VWs Tochter PowerCo SE will in ihren Zellfabriken in Europa und Nordamerika neue Produktionsverfahren einsetzen und damit „erhebliche Effizienz- und Nachhaltigkeitsvorteile“ bei der Volumenfertigung von Batteriezellen erzielen. Das in Salzgitter/Niedersachsen ansässige Batterie-Unternehmen des Konzerns arbeitet unter anderem daran, das sogenannte Dry Coating zu industrialisieren.
Mit der Technologie könne der Energieverbrauch in der Zellfertigung um rund 30 Prozent gesenkt werden, erklärt Volkswagen. In internen Tests habe sich das entwickelte Verfahren bereits bewährt. Die Weiterentwicklung und Industrialisierung des DryCoating-Verfahrens gehe die PowerCo nun unter anderem zusammen mit dem deutschen Druckmaschinenspezialist Koenig & Bauer AG an.
„Technologien wie das Dry Coating untermauern die technologische Schlagkraft der PowerCo. Wir haben das nötige Know-how und die richtigen Experten, um die Zellfertigung auf ein neues Level zu bringen und erhebliche Kostenvorteile für unsere Kunden zu heben. Unser Ziel sind nachhaltige und günstige Batterien aus eigener Produktion“, so Thomas Schmall, Konzernvorstand Volkswagen Group Technology und Aufsichtsratsvorsitzender der PowerCo.
PowerCo und Koenig & Bauer haben einen Kooperationsvertrag zur Entwicklungszusammenarbeit geschlossen. Das Ziel ist die Entwicklung einer Walzenanlage zur industriellen Pulverbeschichtung von Elektroden in Großserie. Beim Dry-Coating-Verfahren müssen Elektroden nicht nass beschichtet und anschließend aufwändig getrocknet werden. Damit entfällt nicht nur der energieintensivste Teil der heutigen Zellfertigung, sondern auch der Einsatz von chemischen Lösemitteln. Die PowerCo testet und optimiert die Technologie bereits in einer Pilotlinie in einem PowerCo-Labor in Norddeutschland. Koenig & Bauer wird als Druckspezialist eine Anlage zur industriellen Pulverbeschichtung entwickeln.
Der neue Prozess hat nach PowerCo-Berechnungen das Potential, rund 30 Prozent Energie, rund 15 Prozent Fabrikfläche „und damit hunderte Millionen Euro Fertigungskosten pro Jahr“ zu sparen. Frank Blome, CEO der PowerCo SE: „Die Trockenbeschichtung ist für die Produktion das, was die Feststoffzelle für das Produkt ist – ein echter Game-Changer, der uns bei erfolgreicher Skalierung in Großserie eine klare Alleinstellung und damit klare Wettbewerbsvorteile verschafft.“
Pulver statt Brei
Die Elektroden (Kathode und Anode) stellen das Herzstück der Batteriezelle dar, das unter anderem die Energiedichte und Leistungsfähigkeit der Batterie definiert. Bei der Elektrodenfertigung nach heutigem Industriestandard werden die Batteriematerialien mit Additiven und flüssigen Lösemitteln zu einem feuchten Brei verrührt (Mixing), dann auf Trägerfolien aus Kupfer beziehungsweise Aluminium aufgetragen (Coating) und anschließend getrocknet (Drying) und gewalzt (Calendering).
Beim Dry-Coating-Verfahren der PowerCo werden laut einer Mitteilung die pulverförmigen Basiszutaten ähnlich eines Druckverfahrens direkt auf die Folie gewalzt. Damit entfielen zwei von vier Prozessschritten der Elektrodenfertigung. Das Pulver könne auch ohne Lösemittel „extrem dünn“ und gleichmäßig aufgetragen werden, die Schicht sei ungefähr so dünn wie ein Kopfhaar. Das gewährleiste „eine hervorragende Flächen-Energiedichte bei gleichzeitig hoher Lebensdauer und verbesserter Schnellladefähigkeit der Batteriezelle“.
Die Auswirkung auf den Flächenbedarf der Zellfabrik sei mit 15 Prozent Reduzierungspotential enorm. Pro Gebäudeblock einer Standard-„Gigafactory“ mit rund 20 GWh Produktionskapazität entfielen vier parallele Beschichtungs- und Trocknungslinien. Das entspreche mehr als 7000 Quadratmetern Fläche. Die Außenlänge der Zellfabrikgebäude könne daher um jeweils rund 100 Meter reduziert werden.
Der Wegfall der energieintensiv arbeitenden Trockenöfen und Absaugungsvorrichtungen spare eine Energiemenge, die dem Jahresverbrauch von rund 40.000 Privathaushalten entspricht. Zudem entfalle der Einsatz chemischer Lösemittel, die nach heutigem Industriestandard in rund 20 Meter hohen, silo-artigen Türmen außerhalb der Produktionshalle aufwendig und ebenfalls energieintensiv wiederaufbereitet werden müssten.
Die Kernkompetenz des Volkswagen-Partners Koenig & Bauer ist die Herstellung von Drucksystemen. Die Entwicklungsphase der neuen Prozesstechnologie soll bis Ende 2024 abgeschlossen sein. Der Serieneinsatz ist laut Volkswagen aus heutiger Sicht ab 2026/2027 vorgesehen. PowerCo-Produktionsvorstand Sebastian Wolf: „Unsere Standardfabriken sind ,retrofittable‘, also einfach und schnell nach- oder umrüstbar. Wir haben insgesamt rund 30 absehbare Produkt- und Produktionsinnovationen von vornherein antizipiert und können die Fabrik auf alle relevanten neuen Prozesse umstellen, sobald diese marktreif sind.“
nie wieder Opel meint
Was ist eigentlich mit dem SALZGIGA-Projekt? Grundsteinlegung vor einem Jahr!
Neulich vorbei gefahren, nur paar einsame Beton-Zahnstocher guckten aus dem Sand.
M. meint
Naja. Warten wir mal ab, wie sich das entwickelt. Zumindest scheint man sich bei PowerGo die richtigen Partner für den „Druck“/ die Beschichtung gewählt zu haben.
Der Vorlauf ist dennoch nicht ohne. Ab 2026 dann Zellen in Großserie, hm… dann aber hoffentlich in den passenden Stückzahlen. Unter 4000 BEV am Tag (-> ab 4 Mio. Zellen am Tag je nach Format) darf das dann nicht liegen.
MAik Müller meint
@M. ab 2026 passiert NICHTS. Das dauert noch bis min 2030.
M. meint
@PowerCo: auf die Hände setzen, jetzt wird erstmal gewartet!
Der Chef hat gesprochen!
Jürgen W. meint
Dann freuen wir uns mal auf einen ID 3 der deutlich unter 50.000 € kostet in Vollausstattung. Das können nämlich Zeekr X und #1 Brabus auch und zwar mit deutlich mehr Leistung. Das wird schwierig, wenn VW seine Preispolitik nicht überdenkt. Die Kosteneinsparungen immer nur an die Aktionäre weiter zu geben anstatt an die Kunden wird sich irgendwann bitter rächen. Und übrigens, an dem Thema „trocken statt nass“, sind doch alle anderen auch dran.
Kokopelli meint
„Die Kosteneinsparungen immer nur an die Aktionäre weiter zu geben“…Die Aussage ist leider nicht belastbar. Denn VW macht eine geringe Umsatzrendite und kann die Preise nicht einfach wesentlich senken. Derzeit wird mit den Verbrennern das Geld verdient und die Transformation bezahlt. 1 Mio. MEB Fahrzeuge machen die Plattform noch nicht wirtschaftlich.
Und warum sollten die Aktionäre leer ausgehen, wenn das Unternehmen einen Gewinn macht. Immerhin sorgen sie; die Aktionäre dafür, dass das Unternehmen Eigenkapital für Investitionen erhält, bzw. erhalten hat.
MAik Müller meint
@Kokopelli der Kunde von VW ist ALLEIN der Aktionär. Es drht sich alles um dessen GEWINN.
Der Käufer des Produktes ist der Nettoeinzahler.
Draggy meint
Hat ist das Stichwort VW bezahlt lieber permanent für Aktien, die schon irgendwann in den 50er Ausgegeben würden, anstatt seinen Job zu machen.
Das ganze Aktiensystem ist Hirntot aber es bringt den Managern Fette Boni. Und der Arbeiter darf den ganzen Betrug bezahlen, egal ob als Angestellter oder als Kunde.
FahrradSchieber meint
Vom Volkswagen-Gewinn lassen sich die Aktionäre weniger als ein Drittel als Dividenden ausschütten.
Wird schon vernünftig sein, die Aktionäre haben ja nun das größte Interesse daran, dass der Konzern langfristig gut aufgestellt ist.
Powerwall Thorsten meint
Wo habe ich das alles nur schon einmal gehört – ja richtig beim Battery Day vom Marktführer.
Das war übrigens vor 3 Jahren und ja, Tesla hatte sich die Skalierung der neuen Technologie auch etwas einfacher vorgestellt.
Vor einigen Tagen wurde aber immerhin die Produktion der 10.000000 Zelle in der Giga Texas verkündet.
Mal sehen, wie die Skalierung bei VW so laufen wird.
Wie sagt Elon schon immer: „prototypes are easy – production is hard.
Im Sinne der Nachhaltigkeit und der Elektromobilität wünsche ich VW viel Erfolg.
Mäx meint
Wobei 10 Mio. zwar viel klingt, aber am Ende kann/konnte man damit auch „nur“ etwas über 12.000 Model Y mit structural battery pack herstellen.
Für eine echte anhaltende Produktion von Model Y oder Cybertruck oder sogar dem Semi ist das noch lange nicht ausreichend.
Aber immerhin ist ein ramp up erkennbar und wenn man die Probleme lösen kann, kann es auf einmal auch ganz schnell gehen
nilsbär meint
„Ein echter Game-Changer, der uns bei erfolgreicher Skalierung in Großserie eine klare Alleinstellung und damit klare Wettbewerbsvorteile verschafft.“
Vielleicht, wenn es Tesla nicht gelingt, den Ausschuss der Trockenbeschichtung zu reduzieren.
M. meint
Das wird Tesla (mit Partnern, die machen das ja nicht alleine…) schon hinbekommen. Scheint ein iterativer Prozess zu sein.
Die Frage ist, wie lange es dauert. Das kostet alles viel Geld und verbraucht Unmengen an Ressourcen.
Aber den VW-Plänen zufolge haben sie bei Tesla ja noch 3 Jahre Zeit ;-)
GrußausSachsen meint
Und wieder einmal zeigt sich mit welch revolutionären, innovativen Ideen, die noch niemand vorher hatte der Konzern die Technologieführerschaft in allen Bereichen innehat und stetig ausbaut. Respekt und Anerkennung für die Management-Elite aus Deutschland. Da machen alle Verfolger lange Zähne. Heute noch Deutschland, morgen Europa und dann… Die Nr. 1 in allem was Mobilität betrifft – auf der Welt.
Mit was? mit Recht.
Wieso „Game-Changer“ – Spielführer ist und bleibt der einzig legitime Sponsor der Deutschen Fußballer.
Weiter so.
Jeff Healey meint
Diese hervorragende Ironie bitte besser doch vorsichtshalber als solche kennzeichnen. Es könnte von einigen hier für bare Münze genommen werden.