn in der Nähe darf kein Baum wachsen. Von einem Wochenendhaus oder einem Geräteschuppen ganz abgesehen.
Ich würde auch klagen, alleine um die Auto-Konsumenten und auch den Steuerzahler vor finanziellen Schäden zu schützen.
Die inzwischen seit Jahren in Betrieb genommene Ethylenpipeline nach Bayern/Österreich wurde so um viele Jahre verzögert und wurde folglich um ein Vielfaches teurer. Sie rechnet sich nie mehr, aber sie existiert. Das gilt es bei H2 zu verhindern. H2 ist nur für jene von Interesse die bereit sind, umgerechnet heute 5 € pro Liter Benzin zu bezahlen, denn auch die aktuellen H2 Subventionen die zu einem Preis von 9,50€/kg führen gibt es nicht ewig. Vielmehr wird der H2 in Zukunft auch besteuert werden.
MichaelEV meint
Für eine H2-Zapfsäule kann auch ein Ladepark mit 50-75 Ladepunkten gebaut werden und ihre Rechnung geht vorne und hinten nicht mehr auf.
Teure Speicher … sehr amüsant. An Speichern wird in Zukunft gar nichts mehr teuer sein und die Speicher werden sich bei der Ladeinfrastruktur allein durch den Strompreis rechnen. Schnellladeinfrastruktur wird netzdienlich sein statt zusätzliche Kosten zu verursachen.
Werden für wenige Unternehmen Pipelines an jeden Ort in Deutschland gelegt, bis zur jeden klassischen Tankmöglichkeit? Oder fallen bei ihnen plötzlich wieder LKWs vom Himmel, die den Wasserstoff verteilen?
Rainer meint
Es ist sehr schade, dass der CEO einer Weltfirma dermaßen falsche Zahlen in die Welt setzt. Um 100 LKW pro Tag mit 700KWh (nicht 700KW!), zu beladen, bedarf es 70 MWh elektrische Energie, nicht 70MW Leistung. Diese 70MWh kann ein einzelnes Windkraftwerk pro Tag erzeugen ( 7MW x 10 Std.). In der Praxis wären, damit es das ganze Jahr rund um die Uhr funktioniert, z.B. 2 Windkraftwerke und ein Solarpark in moderater Größe zusammen mit einem großen Batterie Pufferspeicher sinnvoll. Das ist weit entfernt von der Angabe, es wären 35 Windräder erforderlich.
P.HH meint
Ich denke, er meint wirklich Leistung (700 kW pro LKW) und nicht Energie (700 kWh). Um einen LKW schnell aufzuladen, sind 700 kW eine realistische Annahme. Man will ja nicht ewig an der Säule hängen.
Dirk meint
Erstens veraltet, weil schon längst an Gigawatt-Ladung gedacht wird und zweitens Blödsinn, weil niemals alle LKW im Schnellademodus 700kW ziehen werden, siehe mein Beitrag unten.
Schnellladung wird eher die Ausnahme sein.
Rainer meint
Diese Vermutung paßt nicht zu 100 LKW. Selbst die größte Tankstelle der Welt (Berchem in Luxenburg) hat nur 24 LKW Ladesäulen, und die ist nach Angaben von Shell etwa so groß wie 30 Autobahntankstellen. Sie hat 1500 LKW Betankungen pro Tag. Für eine große normale Tankstelle sind daher 100 Betankungen pro Tag eine realistische Annahme. Und natürlich kommen die über den Tag verteilt.
Rainer meint
Sorry: 24 LKW Zapfsäulen, nicht 24 LKW Ladesäulen
barheine.net meint
Eines ist sicher: Die Arbeit wird den Ingenieuren in den kommenden Jahren und Jahrzehnten jedenfalls nicht ausgehen.
Michael meint
Also wenn man dann den Wasserstoff an der Raststätte tanken soll, dann braucht man doch mindestens 140 Windrädern und auch noch einen Wasserstoffgenerator. Oder man zieht halt ein Stromkabel und installiert für den Preis einer Wasserstofftankstelle 200 Ladesäulen.
Dirk meint
Jepp. Man kann alles erzählen und begründen, wenn man den Fokus nur klein genug macht. Und die „wo soll denn der Strom herkommen“-Dullies wittern gleich, dass sie schon immer Recht hatten.
Ausserdem ist die Aussage
„Denn andernfalls würden an jeder größeren Raststätte 100 Lkw mit je 700 Kilowatt Leistung parallel laden müssen.“
Quatsch, denn die 100LKW laden nicht gleichzeitig mit voller Leistung im höchsten Schnellademodus, sondern ganz ganz sicher nur während der Ruhezeiten mit deutlich weniger Leistung.
Kein LKW-Fahrer oder Spedition ist so blöd, Ruhe- UND Ladezeiten zu addieren, das findet parallel statt.
Weiterhin natürlich während der Be- und Entladung.
David meint
Der Weltmarktführer Mercedes muss im Rahmen einer Risikominimierung redundante Strategien fahren. Beim LKW ist das Ladenetz in Form eines Megawatt-Netzes eben noch nicht vorhanden, gleiches gilt für ein Netz aus Wasserstoff Tankstellen. Das ist die Realität. Insofern ist es auch eine Frage, wer schneller und mehr investiert, ob es nicht doch eine Chance für Wasserstoff gibt. Langfristig wird es eh Elektro. Weniger komplex und die Akkupreise fallen.
Peter meint
Und der Steuerzahler bezahlt diese Redundanz.
And die Kommentatoren unten: „Wasserstoff tanken wie Benzin“ ist ein Märchen, weil zwischen den Tankvorgängen Druck aufgebaut werden muss. Die aktuellste in China eröffnete H2-Tanke kalkuliert mit ca. 30 Minuten „DruckPause“ zwischen jeden PKW-Tankvorgang. Bei LKW und den daraus resultierenden H2-Mengen kommt man dann in ganz andere Dimensionen.
Auch die Netzbelastung von e-Ladepunkten kam über Akkus am Ladepunkt netzdienlich abgefedert werden. Aber dazu müssten sich RWE, Vattenfall und Konsorten mal beim Thema Einspeisung bewegen.
Djebasch meint
Hallooo Peter, falls du das noch liest, also aktuelle Wasserstofftankstellen verwenden Druckpumpen und halten den Druck vor so das beinahe Permanentes Wasserstofftanken möglich ist.
Problem es kann nur ein Fahrzeug tanken da die Anlage nicht gerade klein ist.
Nach 2 Tankvorgängen muss evtl. 15 min wieder der Druck aufgebaut werden dafür muss aber einiges getankt werden.
Peter meint
Und die Chinesen sind zu doof dazu, oder warum rechnen die bei einem aktuell vom chinesischen Ober-Zampano eröffneten H2-Tankpark mit 38Minuten pro Fahrzeug?
Ich halte die Chinesen jedenfalls für grundsätzlich clever sowie bei solchen Prestigeobjekten technologisch absolut „up-to-Date“ und erwarte daher einen Unterschied zwischen (geduldigen) Planungspapier mit Optimalannahmen und realisierbarer Praxis.
@David: Wenn Du schon indirekte Steuerabgaben einkalkulierst, dann, dann bitte auch die direkten und indirekten Standortvorteile, wie beispielsweise (willkürliche Auswahl aus einer sehr großen Menge): Rechtsstaat, Bildungssystem, sozialer Frieden sowie existierende und funktionierende Grundversorgung mit Asphalt und Strom etc.
alupo meint
Dir neue von mir besichtigte und per „Privatvorführung“ vorgestellte H2 Tankstelle von Air Liquide kann das nicht, das ohne lange Pause dazwischen laden..
Und obwohl sie das nicht kann und auch nur für PKW ausgelegt ist, benötigt sie einen eigenen 350 kW Transformator (diese Energie geht zu 100% verloren!).
Wenn nun sogar LKWs ohne Zeitverzug direkt hintereinander laden sollen kann man sich unschwer ausrechnen, was für eine wahnsinnige Anschlußleistung dann benötigt werden wird.
Ob dieser Leistungsbedarf so viel geringer sein wird als bei einer Strom-Ladesäule? Ich glaube eher nicht. Oder hat einer von den H2 Fanboys schon einmal eine große Kompressorenhalle in der Gase wie NH3, H2, CO, CO2 auf nur gut 300 bar komprimiert werden besichtigt und kennt gar deren Stromverbrauch? Ich schon…. (für Insider z.B. Halle P300).
David meint
Der Steuerzahler ist auch Daimler. Man darf da nicht nur die direkten Unternehmensteuern sehen, sondern auch die Mehrwertsteuer auf alle ihre Produkte und Dienstleistungen sowie die Beschäftigtenverhältnisse direkt und indirekt mit ihrer Steuerpflicht und Kaufkraft, wo auch wieder Steuern anfallen. Das lohnt sich unterm Strich für den Staat gewaltig. Und eigentlich weißt du das auch…
alupo meint
Lohnt sich nicht für den Staat.
Du musst dagegen rechnen was dem Staat verloren geht. Das ist dann das Defizit was daraus entsteht.
EVrules meint
Den kritischen Kommentaren des „sowohl als auch Ansatzes“ muss man entgegenhalten, dass es gerade im Fernverkehr, mit den chaotischen Parkbedingungen an Raststätten, eher unvorteilhaft wäre, wenn man nur an bestimmten Haltepunkten laden kann. Ein H2-Tank dagegen kann, wie bislang auch beim Diesel, an einem nicht blockierten Tankplatz nachgefüllt werden.
Extreme Energiemengen für die H2-Herstellung sind im Übrigen nicht im Fernverkehr nötig, umzustellende Industrie- und Energiesektoren sorgen ohnehin schon für ein um Faktoren größeren H2-Bedarf.
alupo meint
Ich glaube, Du hast noch keinen großen Wasserstofftank gesehen.
Wasserstoff ist das kleinste Atom was das Universum kennt. Und das hat unabänderliche Folgen….
Physik läßt sich nicht wegdiskutieren. Auch n8cht von dem BWLer Martin Daum. Dieser will damit nur einen siftigeren Übergang erreichen um noch möglichst lange legal alte Dieselantriebe zu verkaufen.
CaptainPicard meint
Alles elektrifizieren was geht und nebenbei noch ein paar Prozent Diesel-LKW fahren zu lassen wo es noch nicht geht ist viel effizienter und wirtschaftlicher als parallel ein Wasserstoff-Tankstellennetz aufzubauen. Und so lange der Wasserstoff ohnehin fast ausschließlich aus fossiler Energie gewonnen wird macht es für die Umwelt auch kaum einen Unterschied.
Und mit jeder neuen Batterie-Generation wird das Einsatzgebiet der Diesel-LKW kleiner und kleiner.
Mäx meint
Das klingt nach einem sinnvollen Ansatz.
P.HH meint
Nein, es ist nicht wirtschaftlicher nur auf Ladesäulen zu setzen. Die gesamten Kosten für die Infrastruktur sind niedriger, wenn wir parallel Wasserstofftankstellen ausbauen.
Muss man die Ladeinfrastruktur, inklusive Netz und Stromversorgung, so ausbauen, wie oben beschrieben, wird es deutlich billiger, einfach eine Wasserstofftankstelle hinzusetzen.
Siehe auch meinen Kommentar weiter unten.
Peter meint
Es ist halt nicht nur „eine“ Tankstelle. Und der Netzausbau muss sowieso kommen, wenn man 100% grünen Strom haben will. Das große Hemmnis sind momentan die in Sachen Einspeisung unbeweglichen Energiemonopolisten und ein (vorübergehender) Akkumangel. Beides muss aber sowieso gelöst werden.
P.HH meint
Nein, auf die oben beschriebene Weise muss der Netzausbau nicht sowieso kommen. Das muss man nur machen, wenn man so viele Schnellladesäulen aufstellt und deswegen ist es günstiger, auch Wasserstofftankstellen zu bauen.
MichaelEV meint
Die günstigere H2-Infrastruktur ist doch nur eine Träumerei. Die Frage, die ich ihnen das letzte Mal schon gestellt hab:
Wie viel H2-Infrastruktur soll man denn mit 1,5 Milliarden erreichen können. Nach den Kosten, die mir bekannt sind, kommt da kaum etwas relevantes bei rum!
Elektromobilität hat so viel netzdienliches Potential, auch bei der Schnellladeinfrastruktur. Das mit dem Netzausbau ist also auch nicht die ganze Wahrheit. Bei H2 dagegen lassen sie den ganzen Rahmen weg, wie z.B. einer notwendigen Infrastruktur.
Auf den gleichen Nenner gebracht, wird H2 beim PKW keine Chance haben Das bleibt einfach eine Träumerei.
Djebasch meint
Sie wissen aber das Wasserstoff für PKW keinen Sinn macht, denn wenn wir die 14000 Tankstellen für Wasserstoff bauen so wären die Kosten 10x so hoch wie Elektrifizierung,
Ein Aufbau für LKW würde eventuell nur 8000 bedeuten und damit die Kosten reduzieren wobei auch das in 1-2 Jahren vielleicht schon wieder hinfällig ist.
Und Elektro Ladesystem kosten wesentlich weniger sind schneller aufgebaut und die Strombereitstellung muss so oder so erfolgen…
Batterie Speicher müssen eh stark ausgebaut werden wir benötigen mindestens 250 TWh sonst werden so manche Winter ab 2038 sehr kalt…die versorgen dann auch gleich die Ladeparks…
Peter meint
@PHH
Da es keine Grundlast (Gruß an die Atomlobby) gibt und auch keine/nur sehr wenige „grundlastfähigen“ Kraftwerke , muss man für ein hochindustrialisiertes Land sowieso Puffern und Speichern was das Zeug hält. Da fallen ein paar Ladesäulen gar nicht mehr ins Gewicht, zumal man nicht an allen Laternen einen HPC braucht, sondern dort eher 3-11kW sinnvoll wären.
Dirk meint
„wirtschaftlicher als parallel ein Wasserstoff-Tankstellennetz aufzubauen.“
Insbesondere, wenn man dafür zusätzlich noch die dreifache Menge an EE-Erzeugern aufbauen muss, damit das ganze ökologisch überhaupt Sinn macht.
Da sehr ich eher Chancen, mit Hybrid-LKW (ich find Hybride bei PKW vollkommen daneben) und relativ sauberen und leisen Gasgeneratoren als serielle Hybride zu bauen, die kann man ggf. sogar relativ leicht upgraden bzw. bedarfsspezifisch ausrüsten.
Vielleicht sogar mit auf höchste Effizienz ausgelegten Dieselgeneratoren mit optimierter Reinigung, da die nur einen Betriebspunkt haben.
Serielle Hybride haben ja den Vorteil, dass der Fossilmotor NICHT die Spitzenleistung erbringen muss.
Welchen Grund hat es, dass das nicht verfolgt wird sondern stattdessen alle der H2-Karotte hinterherlaufen?
Thomas meint
Egal ob PKW oder LKW, es ist hanebüchen zu behaupten, dass die H2 Infrastruktur weniger aufwändig wäre als eine elektrische. Sind die wirklich so unwissend oder geht es hier drum das Gesicht zu wahren? Schließlich wurde intern ja schon weitgehend auf vollelektrisch umgeschwenkt.
P.HH meint
Im Artikel geht es darum, dass vor allem Schnellladesäulen das Netz zu stark belasten, und es dadurch extrem teuer wird, wenn man alles direkt elektrifizieren möchte. Im Prinzip geht es hier um die negativen Skaleneffekte der Ladeinfrastruktur, aufgrund von notwendigen Netz-Upgrades. Ab einem gewissen Punkt ist es einfach billiger und einfacher ein weiteres Fahrzeug mit Wasserstoff zu versorgen als mit Strom.
Wasserstofftankstellen brauchen keine Netz-Upgrades des Stromnetzes und sind ja auch gleichzeitig Energiespeicher.
Zudem: Hat man dann schon mal eine flächendeckende Infrastruktur für Wasserstoff-Lkw, ist es ziemlich einfach günstig, die PKW einfach mitzuversorgen. Dann stellt man einfach eine weitere 700 Bar Zapfsäule an die Tankstelle und schon ist die PKW Versorgung gewährleistet.
Thomas meint
Das ist falsch. Man muss eben nicht nur einfach eine H2 Säule aufstellen (welche 15x so teuer ist wie eine HPC Säule), sondern ich muss die komplette H2 Infrastruktur schaffen. Also eine Pipeline verlegen oder einen LKW Pendelverkehr einrichten. Beides ist wesentlich teurer als Netzverstärkung.
P.HH meint
Das mit der zusätzlichen Zapfsäule bezieht nur auf PKW. Baue ich eine Tankstelle für Lkw auf, kann ich nun mal einfach eine weitere Zapfsäule dazu planen, um Pkw zu versorgen. Das ist deutlich günstiger als eine komplett neue Tankstelle für PKW zu planen und bauen.
Zudem:
-Es geht immer um die Kosten pro Fahrzeug, das versorgt werden kann, und nicht um die Gesamtinvestitionskosten. Eine Zapfsäule kann deutlich mehr Fahrzeuge pro Zeiteinheit abfertigen. Und je größer man die Tankstelle macht, desto niedriger die Kosten pro Zapfsäule bzw. pro Fahrzeug, dass man versorgen kann. Das ist ein positiver Skaleneffekt bzw. Größenvorteil.
-Bei Schnellladeinfrastruktur gilt es genau andersrum. Notwendige Netzupgrades, wie sie oben in dem Artikel beschrieben sind, sind die Ursache dafür.
-Was die Pipelineinfrastruktur angeht: Die muss für die Versorgung der Industrie sowieso aufgebaut werden. Somit kann man die Kosten dafür nicht dem Mobilitätssektor zurechnen. Nur die Erweiterung dieser Infrastruktur zur Versorgung der Tankstellen kann man der Mobilität zurechnen. Das ist dann nicht mehr so viel.
MichaelEV meint
Punktuelle Netzupgrades, die es sowieso Bedarf, sind ein Problem, aber eine Pipelineinfrastruktur fällt einfach vom Himmel und wird aus der Betrachtung exkludiert. So macht man sich die Welt, wie sie einem gefällt….
Eine H2-Zapfsäule soll 15x mehr als ein HPC bedienen können? Klingt schon mal überhaupt nicht realistisch. Ein anderer Anbieter kann für das gleiche Geld deutlich mehr Ladepunkte installieren. Eine H2-Zapfsäule gegen 50-75 Ladepunkte und das Luftschloss fällt in sich zusammen.
Das mit dem Netzausbau und negativer Skalierung hat doch überhaupt keine Grundlage. Glauben sie Lastspitzen werden in Zukunft durch das Netz gedeckt? Nein, definitiv nicht. Was an Netzausbau passieren muss, wird hoch ausgelastet. Sie müssen erstmal überhaupt überdenken, wie Schnellladeinfrastruktur zukünftig funktionieren wird. Da scheinen sie die gleiche Denke zu haben wie Ionity.
Jakob Sperling meint
Die Investitionskosten für eine Wasserstoff-Tankstelle für 12 grosse LKW pro Stunde sind auf jeden Fall tiefer als für eine Ladestation für 12 grosse LKW pro Stunde. Ich habe Bilder von letzteren gesehen! Allein schon der Platzbedarf: In einem Fall für 2 LKW, im andern Fall für 12 LKW.
Michael meint
Nöö. Eine Wasserstofftankstelle kostet etwa 1,5 Mio, ein Ladepark mit 52 Schnellladern etwa 5 Mio.
alupo meint
Dann sind die Kosten für die H2 Tankstelle schon etwas gesunken. Die Zapfsäule von Air Liquide für PKWs kostete jedenfalls 1,8 Mio. €.
Aber egal, die Wirtschaftlichkeit ist bei H2 sowieso nicht gegeben. Und das wird auch in Zukunft nicht so viel besser, dass FCEVs mit BEVs mithalten könnten.
Das beste Beispiel dafür sind die FCEV Zulassungszahlen.
Jakob Sperling meint
Eine Stromzuleitung für 52 Schnelladestellen kostet etwa 1 Mio. pro Kilometer.
Die Fläche für 12 LKW-Ladestellen ist 6 mal so gross wie für 2 H2-Zapfstellen mit der gleichen Stundenleistung. Mindestens in der Schweiz kostet Fläche etwas.