Der Abgasskandal stürzt Volkswagen in die Krise – und eine ganze Branche gleich mit. Die Folgen für den Konzern und seine Konkurrenten werden die Autowelt verändern. Damit Sie in der unüberschaubaren Zahl der Nachrichten nicht den Überblick verlieren, haben wir News, Kommentare und Analysen durchforstet und die lesenswertesten und wichtigsten Infos hier zusammengetragen.
Porsche-Chef übernimmt bei Konzernmutter Volkswagen
VW-Chef Martin Winterkorn musste aufgrund des Abgasskadals den Chefsessel in Wolfsburg räumen. Nun soll Matthias Müller, seit fünf Jahren Porsche-Chef, „das VW-Reich mit seinen 600.000 Mitarbeitern durch die schwerste Krise seiner Geschichte bringen“, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Der 62-Jährige ist seit Jahrzehnten im Konzern, er kennt VW, Audi und natürlich auch Porsche. Er sei „genau der richtige Mann, um persönlich unbelastet und mit der nötigen Entschiedenheit die Aufarbeitung der aktuellen Krise unseres Unternehmens voranzutreiben“, teilte der Aufsichtsrat mit. Warum Müller tatsächlich der richtige Mann sein dürfte, erfahren Sie bei der Süddeutschen Zeitung.
2,8 Millionen VW-Autos in Deutschland manipuliert
Nach Angaben von Verkehrsminister Dobrindt sind in Deutschland 2,8 Millionen Volkswagen-Fahrzeuge von der Abgas-Manipulation betroffen, etwa jedes 20. aller hierzulande zugelassenen Fahrzeuge. Auch Nutzfahrzeuge und Transporter gehören dazu. Nach aktueller Kenntnis seien dies Fahrzeuge der 1,6- und 2-Liter-Diesel-Klasse, schreibt die Zeit. Ob die Zahlenangabe auch Fahrzeuge der Volkswagen-Töchter beinhaltet, war demnach zunächst unklar.
Am Donnerstag hatte ein Škoda-Sprecher bestätigt, dass Modelle der Reihen Fabia, Roomster, Octavia und Superb aus den Jahren 2009 bis 2013 teilweise mit den manipulierten Dieselmotoren ausgerüstet worden seien. Aktuelle Modelle sollen nicht betroffen sein. Auch Seat hatte bestätigte, dass in dem Werk der spanischen VW-Tochter Fahrzeuge mit der manipulierten Diesel-Technologie montiert worden seien. Die genaue Zahl sei nicht bekannt. Ausführliches dazu bei der Zeit.
Was der Abgasskandal für VW-Fahrer bedeutet
Was heißt der Abgasskandal für betroffene VW-Kunden? Woran erkennt man, dass das Auto betroffen sein könnte? Kann man auf Schadensersatz hoffen? Gilt die Umweltplakette noch? Erhöht sich nun die Kfz-Steuer? Droht ein Wertverlust? Erlischt die Betriebserlaubnis? Antworten liefert Spiegel Online.
„Staatsaffäre“: Was der Abgasskandal für Deutschland bedeutet
Volkswagen ist am Boden. Das bringt nicht nur den Konzern in Not. Es hat Folgen für das ganze Land, für Mitarbeiter, für Aktionäre, für Konkurrenten, Fußballklubs, für Wolfsburg und die Region und für die Volksseele. Eine lesenswerte Analyse der Süddeutschen Zeitung.
Ein reinigendes Gewitter zugunsten alternativer Antriebe?
„Seit langem machen sich die deutschen Autobauer arrogant und überheblich über die Hersteller von Elektroautos lustig. In Deutschland kommen alternative Antriebstechniken nicht aus ihrem Schattendasein.“ Einen interessanten Zusammenhang zwischen dem schleppenden Vorankommen der Elektromobilität und dem VW-Skandal stellt das Wirtschaftsmagazin Capital her: „Deutsche Autobauer setzen fast ausschließlich auf konventionelle Antriebsstoffe und -technologien. Um die Umweltstandards einzuhalten, müssen die großen, schweren Fahrzeuge effizienter werden. Das sind sie in den letzten Jahrzehnten auch geworden, aber der Technik sind hier Grenzen gesetzt.“
„Nachhaltigkeit bedeutet für deutsche Autobauer somit offenbar, dass man die Emissionsvorgaben nur mit Tricks einhalten kann. Dass nun VW bei den Angaben schummelt, ist ein Skandal. Der Skandal beginnt aber schon viel früher, weil VW, Daimler und BMW viel zu lang an der Vergangenheit festhalten und sich nicht der innovativen Zukunft stellen.“ Absoluter Lesetipp, zu finden bei Capital.
Autolobby in der Kritik – Warnschuss an die deutsche Politik
„Der VW-Abgasskandal ist ein Warnschuss an die deutsche Politik“, schreibt Lobby Control. Es ist schon lange bekannt, dass die Ergebnisse der Abgastests nicht mit den realen Bedingungen auf der Straße übereinstimmen. Trotzdem hielt die Bundesregierung weiter ihre „schützende Hand“ über der Autoindustrie. „Sie zeigte keinen Einsatz, sich gegen die Interessen der Autolobby zu stellen und realitätsnähere Tests zugunsten der Verbraucher, der Gesundheit und der Umwelt einzuführen“, heißt es in einer Analyse zu den Verflechtungen von Politik und Autoindustrie.
Die Bundesregierung müsse auf Abstand zur Autolobby gehen: „Verkehrspolitische Entscheidungen dürfen nicht allein zugunsten einiger finanzstarker Konzerne getroffen werden, sondern müssen auch Verbraucher-, Gesundheits- und Umweltschutz in den Mittelpunkt stellen. Die deutsche Politik liefert sonst den Nährboden, der Tricksereien und Betrügereien wie im jüngsten Abgasskandal erst möglich macht.“ Den kompletten Artikel finden Sie bei Lobby Control.
So reagiert das Ausland auf die Abgas-Affäre
„Globaler Image-Crash“: Die New York Times lästert, und auch in Frankreich und China sorgt der VW-Skandal für hämische Reaktionen – nur die Russen sind gelassen. Wie wirkt sich die Abgas-Affäre auf das deutsche Image im Ausland aus? Der Überblick auf Spiegel Online.
USA und EU verschärfen Abgas-Kontrollen
Als Reaktion auf den VW-Abgasskandal wollen die Behörden in den USA und Europa die Emissionstests für Autos verschärfen. Die US-Umweltbehörde Epa wies in einem Schreiben an die Hersteller darauf hin, dass sie zusätzliche Prüfungen verlangen könne. In diesen würde dann untersucht, ob die Abgasnormen unter normalen Fahrbedingungen auf der Straße erfüllt werden – und nicht nur in Testlaboren. Auch die EU hat Emissionstests entwickelt, die Autos im Straßenverkehr überprüfen. Sie sollen ab Januar eingeführt werden. Mehr bei der Süddeutschen Zeitung.
Mit diesem Gerät wurde der Abgas-Skandal aufgedeckt
Dass die drastisch über den gesetzlichen Grenzwerten liegenden Emissionen überhaupt ans Licht gekommen sind, ist einer neuen Technik zu verdanken: den mobilen Abgasmessgeräten, für die sich die englische Abkürzung PEMS (Portable Emissions Measurement System) durchgesetzt hat. Anders als auf einem Rollenprüfstand unter Laborbedingungen erfassen PEMS die Abgase während der Fahrt auf öffentlichen Straßen. Die Apparatur passt in den Kofferraum eines Autos oder wird am Heck befestigt. Ein Trichter, der direkt auf den Auspuff montiert wird, leitet die Abgase in das PEMS-Gerät. Von dort werden die Messdaten an den Rechner der Forscher im Fahrzeuginneren übertragen. Ausführlich vorgestellt wird die Technik bei der Zeit.
Daimler weist Manipulationsvorwurf zurück
Daimler hat den Vorwurf der Deutschen Umwelthilfe (DUH) entschieden zurückgewiesen, dass auch bei Fahrzeugen aus dem Konzern Emissionsmessungen manipuliert worden seien. Die DUH hat dem Stuttgarter Unternehmen unter Fristsetzung ein Schreiben mit sieben Fragen zugesandt. „Ein Defeat Device, also eine Funktion, die die Wirksamkeit der Abgasnachbehandlung unzulässig einschränkt, kam nie und kommt bei Daimler nicht zum Einsatz“, betonte der Konzern in einer Pressemitteilung. Das gelte für alle Diesel- und Otto-Motoren. Man halte sich an alle Gesetze und rechtlichen Vorgaben.
Abgas-Problem schon längst bekannt – und ignoriert
„Klare Hinweise darauf, dass viele Dieselautos in Deutschland die Abgasgrenzwerte nicht einhalten, gibt es schon länger. Doch keine Behörde sah sich veranlasst, genauer hinzuschauen“, schreibt die Süddeutsche Zeitung und meint damit Tests des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU) und der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) mit Hilfe des TÜV Nord und des ADAC vom vergangenen April. Damals wurden drei Autos mit Dieselmotoren auf ihren Schadstoffausstoß getestet. „Die Ergebnisse fanden kaum Beachtung, hätten aber damals schon beunruhigen müssen.“ Mehr bei Süddeutsche.de.
Eine Masterarbeit für die Tonne?
„Eigentlich wollte ich meine Masterarbeit in wenigen Wochen abgeben – es fehlten nur noch ein letztes Kapitel, das Fazit und der Ausblick. Jetzt muss ich sie wahrscheinlich komplett überarbeiten. Das fängt schon im Vorspann an: ‚Volkswagen hat in der Bevölkerung ein gutes Image‘, habe ich da geschrieben.“ BWL-Student Jonas Deitenbeck hatte gerade seine Masterarbeit geschrieben, als seine These von den Nachrichten überholt wurde. Sein Thema: Volkswagen auf dem US-Markt. Bei Spiegel Online kommt der bemitleidenswerte Student zu Wort.