Der Chef des Schweizer Industriekonzerns ABB – seit diesem Jahr Titelsponsor der Elektro-Rennserie Formel E – Ulrich Spiesshofer hat im Gespräch mit der WirtschaftsWoche über elektrischen Motorsport, die Wirtschaftlichkeit von Ladesäulen und staatliche Fördermaßnahmen für Ladeninfrastruktur gesprochen.
Das Millionen-Investment in die Formel E habe das Unternehmen getätigt, um ABB als Technologiekonzern zu positionieren. „Wir haben in den vergangenen Jahren die komplette Firma umgebaut“, so Spiesshofer, „heute machen wir vor allem zwei Dinge: Wir bringen den Strom vom Kraftwerk an den Verbrauchspunkt in Haushalt oder Industrie und wir automatisieren die Industrie vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt“.
ABB konzentriert sich zunehmend auf das Geschäft mit Ladestationen für Elektroautos. Für den Nutzer sind dabei laut Spiesshofer drei Dinge wichtig: „Er will eine sichere Technologie, er will schnell laden, wenn es darauf ankommt und er will an möglichst vielen Stellen diese Ladestationen haben.“ Sein ehrgeiziges Ziel: „Bei Elektromobilität und Ladeinfrastruktur soll niemand an uns vorbeikönnen.“
Der ABB-Chef hält nichts davon, den Aufbau eines flächendeckenden Ladenetzes über staatliche Subventionen voranzutreiben. Er erwarte, dass in den kommenden Jahren „Geschäftsmodelle entstehen, mit denen Geld verdient wird“. Es gehe oft nicht darum, die Anschaffungskosten für die Ladestationen mit dem Verkauf von Strom auszugleichen. Ladesäulen könnten etwa „zu einem wichtigen Argument werden, dass ein Kunde einen bestimmten Supermarkt aufsucht“. Und für Unternehmen sei es interessant, ihren Mitarbeitern auf dem Firmenparkplatz Lademöglichkeiten zu bieten.
Dass Strom an Schnellladestationen deutlich teurer angeboten wird, ist laut Spiesshofer für Elektroauto-Besitzer zu vernachlässigen – die wahren Kosten beim schnellen Laden entstünden durch die Abnutzung der Batterie. „Wenn wir beide ein baugleiches Elektroauto fahren, Sie über die drei Jahre Leasingdauer fast nur zuhause laden und ich dreimal pro Woche am Schnelllader hänge, nutze ich die Batterie stärker ab. Der Wertverlust wäre also höher“, erklärte Spiesshofer. Er geht davon aus, dass dies schon bald bei Leasingmodellen berücksichtigt wird.
Anders als in China, wo die Regierung Elektromobilität Priorität einräumt, sieht der ABB-Chef in Europa die Verbraucher als treibende Kraft. Waren vor einigen Jahren noch Diesel- oder Benzin-Autos „die sichere Lösung“, seien heute Stromer die bessere Wahl – mit einem Elektroauto sei mit Blick auf drohende Fahrverbote klar, „dass ich es immer und überall fahren kann“. Die Ladeinfrastruktur lasse zwar noch zu wünschen übrig, „aber das kippt langsam“, so Spiesshofer.
Man-i3 meint
Recht hat er. Man sollte diesen Leute mehr Gehör geben.
übrigens:
Der, im Bild dargestellte Lader vor dem BMW-Museum in München ist seit Wochen außer Betrieb.
Railfriend meint
ABB ist bekanntlich ein Elektrokonzern. Warum sollte er sein Geschäft stören ?
Interessant allerdings die Info, dass Schnelladen nicht lohne, weil der Akku dabei schneller altert. Das heißt in Wahrheit: Doppelter Kostennachteil beim Schnelladen.
Peter W. meint
Solche positiven Beurteilungen sollte man öfter lesen. Dann würde die Stimmung in der Bevölkerung auch eher zur E-Mobilität gehen. Derzeit gibt es ja nur eine Thema: Reichweite, Reichweite, Reichweite.
Railfriend meint
Richtig, die reale Reichweite ist ein Problem, wie in der FZ am 29.05.17 / T1 festgestellt. Der Klassenmeister Nissan Leaf mit 40 kWh-Akku schafft aktuell auf dem Weg ins Büro 220 km, im WLTP-Zyklus hingegen 415 km.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Richtig, was der ABB-Chef sagt: Früher war es für mich das Schlimmste, was mir passieren konnte, zu Ikea zu fahren. Heute liebe ich Ikea, denn sie bieten dort deutschlandweit ein tolles Ladenetz. Gerade gestern hüpfte meine Frau durch Ikea und brachte mehrere Einkaufstrophäen mit, während unser Auto geladen wurde. Und ich lächelte nur.
Und zu Kaufland bin ich früher auch nie zum Einkaufen gefahren; heute schon, denn auch dort kann man Laden.
Das Laden müsste noch nicht mal kostenlos sein, ich bin diesen Firmen einfach dankbar, dass sie sich an der Revolution aktiv und mit Investitionen beteiligen.
Und die ABB-Triplelader sind zwar ziemlich mächtig, habe aber letzte Woche in Canada die derben Trümmer dort gesehen und weiß jetzt, dass ABB das richtig macht. Bis auf eine kleine Ausnahme: Die Ablagen der Stecker, zumindest für den Typ2, sind noch nicht optimal. Auch hier gilt: Der Vorstand und seine Frau sollten nur noch elektrisch unterwegs sein, dann merkt man ganz schnell selbst, wo es in der Praxis hakt.