Die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP will die Förderung von Elektroautos anpassen, um mehr Klimaschutz zu bewirken. Die Verbraucherzentralen fordern dazu deutlich gezieltere Kaufanreize. „Ich würde die Bundesregierung hier zu einem klaren Schnitt ermutigen“, sagte der Chef des Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, der Deutschen Presse-Agentur. Auch bei den Lademöglichkeiten solle sich noch mehr tun.
Man müsse nicht jedes Luxusauto staatlich subventionieren, selbst wenn es ein Elektroauto ist, so Müller. Kaufprämien sollte es nur noch bei Listenpreisen unter 40.000 Euro geben – bisher gilt eine Obergrenze von 65.000 Euro netto für das Basismodell. Es brauche dringend einen funktionierenden Gebrauchtwagenmarkt für Elektroautos, erläuterte der Verbraucherschützer. Das sollten vor allem die kleineren und mittleren Autos sein. Darauf seien viele angewiesen, die sich keine Neuwagen kaufen können oder wollen.
In einem Positionspapier betont der vzbv die Bedeutung der Fahrbatterie von Elektroautos. Der Zustand der über die Zeit an Leistungsfähigkeit verlierenden Energiespeicher sei ein wichtiger Punkt mit Blick auf mögliche Folgekosten. Gebrauchtwagen-Käufer müssten zuverlässige, standardisierte Informationen zum „Gesundheitszustand“ der Batterie erhalten. Um das Vertrauen in gebrauchte Elektroautos zu stärken, könnten die Kosten für die Prüfung von Batterien auch bezuschusst werden.
Man sollte nur noch die Elektroautos fördern, die wirklich nachweislich einen Umwelteffekt haben, forderte Müller. Dies berühre vor allem Plug-in-Hybrid-Modelle, die weniger elektrisch und mehr mit fossilen Energien gefahren werden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat bereits eine Neuausrichtung ab 2023 angekündigt. Gefördert werden sollen zukünftig nur noch E-Fahrzeuge, die „nachweislich einen positiven Klimaschutzeffekt“ haben, heißt es im Koalitionsvertrag. Festgemacht werden soll das am elektrischen Fahranteil und der elektrischen Mindestreichweite der Modelle.
Elektroautos werden seit Mitte 2020 in Deutschland über den „Umweltbonus“ mit bis zu 9000 Euro gefördert. Für Teilzeit-Stromer gibt es bis zu 6750 Euro. Zwei Drittel gewährt jeweils der Staat, den Rest die teilnehmenden Autohersteller. Die aktuellen Zuschüsse wurden kürzlich bis Ende 2022 verlängert, damit Käufer bereits bestellter, bisher aber nicht gelieferter Stromer nicht leer ausgehen.
Die Ampel-Koalition hat das Ziel formuliert, dass bis 2030 mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw auf deutschen Straßen fahren. Anfang 2021 gab es laut Kraftfahrt-Bundesamt 309.000 reine E-Autos, dazu 280.000 Plug-in-Hybride. Die Neuzulassungen legten 2021 aber deutlich zu, auch dank aufgestockter Kaufprämien.
Die Verbraucherzentralen fordern Tempo bei der weiteren Umstellung. Vorankommen müsse auch der Ausbau der Ladenetze, betonte Müller. Es gebe ein Wirrwarr an Bezahlsystemen und Preisen, was nicht zu Vereinfachung und Verlässlichkeit beitrage. E-Auto-Käufer bräuchten Sicherheit, im Urlaub, auf Geschäftsreise oder beim Besuch in einem anderen Bundesland nicht zu stranden. Der Verbraucherschützer sieht dann generell auch weitere Umgewöhnungsprozesse: Für viele sei es noch schwer vorstellbar, „dass es eben nicht mehr die fünf Minuten Benzin oder Diesel Tanken sind – sondern vielleicht 20 oder 30 Minuten doppelte Kaffeepause und mehr beim Aufladen des Autos“, so Müller.
Andi66 meint
Der VW Vorstand hat mal gesagt, daß die Herstellung eines E-Autos 40% günstiger sei, als die eines vergleichbaren Verbrenners.
Dann laßt dem Gesagten auch Taten folgen.
Die Förderung ist nicht mehr nötig.
weotui iutoew meint
Es ist schlicht absurd, dass ein Renault Twizy, der die Umwelt weit weniger belastet, mehr kostet als ein Dacia Spring nach Inanspruchnahme der Förderung. Der Grund dafür ist die Einstufung des Twizy in eine andere Fahrzeugklasse, die nicht förderfähig ist.
Dabei brauchen wir diese sparsamen Fahrzeuge, wie den e-Go oder den Twizy, um das Pendeln in Pandemiezeiten wieder attraktiv zu machen.
Da die Herstellungskosten für ein SUV kaum höher ausfallen, die Margen aber erheblich besser sind, scheuen die Hersteller zunehmend die Produktion von Fahrzeugen der Kompaktklasse. Das beste Beispiel ist die Ankündigung des SEAT Minimo in 2019, ein verbesserter Nachbau des Twizy. Das Modell scheint mittlerweile im „Giftschrank“ des VW-Konzerns verschwunden zu sein
Skodafahrer meint
Mit dem Umweltbonus sollen 2 Dinge erreicht werden:
1) CO2 Reduktion
2) Förderung des Umstiegs der deutschen Autoindustrie auf (lokal) emissionsfreie Fahrzeuge.
Daher möchte man nichts fördern das Punkt 2 entgegenwirkt.
Gunarr meint
E-Autos verkaufen sich doch gut. Man muss nur mal einen Blick auf die Lieferzeiten werfen. Der Staat sollte das Geld lieber in den Bau von Ladestationen stecken.
Herbs meint
Auch wenn bald die dritte Förderung in der Familie beantragt wird, wäre ich klar dafür, alles abzuschaffen oder drastisch zu kürzen.
Über den Flottenverbrauch müssen die Autos eh verkauft werden, also sehe ich hier kein Risiko, dass weniger Autos verkauft werden.
Das jetzige Modell ist aus Sicht des Steuerzahlers, der gebrauchte Autos kauft eine Katastrophe. Er finanziert im Zweifel Leute, die es nicht brauchen und verhindert damit, dass die Autos später im heimischen Gebrauchtwagenmarkt erscheinen.
Swissli meint
Oder man fährt die ganze Subventionierung von Neuwagen in 1-2 Jahren sukzessive auf Null runter. Dann erledigt sich auch das Problem der Preisverzerrung bei den Gebrauchten. Planwirtschaft mit noch mehr Planwirtschaft zu lösen, hat noch nie funktioniert… wie man sieht.
Florian meint
Jein, denn damit hat man höhere Neupreise für BEVs und das kurbelt natürlich auch die Preise am Gebrauchtmarkt nach oben. Aktuell haben wir noch das Problem, dass die frühen BEV Käufer sehr viel zahlen mussten und die ersten Bafa Empfänger ihre Autos noch nicht verkaufen. Fällt nun die Förderung weg behalten die Early Adopter tendenziell ihre Fahrzeuge länger und dem Gebrauchtmarkt stehen weniger BEV zur Verfügung. Und aufgrund des niedrigeren Angebots bleiben die Preise auf dem Gebrauchtmarkt für viele zu hoch.
Thomas meint
Vor allem der Punkt Gebrauchtwagenmarkt ist aktuell noch ein großes Problem. Denn für viele Interessierte kommt ein Neuwagen weder bisher bei Verbrennern oder jetzt bei BEV in Frage, da die Kosten einfach zu hoch sind. Bei BEVs hält sich die Auswahl an Autos auf dem Gebrauchtmarkt entweder stark in Grenzen oder kosten das gleiche oder sogar mehr als ein neuer Wagen nach Abzug der Umweltprämie. Dazu natürlich das Problem, dass ältere Modelle oft nur eine geringe Reichweite haben, da zum Bauzeitpunkt die Entwicklung noch nicht weit genug war.
So geht es auch mir. Und da ich denke, dass sich im BEV Bereich hinsichtlich der Reichweite die nächsten 1-2 Jahre einiges tun wird und ich nicht in einigen Jahren dann ein Auto mit kaum Restwert haben will werde ich wohl oder übel nochmal einen gebrauchten Verbrenner kaufen.
eBiker meint
An was die Verbraucherschützer mal wieder nicht gedacht haben:
wer sich kleine und mittlere Gebrauchtwagen kaufen muss, weil das Geld nicht für was anderes reicht, hat idR auch keine eingene Garage mit eigener Lademöglichkeit.
Und so jemand wird sich bestimmt kein gebrauchtes eAuto kaufen, welche gebraucht dann immer noch deutlich teurer ist als ein gebrauchter Verbrenner.
Und sonderlich einsparen können die dann auch nicht, wenn man immer an der öffentlichen Ladestation laden muss.
Kona64 meint
Schon richtig. Vermieter, Wohnungsbaugenossenschaften etc. sollten eine Verpflichtung oder Anreiz haben wenigsten Ladepunkte mit 3,7kW zu schaffen.
Fritzchen meint
Es sollten nur eAutos gefordert werden, die weniger als 20.000 Euro kosten. Die Industrie hat zur Zeit gar keinen Anreiz, preiswerte, alltagstaugliche Fahrzeuge herzustellen. Richtig ist, bei so einem Preis wäre für den ganzen Plumpaquatsch im Auto kein Platz.
Und Hyundai kommt mit einem Auto, welches minimal ausgestattet ist, 1000 KM weit.
Florian meint
Bestes Beispiel, dafür dass es funktioniert ist der Dacia Spring, der nach Bafa für knapp 11k€ zu haben ist. Als Zweitauto ideal, als Erstwagen eher nicht. Aber wenn man den mit 10k€ teurer macht lässt sich ein besserer Motor, ein größerer Akku und etwas mehr Komfort verwirklichen. Und dann hat man einen Neuwagen für 20k€ mit ca. 400km WLTP, vielleicht sogar etwas darüber.